Lichtstarkes Bokeh-Monster
Testbericht: Olympus 45 mm 1.2 ED Pro
2017-10-25 Nach dem 25 mm 1.2 ED Pro ist das M.Zuiko Digital ED 45 mm 1.2 Pro das zweite von Olympus erhältliche F1,2 lichtstarke Objektiv. Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 90 Millimetern und dem von Olympus versprochenen, optisch korrigierten Bokeh ist es für die Porträtfotografie prädestiniert. Zudem verspricht die Objektivserie ähnliche Abmessungen und einen identischen Filterdurchmesser. Wir konnten bereits ein Serienexemplar des soeben offiziell vorgestellten und ab Dezember 2017 erhältlichen Olympus 45 mm 1.2 ED Pro testen. (Benjamin Kirchheim)
Das 45 mm 1.2 ED Pro ist das zweite erhältliche F1,2 lichtstarke Objektiv von Olympus. Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 90 Millimeter und einem fantastischen Bokeh ist es für Porträts prädestiniert. [Foto: MediaNord]
Das Olympus 45 mm 1.2 ED Pro ist wie alle Objektive der Serie spritzwassergeschützt. Zudem sind die Filtergewinde mit 62 mm identisch groß. [Foto: MediaNord]
Die Streulichtblende LH-66B gehört zum Lieferumfang des Olympus 45 mm 1.2 ED Pro. Es ist dieselbe wie beim 25 mm 1.2 ED Pro. [Foto: MediaNord]
Beim ersten Anblick des Olympus 45 mm 1.2 ED Pro kann man sich gar nicht entscheiden, ob man das Objektiv nun kompakt finden soll oder nicht. Bei einer Länge von 8,5 Zentimetern misst es immerhin sieben Zentimeter im Durchmesser. Verglichen mit der F1,8er-Objektivserie von Olympus ist das richtig groß, denn das 45 mm 1.8 misst bei einem Durchmesser von 5,6 Zentimetern gerade mal 4,6 Zentimeter in der Länge. Ein Blick zum Panasonic Leica DG Nocticron 42,5 mm 1,2 Asph. Power-OIS holt einen dann auf den Boden der Tatsachen zurück: Es ist zwar etwas kürzer als das Olympus 45 mm 1.2, aber dafür etwas dicker. Auch das Gewicht von knapp 410 Gramm beim Olympus kommt den 425 Gramm des Panasonic recht nahe. Diese hohe Lichtstärke fordert angesichts der geforderten hohen Bildqualität einfach seinen Tribut. Angesetzt an die 570 Gramm schwere Olympus OM-D E-M1 Mark II, die uns als Testkamera diente, bringt die Kombination fast ein Kilogramm auf die Waage. Dennoch wirkt die Kombination ausgewogen und liegt hervorragend in der Hand. Das Objektiv wirkt an der Olympus E-M1 im Gegensatz zu einer E-M10 oder E-M5 nicht zu wuchtig, sondern wie dafür gemacht.
Verarbeitung und Ausstattung
Das Gehäuse des Olympus 45 mm 1.2 ED Pro besteht größtenteils aus Metall, nur das vorderste Stück mit dem 62mm-Filtergewinde und dem Bajonett für die Streulichtblende sowie ein kleiner Bereich zwischen Fokusring und hinterem Tubusteil bestehen aus Kunststoff, was uns ein wenig missfällt. Bei der Streulichtblende handelt es sich übrigens um dieselbe wie beim 25 mm 1.2 Pro, auch das Filtergewinde ist identisch, was Olympus absichtlich so designt hat. Selbst das im nächsten Frühjahr kommende 17 mm 1.2 Pro besitzt dasselbe Filtergewinde, aber eine andere Streulichtblende. Wie alle höherwertigen Objektive ist das 45 mm 1.2 Pro gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und verfügt über den typischen nach hinten ziehbaren Fokusring.
Zieht man den Fokusring des Olympus 45 mm 1.2 ED Pro nach hinten, so erscheint eine Entfernungsskala unterhalb der Schärfentiefeskala und man kann wunderbar manuell fokussieren. [Foto: MediaNord]
Das 45 mm 1.2 ED Pro ist zwar nicht gerade die kompakteste Festbrennweite von Olympus, passt aber hervorragend zur OM-D E-M1 Mark II. [Foto: MediaNord]
Zwar wird der Fokusmotor ausschließlich vom Schrittmotor gesteuert, doch mit einem kleinen Trick erlaubt Olympus dennoch die Verwendung einer mechanischen Schärfeskala. Diese erscheint beim Zurückziehen des Fokusrings, der dann feste Anschläge besitzt. Mit einer Viertel-Umdrehung wird der Fokusbereich von 50 Zentimetern bis unendlich durchfahren. Sogar eine Schärfentiefeskala ist eingraviert. Wem dieser Einstellbereich zu klein ist, der kann auch die Kamera selbst auf manuellen Fokus stellen und den Fokusring in vorderer Position verwenden. Dann gibt es zwar keine Entfernungsanzeige am Objektiv, dafür kann aber mit feinfühligen Bewegungen der Fokus äußerst präzise eingestellt werden. Dank der hohen Lichtstärke des Objektivs ist das Fokussieren ein wahrer Traum. Automatisch hingegen wird äußerst schnell und auch präzise fokussiert, wobei der Autofokus völlig lautlos arbeitet. Neben dem Fokusring bietet das Objektiv noch einen L-Fn-Knopf nahe dem Bajonett, der sich über das Kameramenü mit einer Funktion belegen lässt. Vorbelegt ist er mit einer AF-Stop-Funktion.
Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 90 Millimetern und der hohen Lichtstärke von F1,2 ist das 45 mm Pro für die Porträtfotografie prädestiniert. Olympus setzt nicht nur neun Blendenlamellen für eine nahezu kreisrunde Öffnung ein, sondern hat das Bokeh sogar optisch auskorrigiert, damit die gefürchteten Bokeh-CSs nicht auftreten. Das sind Farbsäume, die sich nur im unscharfen Bereich des Fotos zeigen und den Eindruck eines harmonischen Bokehs stören. Dies ist Olympus hervorragend gelungen! Das Bokeh ist wunderbar cremig, die Konturen verschwimmen geradezu ineinander. Die Naheinstellgrenze von einem halben Meter ist für ein Porträtobjektiv völlig ausreichend, dennoch klingt der Abbildungsmaßstab von 1:10 zuerst wenig beeindruckend. Bedenkt man aber den Micro-Four-Thirds-Sensor mit seinem Cropfaktor von 2, so ergibt sich verglichen mit einem Kleinbildobjektiv ein Abbildungsmaßstab von 1:5 und damit kann man durchaus schon etwas anfangen. Das reicht sogar, um größere Blüten aufzunehmen und in ein wunderschön weiches Bokeh einzubetten, an das ein Makroobjektiv nicht herankommt. Leicht abgeblendet bleibt sogar ausreichend Schärfentiefe übrig.
Bildqualität
Wir haben uns natürlich nicht damit zufriedengegeben, lediglich ein paar schöne Bokeh-Fotos mit dem Olympus 45 mm 1.2 ED Pro aufzunehmen, sondern haben es auch an der 20 Megapixel auflösenden OM-D E-M1 Mark II im Labor auf Bildqualität getestet. Dabei zeigte sich das 45er nahezu verzeichnungsfrei, die 0,1 Prozent Kissenform sind allenfalls akademischer Natur und in der Praxis nicht zu sehen. Auch die Farbsäume halten sich in engen Grenzen und fallen in der Praxis nicht ins Gewicht. Die Randabdunklung hingegen ist bei offener Blende sichtbar, sie beträgt 0,8 Blendenstufen im Maximum. Der Verlauf ist aber so sanft, dass diese nicht unangenehm auffällt. Beim Abblenden reduziert sich diese deutlich auf 0,4 Blendenstufen bei F2,8 und auf 0,2 Blendenstufen als Minimum ab F11.
Das mit dem Olympus 45 mm 1.2 ED Pro bei F1,2 aufgenommene Foto zeigt das hervorragend cremige Bokeh. [Foto: MediaNord]
Ein mit dem Olympus 45 mm 1.2 ED Pro bei F2 aufgenommenes Foto. [Foto: MediaNord]
100-Prozent-Ausschnitt eines mit dem Olympus 45 mm 1.2 ED Pro bei F2 aufgenommenen Fotos. [Foto: MediaNord]
100-Prozent-Ausschnitt eines mit dem Olympus 45 mm 1.2 ED Pro bei F2 aufgenommenen Fotos. [Foto: MediaNord]
Entscheidend ist aber auch die Auflösung des Objektivs, die wir bei 50 Prozent Kontrast messen. Hier erreicht das Olympus 45 mm 1.2 ED Pro bei F2,8 ein Maximum von knapp über 58 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent – ein sehr guter Wert. Doch bereits offen löst es in der Bildmitte fast 50 lp/mm auf, abgeblendet auf F2 sind es schon über 56 lp/mm. Zwar setzt jenseits von F2,8 langsam die Beugung ein, die jedoch erst jenseits von F8 die Auflösung unter 50 lp/mm drückt. Die Auflösung am Bildrand ist für ein Porträtobjektiv nicht unbedingt entscheidend, aber auch hier schneidet das 45er sehr gut ab. Bei Offenblende sind es knapp 40 lp/mm und damit lediglich 20 Prozent Auflösungsverlust zum Bildrand. Das Maximum wird bei F5,6 mit knapp 48 lp/mm erreicht.
Fazit
Im Test entpuppte sich das Olympus 45 mm 1.2 ED Pro als wahres Bokeh-Monster. Selten haben wir eine so cremige Unschärfe mit wunderbaren Farbverläufen gesehen. Dabei ist das 45er hochwertig verarbeitet und mit seinem Staub- und Spritzwasserschutz auch sehr robust. Der Autofokus arbeitet schnell, präzise und dabei unhörbar leise. Trotzdem macht auch manuelles Fokussieren dank des nach hinten ziehbaren Fokusrings, der dann eine Schärfeskala freigibt, viel Spaß. Bei der Bildqualität zeigt das Olympus 45 mm 1.2 ED Pro aber nicht nur ein hervorragendes Bokeh, sondern bereits bei Offenblende eine hohe Auflösung, die sich beim Abblenden noch etwas steigert. Die optischen Fehler sind sehr gut auskorrigiert. Das 45er ist verzeichnungsfrei und zeigt auch kaum Farbsäume, selbst die Randabdunklung verläuft sehr sanft. Für diese hohe Qualität ist allerdings ein stolzer Preis von fast 1.300 Euro zu bezahlen.
Kurzbewertung
- Robust und mit Spritzwasser/Staubschutz gebaut
- Hohe Lichtstärke mit wunderschönem Bokeh
- Hervorragende Bildqualität mit hoher Auflösung bereits ab Offenblende
- Manuelle Fokussierung mit Schärfentiefeskala am Objektiv
- Schneller, zuverlässiger, leiser Autofokus
- Mit knapp 1.300 Euro nicht gerade günstig
- Mit 1:10 nicht gerade hoher Abbildungsmaßstab
- Gehäuse besteht teilweise nur aus Kunststoff
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.