Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Zeiss Touit Objektive an Sony NEX-7 und Fujifilm X-Pro1 getestet
2013-06-15 Vor knapp zwei Wochen stellte Zeiss die neue Touit-Objektivserie für spiegellose Systemkameras von Sony und Fujifilm vor. Wir konnten die beiden neuen Festbrennweiten bereits im Labor auf Bildqualität testen, und zwar sowohl an der Sony NEX-7 als auch an der Fujifilm X-Pro1. Ursprünglich sollten nur die besseren Ergebnisse publiziert werden, doch die Ergebnisse an den Kameras sind so differenziert, dass sich kein eindeutiger Sieger feststellen lässt. So haben wir uns entschlossen, zukünftig Tests eines Objektiv an verschiedenen Kameras zu ermöglichen, wofür ein kleiner Umbau an unserer Labortestseite erforderlich war. Auf diese Weise sollen auch zukünftig interessante Vergleiche möglich sein, beispielsweise Vollformat gegen APS-C. (Benjamin Kirchheim)
Das Zeiss Touit 2.8/12 mm fällt durch die zur Vorderseite hin konische Form auf, dadurch lassen sich trotz des Weitwinkels Filter vignettierungsfrei verwenden. [Foto: Zeiss]
Das Zeiss Touit 1.8/32 mm wirkt geradliniger. Das Design mit dem gummierten aber nicht geriffelten Fokussierring wirkt schlicht und modern. [Foto: Zeiss]
Die ganze Gruppe, die sich in einem Koffer bei uns zum Test einfand. Von Links nach Rechts: Fujifilm X-Pro1 mit Zeiss Touit 12 mm, Zeiss Touit 32 mm, Zeiss Touit 12 mm und Sony NEX-7 mit Zeiss Touit 32 mm. [Foto: MediaNord]
Die Version des Zeiss Touit Distagon 2.8/12 mm für die Fujifilm X-Pro1 besitzt einen manuellen Blendenring mit Drittelstufung und Automatikstellung, der leider eine Verriegelung fehlt. [Foto: MediaNord]
Der Fokusring des Zeiss Touit Distagon 2.8/12 mm arbeitet elektronisch, auf eine Entfernungsskala muss man verzichten. [Foto: MediaNord]
An der klassisch designten Fujifilm X-Pro1 wirkt das Zeiss Touit Planar 1.8/32 mm fast zu modern, die hochwertige Verarbeitung mit Metallgeheäuse hingegen steht der X-Pro1 in Nichts nach. [Foto: MediaNord]
Auch an der Sony Sony NEX-7 macht das Zeiss Touit Planar 1.8/32 mm eine hervorragende Figur, hier passen Design und Verarbeitung perfekt zur Kamera. [Foto: MediaNord]
Bevor es ans Eingemachte, die Bildqualität, geht, ein paar Worte zu Verarbeitung und Bedienung: Die Touit Objektive sind absolut hochwertig verarbeitet, sie besitzen ein Metallgehäuse mit gravierten und mit Farbe gefüllten Beschriftungen sowie einen gummierten Fokusring. Dabei fällt der Schriftzug "Made in Japan" auf, die Objektive sind also trotz des Herstellers Zeiss nicht "made in Germany", was aber der Qualität keinesfalls einen Abbruch tun soll. Das äußerst schlichte und moderne Design passt eher zur Sony NEX-7 denn zu den "Retro"-Kameras des Fujifilm X-Systems. Der gummierte aber glatte Fokusring scheint gerade in Mode zu kommen, findet man ihn doch auch an Objektiven von Sigma, die ebenfalls für spiegellose Systemkameras gebaut sind. Die Zeiss-Objektive sind aber auch im Inneren modern, denn sie besitzen einen Autofokus, wobei der Motor durchaus hörbar, aber schnell arbeitet, und der Fokusring werkelt rein elektronisch, eine Entfernungsskala fehlt gänzlich. Schade, denn hier hätte Zeiss durchaus in eine Marktlücke stoßen können. Die Versionen der Objektive für Sony NEX und Fujifilm X gleichen sich auf den ersten Blick wie ein Ei dem anderen, beim genauen Hinsehen fällt aber der Blendenring auf, den nur die Fujifilm-Versionen besitzen. Auch dieser arbeitet elektronisch, besitzt aber eine Beschriftung in vollen Blendenschritten und rastet in Drittel-Blendenstufen. Zusätzlich bietet der Blendenring eine Automatikstellung. Aber auch hier hat Zeiss die Marktlücke übersehen: Die Automatikstellung besitzt wie bei den Fujifilm-Objektiven keine Verriegelung. Da der Ring trotz Rastung sehr leichtgängig gleitet, dreht man ihn schnell aus Versehen beim Hantieren in der Fototasche von A auf F22, ein ärgerlicher Umstand.
Da sowohl die Sony NEX-7 als auch die Fujifilm X-Pro1 über einen APS-C großen Bildsensor verfügen, muss die Brennweite, um sie mit dem Bildwinkel eines Kleinbildobjektivs zu vergleichen, mit den Faktor 1,5 multipliziert werden. Das Zeiss Touit Distagon 2.8/12 entspricht also scheinbar einen 18-Millimeter-Kleinbildobjektiv, was immer noch dem Ultraweitwinkelbereich zuzuordnen ist, wo man einen gewissen Randabfall der Auflösung, aber auch Verzeichnungen und Vignettierungen erwarten kann, selbst bei einer so hochwertigen Festbrennweite. Interessant sollte auch der Vergleich an der Sony NEX-7 mit den klassischen 24 Megapixeln mit Bayer-Filter und der Fujifilm X-Pro1 mit 16 Megapixeln Auflösung und der neuen X-Trans-Technologie sein, die ohne auflösungsmindernden Tiefpassfilter auskommt. Zwar löst die Sony auf den Papier höher auf, unsere Vermutung ging aber dahin, dass die Fujifilm bei der Auflösung als Sieger hervorgehen würde, auch aus der Erfahrung heraus, dass Sony-Kameras nicht gerade für ihre auflösungssteigernde Bildaufbereitung bekannt sind, die Fujifilm hingegen schon.
Die Vermutungen wurden vom Labortest des Zeiss 2.8/12 bestätigt, bargen aber auch Überraschungen. Die höhere Auflösung erreicht das 12er tatsächlich an der Fujifilm mit über 51 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm), während an der Sony unter 43 lp/mm im Maximum bleibt. Daher überrascht das Distagon an der NEX-7 jedoch mit einer äußerst konstanten Auflösung von der Bildmitte bis zum Bildrand, während an der X-Pro1 deutliche Auflösungsverluste bei F2,8 und F4 auf rund 30 lp/mm zu verzeichnen sind, erst ab F5,6 werden die 40 lp/mm überschritten. Die gesamten Auflösungswerte des Objektivs an beiden Kameras kann übrigens den Diagrammen aus dem Labortest unten entnommen werden, die gesamten Tests sind jedoch kostenpflichtig (50 Cent pro Test). Was zunächst nach einem Messfehler oder einer Serienstreuung aussieht, hat eine ganz andere Ursache. Diese entpuppt sich bei einem Blick auf die weiteren Messdiagramme. Beide Kameras wurden wie üblich mit Defaulteinstellungen verwendet, für beide Kameras bedeutet dies eine Kompensation von Vignettierung und Farbsäumen, jedoch ist die Verzeichnungskorrektur an der NEX-7 im Auslieferungszustand deaktiviert. Entsprechend verzeichnet das 12mm an der Sony NEX-7 mit etwa zwei Prozent Tonnenform, während an der Fujifilm X-Pro1 keine Verzeichnung auftritt. Diese Korrektur führt zu einer deutlichen Randunschärfe. Außerdem ist interessant, dass die Zeiss-Objektive offenbar kompatible Korrekturdaten für die jeweiligen Kamerasysteme mitbringen. Die Randabdunklung fällt durch die Korrekturen der Kameras insgesamt mit maximal einer halben Blendenstufe sehr gering aus, durch den sanften Verlauf fallen sie im Alltag noch weniger auf. Farbsäume hingegen korrigiert die NEX-7 besser als die X-Pro1. An der NEX-7 fallen sie selbst im Maximum mit unter einem Pixel kaum ins Gesicht. Die X-Pro1 zeigt zwar im Durchschnittswert sehr geringe Farbsäume, das Maximum aber kann mit über einem Pixel leicht sichtbar werden, wenn man dieselbe Ausgabegröße wie bei der NEX-7 voraussetzt, schließlich werden die Pixel der X-Pro1 dabei etwas größer.
Beim Zeiss Touit Planar 1.8/32 sieht das Bild schon etwas anders aus, die Unterschiede der Kameras schrumpfen zusammen. Das Objektiv entspricht nahezu einem Kleinbildäquivalent von 50 Millimeter und es erreicht an beiden Kameras rund 50 lp/mm als Auflösungsmaximum. Den theoretischen Auflösungsvorteil kann die NEX-7 also auch mit diesem Objektiv nicht ausspielen, muss sich aber immerhin nicht hinter der X-Pro1 verstecken. Im Gegenteil. Auch hier kommt der Auflösung die abgeschaltete Verzeichnungskorrektur der NEX-7 am Bildrand entgegen. Im Gegensatz zum 12er verliert das 32er an der Sony allerdings bis zu 30 Prozent Auflösung zum Bildrand, die Verzeichnung liegt mit 1,5 Prozent Tonnenform sogar etwas höher, als man von einem Normalobjektiv erwarten würde. An der X-Pro1 hingegen findet eine Überkompensation der Verzeichnung statt, die nun 0,5 Prozent Kissenform erreicht. Als Nebeneffekt sinkt die Randauflösung weiter auf bis zu 40 Prozent weniger als im Bildzentrum. Die Randabdunklung sieht ähnlich aus wie beim 12er, die chromatischen Aberrationen sind an der NEX-7 gering, an der X-Pro1 aber sogar nahezu nicht vorhanden, hier scheint die Korrektur richtig gut zu greifen.
Fazit Haptisch können die Objektive mit hoher Qualität überzeugen, im Labor hingegen zeigt das Zeiss Touit 1.8/32 deutliche und unerwartete Schwächen wie eine für diese Brennweite zu hohe Verzeichnung und einen deutlichen Randabfall der Auflösung. Sofern man die Verzeichnungskorrektur abschaltet zeigt das Zeiss Touit 2.8/12 eine für ein Ultraweitwinkel erstaunlich konstante Auflösung bis zum Bildrand, auch wenn der Maximalwert nicht an das 32er heran reicht. Die tonnenförmige Verzeichnung geht für ein derart extremes Weitwinkel in Ordnung. In der Praxis hingegen wird alles nicht so heiß gegessen, wie es im Labor gekocht wurde. So weiß hier das Touit 32 mit seinem schönen Bokeh zu überzeugen, während man das Touit 12 lieber abblenden sollte, denn zum Freistellen eignet es sich nicht nur aufgrund der geringen Brennweite weniger, auch wirkt sein Bokeh eher unruhig.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.