APS-C-Telezoom
Testbericht: Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph.
2018-03-29 Die Objektivauswahl im spiegellosen Kamerasystem TL von Leica ist nicht gerade üppig, und so gibt es zum Telezoom Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. keine Alternative, wenn man längere Brennweiten benötigt. Mit einem Kleinbildäquivalent von rund 85 bis 200 Millimetern kann man zudem nicht von einer besonders langen Brennweite sprechen. Ob dafür das Objektiv kompakt und leicht und die Bildqualität gut ist, zeigt unser Test. (Benjamin Kirchheim)
Das Leica Apo-Vario-Elmar-T 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. ist sehr schlicht und edel designt. Das Metallgehäuse wirkt sehr robust, lässt jedoch einen Spritzwasser- und Staubschutz vermissen. [Foto: Leica]
Mit fast 500 Gramm ist das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. aktuell das schwerste Objektiv im System, es wiegt sogar mehr als die knapp 400 Gramm schwere CL. Die Ein-Kilogramm-Marke knackt die Kombination jedoch nicht. Ob das Objektiv damit besonders leicht oder schwer ist, mag sicher im Auge des Betrachters liegen. Beim Gehäuse kommt außen ausschließlich Metall zum Einsatz, die zwölf Linsen bestehen aus Glas, gehalten werden die jedoch von Kunststoff, was Gewicht spart. Vom Kunststoff bekommt man aber bei diesem Objektiv aufgrund des großen Frontlinsendurchmessers kaum etwas mit. Schade jedoch, dass eine Abdichtung des Gehäuses gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser fehlt. Insgesamt ist das Objektiv also nicht unbedingt ein Leichtgewicht, wirkt robust, ist es jedoch letztlich nur bedingt.
Neben dem Gewicht ist aber auch die Größe ein wesentlicher Faktor, möchte man doch mit einer spiegellosen Systemkamera kompakter unterwegs sein als mit einer DSLR. Bei Teleobjektiven gibt es allerdings normalerweise nichts zu sparen, da sie nicht oder kaum kompakter ausfallen können. Anders sieht es freilich unter Einbezug des Crop-Faktors aus. Der kleinere Sensor ermöglicht kürzere Brennweiten bei gleichem Bildwinkel im Vergleich zu einem Kleinbildsensor. Mit sieben Zentimetern Durchmesser kann man das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. durchaus als schlank bezeichnen, das 60mm-Filtergewinde hat jedoch eine etwas ungewöhnliche Größe, die man außerhalb der Leica-Welt kaum antrifft. Der verhältnismäßig kleine Durchmesser ermöglicht immerhin den Einsatz relativ preisgünstiger optischer Filter, was durchaus von Vorteil ist.
Bei der Länge von gut elf Zentimetern ist es jedoch spätestens mit der Kompaktheit vorbei. So manches APS-C-Zoom für DSLRs mit einer Endbrennweite von 200 Millimetern (was sogar 300 Millimetern Kleinbildäquivalent entspricht) ist da deutlich kürzer. Dafür punktet das Leica mit einer etwas höheren Lichtstärke von F3,5 bis F4,5. Das macht allerdings den fehlenden Bildstabilisator keineswegs wett.
Handhabung
Zoomt man das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. über den hinten liegenden, sehr angenehm griffigen und sanft laufenden Ring auf seine volle Brennweite, so verlängert sich das Objektiv sogar noch um 4,4 Zentimeter. Dabei besteht auch der ausfahrende Tubus aus Metall. Wer den Metallring mit der 2,7 Zentimeter breiten Riffelung nicht zum Zoomen verwenden möchte, kann übrigens auch vorne am Objektiv ziehen, auch wenn Leica das 55-135 mm nicht als "Schiebezoom" verkauft. Auf dem Zoomring sind die Brennweiten 55, 75, 80, 110 und 135 mm deutlich sichtbar weiß beschriftet, das entspricht in etwa kleinbildäquivalenten Brennweiten vom 85, 115, 135, 165 und 200 Millimetern.
Das Filtergewinde des Leica CL mit Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. besitzt mit einem Durchmesser von 60 mm ein etwas ungewöhnliches Maß, erlaubt aber den Einsatz relativ preisgünstiger Filter. [Foto: MediaNord]
Zum Lieferumfang gehört neben den obligatorischen Schutzdeckeln und einer Tasche auch die gut konstruierte Gegenlichtblende. Sie besteht zwar zum größten Teil aus Kunststoff, der nur im hinteren Bereich von einem Metallring eingefasst ist. Das Bajonett ist jedoch nicht eingeklebt, sondern bildet mit dem vorderen Teil eine Einheit und kann sich damit auch nicht einfach durch nachgebenden Kleber lösen. Mit einer Länge von sechs Zentimetern beim einem Durchmesser von acht Zentimetern bietet sie zudem einen guten mechanischen Schutz der Frontlinse. Zum Transport lässt sie sich verkehrt herum anbringen. Dabei wird zwar der Fokusring verdeckt, der Zoomring bleibt jedoch für ein schnelles Foto zwischendurch benutzbar.
Apropos Fokusring: Dieser sitzt vor dem Zoomring und bietet mit seiner 2,3 Zentimeter breiten Riffelung ebenfalls eine hervorragende Ergonomie. Selbstverständlich besteht er aus Metall. Wie für moderne Autofokusobjektive üblich, arbeitet der Fokusring rein elektronisch. Der Autofokus der Leica CL ist mit diesem Zoomobjektiv eher mittelschnell, es müssen einfach sehr große Wege zurückgelegt werden, was mit einem reinen Kontrastautofokus nicht unbedingt vorteilhaft ist. Das bedeutet aber nicht, dass der Autofokus sekundenlang durch die Gegend fährt, er bleibt sehr deutlich unter einer Sekunde, aber andere Systeme arbeiten einfach schneller.
Angesichts der maximalen kleinbildäquivalenten Brennweite von 200 mm ist das Leica CL mit Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. nicht wirklich kompakt, glänzt aber mit einer fast tadellosen Bildqualität. Vor allem das Bokeh weiß zu beeindrucken. [Foto: MediaNord]
Die Umschaltung zwischen automatischem und manuellem Fokus muss übrigens über die Kamera erfolgen. Diese unterstützt den Fotografen mit einer Fokuslupe und dem Fokuspeaking bei der korrekten Schärfeeinstellung, die sehr feinfühlig und genau möglich ist. Die minimale Fokusdistanz liegt bei einem Meter, was in jedem Fall genügend Arbeitsabstand zum Motiv lässt. Dabei wird ein maximaler Abbildungsmaßstab von lediglich 1:8 erreicht, womit sich nur bis zu 19 mal 12,5 Zentimeter kleine Motive formatfüllend abbilden lassen. Das gilt in Telestellung, bei der kürzesten Brennweite sinkt der Abbildungsmaßstab auf 1:17, was einem minimalen Bildfeld von 40 mal 27 Zentimetern entspricht, das ist fast DIN A3 Format.
Bildqualität
In der Praxis überzeugt das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. mit seinem sehr schönen Bokeh, das man so selten bei Zoomobjektiven findet. Die Unschärfekreise bilden einen sehr weichen Übergang, was insbesondere bei Spitzlichtern im Hintergrund von Vorteil ist. Dabei zeigen sich auch keine Bokeh-CAs. Mit Gegenlicht geht das Objektiv ebenfalls sehr souverän um, selbst direkte Sonne im Bildfeld führt kaum zu Kontrastverlusten oder ungewollten Bildstörungen. Auch sonst zeigt sich das Zoom optisch sehr gut, was der Labortest bestätigt.
Weder chromatische Aberrationen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten), noch Randabdunklungen oder Verzeichnungen spielen eine Rolle, all diese Bildfehler bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau. Sogar die Auflösung ist über den gesamten Brennweitenbereich sehr gleichmäßig hoch – zumindest im Bildzentrum. Hier werden bei 50 Prozent Kontrast bis zu 44 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent erreicht, und zwar bei kürzester Brennweite. Bei mittlerer sind es bis zu 43 lp/mm und im Tele bis zu 39. Das mag für einen 24 Megapixel auflösenden Bildsensor zunächst etwas wenig erscheinen, aber man kann der Leica die sehr defensive Bildaufbereitung praktisch ohne Nachschärfung zu Gute halten. Wer möchte, kann also mit entsprechender Nachbearbeitung noch deutlich mehr Auflösung herauskitzeln. Ab F5,6 beginnt die Auflösung langsam zu sinken und liegt bei F8 bei 40 oder weniger Linienpaaren pro Millimeter.
Mit ausgefahrenem Zoom und angesetzter Gegenlichtblende erreicht das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. eine stattliche Länge von 21 Zentimetern. [Foto: MediaNord]
Am Bildrand wird ebenfalls bei der kürzesten Brennweite die höchste Auflösung erreicht, das Maximum liegt bei 37 lp/mm und wird bei F5,6 erreicht. Das entspricht weniger als 20 Prozent Randverlust der Auflösung, was für ein Zoom wenig ist. Bei mittlerer Brennweite bleibt der Randverlust ebenfalls gering, hier werden bis zu 35 lp/mm erreicht (bei F8). Nur im Telebereich schwächelt die Randauflösung mit einem Maximum von 26 lp/mm bei Offenblende etwas.
Fazit
Das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. ist vielleicht nicht das kompakteste und leichteste Telezoom, das man sich vorstellen kann, aber ein sehr sauber verarbeitetes und robust wirkendes, auch wenn der Spritzwasser- und Staubschutz fehlt. Was ihm an Telebrennweite fehlt, macht es mit der sehr ausgewogenen und guten Bildqualität wett. Das Bokeh ist für ein Zoom ausgesprochen gut, optische Fehler leistet es sich praktisch nicht. Die Auflösung ist ebenfalls gut – und das vor allem fast unabhängig von der Brennweite. Einzig die Randauflösung in Telebrennweite schwächelt etwas, bei kürzeren Brennweiten hingegen ist sie gut. Mit einem Preis von 1.650 Euro ist das Leica Apo-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/55-135 mm Asph. zwar nicht gerade günstig, bietet aber doch einen mehr als ordentlichen Gegenwert. Das einzige, was wirklich schmerzen könnte, ist der fehlende Bildstabilisator.
Kurzbewertung
- Gute Verarbeitung mit Metallgehäuse
- Praktisch kaum optische Fehler
- Bei allen Brennweiten gute Auflösung im Bildzentrum
- Relativ kleines Frontgewinde erlaubt preisgünstige optische Filter
- Kein optischer Bildstabilisator
- Nicht spritzwasser- und staubgeschützt
- Angesichts der nicht allzu langen Brennweite relativ großes Objektiv
- Schwache Randauflösung am langen Brennweitenende
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.