Vlogging mit Wechselobjektiv

Testbericht: Sony ZV-E10

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2021-08-26 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Die Sony ZV-E10 ist im Set mit dem E 16-50 mm (SELP1650) für etwa 850 Euro (UVP) zu haben und zielt auf Einsteiger und ambitionierte Hobbyfotografen beziehungsweise Vlogger ab. Entsprechend besitzt die Kamera auch verschiedene Automatikprogramme, die einem das Leben erleichtern können. Doch zunächst einmal muss man zur Betriebsart kommen, die man einsetzen möchte. Hier macht sich das fehlende Moduswahlrad negativ bemerkbar, denn um beispielsweise an den manuellen Foto-Modus heranzukommen, muss zunächst mit Hilfe des Modusschalters durch die drei Betriebsarten durchgeschaltet werden.

Doch da ist noch nicht Schluss, denn dann muss man die Fn-Taste auf der Rückseite drücken und das Einstellungsmenü öffnen. Dann muss man ganz nach rechts unten navigieren, die Bestätigungsttaste in der Mitte des Steuerkreuzes drücken und nun kann man durch die verschiedenen Betriebsarten in diesem Funktionskomplex schalten. Benutzerfreundlich ist das nicht gerade, aber immerhin "merkt” sich die Kamera die zuletzt eingestellten Werte in der jeweiligen Betriebsart.

Es gibt drei Ober-Betriebsarten. Zum einen die Videofunktion, dann die "Slow and Quick” (S&Q) Video-Betriebsart und den Fotomodus. Die Video- und Fotofunktion bieten neben einer Programmautomatik auch Halbautomatiken für Blende und Zeit. Zusätzlich können im Fotomodus auch Motivprogramme manuell ausgewählt werden, wenn man der Motivautomatik nicht traut oder diese beim gewählten Motiv kein sinnvolles Programm einstellt.

Im Fotomodus gibt es neun Programme, die von Porträts bis Nachtaufnahmen, Nahaufnahmen und Landschaftsaufnahmen reichen. Zusätzlich bietet der Fotomodus noch eine Panoramafunktion mit maximal 12.416 x 1.856 Bildpunkten Auflösung. Durch einfaches Schwenken der Kamera lässt sich ein überzeugendes Panoramafoto erstellen, zumindest, wenn man Objekte vermeidet, die sich dicht vor der Kamera befinden. Diese erzeugen nämlich oft unschöne Artefakte im Bild, die typisch für Schwenkpanoramen sind.

Der S&Q-Modus ist die Video-Zeitraffer- und Video-Zeitlupen-Funktion der Kamera. Hier finden sich ebenfalls Programm- und Halbautomatiken sowie ein manueller Modus. In Abhängigkeit, welche Bildwechselfrequenz ausgewählt wird, ist die Funktion Zeitlupe (hohe Frequenz) oder Zeitraffer (niedrige Frequenz) aktiv. Die Kamera zeigt dabei an, welchen Faktor das Zeitraffer- beziehungsweise Zeitlupenvideo besitzt. Das macht es supereinfach, Zeitraffer- und Zeitlupenvideos in der Kamera zu erzeugen.

Im kreativen Bereich bietet der Foto- und Videomodus der ZV-E10 Fotoprofile (Picture Profiles). Davon gibt es zehn Stück, die sich alle nach eigenen Anforderungen anpassen lassen. Die Anpassungsoptionen sind sehr umfangreich und umfassen Änderungen für Gamma, Farbtiefe, Schwarzpunkt und vieles mehr. Die Speicher sind übergreifend. Das bedeutet, dass ein Fotoprofil den gleichen Effekt im Foto- und Videomodus hat.

Zusätzlich ist ein Kreativmodus enthalten. Dieser hat weniger mit präzisen Fotoprofilen zu tun, sondern vielmehr mit kreativen Effekten (zum Beispiel Sepia und Schwarzweiß), die individuell auf das Motiv abgestimmt werden können. Fotoprofile und der Kreativmodus lassen sich allerdings nicht kombinieren.

Sony hat der ZV-E10 keinen Bildstabilisator im Gehäuse eingebaut. So muss sich der Fotograf auf Stabilisationssysteme im Objektiv verlassen. Immerhin steht im Videomodus ein elektronischen Stabilisator zur Verfügung, auch wenn dieser bei Aktivierung den Bildausschnitt der Aufnahme (Crop) reduziert.

Die ZV-E10 besitzt ein Hybrid-Autofokus-System mit 425 Messpunkten, die über etwa 84 Prozent der Bildfläche verteilt sind. Hybrid-AF-Systeme nutzen das beste aus zwei Welten (Phasenvergleichs- und Kontrast-AF). Zum einen wird Front- und Backfokus-Problemen aus dem Weg gegangen, zum anderen ist ein solches System deutlich schneller als ein reiner Kontrast-AF. Wie ein Phasenvergleichs-AF funktioniert, haben wir in einem Fototipp zusammengefasst (siehe weiterführende Links).

Beim Test zeigte sich, dass die ZV-E10 beim Fokussieren genauso flott ist wie die Alpha 6100 und in etwa 0,29 Sekunden den Fokus einstellt. Die reine Auslösegeschwindigkeit ist mit 0,04 Sekunden ebenfalls flott und genauso schnell wie bei der "Schwesterkamera” von 2019. Mit aktiviertem Vor-AF-System kann der Autofokus noch etwas beschleunigt werden. Letztlich hängt die AF-Geschwindigkeit aber auch vom Motiv und der Beleuchtung ab.

Die Einstellungsoptionen für die Kamera sind umfangreich und erlauben die Anpassung der AF-Verfolgungsgeschwindigkeit und der Übergangsgeschwindigkeit der Fokussierung. Gerade bei Videoselfies bleibt der Fokus sehr schnell und agil, auch wenn sich der Sprecher im Bildfeld bewegen sollte. Außerdem erlaubt diese Feinabstimmung die optimale Anpassung für jede Anforderung. Für Freunde des manuellen Fokus bietet die ZV-E10 Fokuslupen in verschieden Stärken sowie eine Kantenanhebung, mit der sich visuell beurteilen lässt, ob die Entfernung korrekt eingestellt ist. Diese Funktion ist auch als Fokuspeaking bekannt.

Die ZV-E10 besitzt verschiedene AF-Modi, einer davon ist die Gesichtserkennung inklusive Gesichtswiedererkennung, ein anderer die AF-Verfolgungsfunktion, die sich außerdem beide miteinander kombinieren lassen. Die AF-Verfolgung ist schnell und lässt sich vom Fotografen auf ein beliebiges Ziel registrieren. Auch bei der Gesichtserkennung arbeitet die ZV-E10 präzise und schnell. Wer den AF-Punkt selbst setzen möchte, der kann das mit verschiedenen Messfeldgrößen und einem per Touchscreen verschiebbaren AF-Punkt erledigen.

Manchmal kann die Gesichtserkennung aber auch ein Fluch statt ein Segen sein, beispielsweise, wenn man ein Produkt in die Kamera halten möchte, der Autofokus aber stur auf dem Gesicht bleibt. Für diesen Fall bietet die Sony ZV-E10 einen speziellen Produktpräsentations-Modus, der sich mit einem Druck auf die "Löschen"-Taste auf der Rückseite aktivieren lässt. Diese fokussiert blitzschnell vom Gesicht auf ein in die Kamera gehaltenes Produkt und zurück auf das Gesicht, sobald man das Produkt entfernt. Das funktioniert in der Praxis hervorragend.

Bei der Belichtungsmessung gibt es eine Mehrfeld-, Spot- und Mittenbetone sowie eine Highlight-Messung. In der Grundeinstellung sind diese Einstellungen aber im Einstellungsmenü verborgen und liegen auf keiner der Funktionstasten oder dem Steuerkreuz. Auch im Aufnahmemenü ist kein Eintrag zu den verschiedenen Messmethoden vorhanden, aber das lässt sich ja dank des konfigurierbaren Menüs schnell beheben.

Neben einer konfigurierbaren Intervall-Funktion erwarten den Fotografen automatische Reihenfunktionen für die Belichtung, den Weißabgleich und Dynamikumfang (DRO). Natürlich ist auch eine Serienbildfunktion vorhanden. Sie arbeitet mit 11,2 Bildern pro Sekunde (B/s) und das für 47 Aufnahmen in Folge im Rohdatenformat. Nach den 47 Bildern geht die Kamera in den Dauerlauf und erreicht knapp 1,7 B/s, bis die Speicherkarte voll ist.

Lässt man den Auslöser während des Dauerlaufs los, leert die Kamera zunächst den Pufferspeicher auf die Karte, bevor neue Fotos gemacht werden können. Im Test dauerte das bis zu saftige 25 Sekunden, in denen keine neuen Aufnahmen möglich waren. Bei JPEG-Aufnahmen sah das nicht groß anders aus. Hier erreicht die ZV-E10 mit etwa 11,1 B/s eine nahezu identische Frequenz und konnte sie für 104 Bilder in Folge halten. Danach sank die Geschwindigkeit auf 2 B/s ab, bis die Speicherkarte voll war.

Trotz ihrer Ausrichtung auf den Videobereich kann die ZV-E10 Videos nur mit maximal 3.840 x 2.160 Pixeln und 30 Bildern pro Sekunde aufzeichnen. Erst bei der FullHD-Aufzeichnung (1.920 x 1.080 Pixel) sind 120 Bilder pro Sekunde möglich, zumindest im NTSC-Modus. In der PAL-Einstellung sind es 100 Bilder pro Sekunde. Während im PAL-Modus mit 25, 50 und 100 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden kann, stehen bei NTSC-Einstellung 24, 30, 60 und 120 Bilder pro Sekunde zur Verfügung. Wieso sich Sony immer noch an die Farbsysteme PAL und NTSC klammert, ist unverständlich.

Die ZV-E10 benutzt zum Aufzeichnen der Videos ein 6K-Oversampling, aus dem dann ein 4K-Video erzeugt wird. Das sorgt für eine verbesserte Detailwiedergabe bei der Auflösung im Luminanz- und Farbbereich. Darüber hinaus verzichtet die Sony auf einen Crop bei der Videoaufzeichnung. Einen Crop gibt es bei der Kamera nur, wenn der elektronische Bildstabilisator aktiviert wird.

Neben Timecode-Einstellungen für genaueren Schnitt und einer Zebra-Funktion zur Live-Belichtungskontrolle steht eine abgestufte Funktion zur Verfügung, die für weiche Haut bei der Aufnahme sorgt. Wie bereits erwähnt, stehen die komplexen Bildprofile ebenso zur Verfügung wie auch die Kreativfunktion. Darüber hinaus gibt es eine zuschaltbare "Hintergrund Defokusssierung”. Die Kamera erkennt beispielsweise den Sprecher in einem Video und kann auf Wunsch den Hintergrund defokussieren. Dieser elektronische Effekt kann natürlich nicht ein echtes Bokeh ersetzen, sieht aber auch nicht zu unrealistisch aus.

Wer die Kamera nicht als Aufzeichnungsgerät benutzen möchte, obwohl es keine Aufnahmedauer-Begrenzung gibt, kann ganz einfach den "sauberen” HDMI-Ausgang nutzen. Da bekommt man zwar keine höhere Bildwechselfrequenz, aber immerhin mehr Speicherplatz und man muss die Videodaten nicht extra von der Kameraspeicherkarte auf den Rechner übertragen.

Wie schon die kleine Schwester ZV-1 kann auch die ZV-E10 als USB-Kamera (Webcam) eingesetzt werden, ohne dass man einen spezifischen Treiber oder eine andere Software installieren muss. Man muss einfach nur die USB-Streaming-Funktion im Menü aktivieren und die Kamera mit dem Rechner verbinden, und schon kann es losgehen. Die Kamera liefert dabei ein 1.280 x 720 Pixel auflösendes Video mit 25 beziehungsweise 30 Bildern pro Sekunde.

Der Stereo-Ton wird dabei ebenfalls übertragen. Die Stromversorgung übernimmt der Computer über die USB-Schnittstelle. AUf Wunsch kann man aber auch auf den Akku in der Kamera umschalten. Das ist sinnvoll, wenn beispielsweise mobil gearbeitet wird. In der Praxis hat sich bei einem sechs Stunden langen Einsatz kein einziger Ausfall gezeigt und auch die Wärmeentwicklung in der Kamera hielt sich in Grenzen.

Der Ton wird in der Kamera mit drei Mikrofonkapseln aufgezeichnet, deswegen ist die Abdeckung auch so üppig dimensioniert. Überraschend gut ist die Positionierung der Tonquellen identifizierbar. Die Aussteuerung kann der Fotograf selbst mit der Pegelsteuerung beeinflussen. Zudem ist ein elektronischer Windfilter zuschaltbar. Es ist aber sinnvoller, den mitgelieferten Mikrofonwindschutz-Puschel einzusetzen, der dank seiner mechanischen Eigenschaften Windgeräusche vermeidet.

All diese feinen Eigenschaften der Videofunktion, die umfangreiche Ausstattung, die Vlogger entzückt, stehen aber im Schatten der bereits erwähnten fehlenden Integration des Touchscreens in die Bedienung der Kamera. Man stelle sich vor, man möchte ein Selfievideo in der Zeitautomatik drehen. Man muss immer auf die Rückseite der Kamera greifen und sich Seitenverkehrt durch die Bedienelemente und Menüs fummeln. Will man das also vernünftig nutzen, muss man die Sony App zum Fernsteuern der Kamera einsetzen.

Zum Glück ist die Einrichtung der App dank QR-Code und schrittweisem Vorgehen ein absolutes Kinderspiel. Ist man in der Fernbedienungsfunktion, eröffnet sich die komplette Aufnahmesteuerung der Kamera und man kann zwischen jeder Betriebsart der Kamera mit zwei Fingertipps wechseln. Die Live-View-Vorschau ist flott und die Reaktionsfreude der "Knöpfe” ist nahe an der Perfektion. Die fehlende Touchscreen-Bedienung an der Kamera wird also gut ersetzt.

Selbstverständlich können Fotos- und Videos auch auf das Smartgerät übertragen werden und dank der dauerhaften Bluetooth-Verbindung lassen sich Positionsdaten bei der Aufnahme in die Metadaten des Fotos schreiben.

Fortsetzung auf Seite 3

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