APS-C-Ultraweitwinkel-Zoom mit Bildstabilisator

Testbericht: Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX

2017-07-21 Nach und nach stellt Nikon vor allem seine Objektive für APS-C-DSLRs auf den neuen AF-P-Fokusantrieb um, der auch bei Verwendung des Livebilds und bei Videoaufnahmen flott und leise arbeitet. In der Regel sind die AF-P-Objektive zudem sehr kompakt gebaut, so auch das neue Nikon AF-P DX 10-20 mm 1:4,5-5,6G VR, das als Ultraweitwinkel-Zoom einen kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 15-30 Millimetern (entspricht einem diagonalen Bildwinkel von 70-109 Grad) abdeckt. Im Labor- und Praxistest haben wir ermittelt, was das Objektiv taugt.  (Benjamin Kirchheim)

Mit einem Preis von weniger als 400 Euro ist das Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX äußerst preisgünstig, was man dem Ultraweitwinkel-Zoom allerdings auch bei der Verarbeitung anmerkt. Das angenehm geringe Gewicht von unter 230 Gramm ist auf das Kunststoff-Gehäuse zurückzuführen, das trotz des geringen Gewichts einen ordentlich verarbeiteten Eindruck macht. Weniger schön ist jedoch die Verwendung eines Kunststoffbajonetts. Erstaunlich ist, dass zu dem Preis nicht nur eine passende Streulichtblende, sondern sogar eine Stofftasche zum Lieferumfang gehören.

Im mittleren Bereich des etwa sechs Zentimeter dicken Tubus ist der breite, rutschfest gummierte Zoomring zu finden, der das Zweifachzoom mit weniger als einer viertel Umdrehung durchfährt. Markierungen bei 10, 12, 14, 16 und 20 Millimetern erleichtern die Wahl der passenden Brennweite. Dabei ist der Tubus bei 16 Millimetern Brennweite am kürzesten, fährt bei 20 mm aber nur minimal aus. In Weitwinkelstellung bei zehn Millimetern hingegen wächst die Tubuslänge um gut einen Zentimeter. Aufpassen sollte man vor allem bei der Verwendung von Blitzgeräten, die durch das Objektiv abgeschattet werden. Ein externes Systemblitzgerät und eine Weitwinkelstreuscheibe sind eigentlich Pflicht.

Autofokus

Der Fokusring vorne am Tubus fällt hingegen etwas schmal aus und besteht aus geriffeltem Kunststoff. Er ist sehr leichtgängig und endlos drehend. Das liegt am AF-P-Fokusantrieb, der die Fokussierung mittels eines lautlosen Schrittmotors einstellt. Der Fokusring gibt Stellbefehle an ebendiesen Schrittmotor, weshalb keine mechanische Kopplung mehr erforderlich ist. Dadurch reagiert der Fokusring auf unterschiedliche Drehgeschwindigkeiten, sodass man schnell und grob oder gefühlvoll und langsam fokussieren kann. Gegenüber den billigen mechanischen Antrieben früherer preisgünstiger AF-S-Objektive ist das ein echter Fortschritt. Leider entfällt dadurch jedoch jegliche Anzeige der eingestellten Fokusentfernung.

Die automatische Fokussierung erfolgt durch den Schrittmotor auch bei Benutzung der Livebildanzeige schnell, was vor allem Videoaufnahmen zugutekommt. Die Naheinstellgrenze liegt bei lediglich 22 Zentimetern, was je nach Zoomstellung einem Arbeitsabstand von neun bis zehn Zentimetern entspricht. Dabei erreicht das Zoom einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:5,9.

Bildstabilisator

Das Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX besitzt einen optischen Bildstabilisator, was bei einem Ultraweitwinkel-Zoom äußerst ungewöhnlich ist. Bis zu 3,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten soll man damit aus der Hand halten können. Somit lassen sich in Innenräumen auch Belichtungszeiten von einer halben Sekunde im Weitwinkel freihand ohne Verwackelungsunschärfen realisieren; angesichts der geringen Lichtstärke von F4,5 ist das aber auch bitter nötig. Leider befindet sich am Objektiv kein Schalter, um den Bildstabilisator bei der Verwendung eines Stativs abzuschalten, stattdessen muss man sich in die Tiefen des Individualmenüs begeben. Wir hätten die Abschaltoption wenigstens im Aufnahmemenü vermutet. Nikon gibt jedoch an, dass der Stabilisator die Verwendung eines Stativs erkennt und daher nicht abgeschaltet werden braucht. Das funktioniert in der Tat gut, wir konnten keine negativen Auswirkungen beobachten.

Der vordere Bereich des Objektivs fällt mit einem Durchmesser von 7,5 Zentimetern wesentlich größer aus als der sechs Zentimeter dicke Tubus. Das liegt am 72 mm messenden Filtergewinde. Aufgrund des großen Bildwinkels bedarf es einfach entsprechend großer Filter, damit diese die Bildecken nicht abschatten. Praktisch ist das für diejenigen, die bereits das 16-80 mm F2,8-4E besitzen (wie in unserem Fall für den Test der D7500), denn es hat denselben Durchmesser und man kann die Filter für beide Objektive verwenden. Die tulpenförmige Streulichtblende lässt sich am Außenbajonett des Objektivs anbringen, zum Transport auch verkehrt herum.

Bildqualität

In der Praxis ist die Streulichtblende nicht unbedingt erforderlich, denn trotz fehlender Nanokristallvergütung, die den teureren Objektiven vorbehalten ist, zeigt sich das Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX erstaunlich unempfindlich bei Gegenlicht. Die Kontraste bleiben hoch, Blendenreflexe konnten wir nicht beobachten. Apropos Blende: Diese besteht aus lediglich sieben Lamellen und wird noch mechanisch gesteuert, das heißt, im Gegensatz zu den Objektiven mit elektronischer Blendensteuerung gibt es keinerlei Einschränkungen an älteren Kameras. Das Bokeh geht für ein so preisgünstiges Objektiv durchaus in Ordnung, angesichts der geringen Brennweite und Lichtstärke kommt es ohnehin hauptsächlich bei Nahaufnahmen zum Tragen.

Der Labor- und Praxistest erfolgt übrigens an der neuen Nikon D7500. Hier offenbart der Labortest vor allem starke optische Fehler, wie etwa eine bis zu vierprozentige tonnenförmige Verzeichnung bei zehn Millimetern Brennweite. Gezoomt auf 14 Millimeter nimmt die Verzeichnung deutlich ab und ist kaum noch störend, wenn auch mit 1,5 Prozent immer noch vorhanden. Bei längster Brennweite ist die Verzeichnung minimal tonnenförmig. Die Randabdunklung schlägt mit bis zu 1,5 Blendenstufen Lichtabfall in den äußersten Bildecken zu. Sowohl Zoomen als auch Abblenden (um ca. zwei Stufen) verringert die Randabdunklung deutlich. Immerhin ist der Verlauf weich, sodass die Randabdunklung nicht zu unangenehm auffällt.

Störender wirken da schon die Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen, die zwar im Mittel gering, jedoch in den extremen Ausprägungen Richtung Bildrand sehr deutlich sichtbar werden. Am kurzen Brennweitenende erreichen die Farbsäume in den Ecken fast vier Pixel Breite, was selbst auf 20 mal 30 Zentimeter großen Ausdrucken mehr als deutlich sichtbar wird (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).

Auflösungstechnisch überrascht das Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX dagegen im positiven Sinne. Zwar werden mit einem Maximum von 53 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast keine Rekorde gebrochen, die Auflösung ist jedoch schon bei Offenblende gut und nimmt zum Bildrand hin erstaunlich gering ab. Im normalerweise sehr kritischen Ultraweitwinkel beträgt der Randverlust gerade einmal knapp zehn Prozent, und das im Maximum! Am Bildrand werden bis zu 49 lp/mm erreicht. Nur bei der längsten Brennweite sollte man das Objektiv um eine Stufe abblenden. Hier löst es ohnehin etwas geringer auf (maximal 48 lp/mm), bei Offenblende beträgt der Randanfall jedoch 25 Prozent. Selbst das ist für ein Ultraweitwinkel nicht allzu viel, aber auf F8 abgeblendet liegt der Randabfall wieder bei unter zehn Prozent, was man praktisch nicht sieht. Weiter als bis F11, maximal bis F16, sollte man das Zoom übrigens nicht abblenden, da sonst die Beugung die Auflösung deutlich reduziert.

Fazit

Das Nikon AF-P 10-20 mm 1:4.5-5.6G VR DX ist mit unter 400 Euro nicht nur preisgünstig, sondern auch preiswert. Zwar muss man bei der Verarbeitung leichte Abstriche machen, vor allem Kunststoffbajonette missfallen uns, dafür ist das Objektiv jedoch angenehm leicht. Die Ausstattung mit schnellem Autofokus und optischem Bildstabilisator kann sich hingegen sehen lassen. Bei der Bildqualität zeigt sich das Objektiv etwas ambivalent. Für ein Ultraweitwinkel-Zoom ist die Auflösung, vor allem am Bildrand, erstaunlich hoch, was ein ausdrückliches Lob verdient. Leichte Abstriche muss man jedoch bei der Verzeichnung, den deutlich sichtbaren Farbsäumen sowie der Randabdunklung machen. Diese Fehler lassen sich jedoch im Zweifel gut mit einer Bildbearbeitungssoftware beziehungsweise teilweise sogar kameraintern beseitigen. In der Summe jedenfalls stimmt das Preis-Leistungsverhältnis absolut.

Kurzbewertung

  • Gute Auflösung, selbst am Bildrand
  • Eingebauter optischer Bildstabilisator
  • Geringes Gewicht
  • Filtergewinde trotz des großen Bildwinkels
  • Bajonett lediglich aus Kunststoff
  • Hohe Verzeichnung
  • Starke Farbsäume
  • Bildstabilisator lässt sich lediglich in den Tiefen des Menüs deaktivieren

Nikon AF-P 10-20 mm 4.5-5.6G VR DX mit Nikon D7500 (v6.0)

Chromatische Aberration

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Nikon
Modell AF-P 10-20 mm 4.5-5.6 G VR DX
Unverbindliche Preisempfehlung 379,00 €
Bajonett Nikon F
Brennweitenbereich 10-20 mm
Lichtstärke (größte Blende) F4,5 bis F5,6
Kleinste Blendenöffnung F29
Linsensystem 14 Linsen in 11 Gruppen
inkl. asphärische Linse(n)
KB-Vollformat nein
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 220 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 73 x 77 mm
Objektivgewicht 230 g

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