Mittelformat-Normalobjektiv
Testbericht: Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR
2021-04-06 Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 50 Millimetern entspricht das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR einer klassischen Normalbrennweite, ist also das Standardobjektiv für alle Kameras im GFX-System von Fujifilm. Ursprünglich mit 50-Megapixel-Kameras gestartet bieten die neuesten Mittelformatkameras, allen voran die GFX100S, mit über 100 Megapixeln eine deutlich höhere Auflösung, die das GF 63 aber auch bedienen können sollte. Ob das der Fall ist und wie sich das Standardobjektiv sonst so schlägt, verraten wir im ausführlichen Testbericht. (Benjamin Kirchheim)
Mit einer Länge von knapp über sieben und einem Durchmesser von 8,4 Zentimetern, der sich nach vorne auf unter sieben Zentimeter verjüngt, ist das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR eines der eher kleineren Mittelformatobjektive im GFX-System. [Foto: Fujifilm]
Verarbeitung
Mit einer Länge von knapp über sieben und einem Durchmesser von 8,4 Zentimetern, der sich nach vorne auf unter sieben Zentimeter verjüngt, ist das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR eines der eher kleineren Mittelformatobjektive im GFX-System. Mit einem Gewicht von 405 Gramm wiegt es deutlich weniger als die 906 Gramm schwere Testkamera Fujifilm GFX100S. Inklusive der mitgelieferten runden Streulichtblende ergibt sich ein Gesamtgewicht von genau 1,34 Kilogramm. Das ist zwar absolut gesehen schwer, aber im Verhältnis zum hochauflösenden Mittelformatsensor eine durchaus mobile Kombination, die man auch gut zu einem abgelegenen Motiv tragen kann.
Der Preis von fast 1.600 Euro mag zwar hoch klingen, aber tatsächlich handelt es sich um eines der günstigeren Objektive im GFX-System. Dem Preis angemessen besteht das Gehäuse aus Metall und ist perfekt verarbeitet. Auch das 62mm-Filtergewinde ist aus Metall gefertigt. Die Spaltmaße sind minimal und die Oberflächen sind in seidenmattem Schwarz gehalten. Zahlreiche Dichtungen schützen vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser, so dass das Objektiv auch unter widrigen Aufnahmebedingungen eingesetzt werden kann.
Zum Lieferumfang gehören ein Objektivbeutel sowie eine runde Streulichtblende. Diese besteht im Gegensatz zum Objektiv komplett aus Kunststoff. Innen ist sie matt geriffelt, damit kein Licht reflektiert wird. Per Bajonett rastet die Blende sowohl in Arbeitsstellung als auch umgekehrt in Transportstellung ein, eine spezielle Verriegelung gibt es jedoch nicht. Aufgrund ihrer Größe (Länge rund 3,5 und Durchmesser fast neun Zentimeter) wird der manuelle Fokusring in Transportstellung komplett verdeckt.
Ausstattung und Bedienung
Nicht nur das Design des Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR ist minimalistisch, sondern auch seine Ausstattung mit Bedienelementen beschränkt sich auf das Wesentliche. Es gibt lediglich einen Blenden- und einen Fokusring. Umgeschaltet zwischen Autofokus und manuellem Fokus wird über den entsprechenden SCM-Wahlhebel auf der Kamerarückseite (S für Single-Autofokus, C für Continous-Autofokus und M für manuellen Fokus).
Mit einem Gewicht von 405 Gramm wiegt das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR weniger als die 906 Gramm schwere GFX100S. Damit ergibt sich eine recht mobile Kombination. [Foto: MediaNord]
Der 2,3 Zentimeter breite Fokusring ist auf einer Breite von 1,7 Zentimetern griffig geriffelt und gummiert. Es handelt sich um einen rein elektronisch arbeitenden Ring, dessen Steuerbefehle zum Einstellen der Autofokuseinheit umgesetzt werden. Dabei ist praktischerweise die Kamera mit im Spiel, denn hier lässt sich im Menü wählen, ob die Steuerbefehle linear oder nicht-linear umgesetzt werden sollen. Der Unterschied ist, dass ein Drehwinkel im linearen Betrieb unabhängig der Drehgeschwindigkeit immer zum selben Verstellweg für den Fokus umgesetzt wird, während bei nicht-linearem Betrieb langsame Bewegungen zu einer feineren Fokuseinstellung führen als schnelle.
So kann sich jeder seinen bevorzugten Modus wählen. Allerdings wird hierbei die komplette Front des Objektivs ausgefahren, denn es handelt sich um einen Auszugs-Autofokus mit feststehender Hinterlinse. Zwischen der Bewegung des Fokusrings und der Reaktion des Fokusmotors ist eine Verzögerung zu bemerken, die bei Kamerasystemen mit kleineren Sensoren und moderneren Konstruktionen mit Innenfokus weniger auffallen als beim GF 63mm.
Als Fokushilfen stehen im Livebild auf dem Bildschirm oder im elektronischen Sucher neben einer Lupe und Fokuspeaking auch eine Fokusskala samt Schärfentiefeanzeige zur Verfügung. Gerade letztere kann bei Kenntnis der Entfernung und der Tiefe des Motivs sehr hilfreich sein, zumal sich die Skalierung auf Pixelebene einstellen lässt. So kann man sicherstellen, dass das gewünschte Motiv auch wirklich komplett scharf abgebildet wird.
Im Autofokusbetrieb stellt das Objektiv flott scharf, wobei man je nach Verstellweg deutlich bemerkt, dass eine gewisse Masse in Bewegung versetzt wird. Der Autofokus ist dabei nicht gerade leise. Beachtlich ist die minimale Fokusdistanz etwas unter 48 Zentimetern. Sie ist damit etwas geringer als die von Fujifilm angegeben 50 Zentimeter. Aufgrund des Bildwinkels von 47 Grad diagonal fällt das minimale Bildfeld von 24 mal 18 Zentimeter recht klein aus. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:5,5 und übertrifft damit die Herstellerangabe von 1:5,9.
Nicht nur das Design des Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR ist minimalistisch, sondern auch seine Ausstattung mit Bedienelementen beschränkt sich auf das Wesentliche. Es gibt lediglich einen Blenden- und einen Fokusring. [Foto: Fujifilm]
Des Weiteren verfügt das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR über einen 1,5 Zentimeter breiten Blendenring, der eine 1,1 Zentimeter breite Metallriffelung besitzt. In Drittelstufen rastend lässt sich die Blende von F2,8 bis F32 einstellen. Die gravierten und weiß ausgelegten Ziffern sind gut ablesbar, wobei Fujifilm jedoch auf die Markierungen der Drittelstufen verzichtet. Eine De-Click-Funktion fehlt leider. Leiser lässt sich die Blende über die Kamera einstellen. Hierfür bietet der Blendenring gleich zwei Einstellungen, nämlich "A" und "C". Beide sind mit einer Sicherung versehen, so dass man sie nur verlassen kann, wenn man den Sicherungsknopf drückt. In der C-Stellung kann die Blende manuell über ein Bedienrad der Kamera gewählt werden, in A-Stellung steuert die Kamera die Blende automatisch.
Auf einen optischen Bildstabilisator verzichtet Fujifilm beim GF 63 mm F2.8 R WR. Die Stabilisierung übernimmt im Fall der GFX100S aber ohnehin der beweglich gelagerte Bildsensor.
Bildqualität
In der Praxis zeigt das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR bei allen Aufnahmesituationen hohe Kontraste, selbst im direkten Gegenlicht. Nicht einmal störende Blendenreflexe treten hier auf. Während sich in der Schärfeebene praktisch keine Farbsäume zeigt, sieht es im Unschärfebereich von etwas anders aus. Hier werden vor allem bei stärkerer Vergrößerung, die dank der 100 Megapixel hohen Sensorauflösung problemlos möglich ist, leichte Farbsäume sichtbar. Ansonsten ist das Bokeh aber angenehm weich, die neun abgerundeten Blendenlamellen sorgen für eine gleichmäßig runde Öffnung.
Der hohen Sensorauflösung von über 100 Megapixeln der GFX100S wird das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR problemlos gerecht. Die besten Ergebnisse erzielt man bei F11. [Foto: MediaNord]
Der Test im Labor an der Fujifilm GFX100S bestätigt die praktisch nicht vorhandenen Farbsäume in der Schärfeebene, auch andere optische Fehler zeigen sich nicht. Die Randabdunklung ist mit maximal 0,3 Blendenstufen vernachlässigbar, eine Verzeichnung ist nicht vorhanden.
Auch bei der Auflösung kommt das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR wunderbar mit den über 100 Megapixeln der GFX100S problemlos klar. Bei 50 Prozent Kontrast zeigt es in der Bildmitte bereits ab Offenblende eine sehr hohe Auflösung von über 100 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Beim Abblenden überschreitet es ab F5,6 sie 100 lp/mm und erreicht bei F11 sein Maximum von 114 lp/mm (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).
Am Bildrand ist die Auflösung zunächst etwas geringer. Die knapp unter 70 lp/mm sind zwar auch nicht wenig, aber doch etwas über 30 Prozent unterhalb der Auflösung im Bildzentrum. Dies ändert sich beim Abblenden deutlich, bereits ab F5,6 ist die Randauflösung nochmal deutlich höher und überschreitet bei F11 sogar die Marke von 100 lp/mm. Wer also eine Landschaft oder ein anderes Motiv bei höchster Auflösung fotografieren möchte, blendet am besten auf F11 ab. Bis F16 fällt die Auflösung nur etwas, weiter sollte man jedoch nur wohl überlegt abblenden, bei F32 erreicht das Objektiv nur noch das Niveau eines etwa 30 Megapixel auflösenden Kleinbildsensors.
Fazit
Mechanisch auf höchstem Niveau gefertigt und dem Preis von über 1.500 Euro angemessen zeigt das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR auch eine hervorragende Bildqualität. Der Autofokus wird dem indes nicht gerecht und wirkt vor allem aufgrund der Auszugs-Fokuseinheit ziemlich altbacken. Wen das nicht stört, der kann sich vor allem an der Bildqualität und den für Mittelformat-Verhältnisse kompakten Abmessungen sowie dem geringen Gewicht erfreuen und Bilder auf höchstem technischen Niveau fotografieren. Das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR zeigt auch im Gegenlicht hohe Kontraste, hat ein weiches, wenn auch nicht ganz von Farbsäumen freies Bokeh und zeichnet in der Schärfeebene vor allem abgeblendet äußerst scharf. In der Bildmitte ist das sogar bereits ab Offenblende der Fall. Optische Fehler sind an der Fujifilm GFX100S praktisch nicht vorhanden und der hohen Sensorauflösung von über 100 Megapixeln wird das Fujifilm GF 63 mm F2.8 R WR problemlos gerecht.
Kurzbewertung
- Hervorragende Verarbeitung
- In der Bildmitte hervorragende Auflösung ab Offenblende
- Hervorragend auskorrigierte Verzeichnung und Randabdunklung
- Fokusring wahlweise linear oder nicht-linear
- Hohe Kontraste auch im Gegenlicht
- Altbacken wirkender Auszugs-Fokus
- Lauter Autofokus
- Leichte Farbsäume im Unschärfebereich
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.