Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Olympus 60 mm Macro und Body Cap Lens: Bildqualität getestet
2012-11-09 Olympus baut sein Micro-Four-Thirds-System langsam aber beständig mit hochwertigen Festbrennweiten aus, aber auch mit kuriose Exoten. Zu den hochwertigen Objektiven zählt das M.Zuiko Digital 60 mm 2.8 Macro ED; es sollte sich mit seiner kleinbildäquivalenten Brennweite von 120 Millimeter nicht nur für Makroaufnahmen eigenen, sondern auch für Porträts. Zu den Kuriositäten dagegen ist getrost die Body Cap Lens zu rechnen; ein Kameradeckel, mit dem man auch fotografieren kann. Makro-Objektiv und Kameradeckel haben wir im Labor von digitalkamera.de getestet und dabei interessante Ergebnisse gewonnen. (Benjamin Kirchheim)
Die Body Cap Lens 15 mm F8 ist von Olympus als Zubehör und nicht als Objektiv positioniert. Das Gadget besteht aus Kunststoff, ist ultraflach und federleicht. Das Kunststoffbajonett besitzt keine elektronischen Kontakte, die Kamera erkennt also nicht, welches Objektiv man angesetzt hat. Möchte man den in der Kamera, in unserem Fall eine Olympus Pen Lite E-PL5, integrierten Bildstabilisator verwenden, so muss man, wie bei adaptierten Fremdobjektiven, die Brennweite manuell vorgeben. Bei einer fest vorgegebenen und zudem recht lichtschwachen Öffnung von F8 ist es keine schlechte Idee, den Bildstabilisator einzurichten und einzuschalten. Das Objektiv besitzt einen Schieberegler, der die Linse freigibt und auch für die manuelle Fokussierung zuständig ist. Von 0,3 Meter bis unendlich kann scharf gestellt werden. Am besten nimmt man sich die Fokuslupe des Live-Views dafür zur Hilfe. Mit 30 Millimeter kleinbildäquivalenter Brennweite entspricht das Objektiv einem Weitwinkel. Bezogen auf einen A4 großen Print zeigt es nur in der Bildmitte eine hohe Schärfe, zum Rand hin fällt sie etwas ab, so dass man hier mit einem weicheren Ergebnis rechnen muss.
Die Auflösungsmessung bei 50 Prozent Kantenkontrast fördert in der Bildmitte einen erstaunlich hohen Wert von knapp 40 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) zu Tage, der zum Rand hin allerdings auf knapp unter 17 lp/mm abfällt. Dieser Verlust ist derart stark, dass man schon von einem Objektiv für künstlerische Fotografie sprechen kann – nur dass im Gegensatz beispielsweise zu einem Lensbaby der Sweet-Spot in der Bildmitte festgenagelt ist und sich nicht verschieben lässt. Immerhin fällt die Bildhelligkeit zum Rand hin nur schwach ab, sollte man also einen Vignettierungseffekt wünschen, so kann man auf den entsprechenden Art-Filter der Kamera ausweichen oder ein Bildbearbeitungsprogramm nutzen. Die Verzeichnung liegt bei rund 1,5 Prozent Tonnenform, was zwar gut sichtbar ist, aber für ein Weitwinkel nicht zu stark ins Gewicht fällt. Kräftiger sind hingegen die Farbsäume mit durchschnittlich 2,5 Pixeln Breite ausgeprägt, die im Maximum sogar 3,5 Pixel erreichen können. Auf einem A4 großen Ausdruck ist dies deutlich sichtbar.
Insgesamt ist der Kameradeckel weniger für ernsthafte Fotografie geeignet, wofür er von Olympus aber auch nicht gedacht war. Es handelt sich jedoch um ein tolles Gadget, mit dem man künstlerische Schnappschüsse aufnehmen kann. Vor allem ist es so kompakt und leicht, dass man es immer dabei haben kann. Der Preis von knapp 80 EUR wäre für einen Gehäusedeckel sicher happig, die zusätzliche Kunst-Objektiv-Funktion macht die Body Cap Lens aber in der Summe preiswert. Der komplette Labortest ist übrigens über die weiterführenden Links am Ende der Meldung ausnahmsweise kostenlos abrufbar, schließlich handelt es sich um einen Gehäusedeckel und kein ernst zu nehmendes Objektiv.
Ganz andere Ansprüche möchte das Olympus M.Zuiko Digital 60 mm 2.8 Macro ED erfüllen. So verspricht Olympus, dass es das bisher beste Objektiv für das Micro-Four-Thirds-System aus eigenem Hause sei. Ein Versprechen, das angesichts der hervorragenden Leistungen des 45 mm F1.8 und erst recht des 75 mm F1.8 kaum zu glauben ist! Das Makro ist sehr schlank, aber auch ungewöhnlich lang. Der Autofokus arbeitet flüsterleise und zudem für ein Makro-Objektiv äußerst flott. Außerdem ist es in innenfokussierender Bauweise ausgeführt, so dass sich weder die Länge beim Scharfstellen ändert noch das 46 mm Filtergewinde dreht. Erstmals weist ein MFT-Objektiv eine Entfernungsskala auf, die zudem nicht etwa auf einem Ring angebracht ist, sondern unter einer Markierung in einem Sichtfenster angezeigt wird (siehe Bild links unten). Links am Objektiv, das mit Ausnahme des Metallbajonetts aus hochwertigem Kunststoff besteht, sitzt ein kleiner Drehschalter, mit dessen Hilfe der Fokusbereich wahlweise auf 0,4 Meter bis unendlich, 0,19 Meter bis unendlich oder 0,19 bis 0,4 Meter begrenzt werden kann. Ersterer ist für normales Fotografieren gedacht und vermeidet, dass das Objektiv langwierig im Nahbereich nach dem Fokus sucht. Zweiterer ist für den gesamten Fokusbereich gedacht und letzterer für den Makrobereich. Neben der Entfernung zeigt das Objektiv im Bereich von 1:4 bis 1:1 auch den Abbildungsmaßstab an, so dass man diesen bei manueller Fokussierung gezielt anfahren kann. Der Fokusbereich-Umschalter besitzt noch eine vierte Position, aus der er automatisch wieder in die dritte zurück springt. Sie dient dazu, das Objektiv auf die Naheinstellgrenze von 0,19 Meter zu stellen, auch wenn der Autofokus aktiviert ist. Von der Objektivvorderkante bis zum Motiv bleiben dann übrigens nur noch sieben Zentimeter Abstand; genug um das Motiv zu beleuchten, aber zu wenig für die Fluchtdistanz vieler Insekten. Bei dieser Einstellung wird eine 1-Cent-Münze formatfüllend abgebildet, beziehungsweise durch das 4:3-Bildseitenverhltnis sogar oben und unten etwas abgeschnitten, während links und rechts noch minimal Platz bleibt.
Im Testlabor zeigt das Objektiv eine hervorragende Leistung, und zwar schon bei Offenblende. Die Schärfe ist bei allen Blenden von der Bildmitte bis zum Bildrand für einen A4 großen Ausdruck geeignet. Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast beträgt im Bildzentrum bei F2,8 knapp 51 lp/mm, am Bildrand sind es mit etwas über 44 lp/mm ungefähr 13 Prozent weniger. Bereits bei F4 sinkt die Auflösung im Bildzentrum und am Bildrand um jeweils rund zehn Prozent ab, ebenso beim Abblenden auf F5,6, wobei hier auch die Grenze von 40 lp/mm unterschritten wird. Bei F8 und F11 reduziert sich die Auflösung nicht mehr so stark, erst bei F16 und F22 gibt es jeweils wieder einen deutlichen Sprung nach unten (alle Auflösungs-Messwerte sind dem unten abgebildeten Diagramm aus dem Labortest zu entnehmen). Randabdunklung kann man allenfalls bei F2,8 noch ganz schwach ausmachen, sie verläuft aber äußerst sanft. Ab F4 ist die Helligkeit sehr gleichmäßig, Verzeichnung ist dem Objektiv sogar völlig fremd. Farbsäume treten hingegen durchaus auf und nehmen beim Abblenden sogar noch zu. Die beste Leistung liegt also auch hier bei F2,8, wo Farbsäume auf einem A4 großen Print bestenfalls ansatzweise sichtbar sind, ab F4 aber kann man sie durchaus schon erkennen. Ab F5,6 wird im Maximum die Grenze von einem Pixel durchbrochen, ab F8 auch im Durchschnittswert.
Auf die Offenblende bezogen ist das neue Makro tatsächlich das beste Objektiv von Olympus für Micro Four Thirds und weiß mit einer hervorragenden Leistung zu überzeugen, wenngleich die Farbsäume gerne etwas geringer ausgeprägt sein dürften. Das 45 mm F1.8 wird von dem Makro-Objektiv knapp geschlagen. Etwas differenzierter sieht die Situation im Vergleich mit dem 75 mm F1,8 aus. Zwar ist das Makro bei Offenblende besser, allerdings erzielt das 75er bei identischer Blende eine noch stärkere Leistung als das Makro. Die Auflösung ist höher und vor allem hat das 75er deutlich weniger mit Farbsäumen zu kämpfen. Unserer Meinung nach bleibt das 75 mm F1.8 damit das beste Objektiv für Micro Four Thirds, dicht gefolgt vom 60er Makro und dem 45er, wobei letzteres mit einem Straßenpreis von 260 EUR eindeutiger Preis-Leistungssieger bleibt, denn das Makro schlägt mit 600 EUR zu Buche und das 75er sogar mit 950 EUR.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.