Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Sony Alpha SLT-A99V
2012-11-30 Mit der SLT-A99 versucht Sony den großen Sprung nach vorn. Die Kleinbildkamera bietet endlich alles, worauf Anhänger des Vollformats bislang bei Sony verzichten mussten; Live-View und Videoaufnahme etwa. Hinzu kommen ein völlig neues AF-System mit gleich 102 Phasen-AF-Feldern auf dem Bildsensor, sowie eine innovative Bedienhilfe. Geradezu revolutionär ist indes, dass Sony erstmals bei einer Vollformatkamera auf einen hergebrachten optischen Sucher verzichtet – die A99 zeigt das Sucherbild stets im Live-View-Modus auf dem Display oder im elektronischen Sucher an. Zu welcher Leistung Sonys neues Vollformatflaggschiff mit seinem 24-Megapixel-Sensor im Stande ist, musste die A99 im Testlabor von digitalkamera.de beweisen. Im harten Praxiseinsatz „on location“ und im Studio sind wir dann der wohl spannendsten Frage nachgegangen: Kann das SLT-Konzept mit ausschließlich elektronisch erzeugtem Sucherbild auch bei einer Vollformatkamera überzeugen – oder folgt dem großen Sprung der jähe Absturz? (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Bereits beim ersten Blickkontakt mit der A99 wird klar: Hier haben sich die Designer mächtig ins Zeug gelegt. Verströmte das Vorgängermodell A900 noch den kantigen Charme eines Plattenbaus, wirkt die Neue mit ihren sanften Rundungen weit weniger technisch. Ihr organisches Design verleiht der A99 nicht nur ein ganz eigenständiges Gesicht, es lässt die Kamera auch wie angewachsen in der Hand liegen. Und da erweist sie sich Anbetracht ihres Formats als wahres Leichtgewicht. Betriebsbereit (aber ohne Objektiv) drückt die A99 nur etwas mehr als 800 Gramm auf die Waage; leichter ist derzeit keine andere Vollformatkamera. Dabei wirkt sie alles andere als billig, schließlich hat Sony das Gehäuse aus einer leichten aber äußerst widerstandsfähigen Magnesium-Aluminium-Legierung geformt. Einzig die große Plastikklappe auf der rechten Seite, unter der sich gleich zwei Kartenschächte verbergen, dürfte gerne noch hochwertiger verarbeitet sein – die Klappe knarzt, wenn man die Kamera fest in die Hand nimmt. Doch diese Petitesse ist gleich wieder vergessen, sobald man durch den Sucher blickt: Die SLT-A99 – so die volle Bezeichnung – liefert ein elektronisch erzeugtes Sucherbild. Damit verabschiedet sich Sony nun auch beim Vollformat von der klassischen Spiegelreflexkonstruktion; auf einen Schwingspiegel und damit einen herkömmlichen optischen Sucher verzichtet die A99.
Neu ist dieses Konzept nicht mehr, bereits vor gut zwei Jahren hat Sony die ersten SLT-Kameras vorgestellt. Bislang gab es die SLT-Technik jedoch nur in der APS-C-Klasse, und da hat sie mindestens einen unbestreitbaren Vorteil: Das elektronische Sucherbild ist groß wie bei einer Vollformatkamera. Daran ändert sich auch bei der A99 nichts, mit einer 0,71-fachen Vergrößerung weist das Sucherbild die klassenüblichen Dimensionen auf – mehr aber auch nicht. In anderen Belangen konnte das elektronische Sucherbild hingegen bislang nicht immer überzeugen. Vor allem differenziert selbst die vorerst letzte Entwicklungsstufe das EVFs an der A77 zu wenige Tonwertstufen. Da saufen im Sucher Tiefen ab, die die Kamera bei der Aufnahme mühelos durchzeichnet – und bei den Lichtern ist’s nicht besser. Das ließ zunächst für die A99 ebenfalls nichts Gutes ahnen, zumal sich die elektronischen Sucher der A77 und der A99 von der Papierform her gleichen wie ein Plattenbau dem anderen: Das Sucherdisplay löst mit ca. 2,36 Millionen Bildpunkten extrem fein auf und dank seines 4:3-Formats bleibt über und unter dem Sucherbild ein Rand, in den die Kamera die wichtigsten Aufnahmeinformationen einblendet. Fast schon wie erwartet, quälten auf der Photokina 2012 dann auch erste Vorserienmodelle das Auge mit einem überharten Sucherbild. Doch was für eine Überraschung: Unser Testmodell aus der Serienproduktion überzeugt mit sehr feinen Tonwertabstufungen, die endlich auch eine zuverlässige Belichtungskorrektur auf Sicht erlauben. Bei einer zum Vergleich herangezogenen A77 unterstrich die A99 eindrucksvoll: Beim Sucher ist Sony der große Sprung nach vorn geglückt. Umsteiger von einem optischen Vollformatsucher werden sich zwar weiterhin daran gewöhnen müssen, dass der EVF mehr das Aufnahmeergebnis abbildet als die Szenerie vor der Linse – doch das ist meist von Vorteil: Weißabgleich falsch eingestellt? Der EVF zeigt’s mit einen blau- oder gelbstichigem Sucherbild. Das gilt analog auch für unpassende Belichtungswerte, die Schärfentiefe lässt sich dank der grandiosen Auflösung (und mithilfe der Abblendtaste) sowieso zweifelsfrei prüfen.
Da bei Sonys SLT-Technologie das Sucherbild stets im Live-View-Modus erzeugt wird, kann ebenso gut das rückwärtige Display zur Aufnahmekontrolle verwendet werden. Es ist mit demselben Klapp-, Knick- und Drehscharnieren versehen wie schon bei der A77. Geblieben ist es auch bei dessen Abmessungen mit einer Diagonalen von standesgemäßen drei Zoll. Doch dem Monitor der A99 hat Sony noch mehr Bildpunkte spendiert, er löst jetzt 1,23 Millionen Dots auf. Zudem hat Sony bei der A99 die pfiffige Quick-Navi-Funktion wiederbelebt, die schon bei älteren Alpha-Modellen sowie bei der Vorgängerin die Bedienung zum Kinderspiel machen: Alle auf dem Display angezeigten Einstellungen lassen sich direkt ansteuern und ändern. In die sehr umfangreichen aber klar strukturierten Menüs muss man so eigentlich nur noch abtauchen, um die Kamera einmalig grundsätzlich zu konfigurieren – und um die Speicherkarte zu formatieren. Zudem hat Sony eine Reihe von Knöpfen und Schaltern rechts auf der Rückseite verteilt – und zwar derart, dass sie bequem mit dem Daumen der Greifhand zu erreichen sind. Weitere Funktionstasten finden sich auf der Topplatte nahe dem Auslöser. Für die linke Hand gibt es daher nicht mehr so viel zu tun, für sie ist das mit einer Sperre geschützte Moduswählrad sowie die Menü-Taste gedacht. Und – das ist eine weitere Innovation der A99 – ein „Lautlosregler“ auf der Kamerafront, dort wo üblicherweise bei Sony der AF-Wählschalter sitzt. Den Fokusmodus kann man mit diesem pfiffigen Drehrad wohl auch ändern, aber eben noch viel mehr – etwa die ISO-Empfindlichkeit, die Belichtungsmessmethode oder das Fokusfeld. Das funktioniert selbst dann wunderbar einfach, wenn man durch den Sucher blickt. Und weil sich der Regler wirklich absolut geräuschlos betätigen lässt, stört er auch nicht, wenn Tonfilme aufgezeichnet werden. Bei Filmaufnahmen übernimmt er konsequenterweise weitere Funktionen, ändert etwa die Blende oder steuert den Filmton aus. Auf der gegenüberliegenden Seite hat Sony den Handgriff noch deutlicher ausgeformt als bei der Vorgängerin, für eine zierliche Fotografenhand könnte er schon etwas zu wuchtig geraten sein. Er nimmt den Akku vom altbekannten Typ NP-FM500H auf, ein Akkuwechsel ist auch bei angesetzter Stativplatte problemlos möglich. Ein Akkuwechsel wird leider auch recht häufig nötig, denn eine Tankfüllung reicht für maximal 500 Aufnahmen.
Ausstattung Keinen Sprung nach vorne macht die A99 in Sachen Bordblitz – er fehlt ihr schlicht. Das ist unverständlich, hat Sony doch im recht ähnlichen Gehäuse der A77 sehr wohl einen ordentlichen Aufklappblitz untergebracht. Dafür verabschiedet sich Sony mit der A99 (und der zeitgleich vorgestellten NEX-6) vom bisherigen proprietären Blitzschuh, der noch aus seligen Minolta-Tagen stammt. Die A99 wartet nun mit einem ISO-Schuh auf, den Sony jedoch um eine ganze Anschlussleiste an der Front erweitert hat. Passend dazu gibt es das neue Blitzgerät HVL-F60M, das für Videoaufnahmen Dauerlicht per Hochleistungs-LEDs spendet. Ebenfalls speziell für den Multi-Interface-ISO-Schuh bietet Sony den Mikrofon-Vorverstärker XLR-K1M an, der sogar symmetrische Anschlüsse (XLR) bereithält. Bisherige Blitzgeräte mit Minolta-Schuh schickt die A99 glücklicherweise nicht sofort in Rente; der Kamera liegt ein kleiner Adapter bei, so dass sich die Blitzgeräte ohne Einschränkung weiter verwenden lassen. Bei den Blitzfunktionen der A99 bleiben keine Wünsche offen, die minimale Blitzsynchronzeit ist mit 1/250 s erfreulich kurz.
Ein spezieller Einstellregler an der Front für Filmaufnahmen, diverses Videozubehör und nicht zuletzt ein permanenter Phasen-AF im Live-View-Modus – das lässt wohl nur einen Schluss zu: Sony will auf einen Sprung alles nachholen, was die Vollformat-Vorgängerin A900 in Sachen Video noch missen ließ. So filmt die A99 auf Wunsch mit Full-HD-Auflösung (1.980 x 1.080 Pixel) bei 50 Vollbildern pro Sekunde und zeichnet dabei einen Datenstrom von 28 Mb/s im platzsparenden AVCHD-Format auf. Und das ist noch nicht alles: Die Kamera wartet mit einer Buchse zum Anschluss eines externen Mikrofons auf, sogar ein Kopfhörer zum Monitoring der Tonaufnahme lässt sich anschließen. Selbstredend ist da schon fast, dass sich der Filmton auch manuell aussteuern lässt – so wird das integrierte Stereomikrofon schon beinahe zur Notlösung. Das größte Pfund in Sachen Video ist indes das SLT-Konzept, bei dem ein festsehender, teildurchlässiger Spiegel im Strahlengang rund 30 Prozent des einfallenden Lichts zum nach wie vor vorhandenen Phasen-AF-Modul abzweigt. Und damit führt die A99 beim Videodreh den Fokus schneller und treffsicherer als jede andere Kamera ihrer Klasse nach.
Serienbilder nimmt die A99 bei voller Auflösung mit rund 5,8 Fotos per Sekunde (fps) in JPEG auf. Sie hält dieses Tempo für gut zwei Sekunden oder 14 Aufnahmen durch, bevor sie in einen gemütlichen Dauerlauf mit einem Bild je Sekunde fällt. Für sich betrachtet ist die A99 damit alles andere als eine lahme Mähre, doch die A77 galoppiert ihr wie ein junges Fohlen mit der doppelten Serienbildrate davon. Das ist verwunderlich, haben beide Kameras doch ungefähr dieselbe Datenmenge zu verarbeiten. Dieser Unterschied macht sich bei Serienbildern in Raw ebenfalls bemerkbar: Hier ist die A99 mit 6,4 fps für 14 Aufnahmen ebenfalls nur halb so schnell wie ihre APS-C-Schwester A77. Sony ist sich dieses Mankos offenbar durchaus bewusst – anders ist es nicht zu erklären, dass die A99 mit gleich zwei zusätzlichen „Tele-Zoom Serienbild“-Programmen aufwartet. Sie erlauben Serienbildraten von rund 10 fps beziehungsweise ca. 8 fps, beschneiden die Aufnahme indes und speichern nur einen Ausschnitt.
Wie bei Sony üblich, ist auch die A99 nur karg mit Bearbeitungsmöglichkeiten im Wiedergabemodus ausgestattet. Bilder drehen und löschen, Videos zuschneiden – das war’s im Wesentlichen schon. Noch nicht einmal eine Option zur Raw-Entwicklung hat Sony seinem Spitzenmodell gegönnt – da sind andere Hersteller bei Kameras dieser Preisklasse deutlich großzügiger. Schön wäre es auch, wenn sich die vielen Bildeffekte erst im Nachhinein auf ein Foto anwenden ließen. So muss man die Entscheidung für den passenden Effekt vor der Aufnahme treffen – und läuft Gefahr, dass der gewählte Effekt das Bild verunstaltet anstatt es aufzuwerten. Anderseits hat Sony die A99 mit einem GPS-Empfänger ausgestattet, der die Ortskoordinaten jeder Aufnahme speichert.
Objektiv Derzeit wird die A99 lediglich „body only“ angeboten, also nicht im Set mit einem Objektiv. digitalkamera.de hat Sonys neues Vollformat-Flaggschiff mit dem 24-70 mm 2.8 Vario-Sonnar T* ZA SSM getestet, das auch als Set-Objektiv zur A99 eine gute Figur machen würde. Das Standard-Zoom wirkt, als sei es für die Ewigkeit gebaut – wozu sicherlich nicht zuletzt dessen beachtliches Gewicht von 995 Gramm einiges beträgt. Den Fokus verstellt das Objektiv mit einem leisen SSM-Antrieb, auf einen optischen Bildstabilisator kann es getrost verzichten: Wie bei Sony üblich, weist auch die A99 einen Stabi per Sensor-Shift auf – hier gleicht also ein beweglicher gelagerter Bildsensor das Zittern der Fotografenhand aus. Vorteil dieses Verfahrens: Der Bildstabilisator steht praktisch mit jedem Objektiv zur Verfügung. Theoretische wäre es sogar möglich ein stabilisiertes Sucherbild zu erzeugen. Auf diese Option verzichtet Sony indes, der Stabi tritt erst in Aktion, wenn der Auslöser ganz durchgedrückt wird.
Obwohl der Bildsensor der A99 stets ein Live-View-Sucherbild liefert, lässt Sony die Motiventfernung weiterhin von einem klassischen Phasen-Autofokus ermitteln. Dieses Modul ist etwas sparsam mit 19 Sensoren ausgestattet, wovon elf als Kreuzsensoren ausgeführt sind. Es erhält rund 30 Prozent des einfallenden Lichts von einem teildurchlässigen Spiegel, der fest im Strahlengang verankert ist (sich jedoch zur Sensorreinigung manuell hochklappen lässt). Erstmals bei einer Kamera der Alpha-Familie assistiert zudem der Bildsensor der A99 beim Fokussieren: Sony hat auf dem Bildwandler 102 Phasen-AF-Zellen untergebracht, die das Autofokus-System mit weiteren Informationen versorgen. Damit kann die A99 schneller und vor allem präziser scharfstellen. Allerdings funktioniert der neue AF-D-Modus derzeit nur im Zusammenspiel mit einigen Objektiven, darunter das 24–70/2.8.
Ebenfalls neu an der A99 ist ein elektronischer Fokusbegrenzer. Mit ihm lässt sich vorgeben, dass die Kamera lediglich innerhalb eines bestimmten Entfernungsbereichs scharf stellen soll. So verhindert man, dass die A99 den Fokus auf die Gitterstäbe im Vordergrund legt, obwohl doch der Löwe weiter hinten im Gehege scharf aufs Bild soll. Dieser Fokusbegrenzer funktioniert laut Sony ebenfalls nur mit ausgewählten, neueren Objektiven, verrichtete im Test jedoch selbst mit einem recht betagten Minolta 50 mm 1.4 klaglos seinen Dienst. Schon ohne Fokuslimiter erwies sich der Autofokus der A99 im Testlabor als recht flott: Im besten Fall vergingen gerade einmal 0,2 Sekunden, bis die Kamera fokussiert und ausgelöst hatte. In der Praxis nervte indes, dass Sony das AF-Modul der A99 offenbar weitgehend von der APS-C-Schwester A77 übernommen hat. So deckt es bei der A99 nur rund 1/9 der deutlich größeren Bildfläche im Zentrum ab. Da helfen auch die 102 zusätzlichen Fokus-Detektoren auf dem Bildwandler nicht weiter, sie sind ebenfalls innerhalb des überschaubaren Zentralbereichs angeordnet. Dass Sony hier unzweifelhaft zu kurz gesprungen ist, zeigt sich eindrucksvoll bei aktivierter Gesichtserkennung: Sie umrahmt ohne viel Federlesen ein Gesicht auch dann, wenn es sich weit am Rand des Bildausschnitts befindet. Der AF stellt dann aber auf einen Bereich innerhalb des Bildzentrums scharf, in den Außenbereichen gibt es ja keine Messfelder.
Bildqualität War Sony bislang ein Vorreiter bei der maximalen Auflösung, so macht die A99 hier kleinere Sprünge – es bleibt bei rund 24 Megapixel, wie schon bei der Vorgängerin. Diese für eine Vollformatkamera schon fast konservative Auslegung muss indes kein Nachteil sein. 24 Megapixel reichen für Ausdrucke im Format 51 x 34 cm bei einer Druckauflösung von 300 ppi – oder anders ausgedrückt: mindestens für A3+. Durch die moderate Auflösung bleibt für die einzelnen Sensorzellen mehr Platz, sie können größer ausfallen und werden damit lichtempfindlicher. Zudem hat Sony das Design des Bildwandlers überarbeitet, die Sammellinsen vor jedem Pixel rücken näher an die lichtempfindliche Schicht heran und bündeln zudem stärker als zuvor – kurzum, der Sensor der A99 ist lichtempfindlicher als der der Vorgängerin. Doch grau ist alle Theorie, was die A99 tatsächlich leistet, hat das Testlabor von digitalkamera.de wie stets genau gemessen. Das ausführliche Laborprotokoll mit detaillierten Erläuterungen kann gegen ein kleines Entgelt eingesehen und auf den eigenen Rechner heruntergeladen werden (siehe weiterführende Links am Ende dieses Testberichts).
Der Laborbericht bescheinigt der A99 einen Signal-Rauschabstand fast wie aus dem Lehrbuch: Im Helligkeitskanal bleibt er bis ISO 400 auf einem sehr hohen Niveau von über 40 dB und unterschreitet erst jenseits von ISO 3.200 die kritische Grenze von 35 dB. Bezogen auf die Farbinformationen verläuft der Signal-Rauschabstand etwas ungünstiger, jedoch weit entfernt von einem Tadel. Hervorragend auch, dass das Korn bis hinauf zu ISO 25.600 niemals eine kritische Größe erreicht – sieht man von einem Ausreißer im Rot-Kanal ab. Das Rauschen bleibt also stets sehr fein und tritt, wenn überhaupt, erst jenseits der ISO 6.400 sichtbar (jedoch keineswegs störend) in Erscheinung. ISO 6.400 ist zudem die Grenze, ab der die Rauschunterdrückung erstmals feinste Bilddetails wahrnehmbar opfert. Doch selbst bis zur ISO-Obergrenzen 25.600 fällt der Texturverlust durch die Rauschminderung äußerst gering aus. Nicht nur messtechnisch, auch in der Praxis können die High-ISO-Fähigkeiten der A99 niemanden kalt lassen: Als im kargen Einstelllicht des Studios der Kater des Fotografen aufs Setup sprang, hatte die A99 keinerlei Mühe, selbst bei ISO 3.200 noch allerfeinste Härchen und Nuancen im Fell zu reproduzieren.
Geradewegs exzellent ist die Eingangsdynamik der A99: Die Kamera verarbeitet bis hinauf zu ISO 1.600 einen Kontrastumfang von 10,5 Blendenstufen und mehr; selbst bei ISO 12.800 weist der Laborbericht noch einen Dynamikumfang von 9,1 EV aus – superb! Ebenfalls auf höchstem Niveau spielt der Ausgabe-Tonwertumfang, er liegt bis ISO 400 nahe am theoretischen Maximum und unterschreitet erst jenseits der ISO 6.400 die kritische Grenze von 7 Bit/Kanal. Wie schon bei der Messung der Korngröße ist allerdings hier der Rot-Kanal das Sorgenkind – Rottöne differenziert die Kamera messtechnisch etwas schlechter, was jedoch keineswegs sichtbar wird. Bei so viel Lob muss man schon akribisch suchen, um überhaupt einen Kritikpunkt zu finden. Vielleicht bei der Farbtreue, die mittlere Farbabweichung dürfte gerne noch etwas geringer ausfallen, wenngleich sie niemals kritisch wird.
Mit dem neuen 24-Megapixel-Sensor sowie dem Bildprozessor hat Sony also zweifelsohne einen ordentlichen Sprung nach vorne gemacht. Wie aber sieht es mit der Bildqualität aus, wenn das Objektiv 24-70 mm 2.8 Vario-Sonnar T* ZA SSM mit ins Spiel kommt? Immerhin trägt es stolz das Label „Zeiss“ zur Schau, das traditionsreiche Unternehmen Carl Zeiss greift Sony bei Entwicklung und Fertigung des Objektivs kräftig unter die Arme. Und offenbar war es keine schlechte Entscheidung der Japaner, sich Rat und Tat aus Oberkochen zu holen: Das Zoom zeichnet sich bei allen Brennweiten durch eine hohe Schärfe aus, und das über das gesamte Bildfeld eines 20 x 30 Zentimeter großen Pints hinweg. Zudem überzeugt es mit einer sehr gleichmäßigen Helligkeitsverteilung, selbst bei Offenblende dunkelt es die Bildecken nur minimal ab. Nicht ganz so tadellos zeigt sich das Objektiv, wenn es um chromatische Aberration geht: Im Mittel sind Farbsäume nur sehr schwach ausgeprägt und bleiben unsichtbar, insbesondere im Weitwinkelbereich können sie sich aber durchaus störend bemerkbar machen. Ausgerechnet bei der Auflösung schwächelt das Carl-Zeiss-Objektiv indes etwas: Zwar erreicht es im Bildzentrum eine maximale Auflösung von gut 45 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm), doch da legen vergleichbare Objektive anderer Hersteller noch eine Schippe drauf. Zudem ist der Auflösungsverlust zu den Bildrändern hin etwas stark ausgeprägt. Insgesamt geht die Abbildungsleistung des Objektivs aber mehr als in Ordnung, das volle Potential der Kamera wird sich jedoch nur mit hochwertigen Festbrennweiten ausreizen lassen.
Fazit Kurzbewertung
- Elektronischer Fokus-Limiter
- Schneller Nachführ-AF, auch bei Videoaufnahmen
- Exzellente Bildqualität
- Hervorragendes Handling und Ergonomie
- Sehr hohe Serienbildraten nur mit unsinnigem Digitalzoom
- Abdeckung des Kartenfachs knarzt
- Kein Bordblitz
- AF-Felder zu sehr auf Bildzentrum beschränkt
Technische Daten
Modell |
Sony Alpha 99 (SLT-A99V) |
Sensor |
CMOS Kleinbild 36,0 x 24,0 mm (Cropfaktor 1,0) 24,7 Megapixel (physikalisch), 24,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
6.000 x 4.000 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 60p |
Objektivanschluss |
|
Sucher |
vorhanden, Vergrößerung 0,7-fach (Sensor-bezogen) |
Monitor |
3,0", 1,23 Mio. Bildpunkte, beweglich, kein Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (1.200 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Sensor-Shift (optisch) |
eingebauter Blitz |
nein |
Blitzanschuh |
Sony Multi Interface, Standard-Mittenkontakt |
Konnektivität |
WLAN |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D) Mikrofoneingang, Audioausgang |
GPS |
intern |
Serienbildfunktion |
max. 6,0 Bilder/s und max. 15 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/8.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich (12 Kreuzsensor(en), 7 Liniensensor(en)) |
Akkulaufzeit |
keine USB-Ladefunktion |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: Memory Stick (Duo Pro), SD (SDHC, SDXC) Speicherkartenfach 2: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 6.400, manuell ISO 50 bis 25.600 |
Gehäuse |
Spritzwasserschutz |
Abmessungen |
147 x 112 x 78 mm (B x H x T) |
Gewicht |
812 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/MTZ0M (mit Preisvergleich) |