Spiegelloser Alleskönner

Testbericht: Sony Alpha 6400

2019-06-13 In diesem umfangreichen Testbericht gehen wir der Frage auf den Grund, was die Alpha 6400 der Fotogemeinde zu bieten hat. Auch gehen wir Sonys Aussage nach, dass die Kamera die schnellste APS-C-Kamera auf der Welt ist. Einer Aussage, die zuvor schon über die Alpha 6300 getätigt wurde. Für die Ermittlung der Bildqualität kam unser eigenes Testlabor zum Einsatz und gibt Aufschluss, was der Fotograf von der Bildqualität der Kamera und dem Sony E 18-135 mm 3,5-5,6 OSS erwarten kann und was nicht.  (Harm-Diercks Gronewold)

Sony Alpha 6400 Testbericht als Premium-VersionDiesen Kameratest gibt es auch als E-Book mit erweitertem Informationsumfang. Das PDF zum Herunterladen enthält gegenüber dieser Online-Version zusätzlich eine übersichtliche Tabelle mit detaillierten Einzelbewertungen sowie zwei Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar visualisiert werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Sony Alpha 6400 haben. mehr …

Ergonomie und Verarbeitung

Für diesen Testbericht stand uns die Sony Alpha 6400 mit dem E 18-135 mm 3,5-5,6 OSS zur Verfügung. Das erste, was bei der Kamera-Objektiv-Kombination ins Auge sticht, ist die geringe Größe. Das liegt natürlich an der nur 120 x 67 x 60 Millimeter (Breite x Höhe x Tiefe) messenden Kamera, aber auch das Objektiv ist trotz seiner Brennweite erstaunlich klein und handlich ausgefallen. Es misst lediglich knapp 90 Millimeter in der Länge bei einem maximalen Durchmesser von etwa 70 Millimetern. Dank des geringen Objektivdurchmessers liegt die Kombination gerade auf dem Tisch, zumindest dann, wenn die Sonnenblende nicht montiert ist. Ob die Leistungen des Objektivs ebenso überzeugen können, klären wir im Abschnitt "Bildqualität" etwas weiter unten im Text.

Das Gehäuse der Sony Alpha 6400 besteht aus einer Magnesium-Legierung. Diese Art von Legierungen sind vibrationsarm, stabil und vor allem leicht. Natürlich ist das Gehäuse nicht "nackt", sondern wurde mit einem matten Lack veredelt beziehungsweise mit verschiedenen Kunststoffteilen verblendet, wie beispielsweise die genarbte Gummierung des Handgriffs oder die Kunststoffverblendung auf der Rückseite der Kamera. 

Sony wirbt bei der Alpha 6400 mit dem Slogan "langlebige Konstruktion auch für anspruchsvolle Einsatzbedingungen". So soll das Gehäuse eine "feuchtigkeitsabweisende Doppelstruktur" besitzen. Zusätzlich dazu sind "wichtige" Tasten und Drehräder abgedichtet. Leider wird nicht erwähnt, welche Tasten wichtig genug sind, um eine solche Abdichtung zu besitzen. Völlig ohne Dichtung kommen das Akku-/Speicherkartenfach und das Anschlussterminal aus. Es ist also eher empfehlenswert, die Kamera besser so zu behandeln, als wäre sie überhaupt nicht abgedichtet.

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Die Ergonomie des Handgriffs ist durch die geringe Gehäusegröße etwas beschränkt. Dennoch lässt sich die Kamera verhältnismäßig gut greifen, auch wenn der kleine Finger einer mittelgroßen Hand auf der Unterseite in die gähnende Leere greift. Die Anordnung der Bedienelemente ist Sony gelungen. Direkt am Auslöser befindet sich der Ein- und Ausschalter der Kamera und neben dem Auslöser eine im Menü belegbare Funktionstaste. Insgesamt besitzt die Kamera drei Drehräder. Das dazu gehörende und vollgepackte Moduswahlrad befindet sich auf der Kameraoberseite und das zweite Drehrad ist gleich daneben. Dieses besitzt, je nach gewählter Betriebsart, unterschiedliche Aufgaben. Beide Drehräder sind in Richtung Kamerarückseite verschoben, so dass der Fotograf bequem mit dem Daumen Einstellungen vornehmen kann. Während das Moduswahlrad sehr schön straff ist, zeigt sich das zweite obere Drehrad gewollt leichtgängig.

Das dritte und letzte Drehrad umschließt das Steuerkreuz auf der Rückseite. Auch dieses Drehrad ist in unmittelbarer Nähe des Daumens positioniert. Das hört sich alles prima an und wird für viele Fotografen ideal sein. Wer allerdings auch mal oder immer mit dem manuellen Modus fotografieren möchte, muss alle Belichtungseinstellungen mit dem Daumen erledigen. Leider lässt sich der Daumen, wie auch alle anderen Finger, nicht zweiteilen. Der Fotograf muss also immer den Daumen repositionieren. Das zweite Drehrad wäre an der Vorderseite in Reichweite des Zeigefingers deutlich besser aufgehoben gewesen. Nutzt man allerdings vornehmlich die Halbautomaten oder den Programm-Modus, dann wird das Ganze nicht sonderlich dramatisch sein.

Die weiteren Bedienelemente auf der Rückseite sind hingegen sinnvoll platziert und mit eindeutigen Beschriftungen versehen. Der Videoauslöser liegt etwas versteckt an der der rechten oberen Ecke der Kamera. Eine Besonderheit gibt es noch in Form eines kleinen Knebelschalters, der eine Taste umschließt. Je nach Stellung des Knebels ändert sich auch die Aufgabe der umschlossenen Taste. Neben einer Vielzahl an vorbelegten Tasten lassen sich die Tasten C1 und C2 individuell belegen.

Erfreulicherweise besitzt die Alpha 6400 sowohl einen Sucher als auch einen Touchscreen. Beim Sucher kommt die energiesparende OLED-Technologie zum Einsatz. Die Auflösung liegt bei 2,36 Millionen Bildpunkten. Bei der kleinbildäquivalenten 0,7-fachen Vergrößerung des Suchers ist der Einblick für Brillenträger leider beschränkt. Zum Glück besitzt der Sucher einen Dioptrienausgleich (-4 bis +3 Dioptrien), allerdings ist die mechanische Verstellung so unglücklich am Sucher untergebracht, dass das Einstellen ziemlich fummelig ist. Hier helfen dann nur längere Fingernägel. Das Sucherbild ist klar und dank maximal 120 Bildern pro Sekunde auch ziemlich flott.

Das 7,5 Zentimeter Display kann über ein Gelenk um 180 Grad nach oben beziehungsweise 90 Grad nach unten geklappt werden. Klappt man es ganz nach oben, wird es zum Selfiedisplay. Dann reicht eine Berührung des Fotografen und schon zählt ein peppiger Countdown bis zur Auslösung herunter. Der Monitor besitzt eine maximale Leuchtdichte von 442 Candela pro Quadratmeter in der manuellen Einstellung und 774 Candela pro Quadratmeter im Modus für sonniges Umgebungslicht. Das Display kann mit diesem Wert also auch bei wirklich hellem Umgebungslicht noch eingesetzt werden. Für eine Kamera mit einem Bildsensor im 3:2-Seitenverhältnis etwas ungünstig ist das 16:9-Seitenverhältnis des Bildschirms, denn dadurch entstehen schwarze Ränder, die zwar für Statusanzeigen, nicht aber für das Livebild genutzt werden können, das dadurch nur auf etwa 6,6 Zentimetern Diagonale angezeigt wird.

Die Touchfunktion des Displays erlaubt die genaue Platzierung des AF-Messpunkts. Für viel mehr ist der Touchscreen dann auch nicht zu gebrauchen, denn leider hat Sony es versäumt, diese äußerst nützliche Funktion in die Menünavigation und die Aufnahmesteuerung der Kamera zu integrieren. Menüs werden also mit dem Steuerkreuz oder den Einstellrädern navigiert.

Ohnehin ist das Menü in einigen Bereichen wenig nachvollziehbar. Wenn man beispielsweise den Autofokus vom Auslöser auf eine andere Taste legen möchte, dann muss zunächst die AF-Funktion vom Auslöser entfernt werden. Der entsprechende Menüeintrag findet sich im fünften Menü auf dem ersten Reiter. Das Zuweisen der neuen Taste sucht man dann vergeblich im Einstellungsmenü, also dort, wo man die Kamerakonfiguration eigentlich vermutet. Stattdessen findet man die Belegung der Tasten auf der achten Menüseite im zweiten Menüreiter. Möglicherweise ist das auch nur verwirrend, weil die ersten drei Menüseiten im zweiten Reiter exklusiv mit Videofunktionen gefüllt sind. Man erwartet also nicht unbedingt, dass hier auch Konfigurationsoptionen für den Fotomodus zu finden sind. Immerhin kann sich der Fotograf in der Alpha 6400 ein eigenes Menü nach Herzenslust zusammenstellen, so dass er die für ihn wichtigen Einstellungen und Funktionen an einem Ort vorfindet und die lästige Sucherei in den Menüs ein Ende hat.

In Sachen Stromversorgung begnügt sich die Sony Alpha 6400 mit einem NP-FW50 Lithiumionen-Akku. Dieser soll genug Energie liefern, um etwa 410 Aufnahmen zu machen, wenn das Display genutzt wird. Diese Reichweite wurde vom Hersteller unter Bedingungen gemacht, die im CIPA-Testverfahren festgelegt sind. Während unseres Tests zeigte sich, dass der Akku in der Tat sehr ausdauernd ist. Aufgeladen wird er in der Kamera über die Mikro-USB-Schnittstelle. Die Kamera ist dabei nicht wählerisch und akzeptiert auch universelle USB-Netzteile sowie Powerbanks. Außerdem kann die Kamera benutzt werden, während sie am Netzgerät hängt. Ohne eingesetzten Akku verweigert sie allerdings ihren Dienst, auch wenn eine Verbindung zu einem USB-Netzteil besteht.

Für den Anschluss an einen Fernseher beziehungsweise externen Rekorder ist eine Mikro-HDMI-Schnittstelle vorhanden. Auch eine 3,5 Millimeter Klinkenbuchse für den Anschluss eines externen Stereomikrofons gibt es, sie liefert sogar die nötige Phantomspeisung für aktive Mikrofone. Die Schnittstellen sind mit einer festen aufschiebbaren Klappe geschützt.

Gespeichert werden die Aufnahmen auf SDHC- oder SDXC-Speicherkarten. Zudem wird die UHS-1-Technologie unterstützt. Die Alpha 6400 wäre ohne MemoryStick keine Sony-Kamera und so können auch die proprietären MemorySticks (Pro-HG Duo und Pro Duo) zum Einsatz kommen. Wie schnell die Speicherkarten sein sollten, klären wir genauer im Abschnitt Ausstattung. Wie schon beim Vorgänger teilen sich Akku und Speicherkarte eine Abdeckung an der Unterseite der Kamera. Der Abstand dieser Klappe zum in der optischen Achse liegenden Stativgewinde ist groß. Dadurch kann ein Akku- oder Speicherkartenwechsel problemlos durchgeführt werden, auch wenn eine Schnellwechselplatte an der Kamera angebracht ist.

Ausstattung

Die Sony Alpha 6400 kostet im Set mit dem E 18-135 mm Objektiv etwa 1.500 Euro (UVP) und zielt auf den ambitionierten Hobbyfotografen ab. Dennoch besitzt die Kamera diverse Automatikmodi, die ein schnelles und unkompliziertes Knipsen ermöglichen. Dabei kann die Kamera sogar das Motiv vor der Aufnahme analysieren und die passenden Einstellungen für die Aufnahme und die Bildverarbeitung vornehmen. Wem das zuviel "Black Box" ist, der kann auf die traditionellen Motivprogramme zurückgreifen, die vom Fotograf passend zum Motiv eingestellt werden müssen. Insgesamt besitzt die Kamera neun Motivprogramme für die häufigsten Motivsituationen.

Einen kompletten Kontrollverlust muss der Fotograf jedoch nicht befürchten, da er unter anderem die Fokussierung selber durchführen kann. Unterstützt wird er dabei tatkräftig von der Fokuslupe und der Fokuspeaking-Funktion, die die Kontrastkanten im Bild farblich hervorhebt. Die Autofokus-Funktion arbeitet mit 425 Messpunkten, die über (fast) das gesamte Bildfeld verteilt sind. Lediglich ein kleiner Bereich am linken und rechten Bildrand ist nicht abgedeckt. Beim Autofokus handelt es sich um ein Hybrid-AF-System, das schnelle Phasenvergleichssensoren und den Bildkontrast in die Ermittlung des korrekten Fokusabstandes einbezieht. Zwar erreicht die Alpha 6400 nicht die von Sony angegebenen Fokusgeschwindigkeiten, dennoch ist die Kamera sehr schnell, zumindest wenn die Werkseinstellung benutzt wird. Hier sind Einstellungen wie Vor-Autofokus sowie eine Funktion, die eine Mischung aus Schärfe- und Auslösepriorität bildet, aktiv.

So konnte die Kamera im Labor den Fokus in etwa 0,25 Sekunden im Weitwinkel sicher einstellen. Im Telebereich brauchte sie mit 0,46 Sekunden etwas länger. Wird allerdings die Schärfenpriorität aktiviert, ändert sich das Ergebnis im Weitwinkel deutlich auf 0,46 Sekunden und liegt damit gleichauf mit dem Ergebnis der Telebrennweite. Die reine Auslöseverzögerung betrug in beiden Brennweiten rasante 0,03 Sekunden.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.