Superweitwinkel-Festbrennweite
Testbericht: Nikon Z 20 mm F1.8 S
2020-12-28 Das Nikon Z 20 mm F1.8 S ist die bisher weitwinkligste Festbrennweite im Nikon-Z-System und bietet angesichts des großen Bildwinkels von 94 Grad eine gute Lichtstärke, womit sich das Objektiv nicht nur für die Landschafts- und Architekturfotografie, sondern auch für Available-Light-Aufnahmen eignet. Auch die geringe Naheinstellgrenze von 20 Zentimetern kann sich sehen lassen, erlaubt dies doch besonders dramatische Perspektiven. Wie gut das mit einer UVP von knapp 1.250 Euro nicht gerade günstige Superweitwinkel tatsächlich ist, zeigt unser Test an der fast 46 Megapixel auflösenden Vollformat-Systemkamera Nikon Z 7II. (Benjamin Kirchheim)
Das Nikon Z 20 mm 1:1,8 S besitzt einen mit 4,5 Zentimetern besonders breiten Multifunktionsring. [Foto: Nikon]
Auch wenn die hohe UVP des Nikon Z 20 mm F1.8 S zunächst abschreckend wirkt, liegt der Straßenpreis knapp unter der 1.000-Euro-Grenze und ist damit deutlich verträglicher. Zudem gehört eine innen matte und geriffelte, aus Kunststoff gefertigte Streulichtblende zum Lieferumfang. Die beiliegende "Tasche" hingegen hat diesen Namen nicht verdient, denn es handelt sich lediglich um einen dünnen Mikrofaserbeutel, der allenfalls vor Kratzern schützt.
Verarbeitung
Für ein Superweitwinkelobjektiv ist das Nikon Z 20 mm F1.8 S mit fast elf Zentimetern ungewöhnlich lang, wobei der Tubus mit gut sieben Zentimetern Durchmesser recht schlank ausfällt. Nur im vorderen Bereich verbreitert er sich auf ca. 8,5 Zentimeter Durchmesser, was, wie auch die kurze, tulpenförmige Streulichtblende, definitiv auf den Weitwinkelcharakter der Festbrennweite hinweist. Knapp über 500 Gramm wiegt das 20mm, betriebsbereit mit Streulichtblende an der Z 7II montiert belasten knapp über 1,2 Kilogramm den Kameragurt.
Als kompaktes Leichtgewicht kann man das Z 20 mm F1.8 S also definitiv nicht bezeichnen. Das Gehäuse besteht aus einem Materialmix von Kunststoff und Leichtmetall, das Bajonett ist aus massiverem Metall gefertigt und wirkt langlebig. Hier ist auch direkt ein Dichtungsring zu sehen, der den Anschluss gegen das Eindringen von Feuchtigkeit und Staub schützen soll. Das Objektiv ist wie auch die Testkamera Nikon Z 7II gegen Staub und Spritzwasser geschützt.
Das Nikon Z 20 mm F1.8 S ist wie die Testkamera Nikon Z 7II gegen Staub und Spritzwasser geschützt. [Foto: MediaNord]
Mit Ausnahme des hintersten Tubusteils sowie des Fokusrings besteht das Gehäuse aus hochwertig wirkendem Kunststoff. Das schließt leider das 77 Millimeter große Filtergewinde mit ein, entsprechende Sorgfalt ist entsprechend beim Anbringen optischer Filter gefragt (siehe auch Fototipp in den weiterführenden Links).
Fokus
Die einzigen beiden Bedienelemente des Z 20 mm F1.8 S beziehen sich auf den Fokus, denn einen optischen Bildstabilisator besitzt es nicht. Dieser wird auch gar nicht benötigt, denn den bringen die Kameras dank des beweglich gelagerten Bildsensors bereits mit. Der Schalter links am Objektiv wechselt zwischen automatischer und manueller Fokussierung, wobei der Autofokus jederzeit mittels eines Drehs am mit 4,5 Zentimetern üppig breiten Fokusring nachkorrigiert werden kann. Der Fokusring besteht aus fein geriffeltem Metall und ist damit nicht nur sehr griffig, sondern fühlt sich auch hochwertig an. Der Autofokus arbeitet leise und zuverlässig, auch Fokusatmen tritt praktisch nicht auf. Der Fokusmotor treibt eine interne Fokusgruppe an, sodass sich die Länge des Objektivs nicht ändert.
Die Naheinstellgrenze beträgt laut technischen Daten 20 Zentimeter ab Sensorebene, wir konnten beim manuellem Fokus in der Praxis sogar knapp unter 19 cm erreichen. Der Arbeitsabstand liegt dabei sogar bei nur knapp über sechs Zentimeter. Beeindruckend ist dafür der maximale Abbildungsmaßstab. Laut Datenblatt beträgt dieser 1:5,3, in der Praxis konnten wir sogar einen 16,2 x 10,8 cm kleinen Bereich formatfüllend abbilden, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,5 entspricht. Das ist angesichts des großen Bildwinkels von 94 Grad diagonal ein sehr guter Wert, was starke Vergrößerungen kleiner Motive im Verhältnis zum Hintergrund und damit besonders dramatische Perspektiven erlaubt, auch wenn man dem Motiv dafür gehörig auf die Pelle rücken muss.
Mit seiner Länge von elf Zentimetern könnte man das Nikon Z 20 mm F1.8 S glatt für ein kleines Teleobjektiv halten. Nur das sich im vorderen Bereich verbreiternde Gehäuse weist auf ein Weitwinkelobjektiv hin. [Foto: MediaNord]
Der Fokusring arbeitet übrigens rein elektronisch und erlaubt eine sehr präzise Fokussierung, zumal mit einer Lupe und dem Fokus-Peaking sowie einem Fokusindikator und Hilfspfeilen praktische Einstellhilfen zur Verfügung stehen. Der Fokusring arbeitet nicht linear, das hei0ßt bei langsamen Bewegungen reagiert er feinfühliger und der Drehwinkel muss für dieselbe Fokusverstellung größer sein, als wenn man den Ring schnell dreht. Für Fotografen ist das sehr gut, erlaubt es doch eine feinfühligere Fokusjustage. Wer möchte, kann den Ring im Autofokusbetrieb übrigens umprogrammieren und statt dem Fokus unter anderem die Blende oder die ISO-Empfindlichkeit lautlos verstellen.
Bildqualität
Der optische Aufbau des Nikon Z 20 mm F1.8 S setzt sich aus 14 Linsen zusammen, die in elf Gruppen angeordnet sind. Drei asphärische und drei ED-Linsen sollen für eine hohe Auflösung bis an den Bildrand bereits ab Offenblende und minimierte Farbfehler sorgen. Letzteres lässt sich bereits im Praxiseindruck bestätigen, während die Auflösung zumindest am Bildrand bei Offenblende zwar gut ist, aber nicht ganz mit dem Bildzentrum mithalten kann und erst beim Abblenden besser wird. Zudem überzeugt die Nanokristallvergütung, die Kontrastverlusten im Gegenlicht wirkungsvoll verhindert. Leichte Blendenreflexe treten dennoch auf.
Auch das von neun abgerundeten Blendenlamellen gleichmäßig rund geformte Bokeh kann sich sehen lassen. Das Bokeh weist keine Doppelkonturen auf und die Unschärfescheibchen sind gleichmäßig. Allerdings sind sind im Unschärfebereich minimale Farbsäume auszumachen. Sie werden aber erst bei sehr starker Vergrößerung sichtbar.
Den Labortest des Z 20 mm F1.8 S haben wir an der neuen Nikon Z 7II vorgenommen, die mit ihren knapp 46 Megapixeln Auflösung die Vor- und Nachteile des Objektivs gut herausarbeiten sollte. Laut Labortest tritt keine Verzeichnung auf, die Farbsäume sind selbst im Maximum mit unter einem halben Pixel minimal und damit praktisch nicht sichtbar. Die Randabdunklung beträgt dagegen zumindest bei Offenblende gut eine Blendenstufe, sinkt aber beim Abblenden auf F2,8 auf unter eine halbe Blendenstufe. Dank des sanften Helligkeitsabfalls ist die Randabdunklung praktisch kaum sichtbar.
Drei ED-Linsen sowie drei asphärische Linsen sollen beim Nikon Z 20 mm 1:1.8 S für eine hohe Bildqualität sorgen. Tatsächlich sind die optischen Fehler minimal und die Auflösung im Bildzentrum ab Offenblende und am Bildrand ab F4 hoch. [Foto: Nikon]
Bei der Auflösungsmessung offenbaren sich hingegen leichte Schwächen, zumindest am Bildrand (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Im Bildzentrum hingegen ist die Auflösung bereits ab F1,8 auf einem hohen Niveau von 80 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast. Sie ist bis F5,6 konstant und beginnt ab F8 leicht und jenseits von F11 etwas stärker zu fallen. Aber selbst bei F16, der kleinsten einstellbaren Blendenöffnung, beträgt die Auflösung noch gute 70 lp/mm.
Am Bildrand hingegen liegen bei Offenblende nur befriedigende 50 lp/mm an, was etwas weniger als 40 Prozent Auflösungs-Randabfall entspricht. Beim Abblenden auf F2,8 und F4 legt die Randauflösung jeweils um gut 10 lp/mm zu und erreicht bei F5,6 ein Maximum von 72 lp/mm, was nur noch knapp zehn Prozent Randabfall entspricht und damit praktisch vernachlässigbar ist. Für Landschafts- und Architekturaufnahmen sollte man also optimalerweise auf F5,6 abblenden oder alternativ je nach gewünschter Schärfentiefe auf F4 oder F8. Bei F11 und F16 ist der Auflösungs-Randabfall mit 15 bis 20 Prozent wieder etwas größer.
Fazit
Für den Straßenpreis von gut 1.000 Euro bekommt man mit dem Nikon Z 20 mm F1.8 S eine gute Gegenleistung. Abgesehen von der bei Offenblende nicht ganz so hohen Randauflösung leistet sich das Superweitwinkel keine nennenswerten Schwächen und ist solide verarbeitet. Der Autofokus ist schnell und leise, das Bokeh schön, optische Fehler sind mit Ausnahme minimaler Bokeh-CAs und kaum sichtbarer Randabdunklung bei Offenblende praktisch nicht vorhanden. Die Auflösung kann sich vor allem im Bildzentrum bereits ab Offenblende sehen lassen, ab F4 ist auch die Randauflösung hoch.
Kurzbewertung
- Gute Verarbeitung
- Sehr breiter, griffiger Multifunktionsring
- Frei von Verzeichnungen
- Hohe Auflösung bereits ab Offenblende (im Bildzentrum)
- Hoher Kontrast auch im Gegenlicht
- Randauflösung erst ab F4 hoch
- Kunststoff-Filtergewinde
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.