Kompakte Vollformat-Systemkamera

Testbericht: Sony Alpha 7C

2020-11-09 Mit der Sony Alpha 7C packt der japanische Elektronikriese einen bildstabilisierten Vollformatsensor in ein modernes, schickes und dank fehlendem Sucherbuckel besonders kompaktes Gehäuse. Die Technik basiert, mit einigen Verbesserungen etwa beim Autofokus, im Wesentlichen auf der Sony Alpha 7 III. Beim Bedieninterface und Sucher hingegen wurde abgespeckt, dafür lässt sich der Touchscreen seitlich in Selfie- und Vloggerposition schwenken. Im ausführlichen Test schauen wir uns die Bildqualität, Bedienung und Ausstattung detailliert an.  (Benjamin Kirchheim)

Sony Alpha 7C Testbericht als Premium-VersionDiesen Kameratest gibt es auch als E-Book mit erweitertem Informationsumfang. Das PDF zum Herunterladen enthält gegenüber dieser Online-Version zusätzlich eine übersichtliche Tabelle mit detaillierten Einzelbewertungen sowie zwei Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar visualisiert werden. Zudem stellen wir vier andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Sony Alpha 7C haben. mehr …

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)

Ergonomie und Verarbeitung

Die Sony Alpha 7C ist derzeit die kompakteste spiegellose Vollformat-Systemkamera, wobei man eine der Eigenschaften "mit Sucher" oder "mit beweglichem Bildschirm" oder "mit Handgriff" oder "mit Sensor-Shift-Bildstabilisator" hinzufügen muss, denn absolut gesehen ist die Sigma fp kompakter. Im Gegensatz zur Sigma, die sicher bei Spezialanwendungen Vorteile bietet, ist die Sony Alpha 7C eine spiegellose Systemkamera für den ganz normalen Alltag. Dennoch ist sie, wie ihre Schwestermodelle, alles andere als eine 08/15-Kamera.

Die Alpha 7C fällt mit ihrem Design auf, vor allem in der silbernen Variante, die wir getestet haben. Sie ist aber auch etwas unauffälliger in Schwarz zu bekommen. Auch wenn sie sich ein wenig am Messsucherdesign anlehnt, wirkt die Sony Alpha 7C überhaupt nicht "Retro", sondern ist im Gegenteil modern und etwas minimalistisch gestaltet. Das wird alleine schon an der "Belederung" des Handgriffs deutlich, die nicht etwa in Lederoptik genarbt ist, sondern in einem gepunkteten 3D-Design daherkommt. Gegenüber ihren Alpha-7-Schwestermodellen muss man aber auch Abstriche beim Bedieninterface, etwa der Zahl der Knöpfe oder Bedienräder, machen, was aber nicht zwangsläufig schlecht ist.

Mit betriebsbereit gerade einmal knapp über 500 Gramm fällt die Sony Alpha 7C so leicht aus, dass man schnell denken könnte, ihr Gehäuse bestünde aus Kunststoff. Dem ist aber nicht so, im Gegenteil besteht es größtenteils aus einem Magnesium-Monocoque. Nur auf der Rückseite unter dem Bildschirm sowie unter dem Griffgummi (für die Drahtlosfunktionen) und um die Schnittstellen herum finden sich Kunststoffeinsätze.

Das Gehäuse wirkt verglichen mit einer Sony Alpha 7 III ein wenig so, als hätte man einfach den Sucherbuckel abgesägt. Tatsächlich ist die Alpha 7C so hoch wie eine 7 III ohne Sucherbuckel und sogar die Gehäusetiefe ist mit Ausnahme des Handgriffs dieselbe. Um zu sehen, dass die Alpha 7C drei Millimeter weniger Breite hat, muss man schon sehr genau hinschauen, denn eine wirklich große Kamera ist die Alpha 7 III ja auch nicht. Nimmt man die Alpha 7C dagegen in die Hand, fällt sofort der unterschiedlich geformte Handgriff auf – und das nicht im positiven Sinne für die Alpha 7C. Sogar das APS-C-Spitzenmodell Alpha 6600 verfügt über mehr Grifftiefe.

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Hier hat Sony definitiv am falschen Ende gespart, denn selbst die kleinsten Festbrennweiten oder das winzige, unter 170 Gramm leichte 28-60mm-Zoom, das im Set mit der Alpha 7C angeboten wird, überragen den Handgriff deutlich, so dass seine geringe Größe nur im Datenblatt die Kameraabmessungen minimiert. Spätestens mit größeren Objektiven ist die Handhabung nicht mehr besonders angenehm. Auch der Platz zwischen Griff und Objektiv ist etwas beengt.

Das Standardzoom FE 28-60 mm F4-5,6 ist nicht nur 167 Gramm leicht, sondern hat bei einem Durchmesser von 66,6 Millimetern ein Filtergewinde von lediglich 40,5 Millimeter. Es kann zum Transport eingefahren werden und ist dann nur noch 45 mm lang, bietet aber dafür auch nur einen kleinen, 2,1-fachen Zoombereich. Sogar eine Abdichtung gegen Feuchtigkeit und Staub besitzt es. Drei asphärische Elemente sollen für eine hohe Bildqualität bis an den Rand sorgen. Für eine schnelle Fokussierung bei Foto- und Filmaufnahmen soll der Linearmotor sorgen (mehr zum Autofokus im Abschnitt "Ausstattung"). Die Naheinstellgrenze beträgt lediglich 30 Zentimeter, der Abbildungsmaßstab ist mit 1:63 dennoch wenig beeindruckend, ca. 22 x 15 Zentimeter beträgt das kleinste Bildfeld (entspricht ungefähr einem Blatt in DIN A5).

Trotz des kleinen Griffs hat Sony es geschafft, noch den großen Lithium-Ionen-Akku NP-FZ100 darin unterzugringen, so dass man von einer erfreulich langen Akkulaufzeit von 740 Aufnahmen nach CIPA-Standard profitiert – das sind sogar 30 Bilder mehr als noch bei der Alpha 7 III. Selbstverständlich wird der Ladestand prozentgenau auf dem Display angezeigt. Wofür hingegen kein Platz mehr war – und das wird ambitionierte Fotografen wahrscheinlich ähnlich schmerzen wie der etwas zu kleine Griff – ist ein Zeigefingerrad. Zwar bietet die 7C zwei Bedienräder, aber beide werden mit dem Daumen gedreht. Immerhin kann sich der Zeigefinger so auf das Einschalten und Auslösen konzentrieren.

Der ringförmige Einschalter mit zentralem Auslöser liegt perfekt, so dass die Kamera stets schnell aufnahmebereit ist. Der erste Druckpunkt für die Aktivierung von Autofokus und Belichtungsmessung ist vielleicht etwas schwammig, aber das Auslösen selbst spürt man deutlich mit einem leichten "Klick" im Auslöser. Das Verschlussgeräusch ist nicht allzu laut und klingt angenehm; fast so, als hätte Sony auch hier am (Sound-) "Design" geschraubt.

Außer dem Auslöser sind auf der Oberseite recht wenige Bedienelemente zu finden. Anstelle der C1-Taste der Alpha 7 III sitzt bei der 7C die Videoaufnahmetaste mit dezenter roter Umrandung, die C2-Taste fehlt gänzlich. Die zwei Einstellräder fallen ganz dem Kameradesign folgend sehr flach aus. Beide rasten gut ein, so dass man sie kaum versehentlich verstellt.

Das Programmwählrad bietet neben den klassischen Kreativprogrammen P, A, S und M auch eine Vollautomatik, einen Videomodus, den S&Q-Modus (Slow and Quick, also Zeitlupe und Zeitraffer) sowie drei Benutzerspeicher, was die Zielgruppe der ambitionierten Fotografen deutlich macht. Mit dem anderen Rad kann eine Belichtungskorrektur von -3 bis +3 EV in 1/3-EV-Schritten vorgenommen werden. Dieses Rad war uns bei der Alpha 7 III noch etwas zu leichtgängig, dies ist bei der 7C nun etwas besser.

Minimalismus herrscht auch auf der Rückseite. Manchem wird sofort der fehlende AF-Joystick auffallen, hier bleibt nur der Griff zum Touchscreen. Immerhin fehlt die AF-On-Taste nicht. Das obere Daumenrad ist auf der Rückseite eingelassen und rastet angenehm sanft, es lässt sich gut bedienen. Das zweite Daumenrad ist im Vierwegeregler integriert, was keine optimale Kombination ist. Mit trockenen Fingern muss man etwas Druck ausüben, um es zu drehen – und aufpassen, keine unerwünschte Funktion durch versehentliche Betätigung des Vierwegereglers auszulösen.

Die vier Richtungstasten sind mit Funktionen vorbelegt und beschriftet, lassen sich aber teilweise auch umkonfigurieren, was jedoch für die Funktionen nach links (Auslösemodus) und rechts (ISO) weniger empfehlenswert ist. Die einzige "echte" Funktionstaste ist die Löschen-Taste, die im Aufnahmemodus ja nicht gebraucht wird. Des Weiteren lassen sich noch die AF-On-Taste sowie die mittlere und untere Taste des Vierwegereglers individuell belegen. Die Fn-Taste für das – ebenfalls konfigurierbare – Schnellmenü ist selbstverständlich vorhanden.

Beim Sucher ist die Alpha 7C ein Rückschritt. Die 2,36 Millionen Bildpunkte Auflösung sind "Minimalstandard", die 0,59-fache Vergrößerung hingegen ist für eine Vollformatkamera wirklich mickrig und eigentlich eher Einsteigerkameras der 500-Euro-Klasse zuzuordnen. Auch Brillenträger haben am Sucher wenig Spaß, denn aufgrund des dadurch zwangsläufig größeren Abstands zum Okular kann man den Sucher nicht einmal mehr vollständig überblicken, an den Seiten fehlen deutliche Teile. Immerhin ist der Dioptrienkorrektur-Einstellbereich mit -4 bis +3 dpt. recht groß, wird aber sicher nicht für alle ausreichend sein.

Durch den mickrigen Sucher wird der rückwärtige Bildschirm umso wichtiger für die Bildkomposition. Angesichts dessen nervt der neben dem Sucher angebrachte Näherungssensor schon fast, der automatischen zwischen Sucher und Bildschirm umschaltet. Zwar lässt er sich deaktivieren, aber dann vermisst man eine Taste, falls man doch einmal zwischen Sucher und Monitor wechseln möchte. Hier bleibt dann nur der Gang ins Menü oder das "Opfern" einer der programmierbaren Funktionstasten.

Der rückwärtige Bildschirm bietet Licht und Schatten. Seine Diagonale von 7,5 Zentimetern und die Auflösung von 921.000 Bildpunkten beeindrucken heutzutage niemanden mehr, beides ist quasi Minimalstandard. Auch die Helligkeit des Bildschirms ist selbst im Sonnenmodus mit knapp 650 cd/m² maximaler Leuchtdichte wenig beeindruckend, reicht aber für die meisten Umgebungen leidlich aus. Die Touchfunktionalität ist heute ebenfalls Standard und kein Wow-Effekt mehr. Aber immerhin lässt sich der Bildschirm seitlich schwenken und um 270 Grad drehen, so dass er sich aus allen Perspektiven – auch vor der Kamera für Selfies oder als Vlogger-Kontrollmonitor – einsehen lässt. Zudem kann man den Bildschirm zum Schutz verkehrt herum an die Kamera klappen.

Die Menüs der Alpha 7C sind Sony-typisch sehr umfangreich und fein gegliedert, aber nicht immer die übersichtlichsten. Das liegt einerseits natürlich an der Fülle von Einstellungen, andererseits aber auch daran, dass man in der deutschen Übersetzung im Menü auf viele Abkürzungen trifft, die nicht immer gut verständlich sind. Insgesamt gibt es sechs Hauptkategorien, eine davon ist ein praktisches Favoritenmenü.

Die Hauptkategorien sind in Unterkategorien mit je maximal sechs Menüpunkten aufgeteilt. Allein im Aufnahmemenü 1 sind es 14 und im Aufnahmemenü 2 zehn Unterkategorien, hinzu kommen je drei bei Netzwerk und Wiedergabe und noch einmal sechs im Einstellungsmenü, so dass 36 Menüseiten zusammenkommen. Da kann man sich schonmal "verirren". Immerhin gibt es im Menü nicht nur eine Hilfefunktion, auch wenn diese manchmal nicht wirklich weiterhilft, sondern es wird beim Auswählen eines ausgegrauten Menüpunkts sogar angezeigt, warum man diese Funktion gerade nicht wählen kann.

Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite besteht aus Metall und sitzt in der optischen Achse. Es ist etwas weit vorne angebracht, so dass Schnellwechselplatten hier überstehen können. Der Abstand zum Akkufach ist hingegen groß genug für Standardplatten, so dass man stets gut an den Energiespender herankommt. Öffnet man die Klappe, fällt aber auf, dass hier keine Dichtung zum Spritzwasserschutz angebracht ist. Dennoch behauptet Sony, die Kamera verfüge über einen entsprechenden Witterungsschutz. Man sollte also etwas Vorsicht walten lassen.

Wer die Kamera erstmals in der Hand hält, wird vielleicht ein wenig nach dem Speicherkartenschacht suchen müssen. Auf der Griffseite gibt es keinen und auch im Akkufach befindet sich kein Steckplatz. Fündig wird man auf der linken Gehäuseseite, wo in der Mitte zwischen den Schnittstellen eine Speicherkartenklappe angebracht ist, die nach dem Entriegeln automatisch aufspringt. Hier gibt es sogar eine Dichtung gegen Spritzwasser und Staub. Sony hat zwar nur einen SD-Steckplatz untergebracht, dieser ist aber wenigstens zu SDHC, SDXC, UHS I und dem schnelleren UHS II kompatibel, wenn auch nur mit einer Maximalgeschwindigkeit von knapp unter 120 MB/s.

Trotz des Speicherkartenfachs hat Sony es geschafft, vier Schnittstellen drumherum zu platzieren, auch wenn man hier zumindest beim HDMI-Anschluss einen Kompromiss eingehen muss, denn es handelt sich lediglich um eine mechanisch wenig robuste Micro-HDMI-Buchse. Immerhin gibt es neben dem Mikrofon- sogar einen Kopfhöreranschluss und Clean-HDMI für externe Aufzeichnungen wird auch beherrscht.

Bei der USB-Buchse setzt Sony auf den zeitgemäßen Typ-C. Hierüber lässt sich wahlweise bei ausgeschalteter Kamera der Akku laden oder aber die Kamera mit Strom versorgen. Besondere Leistungsansprüche stellt die Sony Alpha 7C dabei nicht, zumal sie den Akku nur im ausgeschalteten Zustand lädt und eingeschaltet den USB-Strom direkt zur Energieversorgung nutzt; eingelegt sein muss der Akku dennoch. Zudem kann die Sony über die USB-Schnittstelle mittels Webcam-Utility als Webcam verwendet werden (siehe weiterführende Links).

Übrigens hat Sony die Schnittstellenabdeckungen sehr gut gelöst. Wir bevorzugen eigentlich vernünftige Klappen statt fummeliger Gummistopfen. Andere befürchten hingegen, mechanische Klappen könnten abbrechen. Die Sony Alpha 7C nutzt hingegen an Scharnieren angebrachte Gummiklappen. Diese lassen sich gut öffnen und schließen, bleiben geöffnet schön stehen und können nicht abbrechen.

Fortsetzung auf Seite 2

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