Kleine High-End-Kompaktkamera

Testbericht: Sony Cyber-shot DSC-RX100 V

2016-11-10 Wie schon die RX100 IV basiert auch die Sony RX100 V im Wesentlichen auf der RX100 III und teilt sich mit dieser etwa den Sucher, das Objektiv oder den Bildschirm sowie das Gehäuse samt Bedienelementen. Doch im Inneren hat sich erneut etwas getan: Der 1"-Bildsensor besitzt nun 315 integrierte Phasen-AF-Sensoren, zudem sorgt ein zusätzlicher Prozessor namens Front-End LSI für gehörig mehr Rechenpower, was Fotos und Videos zu Gute kommt. Wir konnten die brandneue RX100 V bereits auf Herz und Nieren testen.  (Benjamin Kirchheim)

Der folgende Text basiert größtenteils auf dem Test des weitgehend identischen Schwestermodell RX100 IV. An den entscheidenden Stellen gehen wir jedoch auf die Unterschiede ein, etwa beim Autofokus, der Serienbildfunktion und der Bildqualität.

Ergonomie und Verarbeitung

Für ihren, jedenfalls für eine Kompaktkamera, relativ großen 1"-Sensor (13,2 mal 8,8 Millimeter) und das lichtstarke Objektiv fällt die Sony DSC-RX100 V geradezu winzig aus. Das Gehäuse misst lediglich zehn mal sechs mal 2,5 Zentimeter; hinzu kommt der um 1,5 Zentimeter aus dem Gehäuse ragende Objektivtubus. Beim Einschalten fährt das Objektiv um weitere fast vier Zentimeter heraus, wird beim Zoomen von 24 auf 70 Millimeter (Kleinbildäquivalent) jedoch wieder kürzer. Das Gehäuse ist modern und schlicht gestaltet, das schwarz eloxierte Metall fasst sich hochwertig an. Mit fast 300 Gramm ist die RX100 V wahrlich kein Leichtgewicht. Angesichts ihrer geringen Größe wirkt sie fast schwerer als sie ist, was aber den hochwertigen Eindruck unterstreicht. Satte 1.200 Euro (UVP) verlangt Sony für die Kompaktkamera, das sind noch einmal 50 Euro mehr als die RX100 IV bei ihrer Markteinführung kostete. Die RX100 IV wurde übrigens inzwischen im Preis auf 1.050 Euro gesenkt. Leider gibt es am Gehäuse trotz des stolzen Preises weiterhin keinerlei Wetterschutz. Der hohe Preis dürfte vor allem der modernen, führenden Technik im Inneren geschuldet sein, die die V von der IV unterscheidet. Doch dazu später mehr.

So schön das kleine Gehäuse auch gestaltet ist und so wenig Platz die Kamera in der Tasche wegnimmt, sodass man sie fast immer dabei haben kann: Der Ergonomie tut dieser Minimalismus nicht gut. Allein schon aufgrund der Größe beziehungsweise "Kleine" weiß man kaum, wo man die Finger lassen soll. Der Daumen findet auf der Rückseite eine kleine gummierte Fläche, wo er recht sicheren Halt findet. Das gilt für die zwei, maximal drei Finger auf der Gehäusevorderseite weniger, denn die ist nicht nur glatt, sondern besitzt auch keinerlei Konturen beziehungsweise Griff. Auch die linke Hand sucht verzweifelt nach Halt, reicht das Display doch bis an den rechten Rand, ist das Objektiv zu schmal zum Festhalten und die Oberseite der Kamera beherbergt gleich zwei Pop-Up-Vorrichtungen.

Muss man bei der Ergonomie noch Kompromisse eingehen, so glänzt die RX100 V mit ihrem Display, dem Sucher und den vielen Knöpfen. Der Bildschirm bietet mit 7,5 Zentimetern nicht nur eine große Diagonale, vor allem in Anbetracht der Kameragröße, sondern er löst mit 1,23 Millionen Bildpunkten auch sehr fein auf. Sogar die Helligkeit ist dank der zusätzlichen "weißen" Subpixel sehr gut, auch wenn sich trotzdem Situationen finden lassen, in denen Helligkeit und Kontrast eben doch nicht mehr reichen. Darüber hinaus kann der Bildschirm um 45 Grad nach unten sowie um 180 Grad nach oben geklappt werden. Das bietet viel Flexibilität, auch wenn ein schmaler Teil des Bildschirms beim Selfie vom Gehäuse verdeckt wird. Leider fehlt weiterhin eine Touchscreen-Funktionalität.

Bereits von der RX100 III ist der geniale Pop-Up-Sucher bekannt, den Sony bei der RX100 IV weiter verbessert hatte. Mechanisch entriegelt schnellt der Sucher nach oben, zusätzlich muss das Okular ausgezogen werden. Gleichzeitig schaltet sich die Kamera ein. Ob sie beim Einfahren des Suchers auch wieder ausgeschaltet wird, lässt sich im Menü einstellen. Der Sucher bietet nicht nur eine Dioptrienkorrektur, sondern auch einen Augsensor zur automatischen Umschaltung. Mit einer 0,6-fachen Vergrößerung im Vergleich zum Kleinbild fällt der Sucher sogar anständig groß aus. Bauartbedingt bietet das Okular jedoch keinen Schutz vor seitlich zwischen Auge und Sucher einfallendem Licht. Zudem können Brillenträger aufgrund der zu geringen Austrittspupille den Sucher nicht überblicken, er schattet seitlich deutlich ab. Die Auflösung fällt mit 2,36 Millionen Bildpunkten sehr fein aus. Dabei kommt weiterhin ein OLED zum Einsatz, das in sehr hellen Bildpartien jedoch leicht flimmert.

Zwar musste Sony ob der geringen Gehäusegröße sparsam mit Bedienelementen umgehen, aber die RX100 V bietet selbst für ambitionierte Fotografen das Nötigste. So gibt es einen Bedienring am Objektiv und ein zusätzliches Daumenrad, sodass sich zwei Funktionen unabhängig voneinander steuern lassen. Insbesondere der Objektivring kann je nach Modus verschiedenste Funktionen annehmen und beispielsweise auch alternativ zur Zoomwippe als Zoomring, auf Wunsch in Stufen, dienen. Hinzu kommen das Steuerkreuz mit mittlerer Bestätigungstaste sowie vier weitere Bedientasten, die sich teilweise individuell belegen lassen. Beim Menü bleibt Sony sich treu, so findet man sich als Kenner der Marke schnell zurecht. Beim in Registerkarten aufgeteilten Menü entfällt das lästige vertikale Scrollen, aufgrund der vielen Funktionen hält sich die Übersichtlichkeit dennoch in Grenzen.

Mit Schnittstellen ist das kleine Gehäuse hingegen äußerst sparsam ausgestattet. Es gibt lediglich eine Micro-HDMI- sowie eine Micro-USB-Schnittstelle. Letztere dient auch zum Aufladen des wechselbaren Lithium-Ionen-Akkus, der für nur noch gut 220 Fotos Saft liefert – das sind 60 Aufnahmen weniger als noch bei der RX100 IV. Wer die 4K- oder HFR-Videofunktionen nutzt, wird außerdem einen deutlich erhöhten Akkuverbrauch mit einhergehender Wärmeentwicklung auf der rechten Gehäuseseite feststellen müssen, die zuweilen sogar Abkühlpausen erfordert. Jedenfalls ist die USB-Schnittstelle nicht wählerisch, ob die Energie nun aus dem Originalnetzteil oder einem Fremdgerät, etwa dem Smartphoneladegerät, stammt. Sogar bei eingeschalteter Kamera läuft die Stromversorgung weiter, was bei Kameras im Gegensatz zu Smartphones noch längst keine Selbstverständlichkeit ist.

Auf der Gehäuseunterseite sitzt das Stativgewinde leider außerhalb der optischen Achse und zudem direkt neben dem Akku- und Speicherkartenfach. Um die 4K- und HFR-Videofunktionen nutzen zu können, ist eine entsprechend schnelle Speicherkarte nötig, die am besten die UHS-Speed-Class 3 erfüllt. Viel schneller muss die Karte allerdings auch nicht sein, das Speicherinterface schafft nämlich maximal 30 Megabyte pro Sekunde und stellt damit den Flaschenhals dar (dazu weiter unten mehr).

Ausstattung

Die Sony RX100 V bietet für sämtliche Nutzergruppen den nötigen Funktionsumfang. Soll die Kamera alle Einstellungen automatisch übernehmen, so tut sie das im Automodus klaglos. Man kann sogar wählen, ob sie dabei nur normale Modi oder auch beispielsweise solche auswählt werden, die durch Mehrfachaufnahmen das Rauschen oder Verwackeln verringern sollen. Im Schwenkpanoramamodus gelingen Breitbildaufnahmen genauso wie solche im Hochformat und die Motivprogramme erlauben dem Anwender, der Kamera das Motiv vorzugeben. Trotz Automatikmodus bietet die RX100 IV einige Eingriffsmöglichkeiten, so kann etwa der Serienbildmodus verwendet oder manuell fokussiert werden. Zudem erlaubt eine einfache Optionswahl beispielsweise den Einfluss auf Hintergrundunschärfe oder Farben, auch Filtereffekte wie Monochrom oder Spielzeugkamera stehen zur Verfügung.

Ambitionierte Anwender werden sich über die klassischen Kreativprogramme freuen, in denen sie mittels Blende und Belichtungszeit Einfluss auf die Bildwirkung nehmen können. Sogar einen einschwenkbaren Neutraldichtefilter bietet die Sony. Die Abdunklung um knapp drei Blendenstufen erlaubt die Verwendung einer weit geöffneten Blende auch in hellerer Umgebung. Neben den klassischen Belichtungsprogrammen P, A, S und M stehen auch drei individuell belegbare Speicherplätze für bevorzugte Aufnahmeeinstellungen bereit.

Als Kompaktkamera arbeitet die Sony RX100 V mit einem Zentralverschluss, der lediglich bis zu 1/2.000 Sekunde kurze Verschlusszeiten erlaubt. Diese stehen auch für die Blitzsynchronisation bereit. Allerdings ist der integrierte Blitz mit einer Leitzahl von etwa 3,5 selbst für eine Kompaktkamera ziemlich schwachbrüstig. Sony setzt voll und ganz auf die hohe Lichtstärke und gute Bildqualität selbst bei höheren Empfindlichkeiten, wodurch trotzdem anständige Blitzreichweiten entstehen. Die nötigen Blitzprogramme wie eine Langzeitsynchronisation, das Blitzen am Ende der Belichtung oder eine Blitzbelichtungskorrektur bietet die Sony, externe Blitze werden allerdings weder per Blitzschuh – der fehlt – noch per Drahtlos-TTL unterstützt. Für Blitzfreunde ist die RX100 V also definitiv die falsche Wahl.

Wer 1/2.000 Sekunde für seine Fotos zu lang belichtet findet, kann auf den elektronischen Verschluss zurückgreifen. Bis zu 1/32.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten werden damit ermöglicht. Statt des leisen Klackerns ist dabei gar kein Verschlussgeräusch mehr zu hören. Im Gegensatz zu manch anderer Kamera erlaubt die Sony auch längere Belichtungszeiten – bis zu 30 Sekunden – mit elektronischem Verschluss. Vor allem bei Schwenks oder schnellen Motiven ist jedoch der Rolling-Shutter-Effekt zu berücksichtigen, der dank des schnellen Sensors zwar gering ausfällt, aber nicht ganz ausbleibt.

Den Serienbildmodus hat Sony bei der RX100 V deutlich aufgemotzt. Möglich wird dies vor allem durch den neuen Front-End-LSI, der zwischen dem Bildprozessor und dem Sensor sitzt und mit seinem großen Puffer viele Bilder aufnehmen kann. 24 Serienbilder pro Sekunde sind damit bei voller Auflösung möglich. Beeindruckende 72 Raw-Aufnahmen fasst der Puffer, bei höchster JPEG-Qualität sind es sogar 153. Danach beginnt jedoch das lange Warten. Das Schreibinterface ist trotz schneller Karte ein Nadelöhr, das maximal 30 Megabyte pro Sekunde hindurchlässt. Es dauert geschlagene 45 Sekunden, bis der Puffer wieder leer ist. Dieselbe Karte schafft in der Olympus OM-D E-M1 Mark II übrigens problemlos 170 Megabyte pro Sekunde Schreibrate, allerdings ist die Olympus wie auch die eingesetzte Lexar-Speicherkarte im Gegensatz zur Sony UHS-II-kompatibel. Ärgerlich ist auch, dass es keine Schreibaktivitätsanzeige auf dem Bildschirm gibt. Erst beim Öffnen des Speicherkartenfachs warnt eine kleine rote LED vor dem Entnehmen der Karte. Als Abhilfe kann man immerhin den Wiedergabeknopf betätigen, denn dann wird der Schreibvorgang plötzlich angezeigt, inklusive Anzahl der noch zu schreibenden Bilder und eines Fortschrittsbalkens, der sich allerdings immer nur auf das aktuell zu schreibende Foto bezieht.

Fortsetzung auf Seite 2

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