Lichtstarkes Ultraweitwinkel
Testbericht: Nikon AF-S 20 mm 1,8 G ED
2016-01-18 Nikon setzt im Ultraweitwinkelbereich mit F1,8 auf eine etwas geringere Lichtstärke als beispielsweise Sigma, dafür fallen die neuen Festbrennweiten von Nikon aber auch deutlich kompakter und leichter aus. Mit dem neuen AF-S 20 mm 1,8 G ED stellte Nikon im September 2014 das Nachfolgemodell des sehr betagten AF 20 mm F2,8 D vor, was zum damaligen Zeitpunkt längst überfällig war. Nun hat das Objektiv auch seinen Weg ins digitalkamera.de-Testlabor geschafft und musste an der Nikon D800E seine Bildqualität unter Beweis stellen. (Benjamin Kirchheim)
Lediglich 375 Gramm drückt das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED auf die Waage und ist damit im Vergleich zur fast ein Kilo schweren Testkamera D800E geradezu ein Fliegengewicht. Die Kombination macht dennoch einen gut balancierten Eindruck und lässt sich, dank des geringen Gesamtgewichts, auch mal gut einhändig halten. Das 20 mm besitzt ein gut verarbeitetes Kunststoffgehäuse, das auf Druck nur minimal nachgibt. Allerdings besteht auch das 77mm-Filtergewinde aus Kunststoff, man sollte Filter also eher vorsichtig einschrauben, denn diese besitzen in der Regel eine Metallfassung, deren Gewinde entsprechend robuster ausfällt als das des Objektivs. Metall kommt aber glücklicherweise bei der Bajonettauflage zum Einsatz, die im Übrigen von einer Gummilippe zum Schutz vor Spritzwasser und Staub umgeben ist. Die optische Konstruktion besteht aus 13 Linsen in elf Gruppen, wobei zwei ED-Glaselemente und zwei asphärische Linsen Bildfehler minimieren sollen. Hinzu kommt die Nanokristallvergütung für ein hohes Kontrastvermögen und wenig Störlichtverlust.
Lediglich 375 Gramm bringt das Nikon AF-S 20 mm 1,8 G ED auf die Waage, besitzt dafür aber ein Kunststoffgehäuse. Für die nötige Robustheit sorgt der Spritzwasser- und Staubschutz. [Foto: Nikon]
13 Linsen in elf Gruppen, darunter zahlreiche Spezialgläser und-Schliffe sollen beim Nikon AF-S 20 mm 1,8 G ED Bildfehler minimieren. Tatsächlich gelingt das ziemlich gut, Verzeichnung und Farbsäume sind für ein Ultraweitwinkel gering. [Foto: Nikon]
Fokus
Da das Objektiv keinen Bildstabilisator besitzt, kommt es neben dem Fokusring mit einem einzigen Bedienelement aus: dem AF/MF-Wahlschalter. Aber auch im Autofokusmodus kann jederzeit manuell nachkorrigiert werden. Die Fokussierung erfolgt recht leise und flott, dabei ändert sich weder die Baulänge des Objektivs noch dreht sich das Filtergewinde mit, wie es bei ganz alten, einfachen Objektivkonstruktionen noch üblich war. Dank der Naheinstellgrenze von 20 Zentimetern ab Sensorebene wird ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:4,3 erreicht. Dabei befindet sich das Motiv lediglich noch 7,5 Zentimeter vor der Frontlinse – damit lassen sich dramatische Perspektiven besonders betonen, etwa um ein kleines Objekt in stark überzogener Vergrößerung vor seinem Hintergrund darzustellen. Wer bei manueller Fokussierung übrigens die Fokusskala nutzen möchte, könnte etwas enttäuscht werden. Diese ist recht groß, zwischen 40 Zentimetern und unendlich gibt es keine weiteren Abstufungen, nur im Nahbereich von 20 bis 40 Zentimeter ist diese gut brauchbar. Darüber hinaus braucht man den Fokusring lediglich um eine Viertel Umdrehung drehen, um von unendlich bis 20 Zentimeter den gesamten Fokusbereich zu durchfahren. Der größte Teil gilt dabei benanntem Nahbereich, sodass sich immerhin hier sehr feinfühlig manuell fokussieren lässt.
Bildqualität
Das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED besitzt lediglich sieben Blendenlamellen. Das Bokeh ist zwar in Ordnung, gehört aber bei Weitem nicht zu den schönsten und sahnigsten. Aufgrund der geringen Brennweite erzielt man Freistelleffekte aber ohnehin nur bei geringeren Motiventfernungen. Kontraste zeichnet das Objektiv in jeder Situation, auch bei Gegenlicht, sehr gut. Lediglich leichte Blendenreflexe können bei punktförmigen Gegenlichtquellen auftreten, zumeist aber erst, wenn sich diese im Bildfeld befinden, dann kann die mitgelieferte Streulichtblende prinzipbedingt nichts mehr ausrichten. Mit diesem Effekt lässt sich aber auch durchaus kunstvoll spielen.
Im Testlabor zeigt das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED eine verhältnismäßig geringe Verzeichnung von lediglich 1,4 Prozent Tonnenform. Das ist zwar ein wenig sichtbar, aber nicht allzu störend. Auch die chromatischen Aberrationen halten sich in Grenzen. Sie sind im Mittel sehr gering, legen zum Bildrand hin aber etwas zu und werden leicht sichtbar. Auch die Randabdunklung fällt moderat aus, erst Recht wenn man den großen Bildwinkel von 94 Grad diagonal berücksichtigt. Bei offener Blende von F1,8 beträgt diese knapp eine Blendenstufe, bereits auf F2,8 abgeblendet sinkt diese jedoch auf geringe 0,4 EV. Ab F4 kann die Randabdunklung mit 0,2 EV und weniger praktisch vernachlässigt werden.
An der Nikon D800E macht das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED einen gut ausbalancierten Eindruck. [Foto: MediaNord]
Die für eine Vollformatkonstruktion verhältnismäßig leichte und kompakte Kombination aus Nikon D800E mit AF-S Nikkor 20 mm 1.8 G ED taugt durchaus für verhältnismäßig leichtes Gepäck, muss aber für eine hohe Bildqualität kräftig abgeblendet werden. [Foto: MediaNord]
Die Auflösung bei 50 Prozent Kantenkontrast fällt bei F1,8 und F2 im Bildzentrum für eine 36-Megapixel-Kamera äußerst gering aus, lediglich 29 respektive 37 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) werden erreicht (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Bei F2,8 zieht die Auflösung kräftig auf 66 lp/mm an, bevor das Objektiv bei F4 bis F8 mit 72 bis 73 lp/mm sein Auflösungsmaximum erreicht. Bei F11 und F16 sinkt die Auflösung zwar beugungsbedingt, aber effektiv gesehen doch nur leicht, weiter lässt sich das Objektiv ohnehin nicht abblenden. Die Randauflösung beginnt ebenfalls bei Werten um 30 lp/mm, zieht beim Abblenden aber lange nicht so stark an wie im Zentrum. So ergeben sich bis zu 35 Prozent Randabfall der Auflösung. Nur bei F5,6 bis F11 wird die Marke von 50 lp/mm überschritten, das Maximum liegt bei F8 und F11 mit gut 57 lp/mm. Der geringste Randabfall mit hoher Auflösung beträgt 17,5 Prozent bei F11. Zwar ist bei F1,8 kein Randabfall feststellbar, aber hier löst das Objektiv insgesamt gering auf. Für Landschaftsaufnahmen gilt also: Kräftig abblenden. Auch bei Architekturfotos ist dies sicher empfehlenswert. Schade, dass die Auflösung bei F1,8 und F2 so gering ausfällt, dass man diese Blenden nicht empfehlen kann, sondern das Objektiv erst ab F2,8 eine brauchbare und ab F5,6 eine gute und ab F8 eine sehr gute Bildqualität liefert.
Fazit
Das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED richtet sich mit seinem geringen Gewicht und moderaten, aber keinesfalls Schnäppchenpreis von gut 800 Euro vor allem an jene Fotografen, denen es nicht so sehr auf eine hohe (und effektiv nutzbare) Lichtstärke ankommt, sondern bei denen das geringe Packmaß und das leichte Gewicht eine hohe Rolle spielen, etwas beim Wandern. Das Ultraweitwinkel bietet eine ausreichende Robustheit, vor allem aufgrund des Spritzwasser- und Staubschutzes. Zum manuellen Fokussieren taugt es eher nur im Nahbereich, der Autofokus arbeitet aber ohnehin zuverlässig. Die Bildqualität ist bei offener Blende weniger gut und zieht erst ab F2,8 deutlich an, hier steigt die Auflösung signifikant und die Randabdunklung sinkt auf geringe Werte. Seine volle Bildqualität, vor allem am Bildrand, entfaltet das AF-S Nikkor 20 mm 1,8 G ED jedoch erst bei Blende F8 und F11.
Kurzbewertung
- Relativ kompaktes und leichtes Gehäuse
- Spritzwasser- und Staubschutz
- Schnelle Innenfokussierung
- Für ein 20mm relativ geringe Verzeichnung
- Um zwei Stufen abgeblendet sehr hohe Auflösung im Bildzentrum
- Nur sieben Blendenlamellen
- Viel zu kurze, grob gestufte Fokusskala kaum zu gebrauchen
- Bis zu 35 % weniger Auflösung am Bildrand als im Bildzentrum
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.