Robustes Reportage-Weitwinkel

OM System 17 mm F1.8 II im Test

2025-02-11 Das OM System 17 mm F1.8 II ist eine Neuauflage des Olympus 17 mm F1.8 von 2012. Dabei gibt es ein komplett neues Metallgehäuse, das nun über einen Spritzwasserschutz gemäß IPX1 sowie ein Bajonett für eine Streulichtblende verfügt – letztere wird praktischerweise mitgeliefert. Dafür ist jedoch die praktische Focus-Clutch weggefallen. Wie sich das optisch unveränderte Objektiv an 20 Megapixeln Auflösung schlägt, haben wir an der OM System OM-3 getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Lediglich 112 Gramm bringt das 550 Euro teure OM System 17 mm F1.8 auf die Waage – das sind 6 Gramm weniger als beim Vorgängermodell. Mit einer Länge von 3,8 und einem Durchmesser von 5,8 Zentimeter fällt es sehr kompakt aus. Obwohl es nur 2 Millimeter länger ist als das Vorgängermodell, wirkt es dicker und größer. Das liegt daran, dass die alte Version vorne etwas schlanker designt ist. Dank etlicher Dichtungen ist das Gehäuse im Gegensatz zum Vorgängermodell gegen Spritzwasser und Staub geschützt, sogar eine Schutzklasse ist angegeben: IPX1. Auch am Bajonett ist eine entsprechende Gummilippe zu finden.

Das Gehäuse besteht komplett aus Metall – ausgerechnet das 46mm-Filtergewinde ist die einzige Ausnahme, denn das besteht aus Kunststoff. Etwas Sorgsamkeit ist also beim Aufschrauben von Metallfiltern gefragt (siehe auch unseren Fototipp in den weiterführenden Links). Im Gegensatz zum Vorgängermodell gibt es nun ein Bajonett zum Anbringen einer Streulichtblende, die auch direkt im Lieferumfang enthalten ist. Es handelt sich mit der LH-49B um dieselbe wie beim 25 mm F1.8 II. Wer beide Objektive besitzt, kann sich also die 11 Gramm für eine der beiden Blenden sparen. Zum Transport kann sie verkehrt herum montiert werden, verdeckt dabei aber den Fokusring.

Ausstattung und Bedienung

Das Design des OM System 17 mm F1.8 II ähnelt stark dem 25 mm F1.8 II sowie dem Olympus 45 mm F1.8, von dem es (noch) keine spritzwassergeschützte 2er-Version von OM System gibt. Entsprechend ist jedoch eine der schönsten "Retro"-Funktion weggefallen: die Focus-Clutch. Mit ihr ließ sich der Fokusring in Richtung Kamera ziehen, was nicht nur eine Fokusskala samt Schärfentiefeskala sichtbar machte, sondern auch direkt auf manuellen Fokus umschaltete.

Beim 17 mm F1.8 II gibt es nun nur noch einen geriffelten Metall-Fokusring, der dafür nun breiter ausfällt als beim Vorgängermodell. Er arbeitet rein elektronisch, sodass der flüsterleise Innenfokus-Motor gesteuert werden kann. Dieser agiert, wenn man nicht gerade im Nahbereich fokussiert, schnell und präzise. An der Naheinstellgrenze kann er aber schon mal ins Pumpen kommen.

Auf manuellen Fokus muss man an der Kamera umschalten, denn außer dem Fokusring besitzt das Objektiv keine weiteren Bedienelemente. In der Kamera kann man zwar die Drehrichtung des Rings einstellen, aber nicht, ob er linear oder nicht-linear arbeiten soll. Das war ein weiterer Vorteil der Focus-Clutch: Zog man den Fokusring zurück, bekam man einen linearen manuellen Fokus, ließ man ihn vorn und schaltete an der Kamera um, arbeitete der Ring nicht-linear. Bei der neuen Objektiv-Version ist letzteres immer der Fall.

Praktisch zum manuellen Fokussieren, denn langsames Drehen führt zu feineren Einstellschritten als schnelles Drehen, wodurch man sehr präzise manuell fokussieren kann. Schlecht zum Filmen, denn bestimmte Fokusabstände lassen sich nicht wiederholbar mit einem definierten Dreh am Fokusring anfahren. Überraschenderweise konnten wir, obwohl die optische Konstruktion über 12 Jahre alt ist, kein Fokusatmen beobachten, was zum Filmen mit Autofokus eine gute Nachricht ist.

Bei der manuellen Fokussierung gibt es nicht nur eine automatisch anspringende Fokuslupe, sobald man am Ring dreht, die allerdings auch sehr schnell wieder abschaltet, sondern auch Fokus-Peaking zur Markierung der Schärfeebene. Mit Autofokus lässt sich zudem in der Kamera ein Fokusbegrenzer programmieren, sodass selbst ein einfaches Objektiv wie das 17 mm F1.8 II von einer solchen Funktion profitiert, die sonst teureren oder spezielleren Objektiven vorbehalten ist.

OM Digital Solutions verspricht eine Naheinstellgrenze von 25 Zentimetern ab Sensorebene und einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:12,5. Tatsächlich konnten wir jedoch bereits ab 17,5 Zentimetern von der Sensorebene fokussieren. Von der Objektivfront ist das Motiv dann noch 11,8 Zentimeter entfernt. Damit konnten wir ein minimales Bildfeld von 13,6 x 10,2 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:7,9 entspricht. Das klingt wenig spektakulär, aber bei einem Kleinbildobjektiv bräuchte man für ein identisch kleines Bildfeld schon einen Abbildungsmaßstab von 1:3,9. Mit dem OM System 17 mm F1.8 II lassen sich also durchaus Nahaufnahmen anfertigen, bei denen Motive im Verhältnis zum Hintergrund viel größer wirken, als sie sind.

Bildqualität

Der optische Aufbau des OM System 17 mm F1.8 II besteht aus 9 Linsen, die in 6 Gruppen angeordnet sind. Eine DSA-Linse, eine HR-Linse und 2 asphärische Linsen sollen optische Fehler minimieren. Zudem kommt die ZERO-Vergütung gegen Reflexionen und Geisterbilder zum Einsatz. Die Blende besteht aus lediglich 7 Lamellen. Die Brennweite von 17 Millimeter bedeutet einen Bildwinkel von 65 Grad diagonal, was einem 34mm-Kleinbildobjektiv entspricht.

Dank der großen maximalen Blendenöffnung von F1,8 lassen sich Motive mit unscharfem Hintergrund fotografieren. Dabei verschwimmen die Details weich ineinander, das Bokeh ist schön harmonisch. Auch die Unschärfescheibchen von Spitzlichtern sind überraschend gleichmäßig und zeigen nur einen minimal helleren Rand. Kritisch wird es jedoch, wenn im Bokeh hohe Kontraste, etwa Reflexionen an spiegelnden Oberflächen, auftreten, denn dann zeigen sich doch sehr heftige Farbsäume.

Im Gegenlicht zeigt das 17 mm F1.8 II hohe Kontraste, es kann bei bestimmten Winkeln zur Lichtquelle jedoch leichte Lichteinbrüche beziehungsweise Flares geben. Auch ein paar Blendenreflexe, die aber nicht besonders stark waren, konnten wir beobachten. Schließt man die Blende stark, so könnten sich angesichts der lediglich 7 Lamellen der Blende durchaus Sternstrahlen um punktuelle Lichtquellen bilden. Diese fallen jedoch selbst bei F22 nur minimal aus und sind nicht sonderlich ansehnlich.

Im Testlabor zeigt das OM System 17 mm F1.8 II kaum optische Fehler. Die im Bokeh bemängelten Farbsäume treten in der Schärfeebene kaum auf. Sie sind im Mittel nicht sichtbar und selbst im Maximum an harten Kontrastkanten nur ganz leicht. Die Verzeichnung fällt mit unter einem halben Prozent Tonnenform ebenfalls nicht negativ ins Gewicht. Bei Offenblende haben wir dagegen eine Randabdunklung von einer ganzen Blendenstufe gemessen. Das kann man zwar sehen, aber dank des sanften Verlaufs fällt es nicht negativ auf. Beim Abblenden auf F2,8 und weiter nimmt die Randabdunklung dann auf rund eine halbe Blendenstufe ab und fällt damit kaum noch ins Gewicht.

Obwohl die optische Rechnung des OM System 17 mm F1.8 II im Vergleich zum über 12 Jahren alten Vorgängermodell unverändert ist, löst es am 20-Megapixel-Sensor der OM System OM-3 ab Offenblende in der Bildmitte gut auf (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Ab F2,8 ist die Auflösung sehr gut und erreicht bei F4 und F5,6 ihr Maximum, bevor die Beugung die Auflösung wieder langsam reduziert. Bis F11 bleibt sie gut, fällt darüber aber deutlich ab – das ist typisch für den nur 17,3 x 13 Millimeter großen Four-Thirds-Sensor. Zum Bildrand fällt die Auflösung durchgehend gering um rund 20 Prozent ab. Bei F4 und F5,6 ist die Randauflösung am höchsten, von F2,8 bis F8 bewegt sie sich im guten Bereich.

Fazit

Das OM System 17 mm F1.8 II ist ein nicht besonders teures, kleines, leichtes und nun dank IPX1 auch robustes Reportage-Weitwinkelobjektiv. Es hat einen schnellen, leisen Autofokus und eine viel bessere Naheinstellgrenze und damit auch bessere Vergrößerung als vom Hersteller versprochen. Zwar gibt es keinen linearen manuellen Fokus, aber immerhin kein Fokusatmen. Die Bildqualität kann sich sehen lassen. Überraschend weich ist das Bokeh, auch wenn es unschöne Farbsäume an Kontrastkanten zeigt. Die gibt es dafür in der Schärfeebene nicht, genauso wie es keine anderen störenden optischen Fehler gibt. Die Auflösung ist im Bildzentrum gut und fällt nur etwas zum Bildrand ab.

Kurzbewertung

  • Kompaktes, nach IPX1 spritzwassergeschütztes Metallgehäuse
  • Schneller, leiser Autofokus
  • Kein Fokusatmen
  • Gute Auflösung mit wenig Randabfall
  • Weiches Bokeh
  • Kräftige Farbsäume im Bokeh
  • Kunststoff-Filtergewinde

OM System 17 mm F1.8 II mit OM System OM-3

Auflösung MTF


OM-3

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller OM System
Modell 17 mm F1.8 II
Unverbindliche Preisempfehlung 549,00 €
Bajonettanschluss Micro Four Thirds
Brennweite 17,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F22
KB-Vollformat nicht relevant
Linsensystem 9 Linsen in 6 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 250 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 46 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 58 x 38 mm
Objektivgewicht 112 g

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