Vollformat-Fisheye-Zoom
Testbericht: Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye
2017-07-17 Mit dem AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye bietet Nikon erstmals ein Fisheye-Zoom für seine DSLRs an. Es eignet sich für den Vollformat-Bildkreis und ist damit quasi ein zirkulares und ein diagonales Fisheye-Objektiv in einem. Bei 8 mm wird ein kreisrundes Bild mit 180 Grad Bildwinkel erzeugt, auf 15 mm gezoomt beträgt der Bildwinkel zwar diagonal immer noch 180 Grad, horizontal und vertikal hingegen nicht mehr. Die moderne Nano-Kristall-Vergütung soll zudem für die Gegenlichtunempfindlichkeit sorgen. Wir haben das Objektiv einem Praxistest unterzogen. (Benjamin Kirchheim)
Die Frontlinse des Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye wölbt sich stark nach außen. Frontfilter können nicht verwendet werden, bajonettseitig ist jedoch ein Filterfolienhalter zu finden. [Foto: Nikon]
Ein Fenster zeigt beim Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye die eingestellte Fokusentfernung an. [Foto: Nikon]
Die Sonnenblende des Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye kann nur sinnvoll eingesetzt werden, wenn das Objektiv auf einen diagonalen Bildwinkel von 180 Grad oder kleiner gezoomt wird.
Aufgrund seiner Abbildungscharakteristik ohne Verzeichnungskorrektur und des großen Bildwinkels war uns kein Labortest möglich, jedoch haben wir das AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye einem ausführlichen Praxistest an der Nikon D800E und der D7500 unterzogen. Denn auch an APS-C gibt das Fisheye ein schönes Objektiv ab (Nikon sieht das sogar so vor), wenn auch kein kreisrundes 180-Grad-Bild mehr erzeugt wird. Charakteristisch für ein Fisheye ist neben dem großen Bildwinkel die nicht vorhandene Verzeichnungskorrektur. Alle Linien, mit Ausnahme derer, die exakt durch die Bildmitte verlaufen, werden nach außen gekrümmt. Diese sogenannte flächentreue Projektion hat jedoch gegenüber normalen Ultraweitwinkelobjektiven auch einen Vorteil: Im Gegensatz zu diesen werden Motive nämlich nicht in Richtung Bildecke gedehnt. Wer schonmal Personen bei einer Ultraweitwinkelaufnahme in den Bildecke hatte und sich über die "Eierköpfe" gewundert hat, wird wissen, was gemeint ist.
Fisheye-Objektive kann man neben der Abbildung besonders großer Bildwinkel sowie für die kreative Fotografie aber auch wunderbar für die Aufnahme von Panoramen, insbesondere solche mit 360° x 180° Bildwinkel, verwenden. Dafür braucht es natürlich einen geeigneten Stativkopf und eine Verarbeitungssoftware zum Zusammensetzen der Einzelbilder sowie eine Software für die Bilddarstellung. Darauf wollen wir hier nicht näher eingehen.
An einer Vollformatkamera wie der Nikon D800E bildet das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye am kurzen Brennweitenende zirkular 180 Grad Bildwinkel ab und am langen 180 Grad diagonal. [Foto: MediaNord]
Das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye eignet sich auch für das APS-C-Format, hier an der Nikon D7500. [Foto: MediaNord]
Eine Markierung auf dem Zoomring des Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye zeigt an, bei welcher Brennweite an APS-C (hier die Nikon D7500) ein diagonaler Bildwinkel von 180 Grad erfasst wird. [Foto: MediaNord]
Verarbeitung und Bedienung
Das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye besitzt ein Kunststoffgehäuse, das sich aber robust anfühlt und sogar gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet ist, eine entsprechende Gummilippe befindet sich am Metallbajonett. Das Objektiv wirkt kompakt und stabil, es drückt immerhin knapp 500 Gramm auf die Waage. Das liegt vor allem am vielen Glas, der optische Aufbau besteht aus 15 Linsen in 13 Gruppen, wobei asphärische und ED-Glaselemente optische Fehler auskorrigieren sollen.
Die über sechs Zentimeter große Frontlinse wölbt sich deutlich nach außen, ein Filtergewinde fehlt entsprechend. Dafür lassen sich jedoch bajonettseitig Filterfolien von Drittanbietern einschieben, Nikon bietet keine eigenen an. Der Bildqualität dürfte eine solche parallel zum Sensor angebrachte, unvergütete Folie aber sicherlich nicht zuträglich sein. Zum Lieferumfang gehört eine tulpenförmige Streulichtblende, die jedoch bei den meisten Bildwinkeln ins Sichtfeld hineinragt. Sie ist an einer Vollformatkamera erst bei der Endbrennweite von 15 Millimetern verwendbar, an APS-C ab etwa 11 Millimeter Brennweite. Um den großen Überstülp-Objektivdeckel aufzusetzen, ist jedoch die Streulichtblende Pflicht. Der Deckel hakt sich fest in der Blende ein, die wiederum im Frontbajonett des Objektivs verriegelt ist. Drückt man den Entriegelungsknopf an der Blende, lässt sie sich mitsamt Deckel abnehmen. Dieser kann also an der Blende verbleiben, was einen Arbeitsschritt zum Fotografieren erspart.
An der Vollformat-DSLR Nikon D800E bildet das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye einen kreisrunden Ausschnitt mit 180 Grad Bildwinkel ab, so dass man bspw. hinter einer Absperrung stehend dennoch den gesamten Raum auf das Bild bekommt. [Foto: Benjamin Kirchheim]
Der Zoomring sitzt ganz vorne am Objektiv und durchfährt den Zoombereich in weniger als einer viertel Umdrehung. Brennweitenmarkierungen gibt es bei 8, 10, 12, 14 und 15 Millimeter, wobei man aufgrund des geringen Brennweitenbereichs problemlos auch die Zwischenbrennweiten gezielt anfahren kann. Bei etwa 11 Millimetern Brennweite befindet sich eine Markierung auf dem Zoomring, diese zeigt an, dass bei dieser Brennweite bei der Verwendung einer APS-C-Kamera der diagonale Bildwinkel 180 Grad beträgt.
Die Fokussierung erfolgt wahlweise automatisch oder manuell, wobei sich die automatische Fokussierung durch den Dreh am Fokusring, der hinter dem Zoomring dichter an der Kamera sitzt, jederzeit manuell korrigieren lässt. Die minimale Fokusdistanz liegt bei 16 Zentimetern ab Sensorebene, der Arbeitsabstand beträgt lediglich 3,5 Zentimeter ab Frontlinse bei 15 Millimetern Brennweite, hier ist die Frontlinse am weitesten ausgefahren. Sie zieht sich beim Auszoomen bis etwa elf Millimeter leicht zurück und fährt dann bei kürzerer Brennweite wieder aus, bewegt sich insgesamt jedoch nur um wenige Millimeter. Die Fokussierung erfolgt jedoch innerhalb des Objektivs, die Frontlinse bewegt sich nicht. Der maximale Abbildungsmaßstab liegt bei immerhin 1:3. Der Fokusbereich von 16 Zentimeter bis unendlich wird mit etwa einer viertel Umdrehung des Fokusrings durchfahren, wobei die Entfernung in einem Fenster hinter dem Fokusring abgelesen werden kann. Die Enden des Fokusbereichs sind am deutlich spürbaren Anschlag zu fühlen, wobei sich der Ring dank der Rutschkupplung durchaus, wenn auch schwerer, weiterdrehen lässt. Der Autofokus selbst arbeitet klaglos und leise.
Bei Sportfotos mit dem Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye ist man "mittendrin, statt nur dabei". [Foto: Jens Scheppler]
Bei der Aufnahme eines Stadions mit dem Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye kann man die Tribüne, auf der man steht, mit auf das Bild nehmen. [Foto: Jens Scheppler]
Mit dem Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye lassen sich die Proportionen der Bahnrundung wunderbar aufnehmen, da im Gegensatz zu einem normalen Weitwinkelobjektiv die Ecken nicht durch die Entzerrung in die Länge gezogen werden. [Foto: Jens Scheppler]
Mit einem Fisheye-Objektiv wie dem Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye lassen sich ungewöhnliche Perspektiven realisieren. [Foto: Jens Scheppler]
Selbst senkrecht nach oben fotografiert lassen sich mit dem Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye beide Ausgänge des Torbogens unterhalb des Holstentores in Lübeck komplett erfassen. [Foto: Jens Scheppler]
Bildqualität
Obwohl man die Streulichtblende erst ab 180 Grad diagonalen Bildwinkels einsetzen kann, vermisst man sie praktisch nicht. Das Objektiv ist dank der Nanokristallvergütung völlig unempfindlich bei Gegenlicht, auch Blendenreflexe treten nicht auf, obwohl man aufgrund des enormen Bildwinkels die Sonne häufig direkt im Bild hat. Etwas aufpassen muss man bei der Belichtungsmessung, denn je nach Bildwinkel sind große Teile des Bildes schwarz, so dass der Inhalt des Bildkreises zu hell wird. Je nach Motiv sind -1 EV und mehr nicht selten erforderlich. Farbsäume treten zum Teil deutlich auf, sie werden Richtung Bildrand immer heftiger und sind dort sehr deutlich sichtbar.
Die Abbildungsleistung bezüglich Bildschärfe ist bei allen Brennweiten bis an den Bildrand recht gleichmäßig, wobei das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye keine Ausgeburt an Bildschärfe ist. Die Auflösung ist in Ordnung, aber mehr auch nicht. Trotz der geringen Brennweite sollte man auch durchaus auf F8 bis F11 abblenden, um bei Landschaftsaufnahmen den Schärfebereich auszudehnen. Übrigens besitzt das Objektiv eine elektromagnetische Blendensteuerung, funktioniert also nur an neueren Kameras von Nikon. Man sollte sich vor dem Kauf also über die Kompatibilität informieren, wenn man eine der älteren DSLRs von Nikon besitzt.
Nicht ohne Grund ist die Sonnenblende des Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye abnehmbar: Bei 8 mm Brennweite ragt sie nämlich ins Bild hinein. [Foto: Jens Scheppler]
Die gleiche Aufnahme ohne Sonnenblende zeigt nur die Grenzen des Bildkreises. Das Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye bildet horizontal und diagonal 180 Grad ab, oben und unten hingegen ist das eigentlich runde Fisheye-Bild an APS-C angeschnitten. [Foto: Jens Scheppler]
Drei Aufnahmen vom selben Standpunkt aus zeigen die unterschiedliche Charakteristik des Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye an APS-C: Bei 8 mm zeigt sich deutlich die Bildkreisbegrenzung. [Foto: Jens Scheppler]
Drei Aufnahmen vom selben Standpunkt aus zeigen die unterschiedliche Charakteristik des Nikon AF-S 8-15 mm Fisheye an APS-C: Bei ca. 11 mm und 180° Bildkreis diagonal verschwinden die Bildkreisbegrenzungen, die Streulichtblende kann verwendet werden. [Foto: Jens Scheppler]
Drei Aufnahmen vom selben Standpunkt aus zeigen die unterschiedliche Charakteristik des Nikon AF-S 8-15 mm 3.5-4.5E ED Fisheye an APS-C: Bei 15 mm handelt es sich um ein Weitwinkelobjektiv mit Verzeichnungen, die bei manchem Motiv kaum auffallen. [Foto: Jens Scheppler]
Fazit
Das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye ist ein kompaktes, robustes, gut verarbeitetes Objektiv. Aufgrund seiner Doppelfunktion sowohl als diagonales als auch als zirkulares Fisheye-Objektiv erweitert es zudem das Einsatzspektrum. Dafür ist es jedoch mit knapp 1.500 Euro nicht gerade preisgünstig. Der Autofokus funktioniert tadellos, die kurze Minimalfokusdistanz von 16 Zentimetern sorgt für einen Abbildungsmaßstab von 1:3, was der Universalität ebenfalls zugutekommt. Praktisch ist auch, dass Nikon sowohl eine Verwendung an Vollformat- als auch an APS-C-DSLRs vorsieht und eine entsprechende Markierung am Zoomring angebracht hat. Abbildungstechnisch überzeugt vor allem die Nanovergütung, die für die nötige Gegenlichtunempfindlichkeit sorgt. Vor Farbsäumen ist das Objektiv jedoch nicht gefeit. Trotz aufwändiger Konstruktion mit 15 Linsen in 13 Gruppen inklusive ED- und asphärischen Linsen werden die chromatischen Aberrationen vor allem am Bildrand deutlich sichtbar. Die Auflösung ist visuell von der Bildmitte bis zum Bildrand gut, auch wenn wir schon knackigere Bildergebnisse gesehen haben. Für den reinen Spaß ist das Objektiv zu teuer, aber wer gezielt ein universelles und gegenlichtfestes Fisheye-Objektiv sucht, sollte sich das Nikon AF-S 8-15 mm 1:3.5-4.5E ED Fisheye näher anschauen.
Kurzbewertung
- Zirkular- und Diagonal-Fisheye in einem (an Vollformat)
- Kompaktes, spritzwassergeschütztes Gehäuse
- Hohe Bildschärfe bis an den Bildrand
- Dank Nano-Vergütung Gegenlicht-unempfindlich
- Auch gut für APS-C geeignet
- Vor allem dichter am Bildrand deutlich sichtbare Farbsäume
- Mäßige Schärfe und Detailauflösung