Lichtstarkes Porträtobjektiv
Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR im Test
Seite 2 von 2, vom 2022-11-13 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln
Bildqualität
Das Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR besitzt einen aufwendigen optischen Aufbau aus 13 Linsen, die in acht Gruppen angeordnet sind. Neben einer ED-Linse sollen zwei asphärische Linsen Abbildungsfehler minimieren. Zudem sitzen in der achtlinsigen Fokusgruppe drei Gläser mit besonders hohem Brechungsindex, sie korrigieren laut Fujifilm chromatische Aberrationen und Koma besonders gut und sollen dadurch über den gesamten Fokusbereich für eine besonders hohe Auflösung sorgen. Zudem rückt der Lens Modulation Optimizer (kurz LMO) der Fujifilm-Systemkameras defaultmäßig im JPEG-Format bereits kameraintern optischen Abbildungsfehlern und sogar der Beugung zu Leibe. Zum Test der Bildqualität haben wir mit der X-H2 das aktuelle Systemkamera-Flaggschiff von Fujifilm verwendet. Ihr APS-C-Sensor löst stolze 40 Megapixel auf, die das 56er laut Fujifilm auch adäquat bedienen können soll
Da es sich beim XF 56 mm F1.2 R WR um ein APS-C-Objektiv handelt, entspricht der diagonale Bildwinkel von 28,5 Grad einem Kleinbildäquivalent von ungefähr 85 Millimetern. Die Schärfentiefe entspricht einem 85mm-Kleinbildobjektiv mit F1,8. Das Freistellen eines Motivs vor unscharfem Hintergrund ist damit überhaupt kein Problem. Elf abgerundete Blendenlamellen sollen beim Fujifilm XF 56 F1.2 für eine gleichmäßig runde Blendenöffnung sorgen. Das funktioniert sehr gut. Das Bokeh ist weich und auch die Unschärfescheibchen von Spitzlichtern weisen keine hellen Ränder auf. Allerdings konnten wir minimale Farbsäume im Unschärfebereich beobachten. Die Blende ist dank ihrer elf Lamellen so perfekt rund, dass sich selbst bei F16 kein Blendenstern an hellen Lichtquellen zeigt.
Aufgrund der hohen Lichtstärke ist das Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR schon ein ziemlicher Oschi. Sein Durchmesser beträgt fast 8 cm (67 mm Filtergewinde) und es ist über 7,5 cm lang. Alleine wiegt es über 440 Gramm, zusammen mit der X-H2 sind es 1,1 kg. [Foto: MediaNord]
Im Gegenlicht zeigt das Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR kein perfektes Verhalten. Je nach Position der Lichtquelle können deutliche Kontrastverluste auftreten, bei denen auch die Streulichtblende nicht hilft. Zudem zeigen sich leichte Lens-Flares. Hier ist die Kreativität des Fotografen gefragt, um diese zu vermeiden oder gekonnt ins Motiv für die richtige "Lichtstimmung" einzubeziehen. Gerade bei Porträts kann das auch sehr schön wirken.
Im Labortest an der Fujifilm X-H2 zeigen sich die optischen Fehler des Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR gut auskorrigiert. Die Verzeichnung bewegt sich nahe an der Nulllinie, maximal beträgt die 0,2 Prozent Kissenform. Die Randabdunklung bleibt mit maximal 37 Prozent beziehungsweise 0,7 Blendenstufen gering. Blendet man auf F2,8 ab, reduziert sich die Randabdunklung auf 0,3 Blendenstufen. Ohnehin ist sie dank des sanften Verlaufs kaum sichtbar. Die Farbsäume bewegen sich zwar im Mittel unter einem Pixel, können im Maximum aber auch mal darüber sein und damit leicht sichtbar werden.
Überraschend durchwachsen schlägt sich das Porträtobjektiv bei der Auflösungsmessung (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Trotz der Versprechen von Fujifilm, dass das Objektiv für 40 Megapixel geeignet sei, hat es vor allem bei offener Blende, aber auch etwas abgeblendet damit zu kämpfen. An den bisherigen 26 Megapixel waren XF-Festbrennweiten von Fujifilm eigentlich ausnahmslos offenblendtauglich. Das ist bei 40 Megapixeln nicht mehr der Fall.
JPEG-Foto (Download unten in den Links) des Models Giulia, direkt unbearbeitet aus der Fujifilm X-H2. Aufgenommen mit dem XF 56 mm F1.2 R WR in der Zeitautomatik bei F1,2 und ISO 125, 1/640 s und automatischem Weißabgleich. [Foto: MediaNord]
Dass die Randauflösung sich bis F2 bei 50 Prozent Kontrast nur um die 45 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent bewegt und erst bei F5,6 ein den 40 Megapixeln halbwegs angemessenes Niveau von über 70 lp/mm erreicht, kann man bei einem Porträtobjektiv vielleicht noch verschmerzen, schließlich liegen die Bildränder meistens ohnehin im unscharfen Bereich. Aber auch im Bildzentrum bekleckert sich das XF 56 mm F1.2 R WR bei F1,2 und F1,4 nicht gerade mit Ruhm und liegt nur bei knapp über 60 lp/mm. Dafür reicht eigentlich auch eine 26-Megapixel-Kamera. Bei F2 steigert sich die Auflösung deutlich auf über 70 lp/mm und bei F2,8 und F4 liegt sie bei ordentlichen 80 lp/mm. Das ist zwar kein Rekordwert für einen 40-Megapixel-Sensor, aber sehr solide und mit einem 26-Megapixel-Sensor definitiv nicht zu erreichen.
So dramatisch sich die Laborwerte auch lesen, in der Praxis ist das halb so wild. Subjektiv sehen die Fotos auch bei Offenblende sehr gut aus, wie unser Beispielbild zeigt. Wer möchte, kann es sich unten in den weiterführenden Links in voller Auflösung herunterladen. Es ist bei Offenblende aufgenommen. Zudem zeigen sich hier wieder einmal die schönen Fujifilm-Farben, vor allem bei den Hauttönen.
Fazit
Mit fast 1.200 Euro ist das Fujifilm XF 56 mm F1.2 R WR schon ein ziemlich teures Objektiv, dessen Anschaffung wohl überlegt sein will. Es ist ein sehr spezialisiertes Objektiv, was man beispielsweise am lauten, nicht gerade schnellen Autofokus bemerkt. Die Verarbeitung und Robustheit des gegen Spritzwasser, Staub und Frost geschützten Metallgehäuses ist dem Preis immerhin angemessen. Bei der Bildqualität zeigt sich abermals, wofür das Objektiv gebaut ist. Die Bildqualität ist technisch gesehen nicht perfekt, etwa bei Gegenlicht oder der Auflösung, wo es deutlich abgeblendet werden muss, um die 40 Megapixel der Testkamera Fujifilm X-H2 knackig auszunutzen. In der Praxis jedoch überzeugt das Objektiv bei Porträtaufnahmen auch bei Offenblende, was nicht zuletzt an den schönen Fujifilm-Farben liegt.
Kurzbewertung
- Sehr schönes Bokeh
- Spritzwasser- und Staubschutz
- Hochwertiges Vollmetallgehäuse
- Abgeblendet sehr gute Auflösung vom Bildzentrum bis an den Bildrand
- Nur geringe optische Fehler
- Leichte Lens-Flares und Kontrastverluste im Gegenlicht
- Minimale Farbsäume im Bokeh
- Lauter, nicht besonders schneller Autofokus
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.