APS-C-Flaggschiffkamera

Testbericht: Sony Alpha 6600

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung
  2. Ergonomie und Verarbeitung
  3. Ausstattung
  4. Bildqualität
  5. Fazit und Kurzbewertung
  6. Messwerte (Premium)
  7. Bewertungstabelle (Premium)
  8. Bewertungsdiagramme (Premium)
  9. Technische Daten
  10. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 6, vom 2020-01-13 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ergonomie und Verarbeitung

Die Alpha 6600 besitzt ein neu designtes Gehäuse, das sich aber durchaus an das Vorgängermodell Alpha 6500 beziehungsweise die kleinen Schwestermodelle anlehnt. Das bringt einige Vorteile mit, wie wir finden. Breite und Höhe sind mit zwölf mal 6,7 Zentimeter identisch, aber in der Tiefe misst die Alpha 6600 einen Zentimeter mehr, nämlich sieben statt sechs. Da das Objektiv ohnehin weiter hervorsteht als der Handgriff, passt die Alpha 6600 mit identischem Objektiv auch in dasselbe Quader wie die Alpha 6100 oder 6400. Anders ausgedrückt: Theoretisch ist sie größer, mit angesetztem Objektiv jedoch nicht. Dafür bietet sie den um einen Zentimeter weiter hervorstehenden Griff mit Platz für einen größeren Akku und vor allem eine viel bessere Ergonomie, erst recht bei Verwendung größerer Objektive. Übrigens ist die Alpha 6600 vom Bajonett bis zum Bildschirm gemessen nicht dicker ist als die kleineren Schwestermodelle, wir konnten sie direkt mit der 6100 vergleichen. Die zur Bildstabilisierung bewegliche Lagerung des Bildsensors nimmt also keinen zusätzlichen Platz weg und könnte grundsätzlich auch in einer kleineren Alpha eingebaut werden, wenn Sony wollte. Dieser Bildstabilisator bleibt aber vorerst ein weiterer Trumpf, den die Alpha 6600 in die Waagschale werfen kann, um den hohen Preis auszugleichen.

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Das Gehäuse weiß beim ersten Anpacken nicht nur aufgrund des üppigen Handgriffs mit seiner rutschfesten, genarbten Gummioberfläche zu überzeugen. Es besteht nämlich zum größten Teil aus einer Magnesiumlegierung und soll dank einer Doppelstruktur sowie Dichtungen an "wichtigen" Bedienelementen gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt sein. Das klingt erstmal gut, ist aber doch einschränkend und bleibt hinter der Konkurrenz zurück, die komplett abgedichtete Kameras baut. Man braucht sich nur die Schnittstellen- oder die Akkufachabdeckung anzusehen, um festzustellen, dass es mit dem Spritzwasserschutz nicht weit her ist, denn hier sind keine Dichtungen zu finden. Ein super Gehäuse also, aber mit Potential für Verbesserungen bei der Robustheit.

Bei den Bedienelementen bietet die Alpha 6600 dank doppelt so vieler Funktionstasten und direkten Benutzerspeichern auf dem Programmwählrad zwar etwas mehr Individualisierbarkeit als die Alpha 6400, behält aber das suboptimale Bedienradkonzept bei. Statt über ein vorderes und ein hinteres Einstellrad verfügen die Sonys nämlich über zwei hintere Einstellräder, die beide vom Daumen bedient werden. Dieser muss also ständig die Position wechseln. Dass das hintere Einstellrad gleichzeitig Vierwegekreuz ist, mag ebenfalls in der Einsteigerklasse gehen, aber bei einer Flaggschiffkamera, die man sorglos bedienen können sollte, kann es lästig sein, wenn man beim Drehen am Daumenrad zum Einstellen der Belichtungszeit zu stark gedrückt hat und plötzlich ungewollt die ISO-Empfindlichkeit verstellt.

Sehr vorbildlich sind hingegen die Möglichkeiten, Tasten individuell mit Funktionen zu belegen. Dazu gehören nicht nur die vier Custom-Tasten C1-C4, sondern auch die Bestätigungstaste des Steuerkreuzes sowie drei seiner Richtungstasten und die AFL/AEL-Taste. Über einhundert Funktionen stehen jeweils für die Belegung zur Verfügung, die Sony übersichtlich gruppiert hat. So gelingt die individuelle Belegung auch ohne Studium des Handbuchs, sofern man sich unter den Funktionen, die zur Verfügung stehen, etwas vorstellen kann. Des Weiteren steht ein ebenfalls individuell belegbares Funktionsmenü bereit.

An der Menüstruktur der Sony scheiden sich hingegen die Geister. Vor allem langjährige Fotografen finden die Menüs nicht unbedingt logisch sortiert, so wird etwa die AF-Funktion im AF-Bereich des Menüs vom Auslöser getrennt statt im Tastenbelegungsbereich, eine AF-On-Taste muss man sich aber im Tastenbelegungsbereich definieren. Manche irritiert auch die Aufteilung des Aufnahmemenüs in zwei Hauptreiter mit Unterreitern. So beginnt das zweite Aufnahmemenü mit drei Reitern für Videoeinstellungen, danach folgen aber wieder allgemeinere Einstellungen für Verschluss, Zoom, Anzeige und Bildkontrolle sowie die benutzerdefinierte Bedienung. Im Prinzip ist das aber Gewöhnungssache und zu den einzelnen Menüpunkten gibt es sogar einblendbare Kurzerklärungen. Das ist aber manchmal auch notwendig, denn im Menü werden oft Abkürzungen benutzt.

So gar nicht flaggschiffwürdig ist der rückwärtige Bildschirm der Sony Alpha 6600. Nicht, dass der Bildschirm schlecht wäre, er misst 7,5 Zentimeter in der Diagonale, ist mit 730 cd/m² im Sonnig-Modus hell genug für sonnige Umgebungen und löst mit 921.000 Bildpunkten ausreichend auf, aber er hebt sich auch überhaupt nicht von den Modellen Alpha 6100 und 6400 ab. Vor allem erbt er auch deren Seitenverhältnis, das mit 16:9 für Fotografen nicht gerade optimal ist. So schrumpft das Livebild dadurch doch auf effektiv 6,6 Zentimeter Diagonale im 3:2-Format. Die Kippfunktion mit 74 Grad nach unten und 180 Grad nach oben, also auch für Selfies geeignet, ist ebenfalls dieselbe wie in den kleineren Schwestermodellen. Die Touchfunktionalität ist auch nur spärlich ins Bedienkonzept einbezogen. Klar verfügt die Alpha 6600 über genügend Tasten, aber Funktionen zusätzlich am Touchscreen bedienen zu können, würde auch nicht schaden. Die Funktionalität beschränkt sich aber auf das Setzen des Fokuspunkts als Ersatz eines nicht vorhandenen Fokusjoysticks, den man ebenfalls eigentlich in dieser Klasse erwarten könnte.

Das nicht Flaggschiffwürdige, nicht Besondere, nicht Preisangemessene setzt sich beim Sucher fort. Er ist identisch mit dem der deutlich günstigeren Alpha 6400. Im Grunde ist das 2,36 Millionen Bildpunkte auflösende OLED mit 100 bis 120 Hz Bildwiederholrate und die im Kleinbildäquivalent 0,7-fache Vergrößerung aber völlig ausreichend zum Arbeiten. Im Gegensatz zum Bildschirm bietet der Sucher sogar eine automatische Helligkeitsregelung und die Farbwiedergabe lässt sich ebenfalls anpassen. Sucher wie Monitor bieten Einblendungen von Aufnahmeparametern, Gitterlinien, elektronischer Wasserwaage, Livehistogramm, Belichtungsvorschau und natürlich Bildwiedergabe, im Sucher völlig blendfrei. Brillenträger finden übrigens keinen optimalen Einblick, wohl dem, der im Regelbereich des etwas fummeligen Dioptrienausgleichs ein scharfes Bild erkennen kann.

Dass die Alpha 6600 gut 100 Gramm mehr wiegt als ihre kleineren Schwestermodelle und damit beinahe die Marke von einem halben Kilogramm sprengt, liegt zu 40 Prozent am doppelt so großen, doppelt so schweren Akku (82 statt 42 Gramm im Vergleich zum Akku der Alpha 6100 und 6400), der für eine äußerst üppige Laufzeit von 810 Aufnahmen nach CIPA-Standard reicht. Super, dass er in der Kamera per Micro-USB geladen werden kann und auch einfache USB-Ladegeräte oder Powerakkus, dann halt langsamer als leistungsfähigere, als Stromquelle akzeptiert werden. Aber dass Sony der Kamera einen USB-Netzadapter beilegt, den ohnehin jeder für sein Smartphone bereits zu Hause hat, statt eines externen Ladegeräts, ist wieder ein Punkt, den man bei einer Mittelklassekamera akzeptiert, aber nicht bei einer über 1.500 Euro teuren APS-C-Flaggschiffkamera. Der eine oder andere "Poweruser" möchte sicher gerne seinen Akku extern aufladen, während er mit dem zweiten weiterfotografiert. Immerhin bietet Sony ein externes Ladegerät als optionales Zubehör an.

Wir haben keinen Sprung in der Platte, aber da ist noch ein Punkt, den Sony, zumindest bei einem Flaggschiffmodell, hätte besser machen können: Der Speicherkartenschacht. Einerseits sitzt er im Akkuschacht mit drin, eine separate, seitliche Öffnung wäre sicher nicht verkehrt gewesen, auch wenn sich die Karte, selbst mit angebrachter Stativwechselplatte, bequem entnehmen lässt. Aber wieder hat Sony einen Universalslot verbaut, in dem wahlweise ein Memorystick Duo oder eine SD/SDHC/SDXC-Speicherkarte eingesetzt werden kann. Dadurch beherrscht er nur UHS I, unterstützt aber nicht UHS II und obendrein ist selbst das UHS-I-Interface mit knapp über 40 MB/s nicht gerade schnell. Es reicht für 4K-Filmaufnahmen, aber bei Serienbildern wird das Interface zum Nadelöhr, wenn die Kamera ewig braucht, um einen vollen Puffer auf die Speicherkarte zu bannen (mehr dazu im Abschnitt Ausstattung beim Test der Serienbildfunktion).

Bei den Schnittstellen hat die Alpha 6600 dann endlich ihren kleineren Schwestermodellen etwas voraus: Zusätzlich zu Micro-USB und Micro-HDMI sowie dem 3,5mm Stereoklinken-Mikrofonanschluss gibt es einen 3,5mm-Kopfhöreranschluss für Videografen. Die USB-Schnittstelle eignet sich übrigens nicht nur zur Datenübertragung und zum Aufladen des Akkus, sondern auch ein Kabelfernauslöser kann hier angesteckt werden. Die HDMI-Schnittstelle kann ein reines Videosignal für externe Aufzeichnungen und sogar einen Timecode ausgeben. Die Mikrofonschnittstelle verfügt über eine Phantomspeisung. Drahtlos ist die A6600 mit Bluetooth 4.2 LE (auch hierfür gibt es eine Fernbedienung), WLAN und sogar NFC ebenfalls gut aufgestellt.

Fortsetzung auf Seite 3

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