Lichtstarkes Vollformat-Telezoom

Testbericht: Canon EF 70-200 mm 2.8 L IS III USM

2020-08-26 F2,8 lichtstarke 70-200mm-Zooms sind quasi Klassiker im Sortiment von Kleinbildobjektiven. Sie eignen sich von der Sport- über die Porträtfotografie bis hin zu Available-Light-Aufnahmen für eine große Zahl an Motiven. Mit dem EF 70-200 mm 2.8 L IS III USM ging das entsprechende Objektiv für Canon-DSLRs vor zwei Jahren in die dritte Generation. Als modernes DSLR-Objektiv sollte es eine geringe Verzeichnung, Randabschattung und Farbsäume aufweisen und zudem bei allen Brennweiten bereits bei Offenblende eine hohe Bildauflösung möglichst bis in die Randbereich abliefern. Ob es die Bildqualitäts- und Geschwindigkeitsansprüche von Profis erfüllen kann, haben wir an der EOS-1D X Mark III getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Über 2.000 Euro muss man für das Canon EF 70-200 mm 2.8 L IS III USM hinlegen. Dafür bekommt man ein "nackt" 1.428 Gramm schweres Objektiv, dessen 20 Zentimeter langes und neun Zentimeter "dickes" Gehäuse überwiegend auf Metall besteht. Hinzu kommen noch einmal 118 Gramm für die mitgelieferte Stativschelle, 93 Gramm für die Streulichtblende und 22 Gramm für den Frontdeckel. Betriebsbereit (ohne Deckel) an der Canon EOS-1D X Mark III montiert ergibt sich ein Gesamtgewicht von fast 3,1 Kilogramm. Das ist schon ein amtliches Gewicht, das dank der guten Kameraergonomie aber erstaunlich gut in der Hand liegt

Das Objektivgehäuse ist hellgrau lackiert. Beim Test an einem heißen Sommertag machte sich das vorteilhaft bemerkbar: Während die Oberfläche der schwarzen Kamera in der Sonne merklich heiß wurde, blieb das Objektiv angenehm kühl. Dadurch dürfte sich das Gehäuse weniger dehnen und damit die optische Konstruktion präziser arbeiten. Der verwendete Lack ist sehr schlag- und kratzfest, so dass man die Oberfläche nicht wie ein rohes Ei behandeln muss. Übrigens ist die mitgelieferte Tasche in einer zum Objektiv passenden Farbe gehalten, ein sehr schönes Detail.

Zudem ist das Objektiv gegen Staub und Spritzwasser gedichtet, so dass auch Umwelteinflüsse kein Problem darstellen. Dank einer Fluorbeschichtung haftet Schmutz weder an der Front- noch an der Rücklinse gut an, so dass sie sich einfach reinigen lassen. Wer möchte, kann zudem 77mm-Filter vor die Frontlinse schrauben. Die Streulichtblende lässt sich zum Transport verkehrt herum montieren. Ihr Bajonett rastet sowohl in der Arbeits- als auch der Transportposition fest ein, man muss erst einen Entriegelungsknopf drücken, um sie losdrehen zu können.

Die Stativschelle sorgt für eine bessere Balance beim Stativeinsatz, lässt sich aber glücklicherweise auch abnehmen, dann ist sie nicht mehr im Weg. Mit der schweren EOS-1D X Mark III ist die Kombination auf dem Stativ sogar hecklastig. Mit einem Drehknauf lässt sich die Stativschelle entriegeln und die Kamera-Objektivkombination frei drehen. Das vermittelt allerdings kein besonders hochwertiges Gefühl, die Drehung erfolgt eher nicht sanft gleitend, sondern mehr grob schabend. Es gibt keinerlei Rastpunkte, auch eine Hochformat-Markierung fehlt, nur im Querformat hilft eine Strichmarkierung bei der Ausrichtung.

Ausstattung und Bedienung

Im hinteren Bereich sitzt der auf einer Breite von ca. drei Zentimetern geriffelt gummierte Zoomring, der mit weniger als einer viertel Umdrehung den 2,9-fachen Zoombereich von 70 bis 200 Millimeter durchfährt. Markierungen bei 70, 100, 135 und 200 Millimeter helfen bei der Orientierung. Der Zoomring läuft angenehm und mit einem recht hohen, aber gleichmäßigen Widerstand. Das Mitzoomen beim Fotografieren ist damit durchaus im Bereich des Möglichen, wenn man etwas übt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass der Zoomring beim Fotografieren aus der Hand ergonomisch günstig liegt.

Weiter vorne am Objektiv sitzt der sogar auf einer Breite von vier Zentimetern geriffelt gummierte Fokusring. Mit etwas mehr als einer viertel Umdrehung wird der Fokusbereich von 1,2 Metern bis unendlich durchfahren. Im Gegensatz zum Zoomring besitzt der Fokusring keine festen Anschläge, man hört und spürt aber deutlich, wenn man den Ring ans Ende des Einstellbereichs dreht. Er lässt sich aber mit leicht erhöhtem Widerstand endlos weiterdrehen. Angezeigt wird die eingestellte Entfernung in einem Fokusfenster, das sich auf der Oberseite des Objektivs zwischen Zoom- und Fokusring befindet. Fokus und Zoom laufen übrigens intern, die Objektivlänge bleibt also immer konstant.

An der Seite dagegen sind die insgesamt vier Schalter zu finden, von denen zwei den Fokus und zwei den Bildstabilisator steuern. Der Bildstabilisator lässt sich auf Wunsch deaktivieren und arbeitet wahlweise für Mitzieher nur vertikal (Mode 2) oder für alle anderen Fotos vertikal und horizontal (Mode 1). Bis zu 3,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten soll er laut Canon schaffen. Je nach Auflösung der Kamera und Ruhe der Hand ist man mit 2-3 Blendenstufen aber auf der sichereren Seite.

Der Autofokus lässt sich über die beiden Schalter nicht nur wahlweise aktivieren beziehungsweise deaktivieren, sondern auch sein Arbeitsbereich begrenzen. Wahlweise fokussiert er von 1,2 Meter bis unendlich oder von 2,5 Meter bis unendlich. Das kann den ohnehin sehr schnellen Autofokus nochmal etwas beschleunigen, wenn die Motive ohnehin weiter weg liegen oder aber störende Objekte im Nahbereich ihn nicht verwirren sollen. Dank des Ring-USM-Antriebs arbeitet der Autofokus sehr leise (gewisse mechanische Geräusche bleiben in sehr leisen Umgebungen aber durch aus hörbar), schnell und präzise. Übrigens kann der Fokus auch ohne Umschaltung auf manuellen Fokus jederzeit mit dem Fokusring nachjustiert werden.

Bei unseren Praxistests mit Leichtathletikaufnahmen hatte der Autofokus keine Mühe, den Sportlern bei 100-Meter-Sprints, Hürdenlauf oder Weitsprung blitzschnell auf die Motive scharfzustellen, egal ob die Sportler auf die Kamera zuliefen oder seitlich ins Bild hineinliefen und blitzschnell erfasst werden mussten. Die Naheinstellgrenze von 1,2 Metern ist für ein solches Objektiv gut, aber nicht spektakulär. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:4,8 bei 200 Millimetern Brennweite, das minimale Bildfeld liegt bei etwa 17,1 mal 11,4 Zentimeter.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.