Lichtstarkes Standardzoom
Testbericht: Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR
2016-04-13 Mit dem XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS hat Fujifilm eigentlich schon seit langem ein hochwertiges Standardzoom im Programm, doch das XF 16-55 mm F2.8 R LM WR soll mehr Weitwinkel und am langen Ende mehr Lichtstärke bieten sowie mit einem zur X-Pro2 und X-T1 passenden Spritzwasser- und Staubschutz auftrumpfen. Von einem über 1.000 Euro teuren Standardzoom muss man aber auch eine entsprechende Bildqualität erwarten dürfen. Ob das Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR dem gerecht wird, haben wir an der neuen, 24 Megapixel auflösenden X-Pro2 getestet. (Benjamin Kirchheim)
Das recht kompakte und gute XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS reichte Fujifilm nicht, das etwas weitwinkel- und lichtstärkere XF 16-55mm F2.8 R LM WR musste her. [Foto: Fujifilm]
Gegenüber dem 18-55 ist das XF 16-55 mm F2.8 R LM WR ein wahrer Brocken. 3,5 Zentimeter länger, fast zwei Zentimeter dicker und doppelt so schwer fällt das lichtstärkere XF 16-55 aus. Trotz dieser Größe passt es sehr gut zur X-Pro2, die ebenfalls alles andere als zierlich ist. Über 1,1 Kilogramm drückt die Kombination auf die Waage. Metall und Kunststoff wechseln sich ab: Metallbajonett, Kunststofftubus, Metallblendenring, Kunststoffzoomring, Metallfokusring, Kunststofftubus und Metallfrontteil bilden das 660 Gramm schwere Objektiv. Die gesamte Konstruktion ist gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet, an der Unterseite des Objektivs befindet sich extra eine Luftschleuse für die beim ausfahrenden Zoomtubus benötigte Luft. Zwischen 16 und 23 Millimetern ist das Objektiv am kürzesten. Bei 16 Millimetern fährt es nur minimalst aus, bei 55 Millimetern fährt der Tubus um 2,4 Zentimeter aus. Trotz des Einsatzes von Kunststoff macht das Objektiv einen absolut hochwertigen Eindruck.
Fokus
Der Tubus hat nur minimales Spiel, das Klappern beim Schütteln hingegen versetzt einem im ersten Moment einen Schreck. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Bildstabilisator, der dem XF 16-55 nämlich leider fehlt, sondern um die Innen-Fokusgruppe, die frei beweglich vor- und zurückfahren kann. Dies sorgt für eine flotte und leise Fokussierung mit dem Autofokus, der dadurch ohne mechanischen Antrieb auskommt. Selbstverständlich arbeitet dadurch der manuelle Fokusring nicht mechanisch, sondern elektronisch. Das erlaubt eine grobe wie feine Übersetzung der Drehbewegungen. Zusammen mit den zahlreichen Hilfen der Kamera wie Fokus-Peaking, Lupe, Fokusskala sowie zuschaltbarem digitalen Schnittbildindikator lässt sich vorzüglich manuell fokussieren. Die Naheinstellgrenze von 30 Zentimetern ab Sensorebene erlaubt bei einem Motivabstand von knapp über 15 Zentimetern ab Frontlinse einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:6,3. Zirka 15 mal zehn Zentimeter kleine Motive lassen sich damit formatfüllend abbilden.
Der Blendenring erlaubt die Blendenverstellung in Drittelschritten von F2,8 bis F22. Die Automatikstellung besitzt zwar auf dem Weg zu F22 einen längeren Verstellweg, aber eine Verriegelung gibt es nicht. Wer gerne die Blende automatisch regeln lässt, sollte also stutzig werden, wenn die Kamera plötzlich F22 anzeigt, denn vielleicht hat sich lediglich der Ring unbeabsichtigt verstellt. Vorne am Objektiv befindet sich ein Filtergewinde mit 77 Millimetern Durchmesser. Es besteht genauso wie das Bajonett zur Aufnahme der mitgelieferten tulpenförmigen Streulichtblende aus Metall.
Das wuchtige und gegen Spritzwasser sowie Staub gedichtete Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR passt am besten zur X-Pro2 oder X-T1, die beide ebenfalls keine zierlichen Kameramodelle sind. [Foto: MediaNord]
Apropos Streulicht: Das Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR ist mit einer Nanovergütung versehen, die hervorragende Dienste leistet. Das Objektiv ist praktisch unempfindlich gegen Streulicht und zeichnet auch bei Gegenlicht mit heller Lichtquelle direkt im Motiv sehr gute Kontraste. Die aus neun Lamellen bestehende Blende zaubert ein schönes Bokeh, sodass Freistelleffekte mit weichem Hintergrund vor allem bei längerer Brennweite gut gelingen.
Bildqualität
Mit dem XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS hat das Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR einen harten Konkurrenten, den es bei der Bildqualität im Testlabor zu schlagen gilt. Beide wurden daher an der mit 24 Megapixel derzeit höchstauflösenden X-Systemkamera X-Pro2 im Labor getestet. Die gesamten Tests mit allen Diagrammen und dazugehörigen Erläuterungen als Hilfe zur Interpretation sind wie gewohnt über die weiterführenden Links abrufbar und kosten 50 Cent für den Test des XF 16-55 mm beziehungsweise 1,40 Euro für den Test des XF 18-55 mm, wobei letzterer Test auch Kameramesswerte wie etwa das Rauschverhalten enthält und daher teurer ist.
Fujifilm setzt schon seit geraumer Zeit auf den Lens Modulation Optimizer (LMO), eine digitale und werksseitig angeschaltete Korrektur von optischen Fehlern wie Verzeichnung, Randabdunklung und selbst von Beugungsunschärfen. Diese Korrekturen arbeiten zwar nicht immer perfekt, sorgen aber oft in der Summe für schönere, ohne weitere Korrekturen verwendbare Bildergebnisse in JPEG, dem Format, in dem unsere Labortests erfolgen. So besitzt das Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR eine mit maximal 0,6 EV geringe Randabdunklung, die nicht weiter ins Gewicht fällt. Auch die Verzeichnung ist gut korrigiert, sie bleibt mit weniger als einem Prozent Tonnenform im Weitwinkel und weniger als einem halben Prozent Kissenform bei mittlerer und langer Brennweite gering. Etwas anders sieht es schon bei den Farbsäumen aus. So zeigt das 16-55 vor allem im Weitwinkel im Maximum sichtbare Farbsäume, die vor allem im Randbereich auftreten. Je weiter man zoomt, desto geringer werden jedoch die Farbsäume, bei 55 Millimeter sind sie kaum noch wahrnehmbar.
An der Fujifilm X-Pro2 liefert das XF 16-55 mm F2.8 R LM WR eigentlich eine ganz gute Bildqualität ab, sollte für optimale Auflösung bei kurzer und mittlerer Blende aber um mindestens zwei Stufen abgeblendet werden. [Foto: MediaNord]
Seine maximale Auflösung erreicht das 16-55er bei langer Brennweite mit 59 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm im Kleinbildäquivalent) bei F2,8 im Bildzentrum (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Gemessen wird dieser Wert bei 50 Prozent Kontrast, ist also für das menschliche Auge im Gegensatz zur Grenzauflösung bei 10 Prozent Kontrast wesentlich besser sichtbar. Beim Abblenden sinkt die Auflösung zwar stetig ab, unterschreitet aber erst bei F16 beugungsbedingt die Marke von 50 lp/mm. Am Bildrand hingegen steigt die Auflösung bis auf 53 lp/mm bei F5,6 zunächst an, bevor sie wieder langsam zu sinken beginnt. Bei F5,6 und 55 Millimeter stellt sich generell die beste (gleichmäßigste) Gesamtleistung des Objektivs ein. Sowohl im Weitwinkel als auch bei mittlerer Brennweite hingegen zeigt sich das 16-55 recht schwach bei Offenblende. Hier startet es bei unter 40 lp/mm, bei mittlerer Brennweite sogar nahe 30 lp/mm. Man muss schon auf F5,6 abblenden, damit sich eine hohe Auflösung von über 50 lp/mm im Weitwinkel und immerhin 48 lp/mm bei 29 Millimeter einstellt. Während im Weitwinkel mit 56 lp/mm bei F8 und F11 eine recht hohe Auflösung anliegt, erreicht diese bei denselben Blenden bei mittlerer Brennweite mit gut 52 lp/mm nur etwas niedrigere Werte. Die Randauflösung bei kurzer und mittlerer Brennweite startet sogar jeweils bei unter 30 lp/mm und steigt ebenfalls bis F5,6 stark und darüber etwas schwächer an, ohne aber die Auflösung des Bildzentrums zu erreichen. Der Auflösungsabfall liegt jedoch im akzeptablen Bereich bzw. für ein Zoom sogar im guten Bereich. Immerhin werden bis zu 44 lp/mm Randauflösung im Weitwinkel und sogar 46 lp/mm Randauflösung bei mittlerer Brennweite erreicht.
Für eine hohe Auflösung muss man also die Lichtstärke des 16-55 bei kurzer und mittlerer Brennweite quasi verschenken und auf F5,6 abblenden. Das XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS hingegen trumpft bei der Auflösung auf: Sein Maximum liegt bei mittlerer Brennweite mit 60 lp/mm sogar noch knapp über der Auflösung des 16-55. Überhaupt löst das 18-55 bereits bei Offenblende ausgesprochen gut auf und gewinnt durch das Abblenden praktisch nicht an Auflösung. Auch am Bildrand ist die Auflösung bereits bei Offenblende gut. Hier hätte sich das 16-55 also gerne eine Scheibe von abschneiden dürfen. Randabdunklung und Verzeichnung sind beim 18-55 ebenso unauffällig wie beim 16-55, bei den Farbsäumen zeigt das 18-55 abermals, dass es besser als das 16-55 ist.
Fazit
Das 1.100 Euro teure Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR ist ein robustes, solide verarbeitetes Standardzoom, das sich ob seiner Größe und seines Gewichts allerdings eher für die X-Pro2 und die X-T1 eignet als für die kleineren spiegellosen Systemkameras von Fujifilm. Der Fokus arbeitet schnell und leise. Einen Bildstabilisator haben wir allerdings vermisst, er hätte ins Pflichtenheft eines Standardzooms gehört, zumal die Kameras bei Fujifilm keinen Bildstabilisator im Gehäuse besitzen. Bildfehler wie Verzeichnung und Randabdunklung hat Fujifilm (digital) gut ausgeglichen, was allerdings für die Farbsäume im Randbereich in Weitwinkelstellung nicht gilt. Die Auflösung vermag im Bildzentrum und am Bildrand hohe bis sehr hohe Werte zu erreichen. Dafür muss das Objektiv aber bei kurzer und mittlerer Brennweite um mindestens zwei Stufen abgeblendet werden. Insgesamt sollte man sich gut überlegen, ob man die zwei Millimeter mehr Weitwinkel und eine Blende mehr Lichtstärke bei langer Brennweite sowie den Spritzwasser- und Staubschutz des Fujifilm XF 16-55 mm F2.8 R LM WR im Vergleich zum mit 650 Euro deutlich preiswerteren XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS wirklich benötigt. Denn das 18-55er glänzt mit seiner Kompaktheit, dem Bildstabilisator und vor allem einer dem 16-55 überlegenen Bildqualität.
Kurzbewertung
- Robuste, spritzwasser- und staubgeschützte Konstruktion
- Abgeblendet sehr hohe Auflösung
- Geringe Randabdunklung und Verzeichnung
- Leiser und schneller Autofokus
- Muss für hohe Auflösung um zwei Stufen abgeblendet werden
- Blendenring ohne Sicherung in Automatikstellung
- Fehlender Bildstabilisator
- Recht groß und schwer
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.