Helfer für schwierige Positionen
Rollei Winkel-Arm XL im Praxistest
2023-01-29 Der Winkel-Arm XL ist ein Stativzubehör, was besonders Makro-Fotografen interessieren dürfte. Mit ihm ist es möglich, dichter an ein Objekt heranzukommen, wenn das Stativ aus topografischen Gründen auf Abstand bleiben muss. Welche Probleme sich daraus ergeben können und wie sich der Einsatz gestaltet hat, haben wir für diesen Test ermittelt. (Harm-Diercks Gronewold)
Der Rollei Winkel-Arm XL ist etwas länger als 62 cm, er kann um etwa 60 cm in eine Richtung gezogen werden. [Foto: MediaNord]
Der Winkel-Arm XL ist etwas mehr als 62 Zentimeter lang, wiegt etwa 600 Gramm und ist aus Aluminium. Die Verarbeitung ist sauber und macht einen sehr guten Eindruck. Zum Zubehör gehört ein Aufschraubhaken und ein Imbus-Schlüssel. Eine Transporttasche gibt es hingegen nicht.
Der Arm besteht aus einem sehr speziellen Stativkopf, auf dem ein Halter für das Aluminiumrohr befestigt ist. Neben einer einfachen Fluiddämpfung besitzt der "Stativkopf" eine Feststellschraube und eine aufgedruckte Gradeinteilung. Befestigt wird er über das 3/8 Zoll Gewinde, so wie man es von herkömmlichen Stativköpfen kennt. Die Montageplatte des Ganzen hat einen Durchmesser von 45 Millimetern, ist also kleiner als die meisten "großen" Stativkopfplatten und eignet sich dadurch auch gut zur Kombination mit größeren Reisestativen, deren Kopfplatte oft auch einen Durchmesser im Bereich von ungefähr 45 mm haben.
Direkt über der Montageeinheit ist der Halter für den Winkel-Arm untergebracht. Der Arm ist in der Ausgangsstellung im 90° Winkel zur Stativmittelsäule positioniert. Er lässt sich dank eines einfachen Gelenks um etwas mehr als 90° in beide Richtungen anwinkeln. In der Praxis ist dieser steile Winkel irgendwann durch die Stativschulter begrenzt und unterscheidet sich daher von Stativ zu Stativ und hängt auch davon ab, wie weit man die Stativmittelsäule ausfährt.
Wird das Gegengewicht unterhalb der Stativschulter positioniert hält der Haken das Gewicht problemlos. [Foto: Rollei]
Im Gelenk ist eine Nivellierlibelle untergebracht, auf diese hätte man aber getrost verzichten können, es sei denn man möchte den Arm nutzen, um die Mittelsäule des eigenen Stativs zu verlängern. In allen anderen Winkeleinstellungen ist die Libelle nutzlos. Zudem besitzt das Gelenk des Arms noch kleine Abstufungen, so dass der Winkel nicht stufenlos einstellbar ist. Eine exakte Nivellierung ist also nicht über den Arm selber, sondern nur über die Stativbeine möglich.
Im Armhalter auf der Oberseite des "Stativkopfes" ist eine weitere Feststellschraube zu finden. Diese hält das profilierte Aluminiumrohr auch bei steilen Winkeln an Ort und Stelle. Die Profilierung des Rohrs ist notwendig, um ein Verdrehen des Rohres zu verhindern, wenn ein Stativkopf mit Kamera montiert wurde. Der Arm lässt sich auf maximal etwa 60 Zentimeter herausziehen. Der letzte Rest der Gesamtlänge wird für die Klemmung genutzt.
Der eigentliche Arm ist etwa 62 Zentimeter lang und besitzt an beiden Enden einen Montageteller mit knapp 48 Millimeter Durchmesser. An diese Teller lassen sich Stativköpfe anbringen oder ein Haken oder eine Öse, um ein Gegengewicht anzubringen. Ein offener Haken gehört zum Lieferumfang und genau dieses einfach Zubehörteil ist der größte des sonst eigentlich pfiffigen Winkelarms: Bei unserem Testgerät lies sich dieser nicht so anbringen, dass die Öffnung nach oben zeigt. Stattdessen zeigte die Öffnung immer zu einer Seite. Muss man also ein Gegengewicht benutzen, wird das sehr schwierig, da das angehängte Gewicht leicht zur Seite herausrutschen kann. Würde dies passieren, könnte das Stativ mitsamt der Kamera umkippen.
Mit Hilfe einer Unterlegscheibe konnten wir die Öffnung des Hakens aber recht schnell in die richtige Richtung basteln. Laut Hersteller Rollei ist der Gewindegang aber nicht immer so geschnitten, dass das Problem auftritt, das ist also im individuellen Fall jeweils Glück oder Pech. Besser wäre es gewesen den Haken einfach als geschlossene Öse auszuführen, dort könnte man ein Gegengewicht dann leicht z. B. mit einem Karabinerhaken einhängen, ohne dass die Gefahr bestünde, dass irgendetwas versehentlich aushakt.
Wäre der Haken bei unserem des Winkel-Arm-XL so anschraubbar wie in dem Pressefoto, dann gäbe es keinen Grund zur Beanstandung . [Foto: Rollei]
Zum Ausbalancieren der Konstruktion, kann man sich an den Physikunterricht zurückerinnern und die Formel für die Hebelkraft zu Rate ziehen, um zu ermitteln, wie schwer das Gegengewicht sein muss. Grundsätzlich gilt, dass mit steigender Armlänge auf Seiten der Kamera das Gegengewicht linear erhöht werden muss. Bei einem weit ausgezogenen Arm und montierter Kamera darf also schon einiges an Gegengewicht am Haken hängen, damit das Ganze ausbalanciert ist.
Die Montageteller besitzen jeweils einen doppelten Gewindebolzen mit 3/8 Zoll Gewinde auf der einen und einem 1/4 Zoll Gewinde auf der gegenüberliegenden Seite. Zum Wechseln auf ein 1/4 Zoll Gewindebolzen, wird der Teller einfach abgeschraubt und der Gewindebolzen wird um 180° gedreht, um dann mit dem Teller wieder eingeschraubt zu werden, ziemlich simpel. Die Teller lassen sich zudem in beide Richtungen per Madenschraube fixieren.
Dank der beiden Montageteller ist es auch möglich, zwei Stativköpfe und Kameras gleichzeitig zu montieren. Das bietet sich an, wenn man mit zwei unterschiedlichen Brennweiten simultan arbeiten möchte, ohne permanent das Objektiv wechseln zu müssen. Oder z. B. bei der Tierbeobachtung sowohl mit einem Fernglas als auch mit einer Kamera gemeinsam auf einem Stativ. Natürlich muss man dabei die maximale Belastbarkeit des Stativs und des Winkel-Arm XL im Auge behalten. In dem Anwendungsfall ist die große Länge des Arms der Stabilität der Konstruktion auch eher abträglich. Neben der Nutzung des Arms als Verlängerung zur Seite kann er dank des Schwenkarms auch dazu eingesetzt werden, um bodennahe Aufnahmen zu machen oder um die maximale Arbeitshöhe des Stativs zu erhöhen.
Der Rollei Winkel-Arm ist auch als kürzere Carbon-Version erhältlich. Dort kann die Kamera nur einseitig montiert werden. Die andere Seite ist mit einem ausziehbaren Haken versehen. [Foto: Rollei]
Der Winkel-Arm XL ist aus Aluminium und ist im Fachhandel für knapp 70 Euro erhältlich. Zudem ist eine Version mit Carbon-Rohr für etwa 60 Euro erhältlich, allerdings ist diese Variante nur 37 Zentimeter lang und bietet damit wenig Bewegungsfreiheit.
Fazit
Die Handhabung des Winkel-Arm XL ist denkbar einfach und selbsterklärend. In der Praxis haben wir mit einer Micro-Four-Thirds-Kamera "on location” keine Probleme gehabt, dem Objekt ordentlich auf die Pelle zu rücken. Der offene Haken für das Gegengewicht war für die Arbeitsweise mit quer oder nach unten geneigtem Arm bei unserem Testgerät allerdings zunächst unbrauchbar. Mit einer passenden Unterlegscheibe aus dem Baumarkt lässt sich die Öffnung des Hakens in die richtige Position bringen. Bei einer geringen Auszugslänge benötigt man den Haken und ein Gegengewicht nicht.
Kurzbewertung
- Leichtes Handling
- Dank Gelenk universell einsetzbar
- Große nutzbare Auszugslänge von 60 cm
- Suboptimal konstruierter Haken fürs Gegengewicht