Makro-Festbrennweite für spiegellose Vollformatler
Testbericht: Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art
Seite 2 von 2, vom 2020-11-18 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln
Bildqualität
Heutige Makroobjektive sind nicht mehr nur auf geringe Fokusentfernungen und starke Vergrößerungen hin optimiert, sondern liefern auch bei größeren Entfernungen oder etwa bei Porträtaufnahmen eine gute Bildqualität. Auch das Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art ist ein solches "Universalobjektiv", so kommen beispielsweise zwei Fokusgruppen zum Einsatz, was die Bildqualität verbessern soll. Die Universaleignung zeigt sich auch darin, dass das Makro nicht nur eine hohe Auflösung im Schärfebereich liefert, sondern auch ein sehr ausgewogenes Bokeh. Die Unschärfescheibchen sind sehr gleichmäßig geformt, woran die neun Blendenlamellen sicher nicht ganz unschuldig sind und auch die Helligkeitsverteilung ist sehr gleichmäßig. So stören keine Zwiebelringe oder Doppelkonturen den Unschärfebereich und das Makro kann auch wunderbar für Porträtaufnahmen verwendet werden. Zwar ist der Schärfebereich nicht ganz so klein wie bei einem F1,4 lichtstarken 85mm-Objektiv, aber ein wenig Schärfentiefe tut vielen Porträts sogar gut, zumal man das Sigma tatsächlich bereits ab Offenblende einsetzen kann, wo es knackscharf abbildet.
Bei Gegenlicht hingegen zeigt das Sigma technisch gesehen leichte Schwächen. Zwar sind die Kontraste grundsätzlich auch bei Gegenlicht hoch, aber es schleichen sich je nach Winkel großflächigere Lichteinbrüche ein, obwohl die Sigma-Ingenieure gerade hier punkten wollten. Was man als kleines technisches Makel sehen kann, ist für andere ein künstlerischer, kreativer Effekt, den man gekonnt einsetzen kann.
Im Testlabor musste das Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art an der hochauflösenden Sony Alpha 7R IV zeigen, wie gut die Bildqualität tatsächlich ist. Die 61 Megapixel auflösende Kleinbildkamera zeigt so manchem Objektiv, das an 42 Megapixeln noch eine sehr gute Bildqualität liefert, seine Grenzen auf.
Selbst an der äußerst hochauflösenden Sony Alpha 7R IV liefert das Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art bereits ab Offenblende eine sehr hohe Bildqualität ab. [Foto: MediaNord]
Die optischen Fehler sind tatsächlich sehr gut auskorrigiert. Die Randabdunklung beträgt selbst bei Offenblende lediglich 0,6 Blendenstufen und zeigt einen derart sanften Helligkeitsverlauf, dass die praktisch nicht auffällt. Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen sind im Mittel minimal und werden höchstens in den äußersten Bildbereichen leicht sichtbar. Die Verzeichnung zeigt eine 0,8-prozentige Kissenform. Das ist dem Betrag nach zwar nicht viel, kann aber bei parallel zum Bildrand verlaufenden Linien durchaus etwas auffallen.
Den Auflösungstest meistert das Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art an der Sony Alpha 7R IV mit Bravour (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Bereits bei Offenblende F2,8 erreicht es sowohl in der Bildmitte als auch am Bildrand seine höchste Auflösung, das heißt, dass beim Abblenden bereits die Beugung die Auflösung des optischen Systems limitiert. 106 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast sind ein hervorragender Wert in der Bildmitte, am Bildrand sind es mit 86 lp/mm knapp unter 20 Prozent weniger. Bis F5,6 bleibt die Auflösung im Bildzentrum über 100 lp/mm, bis F8 bleibt sie am Bildrand bei über 80 lp/mm. Beim Abblenden auf F11 sinkt die Auflösung dagegen deutlicher, vor allem im Bildzentrum, auch wenn das Niveau absolut gesehen mit knapp über 80 lp/mm im Zentrum und knapp unter 80 lp/mm am Bildrand immer noch sehr hoch ist. Hier zeigt sich letztlich einmal mehr, dass man die Auflösungsschraube auch bei Kleinbildsensoren nicht ins Unendliche drehen kann, sondern irgendwann an optische Grenzen stößt. Das Sigma-Objektiv ist hier aber nicht der limitierende Faktor.
Fazit
Zwar ist das Sigma 105 mm F2.8 DG DN Macro Art kein perfektes Objektiv, aber es kommt dem Perfektionismus schon verdammt nahe. So hätte Sigma an der Objekitivfront (Filtergewinde und Gegenlichtblendenbajonett) gerne Metall einsetzen können oder das Oberflächenfinisch des hinteren Tubusteils besser dem Gesamtdesign anpassen können. Das ist aber letztlich Jammern auf hohem Niveau an einem sehr gut verarbeiteten, robusten und wetterfesten Objektiv, das zudem mit seiner Ausstattung und pfiffigen Details glänzt. Diese gestalten den praktischen Foto- und auch Videoalltag angenehmer, etwa der clevere Blendenring-Mechanismus oder der Fokusbegrenzer samt programmierbarer AF-L-Taste.
Den fehlenden optischen Bildstabilisator kann man angesichts der hervorragenden Bildqualität und effektiven Sensor-Shift-Bildstabilisatorsysteme der meisten Kameras, für die dieses E- und L-Mount-Objektiv gedacht ist, verschmerzen. Die Bildqualität ist nämlich wirklich hervorragend, nicht einmal die 61 Megapixel der Sony Alpha 7R IV bringen das Objektiv an seine Auflösungsgrenze, im Gegenteil zeigt das Objektiv auf, dass die Blende die optische Gesamtleistung limitiert. Ebenfalls nicht zu verachten ist das hervorragende Bokeh, dank dem sich das Makroobjektiv auch wunderbar für Porträts eignet.
Kurzbewertung
- Hervorragende Auflösung und Bildqualität bereits bei Offenblende
- Clevere Arretierungsmöglichkeiten des Blendenrings
- Hochwertiges, wettergeschütztes Gehäuse
- Schönes, gleichmäßiges Bokeh
- Schneller, leiser Autofokus
- Uneinheitliches Oberflächenfinish trübt den positiven Designeindruck
- Im Gegenlicht nicht immer technisch perfekte Bildqualität
- Kunststoff-Filtergewinde
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.