Lichtstarke Mittelformat-Festbrennweite
Testbericht: Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR
2021-04-09 Mit einer Lichtstärke von F1,7 ist das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR nicht nur das lichtstärkste Objektiv im GF-System, sondern auch herstellerübergreifend bei Mittelformat-Objektiven. Lediglich Hasselblad kommt mit seinem XCD 1,9/80 in die Nähe des Fujifilm-Objektivs, während es im 645-System von Pentax maximal F2,8 gibt. Vor allem aber im Mittelformat sind solch lichtstarke Objektive schwierig zu konstruieren, insbesondere mit den hohen Anforderungen an die Auflösung von über 100 Megapixeln, die die Testkamera Fujifilm GFX100S stellt. Ob das GF 80 mm F1.7 R WR dieser Auflösung gerecht werden kann und den Käufer auch noch mit einem schönen Bokeh belohnt, verrät unser Testbericht. (Benjamin Kirchheim)
Das perfekt verarbeitete Gehäuse des Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR besteht aus Metall. Zahlreiche Dichtungen schützen vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser. Auch das 77mm-Filtergewinde ist aus Metall gefertigt. [Foto: Fujifilm]
Verarbeitung
Mittelformat-typisch ist das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR mit einer Länge von fast zehn und einem Durchmesser von 9,5 Zentimetern nicht gerade klein. Die Frontlinse misst 5,5 Zentimeter im Durchmesser und die Rücklinse 4,5 Zentimeter. Mit einem Gewicht von 793 Gramm wiegt es fast so viel wie die 906 Gramm schwere Testkamera Fujifilm GFX100S. Inklusive der mitgelieferten, runden Streulichtblende ergibt sich ein Gesamtgewicht von 1,76 Kilogramm.
Das ist zwar absolut gesehen schwer, aber im Verhältnis zum hochauflösenden Mittelformatsensor eine durchaus mobile Kombination, die man auch gut zu einer abgelegenen Location zum Porträtshooting mitnehmen kann. Die kleinbildäquivalente Brennweite von 63 Millimetern entspricht zwar nicht unbedingt dem typischen Porträt-Tele, das eher bei 85 Millimetern liegt, aber ein Normalobjektiv ist das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR auch nicht mehr.
Fujifilm-typisch und den Preis von fast 2.300 Euro angemessen besteht das Gehäuse aus Metall und ist perfekt verarbeitet. Auch das 77mm-Filtergewinde ist aus Metall gefertigt. Die Spaltmaße sind minimal und die Oberflächen sind in seidenmattem Schwarz gehalten. Zahlreiche Dichtungen schützen vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser, so dass das Objektiv auch unter widrigen Aufnahmebedingungen eingesetzt werden kann.
Die Ausstattung des Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR mit Bedienelementen beschränkt sich auf das Wesentliche. Es gibt lediglich einen Blenden- und einen Fokusring. [Foto: Fujifilm]
Zum Lieferumfang gehören ein Objektivbeutel mit festem Boden sowie eine runde Streulichtblende. Diese besteht im Gegensatz zum Objektiv komplett aus Kunststoff. Innen ist sie matt geriffelt, damit kein Licht reflektiert wird. Per Bajonett samt Schnappsicherung rastet die Blende sowohl in Arbeitsstellung als auch umgekehrt in Transportstellung sicher ein. Aufgrund ihrer Größe (Länge über sechs und Durchmesser über zehn Zentimeter) wird der manuelle Fokusring in Transportstellung komplett verdeckt. Mittels eines kleinen Knöpfchens lässt sich die Blende entriegeln.
Ausstattung und Bedienung
Nicht nur das Design des Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR ist geradlinig und minimalistisch, sondern auch seine Ausstattung mit Bedienelementen beschränkt sich auf das Wesentliche. Es gibt lediglich einen Blenden- und einen Fokusring. Umgeschaltet zwischen Autofokus und manuellem Fokus wird über den entsprechenden SCM-Wahlhebel auf der Kamerarückseite (S für Single-Autofokus, C für Continous-Autofokus und M für manuellen Fokus).
Der 3,9 Zentimeter breite Fokusring ist auf einer Breite von 3,4 Zentimetern griffig geriffelt und gummiert. Es handelt sich um einen rein elektronisch arbeitenden Ring, dessen Steuerbefehle zum Einstellen der internen Autofokuseinheit umgesetzt werden. Dabei ist praktischerweise die Kamera mit im Spiel, denn hier lässt sich im Menü wählen, ob die Steuerbefehle linear oder nicht-linear umgesetzt werden sollen. Der Unterschied ist, dass ein Drehwinkel im linearen Betrieb unabhängig der Drehgeschwindigkeit immer zum selben Verstellweg für den Fokus umgesetzt wird, während bei nicht-linearem Betrieb langsame Bewegungen zu einer feineren Fokuseinstellung führen als schnelle.
So kann sich jeder seinen bevorzugten Modus wählen. Allerdings sind hierbei die schweren Linsengruppen des Objektivs deutlich zu spüren, denn zwischen der Bewegung des Fokusrings und der Reaktion des Fokusmotors ist eine kleine Verzögerung zu bemerken, die bei Kamerasystemen mit kleineren Sensoren deutlich geringer auffallen als beim GF 80 mm
Als Fokushilfen stehen im Livebild auf dem Bildschirm oder im elektronischen Sucher neben einer Lupe und Fokuspeaking auch eine Fokusskala samt Schärfentiefeanzeige zur Verfügung. Gerade letztere kann bei Kenntnis der Entfernung und der Tiefe des Motivs sehr hilfreich sein, zumal sich die Skalierung auf Pixelebene einstellen lässt. So kann man sicherstellen, dass das gewünschte Motiv auch wirklich komplett scharf abgebildet wird.
Im Autofokusbetrieb stellt das Objektiv flott scharf, wobei man je nach Verstellweg deutlich bemerkt, dass eine gewisse Masse in Bewegung versetzt wird. Der Autofokus ist zwar leise, die bewegten Massen sind, insbesondere bei Richtungswechseln, aber nicht unhörbar. Die minimale Fokusdistanz von 68,5 Zentimetern kann sich durchaus sehen lassen, zumal sie etwas geringer ausfällt als die von Fujifilm angegebenen 70 Zentimeter. Aufgrund des Bildwinkels von 38 Grad diagonal fällt das minimale Bildfeld von 29 mal 22 Zentimeter ungefähr so groß wie ein DIN-A4-Blatt aus. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:6,6 und übertrifft damit die Herstellerangabe von 1:6,7 minimal.
Trotz großer Glasmassen fokussiert das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR flott. Im manuellen Fokus sorgt die Massenträgheit zusammen mit der elektronischen Verstellung allerdings für leichte Verzögerungen. [Foto: MediaNord]
Des Weiteren verfügt das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR über einen 1,5 Zentimeter breiten Blendenring, der eine 1,1 Zentimeter breite Metallriffelung besitzt. In Drittelstufen rastend lässt sich die Blende von F1,7 bis F22 einstellen. Die gravierten und weiß ausgelegten Ziffern lassen sich gut ablesen, wobei Fujifilm jedoch auf die Markierungen der Drittelstufen verzichtet. Eine De-Click-Funktion fehlt leider. Leiser lässt sich die Blende über die Kamera einstellen. Hierfür bietet der Blendenring gleich zwei Einstellungen, nämlich "A" und "C". Beide sind mit einer Sicherung versehen, so dass man sie nur verlassen kann, wenn man den Sicherungsknopf drückt. In der C-Stellung kann die Blende manuell über ein Bedienrad der Kamera gewählt werden, in A-Stellung steuert die Kamera die Blende automatisch.
Auf einen optischen Bildstabilisator verzichtet Fujifilm beim GF 80 mm F1.7 R WR. Die Stabilisierung übernimmt im Fall der GFX100S aber ohnehin der beweglich gelagerte Bildsensor.
Bildqualität
In der Praxis überzeugt das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR mit einer hohen Schärfe bereits ab Offenblende. Dabei zeigt es eine geringe Schärfentiefe mit sehr schönem Übergang zum Unschärfebereich. Das Bokeh ist samtig weich und dank der neun abgerundeten Blendenlamellen sind die Unschärfescheibchen sehr gleichmäßig rund geformt. Allerdings lassen sich im Unschärfebereich minimale Farbsäume ausmachen. Auch in Gegenlichtsituationen agiert das GF 80 mm F1.7 R WR souverän. Die Schatten bleiben dunkel und selbst mit direkter Sonne im Bildfeld zeigen sich kaum störende Blendenreflexe, die Kontraste bleiben stets hoch.
Im Labortest an der über 100 Megapixel auflösenden GFX100S zeigt das GF 80 mm F1.7 R WR bereits ab Offenblende eine hervorragend hohe Auflösung von fast 110 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm, im Kleinbildäquivalent) bei 50 Prozent Kontrast. Beim Abblenden bleibt die Auflösung bis F11 nahezu konstant, fällt bei F16 nur minimal ab und unterschreitet erst bei noch kleineren Blendenöffnungen die Schwelle von 100 lp/mm.
Bei der Bildqualität überzeugt das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR mit einer (im Bildzentrum) hohen Auflösung ab Offenblende, nur minimalen optischen Fehlern und einer hohen Gegenlichtfestigkeit sowie wunderschönem Bokeh. [Foto: MediaNord]
Am Bildrand sieht es mit der Auflösung hingegen schon ganz anders aus (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Vor allem bis F2 zeigt sich ein sehr deutlicher Auflösungs-Randabfall von über 60 Prozent auf nur 40 lp/mm. Beim weiteren Abblenden zieht die Randauflösung zum Glück deutlich an, im Bereich von F5,6 bis F11 liegt sie bei über 100 lp/mm und der Auflösungs-Randabfall ist praktisch nicht mehr vorhanden.
Bei Porträtaufnahmen oder anderen Fotos mit offener Blende sollte der hohe Auflösungs-Randabfall in der Praxis keine große Rolle spielen. Wenn man aber eine hohe Auflösung auch am Bildrand benötigt, beispielsweise für eine Landschafts- oder Architekturaufnahme oder auch im Fotostudio, blendet man einfach entsprechend ab und erhält eine exzellente Auflösung über das gesamte Bildfeld.
Bei bisher allen von uns getesteten GFX-Objektiven (siehe weiterführende Links) wurden optische Fehler wie Randabdunklung, Verzeichnung und Farbsäume perfekt von der Kamera ausgeglichen. Das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR ist hier keine Ausnahme, so dass man sich um optische Fehler nicht sorgen braucht.
Fazit
Das Fujifilm GF 80 mm F1.7 R WR ist ein einmalig lichtstarkes Mittelformat-Objektiv, das zwar nicht ganz fehlerfrei ist, aber doch mit einer ausgesprochen hohen Bildqualität zu überzeugen weiß. Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben und der Autofokus trotz der großen Glasmassen erstaunlich schnell, auch wenn man die zu bewegenden Massen spürt. Das führt im Zusammenspiel mit dem elektronisch gesteuerten manuellen Fokus allerdings zu leichten Verzögerungen aufgrund der Massenträgheit. Bei der Bildqualität liefert das GF 80 mm F1.7 R WR bis auf eine in der Praxis vernachlässigbare Ausnahme auf ganzer Linie eine sehr gute Bildqualität. Die Auflösung ist ab Offenblende hoch, optische Fehler sind minimal und das Bokeh ist wunderschön. Selbst im Gegenlicht zeigt das Objektiv hohe Kontraste. Nur für eine hohe Randauflösung sollte man mindestens auf F5,6 abblenden, dass ist die Randauflösung aber sogar mit der im Bildzentrum ebenbürtig.
Kurzbewertung
- Hervorragende Verarbeitung
- Von F5,6-F11 gleichmäßig hohe Auflösung von der Bildmitte bis zum Rand
- Hervorragend auskorrigierte Verzeichnung und Randabdunklung
- Fokusring wahlweise linear oder nicht-linear
- Hohe Kontraste auch im Gegenlicht
- Minimale Verzögerung zwischen Fokusring und Fokusmotor
- Hoher Auflösungs-Randabfall bei Offenblende
- Minimales Bokeh-CA
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.