Ausstattung
Man mag es kaum glauben, aber trotz ihres hohen Preises von fast 4.000 Euro (ohne Objektiv selbstverständlich) und der enormen Auflösung von 61 Megapixeln besitzt die Sony Alpha 7R IV tatsächlich eine Vollautomatik mit Motiverkennung. Wer also viel Geld hat, eine hohe Auflösung braucht, aber sich nicht mit technischen Kameraeinstellungen herumschlagen möchte, kann durchaus zur Sony greifen. Sogar eine große Palette digitaler Filter bis hin zur Spielzeugkamera stehen zur Auswahl. Ihre volle Leistung entfaltet die Alpha 7R IV indes erst bei der gezielten Anpassung der Aufnahmeparameter an die Motivsituation, die man in der Programmautomatik, Blendenautomatik oder Zeitautomatik sowie dem manuellen Modus, auf Wunsch auch mit ISO-Automatik, vornehmen kann.
Die Sony Alpha 7R IV besitzt einen gut ausgeformten, großen Handgriff, der für einen sicheren Halt und eine gute Ergonomie sorgt. [Foto: MediaNord]
Dazu gehören etwa umfangreiche Belichtungsreihenfunktionen, die sich nicht auf die reine Belichtungszeit beschränken, sondern auch Weißabgleichs- sowie DRO-Aufnahmereihen sind möglich. DRO ist die Dynamikoptimierung von Sony, die Schatten aufhellt und die Zeichnung in den Lichtern schützt. Normale Belichtungsreihen sind mit bis zu neun Aufnahmen mit bis zu einem EV Belichtungsunterschied zwischen den Bildern möglich, bei drei oder fünf Aufnahmen sind bis zu drei EV Belichtungsabstand möglich. Das reicht völlig für HDR-Aufnahmen aus, die allerdings nicht in der Kamera zusammengesetzt werden können. Ebenfalls nicht in der Kamera zusammengerechnet werden können die Pixel-Shift-Multi-Shooting-Aufnahmen, bei denen bis zu 16 Aufnahmen am Computer zu einer schwindelerregenden Auflösung von 240 Megapixel zusammengerechnet werden können.
Dabei kommt der Sensor-Shift-Bildstabilisator zum Einsatz, der bis zu 5,5 EV längere Belichtungszeiten aus der freien Hand ermöglichen soll. Wenn man ihn für maximal vier Blendenstufen ausnutzt, ist man auf der ziemlich sicheren Seite, darüber steigt der Ausschuss an verwackelten Aufnahmen spürbar an. Für eine Vollformatkamera mit einer großen bewegten Sensormasse funktioniert das System aber äußerst gut, schließlich darf man dabei auch die enorme Sensorauflösung nicht vergessen, die bei entsprechender Vergrößerung kleinste Verwackler sichtbar macht.
Ebenfalls nicht unkritisch ist angesichts der hohen Sensorauflösung die Fokussierung. Hier hat eine spiegellose Systemkamera gegenüber einer DSLR den enormen Vorteil, die Messung direkt auf der Bildebene vorzunehmen und nicht über eine Umlenkung des Strahlengangs über Hilfsspiegel. Beim Blick in die Autofokus-Einstellungen fällt auf, dass nicht nur für den Nachführ-Autofokus eine Balance aus Fokusgenauigkeit und Auslösepriorität voreingestellt ist, sondern auch für den Single-AF-Modus. Zum Glück lässt sich das korrigieren, denn um die 61 Megapixel auszuschöpfen, möchte man schließlich vor der Aufnahme einen möglichst sicher sitzenden Autofokus haben.
Das an 42 Megapixeln gute FE 24-105 mm F4 G OSS ist der 61 Megapixel hohen Sensorauflösung der Sony Alpha 7R IV nicht gewachsen. [Foto: MediaNord]
Bei der Messung der Autofokusgeschwindigkeit in diesem Modus zeigt sich allerdings auch ein kleiner Nachteil der enormen Sensorauflösung: Für die nötige Präzision braucht die Alpha 7R IV eben doch einen Hauch länger und erreicht dadurch zwar keine Rekordwerte, ist aber mit rund einer drittel Sekunde nach wie vor schnell. Positiv sticht zudem die reine Auslöseverzögerung von nur 0,03 Sekunden hervor. Da kommt nicht nur eine DSLR mit Klappspiegel kaum noch mit, sondern sogar manch andere spiegellose Systemkamera nicht. Dabei ist natürlich von Vorteil, dass die Sony mit Arbeitsblende misst, so dass die Blende vor dem Auslösen nicht noch geschlossen werden muss.
Der Autofokus der Sony Alpha 7R IV kann aber auch ganz anders, wenn es sein muss. Im Verfolgungsmodus ist er nämlich rasend schnell und erkennt nicht nur Gesichter, sondern auch Augen von Menschen oder wahlweise Tieren. Sogar bei zehn Serienbildern pro Sekunde wird der Autofokus unterbrechungsfrei nachgeführt. Entsprechend der Leistungsfähigkeit stehen zudem diverse Parameter zur Konfiguration zur Verfügung, um beispielsweise einige AF-Punkte zu einer Gruppe zusammenzufassen. Überhaupt bietet der Autofokus mit 425 Kontrast- und 567 auf dem Sensor integrierten Phasen-Messpunkten eine üppige AF-Messdichte auf einer großen Fläche des Bildsensors.
Die versprochenen zehn Serienbilder pro Sekunde erreicht die Sony Alpha 7R IV problemlos und hält sie trotz der enormen Auflösung in Raw sogar für 73 statt der versprochenen 68 Bilder durch, in JPEG X-Tra-Fine sind es hingegen "nur" 67 Bilder. Dabei fallen mit 60 Megabyte für ein verlustfrei komprimiertes 14-Bit-Raw oder 50 Megabyte für ein JPEG enorme Datenmengen an. Interessant wird es, wenn der Puffer voll ist und wie lange es dauert, diesen wieder zu leeren. In Raw geht das mit schneller Speicherkarte dauerhaft mit 1,8 Bildern pro Sekunde, in JPEG hingegen nur mit 0,5 Bildern pro Sekunde. Der deutliche Unterschied zeigt sich auch beim Leeren des Puffers, was in Raw nur 21 Sekunden dauert, in JPEG hingegen fast zwei Minuten (115 Sekunden sind es genau).
Das Nadelöhr ist dabei nicht die Datenmenge, sondern die Bildaufbereitung, die trotz des leistungsfähigen Bionz-X-Bildprozessors mit Front-End-LSI-Hilfsprozessor enorme Zeit in Anspruch nimmt – nicht zuletzt, weil auch Objektivfehler digital kompensiert werden. Da beim Schreiben der Bilder einige Kameraeinstellungen gesperrt sind, kann es in JPEG schon etwas lästig werden, auf das Leeren des Puffers zu warten. Wer also die Bilder nicht sofort braucht, sondern sie auch später am Computer entwickeln kann, sollte für schnellere Reaktionszeiten bei Actionaufnahmen tatsächlich auf das Raw- statt auf das JPEG-Format setzen. Bisher war das eigentlich eher umgekehrt der Fall. Die nur etwa 20 Prozent größere Datenmenge der Raw-Aufnahmen fällt bei der Sony Alpha 7R IV eher weniger ins Gewicht.
Mit einer Blitzsynchronbuchse, Mikrofonein- und Kopfhörerausgang, Micro-HDMI sowie gleich zwei USB-Schnittstellen (Micro und Typ C) bietet die Sony Alpha 7R IV zahlreiche Schnittstellen. Bluetooth, Dual-Band-WLAN und NFC kommen noch dazu. [Foto: MediaNord]
Das Gegenteil von Serienbild-Actionaufnahmen stellt die Intervallfunktion dar, die nun endlich ihren Weg in die Alpha-7-Serie gefunden hat. Mit einstellbarer Startzeit und Intervall sind bis zu 9999 Aufnahmen möglich. Praktischerweise wird die Gesamtaufnahmedauer bereits im Vorwege berechnet, so dass man auch ohne Taschenrechner abschätzen kann, ob die gewünschte Aufnahmezeit erreicht wird. Mit einem Drei-Sekunden-Intervall kann man beispielsweise bis zu acht Stunden und 20 Minuten die Intervallaufnahme laufen lassen, etwa für die Aufnahme des Sternenhimmels. Bei 24 Bildern pro Sekunde ergäbe sich daraus ein sieben Minuten langer Film, den man angesichts der hohen Auflösung problemlos in 8K oder höher rendern könnte. Weitere Einstellungen erlauben eine langsame Anpassung der Belichtungszeit und eine wählbare Priorisierung von Belichtungszeit oder Intervallzeit, falls diese sich überschneiden. Auch eine lautlose Aufnahme mit elektronischem Verschluss ist möglich.
Apropos Verschluss: Dieser bietet einen Einstellbereich von 30 Sekunden bis 1/8.000 Sekunde, egal ob elektronisch oder mechanisch. Dabei klingt der Verschluss angenehm satt, aber nicht zu laut. Die Bulb-Funktion steht allerdings nur bei mechanischem Verschluss zur Verfügung. Zudem ist die mechanische Arbeit des Verschlusses durchaus spürbar. Sicherlich nicht ohne Grund ist ein elektronischer erster Verschlussvorhang aktivierbar, um Vibrationen zu reduzieren.
Auch die Videofunktion der Sony Alpha 7R IV kann sich sehen lassen. Man könnte zwar meinen, sie sei angesichts der hohen Pixeldichte nicht so gut für Videoaufnahmen geeignet, dem ist jedoch nicht so. Die 4K-Videofunktion arbeitet mit 6K-Oversampling, was für eine höhere Bildqualität sorgt. Allerdings sind mit der hohen Auflösung nur maximal 30 Bilder pro Sekunde möglich. Dabei fällt sofort der enorme Bildbeschnitt auf das Super-35-mm-Format auf, das etwa APS-C-Größe entspricht. Schaltet man dagegen auf Full-HD um, wird die volle Bildbreite des Kleinbildsensors ausgenutzt. Etwas lästig ist auch die Beschränkung der Bildwiederholfrequenzen, die an das PAL- und NTSC-Format gebunden ist. In PAL sind nur Aufnahmen mit 25 Bildern pro Sekunde (in Full-HD auch 50 oder 100p) möglich, in NTSC hingegen 24, 30, 60 und 120 Bilder pro Sekunde je nach Auflösung. Angesichts der sonst so freien Programmierbarkeit der Funktion erscheint das geradezu grotesk.
Der mechanische Sensor-Shift- sowie der optische Bildstabilisator des Objektivs sind bei der Videoaufnahme aktiv, einen elektronischen Bildstabilisator, der die genutzte Aufnahmefläche weiter beschränken würde, gibt es nicht. Für die Tonaufnahme steht eine Pegelanzeige zur Verfügung, statt des internen Stereomikrofons lassen sich analoge und digitale extern anschließen, eine Tonkontrolle per Kopfhörer fehlt auch nicht. Außerdem lässt sich das Signal über die HDMI-Schnittstelle extern aufzeichnen. Intern stehen nämlich "nur" 100 Mbit/s als maximale Qualität zur Verfügung. Im Gegensatz zur Fotoaufnahme steht hier auch eine HDR-Aufnahme nach HLG-Standard zur Verfügung, auch andere bei professionellen Videoaufnahmen übliche Tonwerteinstellungen sind möglich. Eine Proxy-Aufnahmefunktion in HD-Auflösung steht ebenfalls zur Verfügung. Auch fast die gesamte Leistungsfähigkeit der Autofokusfunktionen lässt sich nutzen und konfigurieren, darunter der Echteizeit-Gesichts- und Augen-Autofokus für Menschen.
Das Stativgewinde der Sony Alpha 7R IV sitzt in der optischen Achse, der Abstand zum Akkufach ist üppig. [Foto: MediaNord]
Die Drahtloskonnektivität der Sony Alpha 7R IV gibt alles her, was heutzutage technisch möglich und sinnvoll ist. Neben Bluetooth-LE gehören dazu auch NFC sowie Dual-Band-WLAN mit 2,4 und 5 GHz sowie alle aktuellen WLAN-Übertragungsgeschwindigkeiten wie etwa N oder AC. Damit lässt sich die Alpha 7R IV via Bluetooth oder WLAN fernauslösen, auch mit Livebildübertragung zum Smartphone und Konfiguration der Aufnahmeparameter. Eine Bluetooth-Fernbedienung bietet Sony ebenfalls an. Ebenfalls via Bluetooth wird die Geotaggingfunktion realisiert, dabei wird das GPS (beziehungsweise alle gebotenen Ortungssysteme) des verbundenen Smartphones genutzt. Zudem unterstützt die 7R IV Hintergrund-FTP-Datenübertragungen per WLAN und natürlich die Fernsteuerung vom Computer aus, ebenfalls drahtlos per WLAN oder auch per USB-Kabel.
Weniger üppig ist hingegen die Wiedergabefunktion. Eine Bild- oder Videobearbeitung ist hier nicht möglich, aber immerhin lässt sich eine Diashow abspielen, via HDMI auch auf einem Fernseher inklusive Steuerung über die Fernseher Fernbedienung. Direktdruckfunktionen bietet die Sony auch. Nützlich ist zudem die Bildbewertungsfunktion, so dass man bereits in der Kamera seine Favoriten markieren kann.