Kompaktes Ultraweitwinkel-Zoom
Testbericht: Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM
2017-03-27 Im Sommer 2013 brachte Canon mit dem EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM das dritte Objektiv im damals noch jungen spiegellosen Kamerasystem auf den Markt. Dank des geringen Auflagemaßes lassen sich insbesondere Ultraweitwinkelzooms für spiegellose Kameras besonders kompakt bauen. Sowohl im Durchmesser als auch in der Länge fällt das 11-22 um jeweils 14 Millimeter kompakter aus als das EF-S 10-18 mm für die APS-C-DSLRs von Canon. Ob Canon mit dem kompakten Objektiv aber auch eine gute Bildqualität realisieren konnte, verrät unser Test. (Benjamin Kirchheim)
Verarbeitung
Gerade einmal rund sechs mal sechs Zentimeter in Länge und Durchmesser misst das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM und ist damit angenehm kompakt. Es drückt lediglich 215 Gramm auf die Waage, was zusammen mit der zum Test verwendeten Kamera EOS M5 für ein "Kampfgewicht" von gerade einmal knapp über 630 Gramm sorgt. Dennoch besteht das Gehäuse aus Metall, was auch auf den Zoom- sowie den Fokusring und das Bajonett zutrifft. Für unter 350 Euro bekommt der Käufer also nicht nur ein kompaktes, sondern auch gut verarbeitetes Ultraweitwinkelobjektiv. Die Designlinie ist bei dem EF-M-Objektiven einheitlich. So besitzt auch das 11-22 mm ein titangraues Gehäuse mit feinen Riffelungen der Einstellringe. Keine weiteren Bedienelemente stören das schlichte Design.
Zum Transport eingefahren ist das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM lediglich gut sechs mal sechs Zentimeter groß. Möglich macht dies das geringe Auflagemaß des spiegellosen Systems. [Foto: Canon]
Wie die meisten EF-M-Objektive muss auch das Canon 11-22 mm 4-5.6 IS STM zum Betrieb entfaltet werden. Dazu wird der kleine Verriegelungsschieber links am Objektiv nach vorne geschoben und am Zoomring gedreht. Dabei fährt der Kunststofftubus mit der Frontlinse und dem 55 Millimeter messenden Filtergewinde um gut 1,5 Zentimeter heraus. Beim Zoomen fährt er bei mittlerer Brennweite leicht zurück und am Brennweitenende wieder auf 15 Millimeter heraus. Die Mechanik läuft dabei einwandfrei und sanft. Im Kleinbildäquivalent zoomt das 11-22 mm von knapp 18 bis 35 Millimeter. Die optische Konstruktion des Zweifachzooms kommt mit zwölf Linsen aus, die in neun Gruppen angeordnet sind.
Fokussierung
Der Autofokus arbeitet mit dem STM getauften Schrittmotor intern und ist bei seiner Arbeit praktisch unhörbar. Zudem ist der Autofokus äußerst flott und in der Regel zuverlässig. Nur im Labor konnten wir die Fokussierung mit einem weißen Testchart mit schwarzen Punkten aus dem Tritt bringen, was aber eher am Arbeitsprinzip des Dual-Pixel-CMOS-AF der EOS M5 liegen dürfte. Auch bei der manuellen Fokussierung spielt die Funktionalität der Kamera eine tragende Rolle. Der Fokusring des Objektivs arbeitet rein elektronisch, die Stellbewegungen übernimmt der STM-Antrieb. Das erlaubt eine feinfühlige und genaue manuelle Fokussierung, wobei die Kamera eine Lupe und eine Fokus-Peaking-Funktion als Einstellhilfen bietet. Eine Entfernungsanzeige gibt es jedoch weder am Objektiv, noch auf dem Kamerabildschirm.
Das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM besitzt eine Naheinstellgrenze von nur 15 Zentimetern, was ungewöhnliche Perspektiven und einen bis zu 1:3,3 großen Abbildungsmaßstab ermöglicht. [Foto: MediaNord]
Mit einer Naheinstellgrenze von lediglich 15 Zentimetern, das entspricht gut sechs Zentimetern vor der Frontlinse, erlaubt das EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM erstaunlich starke Vergrößerungen bis zu einem Abbildungsmaßstab von 1:3,3. Das ist für ein solches Ultraweitwinkelzoom außergewöhnlich und erlaubt atemberaubende Perspektiven, denn Gegenstände in der Nähe der Linse werden dadurch gegenüber dem Hintergrund überproportional groß dargestellt. Dabei ergibt sich sogar eine erstaunlich starke Hintergrundunschärfe mit einem durchaus ansehnlichen Bokeh. Für die "runde" Blendenöffnung sorgen übrigens sieben Lamellen.
Bildqualität
In der Praxis zeigt das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM aber nicht nur eine schöne Unschärfe in dem Bereich, wo sie hingehört, sondern auch eine gute Schärfe mit kaum bis keiner Randunschärfe. Auch Gegenlicht bringt das Objektiv nicht aus dem Tritt. Bei einem Ultraweitwinkel ist dies besonders wichtig, denn durch den großen Bildwinkel hat man schnell die Sonne mit im Bild. Die Kontraste bleiben dabei hoch, Blendenreflexe konnten wir nicht provozieren. So kann man es Canon durchaus verzeihen, dass keine Gegenlichtblende zum Lieferumfang gehört. Dank des Bajonetts kann eine optional erhältliche Blende angeschlossen werden. Dadurch bleibt das Objektiv preisgünstig. Was jedoch in der Praxis auffällt, sind Verzeichnungen insbesondere im unteren Brennweitenbereich. Beim Zoomen verschwinden sie schnell. Als sehr praktisch hat sich zudem der optische Bildstabilisator erwiesen, der bei einem solchen Zoom keine Selbstverständlichkeit ist. Das erlaubt relativ lange Belichtungszeiten aus der Hand, am unteren Brennweitenende sind 1/5 bis 1/4 Sekunde kurze Belichtungszeiten kein Problem.
Der Labortest an der Canon EOS M5 (siehe weiterführende Links) bestätigt die Beobachtungen. Die Auflösung des EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM bricht zwar keine Rekorde, knackt aber bei jeder Brennweite im Bildzentrum die Marke von 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Bei 11 Millimetern wird, abgeblendet auf F5,6, sogar die Marke von 60 lp/mm überschritten. Weiter abgeblendet setzt bei allen Brennweiten bereits die Beugung ein, weiter als F11 sollte man nur im Notfall abblenden. Erstaunlich hoch für ein Ultraweitwinkel fällt zudem die Randauflösung aus. Sie bewegt sich bei allen Brennweiten bis einschließlich F11 auf einem Niveau zwischen 40 und 48 lp/mm. Ein starker Randabfall ist also bei keiner Brennweite zu beklagen.
Das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM zeigt eine gute Bildqualität, selbst Gegenlicht kann ihm nichts anhaben. Dass es die Gegenlichtblende nur als optionales Zubehör gibt, ist daher verschmerzbar. [Foto: MediaNord]
Auch die optischen Fehler halten sich in Grenzen. Insbesondere Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen treten praktisch gar nicht auf. Auch die Randabdunklung ist insgesamt zu vernachlässigen. Nur bei F4 und F5 (Offenblende bei 11 beziehungsweise 16 Millimetern) tritt diese leicht in Erscheinung, erreicht aber maximal lediglich 0,7 Blendenstufen. Mit der Verzeichnung sieht es schon anders aus. Im Weitwinkel zeigt sich die typische starke Tonnenform, laut Labor mit 2,5 Prozent gut sichtbar (siehe Diagramm aus dem Labortest unten), aber auch da haben wir schon schlimmeres gemessen. Bei mittlerer und langer Brennweite fällt die Verzeichnung zwar minimal aus, zeigt jedoch eine leichte Wellenform. Von der Bildmitte aus betrachtet wird die Verzeichnung auf dem Weg zum Bildrand erst kissen-, dann leicht tonnenförmig. Auffallen sollte dies aber höchstens bei absolut parallel zum Bildrand verlaufenden Linien im Foto.
Fazit
Das Canon EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM ist ein gut verarbeitetes Weitwinkelzoom, das kaum Schwächen besitzt. Für Weitwinkelfans ist es damit im EOS-M-System ein Must-have-Objektiv. Mit unter 350 Euro ist es sogar preiswert, bietet aber dennoch ein gut verarbeitetes Metallgehäuse mit kompakten Abmessungen. Der Autofokus arbeitet sehr schnell, doch insbesondere die Gegenlichtunempfindlichkeit sowie die geringe Naheinstellgrenze haben es uns angetan. Die Auflösung ist gut und Farbsäume treten praktisch nicht auf. Die einzige Kritik, die sich das 11-22 mm gefallen lassen muss, ist die Verzeichnung, die jedoch bei einem solchen Bildwinkel (18 mm entsprechend Kleinbild) kaum zu vermeiden ist.
Kurzbewertung
- Kompaktes, gut verarbeitetes Metallgehäuse
- Schneller Autofokus
- Gegenlichtunempfindlich
- Gute Auflösung mit nur geringem Randabfall
- Praktisch keine chromatischen Aberrationen
- Starke tonnenförmige, teilweise leicht wellenförmige Verzeichnung
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.