Telezoom-Bolide
OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS im Praxistest
2024-01-30 Das neue OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS besitzt eine unglaubliche kleinbildäquivalente Brennweite von 300 bis 1.200 Millimeter, womit es mehr Brennweite bietet als alle anderen Telezooms. Neben einem internen Bildstabilisator bietet das Objektiv unter anderem ein Metallgehäuse mit zertifiziertem Spritzwasserschutz. Wir hatten die Möglichkeit, das etwas mehr als zwei Kilogramm schwere Objektiv praktisch zu testen und verraten, was uns gefallen hat und was nicht. (Harm-Diercks Gronewold)
Manchem digitalkamera.de-Leser mag das neue OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS irgendwie bekann vorkommen – es ähnelt sehr stark dem Sigma 150-600 mm F5-6.3 DG DN OS Sports, das wir im März 2023 getestet gaben. OM Digital Solutions spricht von einer Kooperation mit einem namhaften japanischen Objektivhersteller, bestätigt aber Sigma nicht namentlich. Das Sigma 150-600 mm F5-6.3 DG DN OS Sports kam im August 2021 mit den Anschlüssen L-Mount und Sony E auf den Markt. Das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS ist allerdings nicht komplett identisch mit dem Sigma-Telezoom. So ist das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS beispielsweise etwa 35 Gramm leichter und kompatibel mit dem Dual-IS-System der OM System Kameras.
Der größte Unterschied beider Objektive ist der Preis. Während das Sigma 150-600 mm F5-6.3 DG DN OS Sports für etwa 1.400 Euro zu haben ist, hat das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS eine Preisempfehlung von 2.700 Euro. Der Mehrpreis könnte unter anderem auf die Anpassungen an das Micro Four Thirds System und auf geringere Stückzahlen zurückzuführen sein. Vergleicht man den kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich des Objektivs von 300 bis 1.200 Millimeter mit Kleinbildobjektiven, so finden sich allenfalls welche mit etwas geringerer Brennweite von 200-800 Millimeter, die dennoch ähnlich viel kosten. Insofern zahlt man sicherlich einen gewissen Aufpreis für diese Einzigartigkeit der enormen kleinbildäquivalenten Brennweite des OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS.
Verarbeitung
OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS. [Foto: MediaNord]
Das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS ist etwa 26,4 Zentimeter lang. Mit 600 Millimeter Zoom verlängert sich das Objektiv auf stolze 36,5 Zentimeter Länge. Dank einer IPX1-Zertifizierung ist das Objektiv gegen senkrecht herabfallende Wassertropfen geschützt. Das Objektiv wiegt etwas mehr als zwei Kilogramm, was sich beim Handling ziemlich bemerkbar macht. Man sollte also etwas seine Arme und Schultern trainieren, wenn man das Objektiv Freihand benutzen möchte, doch dazu später mehr.
Während an der Objektivfront eine Gummierung als "Stoßfänger" und ein 95 Millimeter Filtergewinde untergebracht sind, ist eine Nut für die Streulichtblende etwa einen halben Zentimeter entfernt von der Objektivfront zu finden. An dieser Nut lässt sich die zum Lieferumfang gehörende Streulichtblende anbringen. Fixiert wird sie mit einer Knebelschraube. Die Blende kann für den Transport auch verkehrt herum angebracht werden. In der Mitte des Objektivs sind vier Schalter und zwei Tasten untergebracht. Die Tasten lösen alle dieselbe Funktion aus, die im Einstellungsmenü der Kamera konfiguriert werden kann.
Bei den drei Schaltern auf der linken Seite handelt es sich um einen Fokus-Begrenzungsschalter, der es erlaubt, den kompletten Fokusbereich, einen Bereich ab zehn Metern oder aber einen Bereich von 56 Zentimetern bis zehn Meter zu verwenden. Das hat den Vorteil, dass das Autofokus-System bei bekannten Mindestabstands-Bereichen nicht den gesamten Fokusbereich durchlaufen muss. Der zweite und dritte Schalter wird zum Ein- und Ausschalten des Autofokus' beziehungsweise des Bildstabilisators genutzt.
Der vierte und letzte Schalter liegt auf der rechten Seite des Objektivs. Mit diesem kann das Zoom auf 150 Millimetern Brennweite fixiert werden, das ist wichtig, damit das Objektiv beim Transport nicht versehentlich ausfährt. Die beiden anderen Schalterstellungen sorgen für einen weichen beziehungsweise einen etwas strafferen Zoomlauf. Das ist insofern sinnvoll, da das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS nicht nur als Drehzoom genutzt werden kann, sondern auch als Schiebezoom. Dafür gibt es sogar eine weiche Gummierung kurz hinter der Nut für die Streulichtblende, die das Anfassen angenehmer macht. Noch ein Stückchen weiter in Richtung Objektivbajonett ist die Stativschelle zu finden.
Neben einem ArcaSwiss kompatiblen Profil besitzt der Fuß der Stativschelle zusätzlich ein 1/4 Zoll Gewinde zur Montage auf einer Schnellwechselplatte beziehungsweise direkt auf einem Stativ. Alternativ lässt sich der Fuß auch entfernen, dazu müssen lediglich vier 3er Inbusschrauben gelöst werden. Ist der Fuß runter, so offenbart sich ein weiteres 1/4 Zoll Gewinde, mit dem das Objektiv montiert werden kann. Dank einer Drehfunktion mit Fixierung durch eine Knebelschraube lässt sich das Objektiv schnell vom Querformat auf das Hochformat drehen, wobei es jedoch keine Rastpunkte gibt.
An der OM-1 II ist das 150-600 mm F5-6.3 ED IS ein ziemlicher Klotz, der dazu ab 350 mm Brennweite ziemlich Kopflastig wird. [Foto: MediaNord]
Das Austarieren ist sowohl bei 150 Millimeter als auch bei 600 Millimeter Brennweite kein Problem, es sei denn man montiert die Streulichtblende. Mit Streulichtblende wird das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS ab etwa 350 Millimeter so kopflastig, dass es nach vorne kippt. Zum Austarieren müsste man nun den Fuß etwas weiter hinten in der Arca Swiss Stativkopf-Halterung positionieren. Doch das wird zum Problem, da die Länge der Halterung am Objektiv mit etwas mehr als fünf Zentimetern zu kurz ausfällt. Man muss dann also am besten eine verlängerte Schnellwechselplatte einsetzen. Doch da kommt hinzu, dass weder der Fuß noch das 1/4 Zoll Gewinde am Objektiv eine Bohrung für einen Sicherungsstift haben, der ein versehentliches Verschwenken des Objektivs verhindern kann. Abhilfe bei diesem Problem kann der passende Hochformat-Akkugriff der OM-1 sein, der das Kameragewicht ordentlich erhöht.
Zoom
Wie bereits erwähnt, kann die Brennweite durch Drehen oder Schieben verändert werden, je nachdem, was einem lieber ist. Beim Drehen muss der knapp sieben Zentimeter breite und auf etwa fünf Zentimeter gummierte Zoomring um etwas mehr als 90 Grad gedreht werden. Der ungummierte Rest des Zoomrings ist mit einem kleinen Zierring mit der Objektivbezeichnung versehen sowie aufgedruckten Brennweiten (150, 200, 300, 400, 500 und 600 mm). Wird die Schiebefunktion genutzt, ist die Brennweitenverstellung deutlich schneller als das Drehen am Zoomring, allerdings fehlt etwas die Präzision. Die Geräuschentwicklung beim Zoomen ist in beiden Fällen sehr gering. Zusätzlich wird die Brennweite beim Zoomen im Livebild der Kamera eingeblendet, allerdings nicht so millimetergenau wie man es von "richtigen" OM System beziehungsweise Olympus-Objektiven gewohnt ist.
Bei vollem 600 Millimeter Zoom ist das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS 36,5 Zentimeter lang. [Foto: MediaNord]
Wem das OM System 150-600 mm F5-6.3 ED IS zu wenig Brennweite bietet, der kann diese noch mit den 1,4-fach und 2-fach Telekonvertern TC-14 und TC-20 auf 210 bis 840 Millimeter beziehungsweise 300 bis 1.200 Millimeter verlängern. Rechnet man das auf das Kleinbildformat um, so kommt man auf Brennweiten von 420 bis 1.680 Millimeter beziehungsweise 600 bis 2.400 Millimeter. Dann sollte man definitiv ein stabiles Stativ dabeihaben.
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