Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Sony NEX-3N
2013-05-08 Sony hat das kleinste Modell der NEX-Serie weiter abgespeckt und auch den Einstandspreis reduziert. Damit soll die aktuelle NEX-3N abermals attraktiver für Um- und Aufsteiger von einer Kompaktkamera werden als ihre Vorgängerin. Unser Praxistest klärt, ob die NEX-3N die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen kann und wo Sony den Rotstift angesetzt hat. Im Testlabor musste der jüngste Spross der NEX-Familie dann zeigen, welche Bildqualität sie im Team mit dem ebenfalls noch recht frischen Powerzoom-Objektiv PZ 16-50/3.5-5.6 liefert. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Wie schon ihre Vorgängerin, wird auch die NEX-3N ausschließlich im Set mit mindestens einem Objektiv angeboten. Im einfachsten Fall liegt das neue Powerzoom PZ 16-50/3.5-5.6 mit im Karton. Die zweite Variante beinhaltet zusätzlich noch das Telezoom E 55-210/4.5-6.3. Dass Sony bei der NEX-3N jeden Cent sparen wollte, fällt bereits beim Auspacken der Kamera auf: Ihr liegt kein Akkuladegerät mehr bei, sondern lediglich ein Netzteil mit USB-Anschluss. Der Akku muss also in der NEX-3N verbleiben, wenn er geladen werden soll, Aufnahmen mit einem Zweitakku sind währenddessen nicht möglich. Aber auch die Kamera selber kann nicht verhehlen, dass sie unter dem Diktat der Sparkommissare entstanden ist: Die NEX-3N verzichtet auf einen Systemschuh, sie lässt sich also im Gegensatz zu Ihrer Vorgängerin nicht mehr mit einem Blitzgerät oder elektronischen Sucher nachrüsten. Zudem hat es bei ihr nur für eine Hülle aus Kunststoff gereicht, doch das Gehäuse ist gut verarbeitet und wirkt keineswegs billig. Wegfallen ist zudem der vormals ausgeprägte Handgriff, die NEX-3N begnügt sich mit einer flachen Griffwulst. Dadurch liegt die Kamera nicht mehr ganz so sicher in der Hand, spart aber nochmals ein paar Gramm Gewicht ein. Dennoch ist sie mit knapp 400 Gramm rund doppelt so schwer wie eine vergleichbare Kompaktkamera und passt höchstens noch in die Jackentasche aber keineswegs mehr in die Hosentasche.
Gespart hat Sony auch am Scharnier für das Display. Dieses lässt sich nur noch nach oben klappen, zwar für Selbstportraits gleich um 180°, aber eben nicht mehr nach unten. Für Über-Kopf-Aufnahmen eignet sich die NEX-3N also nicht mehr so gut wie ihre Vorgängerin. Beim Display hat Sony ebenfalls den Rotstift angesetzt, es löst jetzt mit 460.800 Bildpunkten nur noch halb so hoch auf wie das der Vorgängerin. Immerhin ist der Monitor mit einer Diagonalen von drei Zoll angenehm groß und in der Praxis fällt der Auflösungsverlust gar nicht so sehr ins Gewicht. Geblieben ist es beim einzigartigen – man könnte auch sagen „eigenwilligen“ – Bedienkonzept der NEX-Familie: Die Kamera wartet mit recht wenigen Knöpfen auf, die zudem je nach Betriebszustand oder Benutzervorgaben wechselnde Funktionen annehmen. Zur Orientierung wird die aktuelle Belegung dieser „Softkeys“ auf dem Display angezeigt. Der multifunktionale Einstellring auf der Rückseite übernimmt dabei die Funktion eines virtuellen Programmwählrades. Sony will mit diesem Konzept ein Abtauchen in die Menüs der Kamera so selten wie möglich nötig machen. An sich keine schlechte Idee, zumal Sony die Menüs auf den ersten Blick auch recht übersichtlich gestaltet hat. Auf den zweiten Blick kann die NEX-3N aber nicht verhehlen, dass Sony ins „Einstellung“-Menü so ziemlich alles gepackt hat, was nach Meinung der Programmierer nicht in die anderen Kategorien wie „Kamera“ oder „Bildgröße“ gepasst hat. Unter Einstellung präsentiert die NEX-3N wie alle Kameras der Familie daher eine recht lange und unübersichtliche Liste. Hat man sich indes erst einmal an das Bedienkonzept der Kamera gewöhnt, kommt doch besser mit ihr zurecht, als es die kleine Anzahl an Knöpfen und Schaltern vermuten ließe.
Sony hat an der NEX-3N nicht nur gespart, sondern vielmehr auch in eine pfiffige Innovation investiert: Die jüngste NEX wartet nun mit einem Zoomhebel rund um den Auslöser auf, so wie man es von vielen Kompaktkameras kennt. Selbstredend, dass dieser Zoomhebel nur in Verbindung mit einem Motorzoom wie dem PZ 16-50 funktioniert – damit aber prächtig. Praktisch ist ferner, dass sich bei der NEX-3N USB- und HDMI-Anschluss sowie das Speicherkartenfach unter einer gemeinsamen Klappe an der linken Kameraseite verbergen. Nur der Akku wird also weiterhin von unten her entnommen, die Klappe dazu sitzt glücklicherweise soweit vom optisch korrekt angeordneten Stativanschluss entfernt, dass zumindest eine kleine Stativplatte den Deckel nicht blockiert.
Ausstattung Sieht man einmal davon ab, dass bei der NEX-3N der Systemschuh weggefallen ist, entspricht die Ausstattung im Wesentlichen der der Vorgängerin. Die Kamera wartet mit gleich zwei Vollautomatiken auf, wobei die „überlegene Automatik“ auch Aufnahmeprogramme wählt, die auf Mehrfachbelichtung basieren. Dazu zählt ein HDR-Programm, das sehr kontrastreiche Motive einfängt, indem es mehrere unterschiedlich belichtete Aufnahmen zu einem Bild vereint. Bildrauschen kann die NEX-3N ebenfalls durch Mehrfachbelichtungen kompensieren, dazu stehen gleich zwei verschiedene Programme bereit – eines für statische Motive und ein weiteres für actionreiche Szenen.
Erweitert hat Sony die Funktion „Automatischer Portraitrahmen“. Sie hat bei der Vorgängerin Portraitaufnahmen derart zugeschnitten, dass die Bildkomposition möglichst den Regeln des Goldenen Schnitts folgt. Bei der NEX-3N funktioniert das nun bei allen Motiven, die sich klar vom Umfeld abheben, zum Beispiel bei einer scharfen Blume vor einem unscharfen Hintergrund. Ansonsten gibt es bei der NEX-3N wenig Neues. Warum auch, bot doch bereits die Vorgängerin so ziemlich alles, was das Fotografenherz begehrt. Hervorzuheben ist vor allem die Möglichkeit, in die Vollautomatiken eingreifen zu können. Steuern lassen sich hierbei die Bildhelligkeit durch Belichtungskompensation, die Schärfentiefe und der Weißabgleich. Zudem kann die „intelligente Automatik“ mit zahlreichen Effektprogrammen kombiniert werden.
So gesehen gibt es vielfach kaum einen Grund, auf halbautomatische oder gar manuelle Belichtungssteuerung auszuweichen – obwohl die NEX-3N diese Möglichkeit natürlich ebenfalls bietet. Auch die Schärfe lässt sich von Hand einstellen – sogar mit dem Powerzoom-Objektiv, dann übernimmt dessen Zoomring die Funktion des Fokusrings. Beim manuellen Scharfstellen unterstützt einen die NEX-3N mit Fokus-Peaking, sie markiert also Kontrastkanten im Bild, die in der Schärfeebene liegen. Verzichten muss man indes auf den zusätzlichen Phasen-AF auf dem Bildsensor (Hybrid-AF), den Sony unlängst mit der NEX-5R eingeführt hat. Solange es um statische Motive geht, fällt diese Sparmaßnahme jedoch praktisch nicht ins Gewicht: Im Testlabor von digitalkamera.de brauchte die NEX-3N im Mittel nur eine drittel Sekunde, um scharf zu stellen und auszulösen – der Autofokus arbeitet also ausgesprochen flott. Das gilt leider nicht, wenn die NEX-3N Aufnahmeserien fotografieren soll: Sony verspricht eine maximale Serienbildrate von lediglich vier Fotos pro Sekunde (fps), wobei Belichtung und Fokus auf das erste Bild der Serie fixiert werden. Sollen Schärfe und Belichtung für jedes Einzelbild nachgeführt werden, sinkt die Bildrate gar auf 2,5 fps. Da sind heute selbst anspruchsvolle Kompaktkameras deutlich schneller! Hinzu kommt: Trotz des gemächlichen Tempos schießt die NEX-3N laut Sony maximal neun Aufnahmen in Serie. Nun wäre ja ein gemächliches Serientempo für viele Hobby- und Gelegenheitsfotografen durchaus verschmerzbar – bei Programmen mit Mehrfachbelichtung wie HDR oder „Handgehalten bei Dämmerung“ steigt dadurch aber die Gefahr von Geisterbildern, wenn während der Mehrfachaufnahmen die Kamera bewegt wird.
Videos nimmt die NEX-3N maximal in Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel) auf, die Bildrate beträgt 50 Halbbilder pro Sekunde (50i) oder 25 Vollbilder (25p), gespeichert wird im platzsparenden AVCHD-Format. Wahlweise kann die kleinste NEX im Programm aber auch MP4-Videos speichern, die sich einfacher bearbeiten lassen – dann beträgt die maximale Auflösung 1.440 x 1.080 Pixel. Den Ton zum Film zeichnet die NEX-3N in Stereo auf, dabei geraten leider in leiser Umgebung auch die Geräusche des Zooms wahrnehmbar auf die Tonspur. Den Fokus führt die NEX-3N beim Videodreh auf Wunsch nach, ebenso bei Fotoaufnahmen. Dabei kann sie Gesichter oder ein zuvor markiertes Objekt, das sich durch den Sucherausschnitt bewegt, im Fokus halten. Wie bei Sony üblich, geizt auch die NEX-3N mit Bearbeitungsmöglichkeiten im Wiedergabemodus. Und während sich diese bei den nächstgrößeren Modellen NEX-5R und NEX-6 per App nachrüsten lassen, bleibt der kleinsten NEX im Bunde diese Möglichkeit versagt. So bietet sie nur Hausmannskost: Bilder drehen, löschen oder vor Bearbeitung schützen – wesentlich mehr ist nicht drin. Praktisch ist indes, dass der Zoomhebel – wie von vielen Kompaktkameras bekannt – auch im Wiedergabemodus funktioniert, dann vergrößert er die Darstellung.
Bildqualität Sony hat die NEX-3N noch deutlicher als die Vorgängerin als Alternative zur anspruchsvollen Kompaktkamera positioniert, die diese vor allem in einem Punkt deutlich überflügeln soll: bei der Bildqualität. Ob die NEX-3N diesen Ansprüchen gerecht werden kann, haben wir in der Praxis sowie im Testlabor von digitalkamera.de geprüft. Wie immer kann das ausführliche Testprotokoll gegen ein kleines Entgelt eingesehen werden und lässt sich auch dauerhaft als PDF-Datei auf dem eigenen Rechner speichern (siehe weiterführende Links).
Einer Kompaktkamera hat die NEX-3N den deutlich größeren Sensor im APS-C-Format voraus. Und das bedeutet: Jeder einzelnen ihrer rund 16 Millionen Sensorzellen steht ordentlich Platz zur Verfügung, was gute Ergebnisse vor allem beim Bildrauschen und dem Dynamikumfang verheißt. Eine Verheißung, die die NEX-3N problemlos erfüllt: Bis hinauf zu hohen ISO 3.200 bleibt der Signal-Rauschabstand über der kritischen Marke von 35 dB. Ebenfalls bis zu dieser ISO-Empfindlichkeit zeigt die Messung der Texturschärfe kaum einen negativen Einfluss der Rauschunterdrückung auf die Detailwiedergabe. Die Rauschunterdrückung erledigt ihren Job übrigens sehr gut – Luminanzrauschen bleibt bis ISO 6.400 unkritisch, für Farbrauschen gilt das gar über den gesamten Empfindlichkeitsbereich hinweg. Überragend gut ist die Eingangsdynamik der NEX-3N, sie bleibt bis ISO 1.600 nur ganz knapp unter der Marke von 11 EV, selbst bei ISO 3.200 beträgt der Dynamikumfang noch fast 10 EV. Ebenso beeindruckend ist die Ausgabedynamik: Bei ISO 400 differenziert die Kamera nahezu alle der 256 möglichen Tonwertstufen, erst bei ISO 3.200 lässt die Differenzierung sichtbar nach. Die Tonwertkurve hat Sony allerdings zugunsten eines knackigen Bildeindrucks recht steil abgestimmt; Farben gibt die NEX-3N sehr kräftig wieder, verkneift sich dabei aber so gerade noch sichtbare Farbabweichungen.
Mit ihrem Sensor ist die NEX-3N also bestens gerüstet, um die Mitbewerber in ihrer Preisklasse weit hinter sich zu lassen. Doch sobald ihr Objektiv ins Spiel kommt, zeigt ihr doch die eine oder andere Kompaktkamera eine lange Nase. Mit dem Objektiv SEL-P1650 kommt die NEX-3N nicht einmal in die Nähe einer Auflösung von 40 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) – da legt zum Beispiel eine Sony RX100 noch eine gehörige Schippe drauf, kratzt sie doch bereits an der Marke von 50 lp/mm. Zudem kämpft das Powerzoom im Weitwinkelbereich mit einem eklatanten Auflösungsverlust zu den Bildrändern hin. Gut, das auf kompakte Abmessungen konstruierte Zoomobjektiv erfordert offenbar ein paar optische Kompromisse. Also haben wir die NEX-3N auch noch mit dem E 35 mm 1.8 OSS getestet (ausführliches Protokoll: siehe weiterführende Links). Um es kurz zu machen: Auch dieses Objektiv schafft es nicht über die Marke von 40 lp/mm; immerhin zeigt es kaum Auflösungsverluste zu den Bildrändern hin.
Fazit Bei der NEX-3N hat Sony zu teils drastischen Sparmaßnahmen gegriffen, die den Straßenpreis der kompakten Systemkamera auf rund 450 Euro inklusive Power-Zoomobjektiv drücken. Dadurch wird NEX-3N konkurrenzfähig zu anspruchsvollen Kompaktkameras, überflügelt diese aber in vielen Aspekten der Bildqualität deutlich. Rauschen und Dynamikumfang bewegen sich bei der NEX-3N auf DSLR-Niveau, die Abbildungsleistung des praktischen Set-Objektivs wird hingegen von so mancher Kompaktkamera übertroffen. Ihre Stärken spielt die spiegellose Systemkamera vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen aus. In Sachen Ausstattung hinkt die NEX-3N einer guten Kompakten hinterher: Ihr Display löst nicht sonderlich hoch auf, die Serienbildrate ist niedrig und derzeit angesagte Features wie GPS oder WiFi-Anbindung fehlen. Auf der anderen Seite lässt sich die NEX-3N dank ihres inzwischen etablierten E-Mount-Bajonetts mit einer Vielzahl an Objektiven ausstatten, jedoch nicht mit einem externen Blitzgerät oder anderem Systemzubehör. Die Handhabung der Kamera wird durch eine Reihe von sinnvollen Automatiken erleichtert, manuell lässt sich die NEX-3N aufgrund ihres eigenwilligen Bedienkonzepts indes nur etwas umständlich konfigurieren. Als tägliche Begleiterin gefällt die NEX-3N mit ihrem schlanken und noch leichten Gehäuse, in eine Hosentasche passt sie allerdings nicht.
Kurzbewertung
- Schneller Autofokus
- Praxisgerechte Vollautomatiken
- Sehr gutes Rauschverhalten und hoher Dynamikumfang
- Praktischer Zoomhebel (in Verbindung mit Power-Zoomobjektiv)
- Kein externes Ladegerät im Lieferumfang (stattdessen USB-Netz-Ladegerät)
- Kein Systemschuh
- Geringe Serienbildrate
- Schwache Abbildungsleistung des Objektivs
Technische Daten
Modell |
Sony NEX-3N |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 16,5 Megapixel (physikalisch), 16,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.912 x 3.264 (3:2) |
Video (max.) |
1.440 x 1.080 25p |
Objektivanschluss |
|
Monitor |
3,0", 0,461 Mio. Bildpunkte, beweglich, kein Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (1.200 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (0,3-0,7 EV Schrittweite), mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
nicht vorhanden |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Mini (Typ C) |
Serienbildfunktion |
max. 2,5 Bilder/s und max. 9 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
ja, Kontrast (25 Sensor(en)) |
Akkulaufzeit |
480 Aufnahmen gem. CIPA-Standard |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: Memory Stick (Duo Pro), SD (SDHC, SDXC) |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 200 bis 3.200, manuell ISO 200 bis 16.000 |
Abmessungen |
110 x 62 x 35 mm (B x H x T) |
Gewicht |
210 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/N22GN (mit Preisvergleich) |