Ungewöhnlich lichtstarkes Vollformat-Standardzoom

Sony FE 28-70 mm F2 GM im Test

2024-11-19 Das Sony FE 28-70 mm F2 GM ist das bisher lichtstärkste Zoomobjektiv des japanischen Herstellers und nach dem Canon RF 28-70 mm F2 L USM erst das zweite derartige Standardobjektiv am Markt. Die Sony-Ingenieure haben es jedoch geschafft, ihr Objektiv über ein halbes Kilogramm leichter und einen Zentimeter schlanker zu bauen. Ob das die Praxistauglichkeit verbessert und die Bildqualität trotzdem stimmt, haben wir an der 50 Megapixel auflösenden Sony Alpha 1 II getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Auch wenn das Sony FE 28-70 mm F2 GM mit 918 Gramm deutlich leichter und mit einem Durchmesser von 9,3 Zentimeter schlanker als das Canon-Pendant ausfällt, ist es immer noch ein 14 Zentimeter langes, großes, schweres, klobiges Objektiv. Selbst an der nicht mehr ganz so kleinen Sony Alpha 1 II (im Vergleich beispielsweise zur Alpha 7 III) wirkt es frontlastig und "zu groß geraten". Über 1,6 Kilogramm bringt die Kombination auf die Waage. Dafür kann man sich aber unter Umständen die eine oder andere Festbrennweite sparen und kommt vielleicht sogar bei vielen Projekten mit diesem als einziges Objektiv aus. Schließlich ist es mit 3.600 Euro auch nicht gerade ein Schnäppchen.

Trotz des hohen Preises dominiert hochwertiger Kunststoff als Gehäusematerial. Lediglich das Bajonett sowie ein Zierring an der Front bestehen aus Metall. Zoom- und Fokusring sind mit einer griffigen Gummiriffelung überzogen, der Blendenring kommt mit einer Kunststoffriffelung aus. Der Kunststoff ist sauber verarbeitet und wirkt robust sowie hochwertig. Der Zoomtubus hat minimales Spiel, was für einen leichten Lauf unabdingbar ist. Da aber auch das 86 mm Filtergewinde aus Kunststoff besteht, sollte man Metallfilter vorsichtig einschrauben, um das Kunststoff-Gewinde nicht zu beschädigen.

Für die nötige Robustheit sorgen zahlreiche Dichtungen, die das Innere des Sony FE 28-70 mm F2 GM vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser schützen. Der Zoomtubus fährt nur minimal um höchstens 1,5 Zentimeter aus, sodass kaum Luft eingesaugt und ausgestoßen wird. Die 72 Millimeter große, minimal nach außen gewölbte Frontlinse besitzt eine schmutzabweisende Fluorbeschichtung, die sich leicht reinigen lässt.

Positiv aufgefallen ist uns zudem die Abwesenheit einer weißen Beschriftung an der Objektivfront, die an den allermeisten Sony-Objektiven zu finden ist. Ob Absicht oder mangelnder Platz – das Ergebnis ist zu begrüßen, schließlich gibt es so bei kritischen Motiven weniger Reflexionen.

Zum Lieferumfang gehört neben einer Stofftasche und den obligatorischen Schutzdeckeln auch eine tulpenförmige Streulichtblende, die ebenfalls aus Kunststoff besteht. Sie ist innen mattiert, um Reflexionen zu minimieren. Zudem gibt es ein Fenster zum Aufschieben, um einen beweglichen Filter besser bedienen zu können. Die Blende rastet automatisch ein und besitzt einen Kunststoffknopf zur mechanischen Entriegelung, die auch in umgedrehter Transportstellung die Blende sichert, damit man sie nicht verliert.

Ausstattung

Gezoomt wird das Sony FE 28-70 mm F2 GM mechanisch. Mit dem angenehm breiten, mittig am Objektiv sitzenden Zoomring kann man mit weniger als einer viertel Umdrehung den 2,5-fachen Zoombereich durchfahren, wobei gut lesbare, weiße Beschriftungen bei 28, 35, 50 und 70 Millimeter Auskunft über die eingestellte Brennweite geben. Dank eines Schiebeschalters rechts unten am Objektiv kann man den Zoomwiderstand zwischen Smooth und Tight wählen. Bei Smooth dreht sich der Ring, wie man es von anderen Objektiven kennt, bei Tight dreht er sich deutlich schwerer.

Der Blendenring des FE 28-70 mm F2 GM befindet sich hinter dem Zoomring. Auf der vorderen Hälfte sind die ganzen Blendenstufen von F2 bis F22 gut ablesbar weiß beschriftet und mit einer 1/3-Blendenstufen-Skala versehen. Der Blendenring rastet satt und verfügt zudem über eine Automatikstellung mit weiterem Einstellweg zu F22 und deutlichem Einrasten. So leicht verlässt man also die Automatikstellung nicht versehentlich. Dank des "Iris Lock"-Schiebeschalters auf der linken Seite kann man einen unbeabsichtigten Wechsel zwischen manuellem Bereich und Automatik verhindern.

Automatikstellung ist aber eigentlich nicht ganz das richtige Wort für die "A-Stellung", denn nur im manuellen oder Zeitautomatik-Modus hat das überhaupt eine Auswirkung. In der Blendenautomatik, Programmautomatik oder Vollautomatik übernimmt die Kamera unabhängig von der Einstellung des Blendenrings die Kontrolle über die tatsächliche Blendeneinstellung. Stellt man den Blendenring im manuellen oder Zeitautomatik-Modus auf Automatik, kann die Blende über ein Funktionsrad an der Kamera eingestellt werden, wird also nicht automatisch eingestellt.

Videografen dürfte der rechts unten befindliche, mit "Click" beschriftete Schiebeschalter freuen: Stellt man ihn von "On" auf "Off", läuft der Blendenring stufenlos und ohne Rastung. Auch wenn die Kamera keine feineren Abstufungen als 1/3-Blendenstufen auf dem Bildschirm beziehungsweise im Sucher anzeigt, arbeitet die Blendenöffnung stufenlos sowie lautlos.

Vor dem Zoomring befinden sich links und oben je eine Taste. Die Funktion ist zwar identisch, aber so erreicht man im Hoch- und Querformat stets an derselben Position seine Funktionstaste. Die Belegung kann über das Kameramenü eingestellt werden.

Fokus

Vorne am Sony FE 28-70 mm F2 GM befindet sich der elektronische Fokusring. Er ist etwas schmaler als der Zoomring, aber mehr als ausreichend breit. Mit einer 3/8 Umdrehung wird der Fokusbereich unabhängig von der Drehgeschwindigkeit (und damit linear, ideal für Videografen) von unendlich bis zur Naheinstellgrenze durchfahren, die über den gesamten Zoombereich 38 Zentimeter betragen soll. Die Umschaltung zwischen manuellem und Autofokus erfolgt über einen Schalter unterhalb des linken Funktionsknopfes.

Egal ob automatisch oder manuell fokussiert wird, verstellen stets vier XD-Linearmotoren zwei Fokusgruppen. Dabei tritt nur leichtes Fokusatmen auf, das man in der Kamera elektronisch korrigieren kann, sofern diese das unterstützt. Der Autofokus packt trotz der großen Glasmassen kräftig und zackig zu. Selbst bei den 120 Bildern pro Sekunde, mit denen die Alpha 9 III Serienbilder aufnimmt, arbeitet der Autofokus noch.

In der Praxis variierte bei uns die Naheinstellgrenze zwischen 33,1 Zentimeter im Weitwinkel und 36 Zentimeter im Tele – die Herstellerangabe von 38 Zentimeter wurde also stets mindestens erreicht. Dadurch ist auch der reale Abbildungsmaßstab etwas besser als der von Sony versprochene 1:4,35. Im Tele konnten wir ein 14,6 x 9,7 Zentimeter kleines Motiv formatfüllend abbilden, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,1 entspricht. Dabei war das Motiv 18,8 Zentimeter von der Objektivfront entfernt. Gegen die sichtbar unscharfen Bildränder bei F2 hilft Abblenden auf F5,6 bis F11. Im Weitwinkel konnten wir ein 27,9 x 18,6 Zentimeter kleines Motiv formatfüllend abbilden, was einem Maßstab von 1:7,8 entspricht. Der Abstand der Objektivfront vom Motiv beträgt dabei 17,3 Zentimeter.

Fortsetzung auf Seite 2

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