Rekord-Reisezoom
Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR im Test
2024-06-25 Mit dem Z 28-400 mm F4-8 VR hat Nikon das zoomstärkste Vollformat-Zoom aller Hersteller im Programm, das mit über 1.500 Euro aber nicht gerade ein Schnäppchen ist. 14,3-fach kann man damit vom 28mm-Weitwinkel bis zum 400mm-Tele zoomen. Dafür mangelt es allerdings vor allem im Telebereich an Lichtstärke. Immerhin verbaut Nikon dafür einen optischen Bildstabilisator. Ob aber auch die Bildqualität stimmt und ob ein so großes, schweres Zoom wirklich praxistauglich ist, verraten wir im Testbericht an der 45 Megapixel auflösenden Nikon Z 7II. (Benjamin Kirchheim)
Mit einem 14,3-fachen Zoomfaktor ist das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR das mit Abstand zoomstärkste Vollformatobjektiv. [Foto: Nikon]
Selbst an der Nikon Z 7II wirkt das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR riesig. [Foto: MediaNord]
Das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR ist mit zahlreichen Dichtungen versehen, die das Eindringen von Staub und Spritzwasser verhindern sollen. [Foto: Nikon]
Die Streulichtblende Nikon HB-114 gehört zum Lieferumfang des Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR. Sie bringt allerdings allenfalls im Weitwinkel etwas. [Foto: Nikon]
Verarbeitung und Bedienung
Das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR ist bereits in Transportstellung stolze 14,2 Zentimeter lang und misst 8,5 Zentimeter im Durchmesser. Beim Zoomen fährt der Tubus um 9,8 Zentimeter aus, sodass das Objektiv 24 Zentimeter lang wird. Auch das Gewicht ist mit gewogenen knapp 720 Gramm hoch, obwohl überall Kunststoff zum Einsatz kommt, selbst beim 77 Millimeter großen Filtergewinde. Nur das Bajonett besteht immerhin aus Metall.
Der beim Zoomen ausfahrende, zweistufige Tubus hat zwar etwas Spiel und er lässt sich teilweise leicht verformen, wirkt aber insgesamt stabil genug. Sogar an Dichtungen für einen Spritzwasser- und Staubschutz hat Nikon gedacht, was bei einem Reisezoom natürlich sehr praktisch ist. Dennoch muss man sich im Klaren sein, dass beim Zoomen viel Luft ins Objektiv gesaugt und herausgepresst wird. Es gibt auch ein Bajonett für eine Streulichtblende, die sich im Lieferumfang befindet. Die HB-114 besitzt eine eher rechteckige Form und fällt sehr kurz aus – ein Zugeständnis an die kürzeste Brennweite, die bei 28 Millimeter einen recht großen Bildwinkel hat. Zum Transport kann sie verkehrt herum montiert werden. Außerdem befindet sich ein Mikrofaser-Beutel im Lieferumfang, der das Objektiv beim Transport etwas schützt.
Der üppig breite Zoomring arbeitet mechanisch und ist mit einer griffigen Gummiriffelung sowie gut ablesbaren Brennweitenangaben versehen. Da das Zoom keine konstante Lichtstärke besitzt, fällt diese beim Zoomen von F4 auf F8 ab. Bei den aufgedruckten Brennweiten 35, 50, 70, 105, 200 und 300 Millimeter beträgt sie nur noch F4,5, F5,3, F6, F6,3 und ab 200 mm F8. Entsprechend lässt sich auch immer weiter abblenden, bei 28 mm bis F22 und ab 200 mm bis F45. Statt den Zoomring zu benutzen, kann man auch den vorderen Teil des Objektivs herausziehen und hineinschieben. Damit das nicht beim Transport passiert, lässt sich der Zoomring bei kürzester Brennweite mechanisch über einen Schalter blockieren.
Selbst eingefahren ist das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR bereits über ^14 Zentimeter lang. Zudem wiegt es fast 720 Gramm, zusammen mit der Z 7II sind es über 1,4 Kilogramm. [Foto: MediaNord]
Ausgezoomt wächst das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR um stolze 9,8 Zentimeter in die Länge. Setzt man dann noch die Streulichtblende auf, landet man bei 26 Zentimeter – ohne Kamera. [Foto: MediaNord]
Wie bei den meisten Z-Zooms sitzt der Fokusring zwischen Zoomring und Kamerabajonett und lässt sich mit anderen Funktionen belegen, unter anderem der Blendeneinstellung. Das ist praktisch bei Videoaufnahmen, weil man so eine lautlose Blendensteuerung erhält. Allerdings fällt der Fokusring sehr schmal aus und ist lediglich mit einer Kunststoffriffelung versehen. Einen AF-MF-Schalter sowie einen Bildstabilisator-Schalter haben wir vermisst.
Bildstabilisator und Fokussierung
Das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR verfügt über einen optischen Bildstabilisator, der mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator der Vollformatkameras von Nikon zusammenarbeitet – so auch bei der Testkamera Nikon Z 7II, die mit ihrer hohen Sensorauflösung allerdings auch kleinste Verwackler gnadenlos sichtbar macht. Fünf Blendenstufen soll der Objektiv-Bildstabilisator allein erreichen, mit dem Kamera-Stabilisator zusammen soll es noch eine halbe Blendenstufe mehr sein.
Im Weitwinkel sollte man also theoretisch 1,5 Sekunden lang belichten können, doch bei mehr als einer halben Sekunde, was vier Blendenstufen entspricht, wurden bei uns Verwacklungen sichtbar. Im Tele entsprechen 5,5 Blendenstufen etwa 1/10 Sekunde Belichtungszeit. Das haben wir zwar nicht ganz geschafft, aber bei 1/13 Sekunde, also fünf Blendenstufen, gab es erstaunlich scharfe Fotos. Angesichts der geringen Lichtstärke ist der Bildstabilisator also vor allem im Tele sehr nützlich.
Der Autofokus wird von einem leisen, mäßig schnellen Schrittmotor angetrieben. Eine Sportskanone ist das Zoom nicht, vor allem im Tele. An der Präzision des Autofokus gibt es hingegen nichts auszusetzen. Das Fokusatmen fällt zwar erfreulich gering aus, ist aber durchaus vorhanden. Dank der feinfühligen Reaktion sowie Fokushilfen wie einer Lupe und Peaking-Funktion kann man das Reisezoom trotz des schmalen Rings wunderbar manuell fokussieren. Dabei arbeitet der Fokusring wahlweise nicht-linear, reagiert also je nach Drehgeschwindigkeit des Fokusrings und nicht nur auf den Drehwinkel, oder linear mit einstellbarem Drehwinkel, was für die Videografie praktisch ist.
Allerdings muss man etwas umständlich über das Kameramenü oder das Quick-Menü oder eine Funktionstaste auf manuellen Fokus umschalten. Während man auf die Fokuslupe per Tasten an der Rückseite der Testkamera Z 7II direkten Zugriff hat, versteckt sich die Fokus-Peaking-Funktion tief im Menü "Individualfunktionen" unter "d Aufnahme & Anzeigen" auf Seite 2 hinter dem Menüpunkt "Konturfilter".
Der Fokusantrieb arbeitet intern, wobei die Naheinstellgrenze laut Nikon 20 Zentimeter im Weitwinkel und 120 Zentimeter im Tele beträgt. Der beeindruckende maximale Abbildungsmaßstab von 1:2,8 soll bei kürzester Brennweite erreicht werden, was allerdings auch einen äußerst geringen Motivabstand und damit Abschattungen bedeutet. Leider zeigt die Fokusskala auf dem Bildschirm nicht die Entfernung an, nicht einmal die Naheinstellgrenze wird dort gezeigt, lediglich eine Blume für "Makro" und ein Unendlich-Zeichen zieren die digitale Fokusskala auf dem Kameradisplay.
Mit dem Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR konnten wir bei 28 mm Brennweite ab 19,2 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 9,5 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,6 entspricht. [Foto: MediaNord]
Mit dem Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR konnten wir bei 400 mm Brennweite ab 113 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 11,1 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:3,1 entspricht. [Foto: MediaNord]
In der Praxis konnten wir bei minimaler Brennweite ab 19,2 Zentimeter von der Sensorebene beziehungsweise 3,3 Zentimeter von der Objektivvorderkante fokussieren und damit ein minimales Bildfeld von 9,5 x 6,3 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,6 entspricht. Allerdings ist damit nur ein ca. 4 x 4 Zentimeter großer Bereich im Inneren des Bilds scharf. Aber auch im Tele kann sich die maximale Vergrößerung sehen lassen. Hier konnten wir ab 113 Zentimeter von der Sensorebene beziehungsweise 87,7 Zentimeter von der Objektiv-Vorderkante fokussieren – dabei besteht selbstverständlich keine Gefahr von Abschattungen, auch die meisten Insekten dürften da noch nicht fliehen. Das minimale Bildfeld haben wir mit 11,1 x 7,4 Zentimeter ermittelt, was einem Abbildungsmaßstab von immerhin 1:3,1 entspricht. Dabei ist das Bild bis in die Ecken scharf. Übrigens eignen sich die Zwischenbrennweiten weniger für starke Vergrößerungen.
Bildqualität
Für ein derart zoomstarkes Objektiv wie das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR ist ein aufwendiger optischer Aufbau nötig: 21 Linsen kommen in 15 Gruppen zum Einsatz. Vier ED-Linsen und drei asphärische Linsen sollen optische Fehler minimieren und für eine hohe Auflösung bis in den Randbereich sorgen. Die Blende setzt sich aus neun abgerundeten Lamellen zusammen.
Von einem nicht gerade lichtstarken Superzoom erwartet man eigentlich keine schöne Weichzeichnung im Unschärfebereich. Das 28-400 mm überrascht jedoch mit einem erstaunlich weichen Bokeh mit schönen Unschärfescheibchen von Spitzlichtern. Diese fallen sehr weich aus, sodass selbst der etwas hellere Rand nicht negativ auffällt, weil er einen sanften Übergang besitzt. Während sich schon im Weitwinkel nur minimale Farbsäume im Bokeh zeigen, konnten wir bei maximaler Brennweite überhaupt keine finden. Auch das ist erstaunlich positiv hervorzuheben!
Während man im Weitwinkel ab F11 einen schönen, gleichmäßigen Blendenstern um punktuelle Lichtquellen bekommt, was man sehr schön als Stilmittel bei Nachtaufnahmen verwenden kann, muss man im Tele dafür auf F22 abblenden. Beim weiteren Abblenden wird der Effekt jeweils noch definierter, aber dafür steigt auch die Beugungsunschärfe. Auch wenn Nikon keine spezielle Beschichtung für hohe Gegenlicht-Kontraste bewirbt, zeigt das 28-400 mm keine negativen Auffälligkeiten. Sogar Blendenreflexe sieht man kaum, allenfalls bei kurzer Brennweite konnten wir welche erspähen. Die Streulichtblende würden wir dennoch empfehlen, allein schon als mechanischen Schutz.
Das Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR besitzt einen äußerst breiten, griffig geriffelt gummierten Zoomring, allerdings einen verhältnismäßig schmalen Fokus- beziehungsweise Einstellring. [Foto: MediaNord]
Der optische Aufbau des Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR besteht aus 21 Linsen, die in 15 Gruppen angeordnet sind. Darunter befinden sich drei asphärische und vier ED-Linsen. [Foto: Nikon]
Im Labortest an der 45 Megapixel auflösenden Nikon Z 7II zeigt sich bei kürzester Brennweite eine deutliche Randabdunklung von 1,1 Blendenstufen. Immerhin verläuft der Helligkeitsabfall recht sanft, sodass er nicht so negativ auffällt. Bereits beim Abblenden auf F5,6 oder Zoomen auf 105 Millimeter halbiert sich die Randabdunklung und stört damit kaum noch. Die Verzeichnung wird hingegen von der Kamera perfekt elektronisch auskorrigiert, auch Farbsäume sind praktisch kaum vorhanden (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).
Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast nimmt beim Zoomen ab, ist aber zumindest bei kürzester und mittlerer Brennweite ab Offenblende im Bildzentrum hoch, während man bei längster Brennweite auf F11 abblenden muss. Aber auch bei kürzerer Brennweite empfiehlt sich Abblenden nicht nur zur Kontrolle der Randabdunklung, sondern auch zur Steigerung der Randauflösung. Nur bei F11 werden 60 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) erreicht, während es im Zentrum 78 lp/mm sind. Bei Offenblende sind es im Zentrum zwar 81 lp/mm, am Bildrand jedoch keine 50, was fast 50 Prozent Randabfall bedeutet.
Die höchste Randauflösung haben wir bei 105 mm auf F11 abgeblendet gemessen, immerhin 72 lp/mm, während es im Zentrum 73 lp/mm sind; hier ist die Auflösung also auch noch sehr gleichmäßig. Im Tele ist die Randauflösung bei F16 zwar minimal höher als bei F11, aber dafür im Zentrum bei F11 besser, sodass man bei allen Brennweiten bei F11 die beste Bildqualität erhält. Das ist wenig schmeichelhaft für das Objektiv, aber der Test erfolgte ja auch am 45-Megapixel-Sensor von Nikon. Bei 24 Megapixel dürfe die Bildqualität besser ausfallen, vor allem was den Auflösungs-Randabfall betrifft.
Fazit
Der 14,3-fache Zoomfaktor des Nikon Z 28-400 mm F4-8 VR klingt verlockend. Nie wieder das Objektiv wechseln, zumal es auch noch einen Bildstabilisator, einen hohen Vergrößerungsfaktor für Aufnahmen kleiner Motive sowie dank Dichtungen eine Allwettertauglichkeit bietet. Aber der Teufel steckt im Detail: Die Lichtstärke fällt beim Zoomen schnell und für eine hohe Auflösung bis zum Bildrand muss man auch noch abblenden. Groß, schwer und teuer ist das Zoom obendrein. Dafür beeindruckt es mit geringen optischen Fehlern und einem überraschend schönen Bokeh samt kreativem Sternstrahleneffekt um punktuelle Lichtquellen, wenn man es abblendet.
Kurzbewertung
- Großer Zoombereich
- Gute maximale Vergrößerung
- Keine Verzeichnung und Farbsäume
- Schönes Bokeh
- Kreativer Sternstrahleneffekt beim Abblenden
- Teilweise hoher Auflösungs-Randabfall
- Sehr groß und schwer
- Keine Schalter für AF/MF und Bildstabilisator
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.