Kompaktkamera
Testbericht: Voigtländer Virtus S6
2006-07-24 Sie heißen BenQ, Minox, Rollei oder auch Voigtländer – und sehen alle (weitgehend) gleich aus. Fabrikate des taiwanesischen Auftragsherstellers Premier findet man unter den unterschiedlichsten Kamera-"Gestalten" wieder. Doch wie sieht es mit der Qualität bzw. den Qualitäten dieser Kameras aus, die auf den ersten Blick alles andere als minderwertig wirken und von denen viele ihrer Besitzer behaupten, vollends glücklich mit ihrem Kauf zu sein? Die digitalkamera.de-Redaktion hat am Beispiel der Voigtländer Virtus S6 geprüft, was man von der jüngeren "Taiwan-Klon"-Generation wirklich halten kann. (Yvan Boeres)
Die von uns getestete Voigtländer Virtus S6 haben wir nicht zufällig für diesen Test ausgewählt, ist sie doch mit der Minox DC6011 slim, der Rollei ds6 oder eben der "Original" Premier DM-6331 baugleich. So ist in den nachfolgenden Abschnitten zwar immer nur von der Virtus S6 die Rede, wer jedoch eine der gerade genannten Schwesterkameras besitzt oder in seiner Kamera (irgendeiner anderen Marke) die Virtus S6 wieder erkennt, darf sich durch den Test ebenfalls angesprochen fühlen. Was jedenfalls die Virtus S6 für ihr Geld zu bieten hat, können interessierte Leser sowohl im nachfolgenden Text als auch im nebenstehenden Steckbrief, in der Tabelle "Messwerte" am Ende des Tests und in einer aktualisierten Version unseres digitalkamera.de-Datenblattes zu dieser Kamera nachlesen. Als hilfreiche Ergänzung dazu bieten wir das DCTau-Testprotokoll zum kostenpflichtigen Abruf (bzw. im Abo) an, das diesem Test bei der Beurteilung der Bildqualität zugrunde lag.
Ergonomie/Verarbeitung Von der Verarbeitung her macht die Virtus S6 einen zum Teil höherwertigen Eindruck als so manche Markenkamera. Bekommt man anderswo in dieser Preisklasse nur "Plastikbomber", gönnt sich das Premier-Fabrikat ein echtes Metallgehäuse mit durchaus ansprechendem Design. Die Zeiten, wo Metallgehäuse noch gefräst werden mussten, sind ja auch längst vorbei. Heutzutage können diverse Leichtmetall-Teile aus Aluminium oder Magnesium (bzw. darauf basierenden Legierungen) dank moderner Herstellungsverfahren (u. a. Thixomolding und Thixocasting) ähnlich einfach wie Kunststoffteile in großen Stückzahlen im Spritzguss geformt werden. Die kleinen fleißigen chinesischen bzw. taiwanesischen Hände brauchen dann nur noch die fertig geformten Einzelteile in Akkordarbeit zusammenzuschrauben. Das machen sie sehr gut, und an der Fertigungsqualität der Virtus S6 ist daher wirklich nichts auszusetzen.
Stellenweise nur 22,7 mm flach, bringt die Virtus S6 inklusive Akku und Speicherkarte ein sehr ausgewogenes Gewicht von nur knapp 150 Gramm auf die Waage. Damit ist sie leicht genug, um nicht unangenehm in der Hand des Benutzers zu lasten und schwer genug, um ein Gefühl der Robustheit zu vermitteln. Der Rauheit des Alltags scheint auch das Stativgewinde am Kameraboden gewachsen zu sein, das auch fast (aber auch nur fast) in der optischen Achse liegt. Wohl aus Platzmangel muss die Virtus S6 auf einen Standard-USB-Anschluss und auf einen Audio/Video-Ausgang verzichten. Die Verbindung mit dem Computer wird über die mitgelieferte Docking Station hergestellt; kann man sich noch damit abfinden, das Miniaturdock überall hin mitnehmen zu müssen (wehe man will seine Daten auf den Rechner überspielen und hat das Teil zuhause liegen gelassen), ist es nur schwer verständlich, warum der A/V-Ausgang zumindest nicht am Dock vorhanden ist. Im Akkufach der Virtus S6 findet man auch den Speicherkartensteckplatz. Eingesetzt werden können ausschließlich SD-Karten (SecureDigital-Card) mit einer Speicherkapazität von bis zu 1 GByte, wobei MultiMedia-Karten (MMC) zwar mechanisch auch passen, aber von der Kamera kategorisch verschmäht werden.
Sofern man sich nicht allzu unbeholfen anstellt, riskiert man nicht, den Akku verkehrt herum einzulegen. Seitenrichtig in den Akkuschacht gesteckt, rastet der kleine Energiespender spürbar ein. Lässt man den Blick vom Kameraboden zur Rückseite der Kamera schweifen, springt einem sofort der überdimensionale Farbmonitor ins Auge. Mit einer Bildschirmdiagonale von 2,5" bzw. 6,35 cm gehört der LC-Bildschirm zwar nicht zu den Größten auf dem Markt (der Trend geht aktuell zu 3"-Bildschirmen), aber im Verhältnis zur Kameragröße (87 x 54 x 22,7 mm) macht er schon einen imposanten Eindruck. Bei den Abbildungsleistungen sorgt der LC-Bildschirm beim Benutzer für gemischte Gefühle. Der Monitor lässt sich bei Sonnenlicht noch einigermaßen gut ablesen, besitzt eine geringe Winkelabhängigkeit, rauscht unter schwachen Lichtbedingungen sehr wenig und wirkt mit seinen 230.400 Pixeln sehr fein, aber besonders hell und klar ist das Monitorbild nicht (es liegt eine Art Grauschleier auf den Bildern), und mit starken Kontrasten kommt er auch nicht so gut klar. In Innenräumen neigt er jedenfalls dazu, dunkle Bildpartien "absaufen" zu lassen, während draußen (vor allem in der Mittagssonne) helle Bildteile zum "Ausbrennen" tendieren. Mit schnellen Kameraschwenks kommt der LCD hingegen gut klar; Nachzieheffekte konnten wir nicht beobachten.
Die Qualität des Bildschirms ist umso wichtiger, als es bei der Virtus S6 keinen optischen Sucher gibt. Das Anvisieren des Motivs erfolgt also über den LC-Monitor, wobei man auf etwaige Gestaltungshilfen wie ein einblendbares Gitternetz, eine Kreuzfaden-Skala oder diagonale Schnittlinien verzichten muss. Über den Betriebsartschalter oberhalb des Bildschirms wechselt man vom Aufnahme- in den Wiedergabemodus. Betätigt man hingegen die Menü-Taste rechts neben dem Monitor, wird die "grafische Benutzeroberfläche" bzw. das Menüsystem auf dem Bildschirm eingeblendet. Von der Aufmachung her ist das semi-transparente Menü eher schlicht und schnörkellos. Über drei Reiter (Aufnahmeeinstellungen, Kamerafunktionen, Grundeinstellungen) kann man bis zu 22 Menüpunkte mit 88 Einstellungen aufrufen. Die Menüführung ist unkompliziert (Set-Taste zum "Öffnen" eines Menüpunktes und zur Bestätigung der Auswahl); die Bedienung der Kamera ist aber – ultrakompaktkameratypisch – sehr menülastig.
Trotz weitgehend glatter Gehäuseoberfläche liegt die Virtus S6 einigermaßen bequem und sicher in der Hand. Der kleine Steg an der Kameravorderseite verhindert ein Abrutschen der Finger, ist aber sonst mehr Zierleiste bzw. Designelement als sonst etwas. Nur im Winter sehr angenehmen, aber sonst nicht gerade Vertrauen erweckend, ist die Hitze bzw. Wärme, die die Kamera bereits nach einigen Minuten Betriebszeit entwickelt. Sorgen, dass die Kamera gleich zu qualmen anfängt, braucht man sich zwar definitiv nicht zu machen, und thermisches Rauschen macht sich auch kaum auf den Bildern bemerkbar, aber ein mulmiges Gefühl hat man trotzdem. Gut zu erreichen und mit einem spürbaren Druckpunkt versehen sind die restlichen Bedienelemente an der Kamera; neben dem Einschaltknopf und dem Auslöser an der Kameraoberseite findet man noch auf der Kamerarückseite den Betriebsartschalter, die Zoomwippe, drei Funktionsknöpfe (Menütaste, Bildlöschtaste, Bildschirmmodus) und das Steuerkreuz bzw. Navigationsfeld. Über Letzteres werden auch die Blitz-, Selbstauslöser-, Fokus- und Belichtungskorrektureinstellungen vorgenommen, wobei durch mehrfachen Druck die unterschiedlichen Einstellungen der mehrfach belegten Steuerkreuz-/Navigationsfeld-Segmente aufgerufen werden.
Optik Je nachdem, unter welcher Marke die Kamera läuft, steht ein anderer Namenszug auf dem Objektiv. Bei Voigtländer darf es sich "Voigtländer Zoomar" nennen; bei den baugleichen Kameras Rollei ds6, Minox DC-6011 und Premier DM-6331 (sozusagen dem "Original") heißt es schlicht und einfach "3x Super Zoom". In jedem Fall deckt die 3-fach-Zoomoptik einen Brennweitenbereich von umgerechnet 35 bis 105 Millimetern bei einer variablen Lichtstärke von F2,8 (am Weitwinkel-Ende) bis F4,8 (am Tele-Ende) ab. Beim Einschalten der Kamera fährt das Zoomobjektiv teleskopisch zirka 2,7 Zentimeter aus dem Gehäuse heraus und wächst beim Zoomen auch nicht weiter an. Schaltet man die Kamera aus oder geht sie in den Ruhemodus, fährt es komplett in das Gehäuse ein und "zwinkert" einem ein letztes Mal vor dem Schlafengehen beim automatischen Schließen des eingebauten Schutzvorhangs (zum Schutz der empfindlichen Frontlinse gegen Staub, Schmutz und Kratzer) zu.
Zum Ausfahren braucht das Objektiv zirka 1,2 Sekunden, während beim Zoomen der gesamte Brennweitenbereich nonstop in ca. 1,6 s durchfahren ist. Wer es lieber etappenweise mag, kann bis zu 10 einzelne Zoompositionen ansteuern. Geräuschtechnisch macht sich das Zoom kaum bemerkbar. Die Zoomgeräusche sind zwar hörbar, aber nicht wirklich störend. Noch diskreter sind die Betriebsgeräusche des Autofokus. Alles, was man zu hören bekommt, ist ein sehr leises Surren und das penetrante Piepen der Fokussierbestätigung, sofern man das akustische Zeichen zum Signalisieren einer erfolgreichen Scharfstellung im Kameramenü nicht explizit ausgeschaltet hat.
Scharf gestellt wird grundsätzlich automatisch und ausschließlich in der Bildmitte. Wer auf Motive scharf stellen will, die außerhalb des Bildzentrums liegen, muss das Hauptmotiv mit der Messfeldmarkierung "anvisieren", die Kamera drauf scharf stellen lassen und durch Gedrückthalten des Auslösers (auf mittlerem Weg) die Schärfe speichern. Erst dann kann man den endgültigen Bildausschnitt festlegen und durch Durchdrücken des Auslösers die Aufnahme machen. Für spontane Fotos alias Schnappschüsse ist das vielleicht etwas zu umständlich bzw. zeitraubend. Beim Fokussieren ist die Virtus S6 nicht gerade die schnellste. Die Fokussierzeiten (siehe Messwerttabelle) bewegen sich auf einem Niveau, das man von der vorletzten Markenkamera-Generation kennt – was für statische Motive wie Landschaften und ruhende Personen bzw. Tiere vielleicht noch reicht, aber Schnappschüsse zur Glückssache ausarten lässt. Besser sieht es mit der Fokussiersicherheit aus: Der Autofokus der Virtus S6 ist ziemlich "zielsicher", und es gibt nur wenige Motive, auf die der AF partout nicht scharf stellen mag.
Selbst im Dunkeln verfehlt der AF selten sein Ziel. Zur Unterstützung des Autofokus leuchtet die orangefarbene Selbstauslöserlampe grell auf, wenn das Licht zu knapp wird. Leider gibt es aber – in den seltenen Fällen, wo der AF versagt – auch keine Möglichkeit, die Entfernung manuell einzustellen. Die Virtus S6 stellt übrigens ab einem Mindestabstand von 50 cm scharf; begibt man sich in den Makro-Modus, sinkt die Nahgrenze auf 30 cm (in Tele-Stellung) bzw. 6 cm (in Weitwinkel-Stellung).
Blitz Je kleiner die Kameras werden, desto schwieriger wird es für die Hersteller, der Kamera ordentliche Blitzbilder zu entlocken. Da, wo akute Platznot herrscht, kann man eben nicht einen Blitz mit großzügig dimensionierter Blitzröhre (für ordentlich viel Blitzpower) und entsprechend großer Reflektorscheibe (zum Bündeln/Streuen des Blitzlichtes) einbauen, und man kann auch den Blitz nicht weit genug vom Objektiv bzw. von der optischen Achse entfernen, um rote Augen zu verhindern. Mechanische Lösungen wie herausklappende Blitze sind teuer und setzen der Miniaturisierung auch Grenzen; zum Glück kann man heutzutage mit der Elektronik Vieles auf vergleichsweise kostengünstigste Weise kompensieren. So werden rote Augen schlicht und einfach in Kauf genommen und elektronisch wegretuschiert; die Blitzreichweite wird erhöht, indem an der Lichtempfindlichkeitsschraube gedreht wird.
Leider bedient sich die Virtus S6 solcher "Tricks" nicht. Das Resultat sind eine mehr als bescheidene Blitzreichweite sowie rot glühende Augen auf zwei Drittel der Bilder, die mit dem eingebauten Miniaturblitz gemacht wurden. Überhaupt macht die Kamera beim Blitzen keine besonders gute Figur. Auf den Aufnahmen werden Objekte im Vordergrund gnadenlos überblitzt; die Fresnelscheibe (d. h. die kleine Glas- bzw. Plastikscheibe vor der Blitzröhre) verteilt das Blitzlicht so ungleichmäßig, dass die Bildecken erst gar nicht vom Blitz erreicht werden und ein deutlich sichtbarer "Hotspot" (= punktförmige Anstrahlung des Motivs) auf den Bildern entsteht. Wer ruhige Hände besitzt, sollte lieber ganz auf den Blitz verzichten und diesen abschalten – oder das Motivprogramm "Nachtporträt" benutzen, bei dem die Abstimmung zwischen Blitzlicht und Umgebungslicht etwas ausgewogener ist.
Blitzfunktionen findet man an der Virtus S6 wenige vor. Durch Drücken der entsprechenden Funktionstaste (Navigationsfeld rechts) kann man den Blitz erzwingen, komplett abschalten oder die wenig effektive Vorblitzfunktion gegen rote Augen einschalten; mehr Einstellungen hat die Kamera nicht zu bieten. So kann man weder die Blitzstärke ändern noch den Zündpunkt (am Anfang oder Ende der Belichtung) wählen. Eine Blitzlangzeitsynchronisationsfunktion gibt es nur in eingeschränktem Maße in Form der o. g. Nachtporträt-Einstellung, während eine Weißabgleich-Voreinstellung für Blitzaufnahmen gänzlich fehlt. Fairerweise muss man sagen, dass solche Funktionen und Einstellungen in dieser Preis-/Ausstattungsklasse eher eine Seltenheit sind, aber bei anderen Kameras sind auch wegen der besseren Qualität der Blitzbilder keine Eingriffe in die Blitzparameter notwendig…
Bildqualität Wird in einschlägigen Foren vom Kauf diverser Billigfabrikate aus Taiwan abgeraten, so wird gerne die schlechte Bildqualität als Grund dafür genannt. Doch so schlecht ist die Bildqualität solcher Kameras nicht mehr – wie am Beispiel der Virtus S6 zu erkennen ist. Heutzutage kaufen die Auftragsfertiger aus Taiwan, China und Korea Objektiveinheiten und/oder CCDs oft bei renommierten Herstellern ein, und auch wenn das Qualitätsniveau der Bilder noch nicht das von höherwertigeren Markenkameras erreicht, ist das Resultat alles andere als katastrophal.
Wird der "gemeine Knipser" unter Umständen sogar Gefallen an der Qualität der Bilder einer Virtus S6 finden, sollte man seine Ansprüche aber auch nicht zu hoch stecken. Das geschulte Auge lässt sich da nicht so schnell beirren, und bei genauerer Betrachtung findet der anspruchsvolle Fotograf etliche Dinge an der Bildqualität, die nicht gefallen. Da wäre zuerst einmal die ziemlich starke Verzeichnung des Objektivs. Etliche Bilder zeigen eine unnatürliche, tonnenförmige Wölbung (gut an geraden Linien wie z. B. dem Horizont zu erkennen), die erst beim Verlassen des Weitwinkel-Bereiches verschwindet bzw. nicht mehr stört. Im Tele-Bereich taucht die Verzeichnung dann wieder in Form einer kissenförmigen Verzerrung auf. Sowohl bei Weitwinkel- als auch bei Tele-Aufnahmen macht sich eine ausgeprägte Vignettierung von knapp einer Blende bemerkbar. Vor allem auf hellen, uniformen Flächen wie z. B. weißen Wänden oder wolkenlosem Himmel fällt der Helligkeitsunterschied zwischen Bildzentrum und Bildecken/-rändern auf. Hier hilft wieder einmal die Flucht in den mittleren Zoombereich, denn Abblenden lässt sich das Objektiv mangels Einstellmöglichkeit für die Blende nicht.
Bei der Empfindlichkeitsstufeneinstellung geht die Virtus S6 nur bis auf entspr. ISO 200 herauf. Eigentlich hätte sie sich ISO 400 aber auch noch zutrauen können, denn bei der Messung des Bildrauschens schnitt der Testkandidat nicht so schlecht ab wie erwartet. Dass Voigtländer bzw. Premier die hohe Kunst der Rauschunterdrückung aber noch nicht perfekt beherrscht, zeigt das deutliche Farbrauschen über den gesamten Helligkeitsbereich. In den hellsten Teilen des Bildes ist das Bildrauschen noch am geringsten; im mittleren Helligkeitsbereich bleibt es konstant auf einem akzeptablen Niveau. In dunkleren Bildpartien erreicht das Rauschen dann seinen Höhepunkt, um dann mit abnehmender Helligkeit wieder an Stärke zu verlieren. In jedem Fall überwiegt aber das Farbrauschen (wahrnehmbar in Form von leichtem "Farbschnee") gegenüber den typisch weiß-schwarzen Störpixeln des Helligkeitsrauschens. Das Rauschen ist übrigens bei der Virtus S6 nur auf großformatigen Ausdrucken oder bei vergrößerter Bildschirmanzeige sichtbar und sollte nicht auffallen, wenn man sich auf kleine Fotos im Postkartenformat (10 x 15 cm o. ä.) beschränkt.
Beim Abbilden kontrastreicher Szenen gibt die Virtus S6 ein gemischtes Bild ab. Die Eingangsdynamik bzw. der maximal verträgliche Bildkontrast liegt bei 7,8 Blendenstufen – was nur Mittelmaß ist. Dabei weiß die Virtus S6 auf den fertigen Bildern zwischen 250 (von 256 möglichen) Helligkeitsstufen zu unterscheiden und wäre mit diesem guten Wert durchaus zu Besserem fähig. Dunklere Bildteile erscheinen auf den Bildern etwas kontrastschwach; mit zunehmender Bildhelligkeit werden die Kontraste vorlagengetreuer abgebildet.
Auf den ersten Blick mag es einen beeindrucken, wie detailreich die Bilder aus der Virtus S6 vor allem auf dem Computer-Bildschirm und auch auf kleineren Prints (z. B. im 10x15cm-Format) wirken. Aber auch nur, wenn man sich beim Betrachten der Bilder auf die Bildmitte konzentriert. Für eine Kamera dieser Preis- und Größenklasse ist die Auflösung in der Bildmitte nämlich über den gesamten Brennweitenbereich hinaus sehr hoch bis hervorragend. Selbst in den angrenzenden Bildbereichen (auf halber Bildhöhe) ist sie immer noch gut bis sehr gut. Guckt man sich jedoch die Bildecken bzw. die äußeren Bildbereiche einmal genauer an, ergibt sich ein anderes Bild. Auf Tele-Aufnahmen ist die Randauflösung gerade noch gut bzw. grenzwertig; auf allen anderen Aufnahmen ist der Auflösungsverfall zu den Bildrändern hin drastisch. Dazu kommt noch, dass die Auflösung nicht nur mit zunehmender Entfernung von der Bildmitte "in den Keller fällt", sondern sie – wiederum abhängig von der eingestellten Brennweite – auch noch mehr oder weniger stark schwankt, je nachdem, wie bestimmte Bildteile bzw. Strukturen ausgerichtet sind. Weitwinkelaufnahmen sind dabei sehr stark von diesem Phänomen betroffen; hat man die Fotos mit anderen Brennweiten gemacht, reicht die Richtungsabhängigkeit der Auflösung von "moderat" bis "niedrig".
Bei genauerer Betrachtung der Bilder fallen dem Expertenauge noch weitere Bildfehler auf. Bildstörungen wie starke Farbsäume, Treppenstufen- bzw. Sägezahn-Effekte (Aliasing), z. T. strahlenkranzförmige Rasterstörungen (Moiré) und Blockartefakte (Letzteres bei Verwendung einer anderen Qualitätsstufe als "Fein"), die alle auf eine sehr aggressive Aufbereitung der feinen Bilddetails (d. h. einen starken Eingriff der Kameraelektronik in das Bildresultat) hinweisen, treten vermehrt auf den Bildern auf. Die Ursachen dafür sind so zahlreich wie verschieden und lassen sich im kostenpflichtigen DCTau-Protokoll (siehe weiterführende Links) nachlesen. Darin ist auch angeführt, an welchen Stellen im Bild man die jeweiligen Bildstörungen vornehmlich findet. Erstaunlich zurückhaltend gibt sich die Virtus S6 hingegen bei der Nachschärfung der Bilder. Doch ausgerechnet in Bereichen, wo das Auge besonders empfindlich für Störungen ist (z. B. Haut- und Himmeltöne), ist die Scharfzeichnung am stärksten. In den dunkleren Bildpartien ist sie zwar gering, aber auch da immer knapp an der Grenze, wo störende Doppelkanten bzw. Geisterlinien (so genannte "Clipping-Effekte") an den Übergängen zwischen hellen und dunklen Bildteilen entstehen. Die Kameraelektronik neigt auch noch dazu, fast horizontale Kanten deutlich stärker nachzuschärfen als andere Kanten; schräge Kanten im 45°-Winkel werden noch am ehesten verschont. Für den Einsatz der Virtus S6 als "Knipskamera" spricht die Tatsache, dass die vielen Bildstörungen wohl nur dann auffallen und stören, wenn man größere Abzüge bzw. Ausdrucke von seinen Bildern machen will oder man seine Bilder später auf dem Computer nachbearbeiten will – zwei Szenarien, die bei der Mehrzahl der Klientel solcher Kameras eher unwahrscheinlich sind. Druckt man direkt von der Kamera, kann man übrigens seinen Bildern ein bisschen mehr "Knackigkeit" verleihen, indem man die Fotos mit maximaler Scharfzeichnung (im Kameramenü unter "Schärfe") aufnimmt.
Bei der Belichtungsmessung fühlt man sich mit der Virtus S6 in die frühen Zeiten der analogen Fotografie zurück versetzt. Zwar kann man im Menü zwischen der Spot- bzw. Punktmessung und einer "Multi"-Messung wählen, aber Letztere entpuppt sich nach der Beschreibung im Handbuch sowie offiziellen Dokumenten von Premier als ganz gewöhnliche mittenbetonte Integralmessung. Diese Messmethode, bei der die Gesamthelligkeit des Bildes (mit Gewichtung auf die Bildmitte) ermittelt wird, war vor dem Aufkommen der weitaus präziseren Mehrfeld- bzw. Matrixmessung in den 80er-Jahren die weitestverbreitete Art der Belichtungsmessung und arbeitet in den meisten Situationen zuverlässig genug. Bei schwierigen Motiven (z. B. Gegenlichtaufnahmen, ungleichmäßiger Verteilung unterschiedlich heller Bildteile, Lichtreflexen, sehr kontrastreichen Szenen) führt sie aber eher zu Fehlbelichtungen.
Was man aber bei der Virtus S6 noch mehr befürchten muss als Fehlbelichtungen, sind Farbstiche. Unsere Farbtafel wurde zwar neutral wiedergegeben, aber beim automatischen Weißabgleich kommt es zu starken Schwankungen. Das kann man bereits bei der Aufnahme auf dem LC-Bildschirm beobachten, wo die Farben selbst bei nur leichtem Bewegen der Kamera plötzlich komplett "kippen". Und da die im Menü vorhandenen Voreinstellungen für den Weißabgleich als komplett unbrauchbar bezeichnet werden können, sollte man lieber gleich zum manuellen Weißabgleich greifen.
Zum Abschluss dieses Testabschnittes noch eine kleine Randbemerkung: Beim Durchmessen der baugleichen Rollei ds6 fiel unserem Testlabor auf, dass sie z. T. ganz andere Messwerte liefert als die hier getestete Virtus S6. Am unterschiedlichsten sind die Messergebnisse bei den Scharfzeichnungswerten (siehe jeweilige DCTau-Testprotokolle) – wobei wir eigentlich erwartet hatten, dass die Resultate identisch ausfallen. Kann man also nun bei Premier seine Wünsche bezüglich der Bildabstimmung in die Bestellung mit einfließen lassen oder nehmen Rollei, Voigtländer und Co. nach Eintreffen der Lieferung individuelle Nachjustierungen an den Bildaufbereitungsalgorithmen vor? Wir müssen zugeben, dass wir es nicht wissen; was wir hingegen wissen, ist, dass die Bildqualität trotz aller Unterschiede bei der kamerainternen Verarbeitung bei keiner der beiden Kameras wirklich besser ist als bei der anderen.
Sonstige/besondere Funktion Zu den Sonderfunktionen bzw. Sonderausstattungsmerkmalen der Virtus S6 gehören u. a. eine Sprachnotizfunktion für 30-sekündige Bildkommentare, eine Gegenlicht-Taste für eine feste Belichtungskorrektur von +1,3 LW, ein Digitalzoom mit 4- bzw. 8-facher Vergrößerung (Aufnahme/Wiedergabe), eine Bildparameter-Einstellung (für Scharfzeichnung, Bildkontrast und Farbsättigung), eine Belichtungsreihen-Automatik für 3 Bilder in Folge mit unterschiedlicher Belichtung, eine Schnellwiedergabefunktion (aktiviert durch die Set-Taste), drei Selbstauslöser-Einstellungen (2s, 10s, 2+10s), eine Diaschau-Funktion und ein sowohl im Aufnahme- als auch im Wiedergabemodus anzeigbares Histogramm. Für die unterschiedlichsten Aufnahmesituationen stehen nicht weniger als 17 Motivprogramme zur Auswahl; davon ein Programm zur Speicherung der eigenen Einstellungen.
Im Panorama-Modus hilft einem die Kamera durch Einblendung überlappender Bildteile, Teilbilder fürs spätere Zusammenfügen auf dem Computer (zu einem Rundum-Bild mit der mitgelieferten ULead-Software Cool 360 SE) aufzunehmen. Eine Serienbildfunktion hat die Virtus S6 auch anzubieten, bei der sie in höchster Auflösung und mit höchster Qualitätseinstellung bis zu 5 Bilder in Folge bei einer Bildfrequenz von ca. 2 Bildern pro Sekunde schießt. Das ist ein (in dieser Preis-/Ausstattungsklasse) ganz respektabler Wert. Videos kann sie auch aufzeichnen (und das sogar so lange, bis der verfügbare Speicher oder der Akku erschöpft sind) – jedoch fallen, selbst bei großen Speicherkarten von 512 MByte oder mehr, die Aufnahmezeiten recht kurz aus, da kein spezielles Komprimierungsverfahren wie MPEG-4, DivX o. ä. angewandt wird. Bei der Aufnahme von Videos stehen zwei Auflösungsstufen (VGA mit 640 x 480 Pixeln oder QVGA mit 320 x 240 Pixeln) und zwei Qualitätsstufen zur Auswahl; die Aufnahme erfolgt mit gleichzeitiger Tonaufnahme und mit einer Bildwiederholrate von 30 Bildern pro Sekunde. Während des Filmens wird die Schärfe allerdings nicht nachgeführt, und Zoomen ist nur mit dem Digitalzoom (und das auch nur in der niedrigen Auflösungsstufe) möglich.
Sonst kann die Virtus S6 auf Wunsch noch das Datum der Aufnahme auf das Bild "stempeln" und – dank PictBridge-Kompatibilität – über das mitgelieferte Kameradock an zahlreiche Drucker angeschlossen werden. Für das Drucken von Bildern reicht der Datendurchsatz der dafür ausgelegten USB-1.1-Schnittstelle am Dock auch aus. Aber für die Übertragung von Bildern auf den Computer sollte man sich lieber ein schnelleres Kartenlesegerät bzw. -laufwerk (USB 2.0 oder Firewire) zulegen. Doch spätestens zum "Auftanken" muss die Virtus S6 wieder auf ihren Sockel, denn für den kleinen Lithiumionenakku (3,7V bei 820 mAh) gibt es kein externes Ladegerät.
Fazit Anno 2006 müssen wir praktisch die gleiche Schlussfolgerung ziehen wie in unserem Test der Medion MD40696 (siehe weiterführende Links) vor drei Jahren: Es kommt alles auf die Qualität der Signalverarbeitung an. Zwar sind die Bildqualität, die Akkulaufzeit, die Verarbeitung, die Schnelligkeit usw. einer Voigtländer Virtus S6 schon deutlich besser als die einer Medion MD40696, aber es ist immer noch so, dass Markenprodukte durch immer ausgefeiltere Signalverarbeitungsprozessoren und -algorithmen einen technologischen Vorsprung von mindestens 1 bis 2 Kameragenerationen beibehalten. Dabei sind diese Technologien selbst bei renommierten Kamerabauern oft zugekauft (z. B. elektronische Erkennung und Retusche roter Augen) – Investitionen, die aber Auftragshersteller wie Premier aus Kostengründen scheuen. So mag die Voigtländer Virtus S6 durchaus zu mehr als korrekten Leistungen fähig sein und bescheidene Bedürfnisse vollends zu befriedigen wissen, doch an mancher Markenkamera mit leistungsfähigerer Elektronik gemessen, fehlen ihr dann doch einige Qualitäten, um in der gleichen Liga mitzuspielen.
Messwerttabelle |
Einschaltzeit |
ca. 2,4 s |
Brennweitenverstellung Anzahl Stufen Zeit Weitwinkel bis Tele |
motorisch über Wippschalter ca. 10 ca. 1,6 s |
Autofokus-Geschwindigkeit |
min. 0,9 s / ca. 1,0 s / max. 1,9 s (abhängig von Motiv und Aufnahmebedingungen) |
Auslöseverzögerung |
<0,1 s |
Blitz Leitzahl |
k. A.
|
Batterielaufzeit |
ca. 120 Aufnahmen |
Speicherzeiten RAW JPEG TIFF |
– ca. 0,6 s** ( 2,3 MByte) – |
Serienbilder Verwendete Auflösung Geschwindigkeit Anzahl mit Blitz |
2.816 x 2.112 (Fein) ca. 2 Bilder/s max. 5 Bilder – |
** höchste Auflösung, FEIN-Modus
|
Kurzbewertung
- verlockender Preis
- Benutzerspeicher
- gutes Verhältnis zwischen Preis und Funktionsumfang
- brauchbare Bildqualität
- geräuscharmer Autofokus
- korrekte Serienbildleistung
- gut lesbarer und detailreicher LC-Farbbildschirm
- solide und saubere Gehäuseverarbeitung
- bescheidene Akkulaufzeit
- starke Schwankungen beim automatischen Weißabgleich
- keine Mehrfeldmessung
- Bildqualität/Signalverarbeitung unter Markenkameraniveau
- schlechte Blitzleistungen (Reichweite,Leuchtwinkel, rote Augen)
- lange Einschaltzeit
- nicht mehr zeitgemäße AF-Geschwindigkeit
- LC-Farbbildschirm hat eine Art "Grauschleier" und Schwierigkeiten mit hohen Motivkontrasten
- Anschluss am Computer oder Drucker nur über mitgeliefertes Kameradock
- kein Audio/Video-Ausgang
Technische Daten
Modell |
Voigtländer Virtus S6 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/2,5" 5,8 x 4,3 mm (Cropfaktor 6,0) 6,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
2.816 x 2.112 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 30p |
Objektiv |
35-105 mm / F2,8-4,8 (3-fach Zoom) |
Monitor |
2,5", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
3 Aufnahmen, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: nein |
Serienaufnahmen |
max. 2 Bilder/s und max. 5 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatisch ISO 50 bis 200, manuell ISO 50 bis 200 |
Abmessungen |
87 x 54 x 18 mm (B x H x T) |
Gewicht |
150 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/VQ3HU (mit Preisvergleich) |