Hochlichtstarkes Weitwinkel
Testbericht: Olympus 17 mm 1.2 ED Pro
2018-02-01 Mit dem 17 mm 1.2 ED Pro kommt in diesem Jahr das dritte F1,2 lichtstarke Objektiv von Olympus auf den Markt und bildet mit dem 25 mm F1.2 und 45 mm F1.2 ein attraktives Trio. Die Brennweite beträgt 34 Millimeter entsprechend Kleinbild und Olympus verspricht eine Bildqualität auf höchstem Niveau gepaart mit einer geringen Schärfentiefe und wunderschönem Bokeh. Ob das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro die geweckten Erwartungen erfüllen kann und sich der Kauf damit lohnt, zeigt unser Test. (Benjamin Kirchheim)
Das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro glänzt nicht nur mit seiner hohen Lichtstärke, sondern auch mit einer guten Verarbeitung: Das Gehäuse ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und besteht größtenteils aus Metall. [Foto: Olympus]
Wie die beiden Schwestermodelle (siehe weiterführende Links) ist auch das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro ein echter Klopper: 380 Gramm drückt die fast neun Zentimeter lange und knapp sieben Zentimeter im Durchmesser messende Festbrennweite auf die Waage. Es spielt damit in einer ähnlichen Größen- und Gewichtsklasse wie die Schwestermodelle. Zum Vergleich: Das 17 mm F1,8 (Test siehe weiterführende Links) wiegt weniger als ein Drittel und misst nur knapp 3,6 Zentimeter in der Länge und weniger als 5,5 Zentimeter im Durchmesser. Die eine Blendenstufe höhere Lichtstärke geht jedoch nicht nur gehörig aus Gewicht und die Größe, sondern auch auf den Preis, denn knapp 1.400 Euro ruft Olympus für das 17 mm 1.2 ED Pro auf, während das F1,8 lichtstarke 17 mm bereits für unter 450 Euro zu haben ist, also weniger als ein Drittel kostet.
Wer bereits eines der anderen F1,2 lichtstarken Objektive besitzt, dürfte sich über das identische Filtergewinde von 62 Millimetern Durchmesser freuen. So braucht man sich beispielsweise nur einen Polfilter zu kaufen und kann ihn an allen drei Objektiven verwenden. Allerdings hat das 17 mm einen Schwachpunkt mit seinen Schwestermodellen gemein: Die Objektivfront mit dem Filtergewinde und der Bajonettaufnahme für die Streulichtblende besteht lediglich aus Kunststoff. Das steht dem ansonsten sehr hochwertig verarbeiteten Objektiv mit seinem Metallgehäuse gar nicht gut. Selbstverständlich ist das 17 mm 1.2 ED Pro gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und macht sich damit wunderbar an einer OM-D der E-M5- oder E-M1-Serie. In unserem Test kam übrigens die E-M1 Mark II mit ihrem 20 Megapixel auflösenden Micro-Four-Thirds-Sensor zum Einsatz.
Fokussierung
Die Fokussierung erfolgt rein intern im Objektiv, nach außen hin bewegt sich keine Linse. Der Autofokus ist flüsterleise und äußerst schnell, er eignet sich für Foto- wie Videoaufnahmen gleichermaßen. Die Naheinstellgrenze liegt zwar bei 20 Zentimetern, was einem minimalen Motivabstand von lediglich neun Zentimetern entspricht, aufgrund des großen Bildwinkels von rund 55 Grad diagonal wird jedoch nur ein Abbildungsmaßstab von 1:6,7 erreicht. Für stattliche Vergrößerungen reicht das nicht, das Objektiv eignet sich aber auch viel besser als klassisches Reportageobjektiv oder für Landschaftsaufnahmen sowie aufgrund der hohen Lichtstärke für Freistelleffekte und Available-Light-Fotografie, beispielsweise im Theater oder bei Konzerten.
Im Olympus 17 mm 1.2 ED Pro steckt viel Glas: In elf Gruppen sind 15 Linsen angeordnet, darunter asphärische Linsen sowie ein ED-DSA-Element. [Foto: Olympus]
Die manuelle Fokussierung kann auf zwei Wegen erfolgen: Entweder man aktiviert den manuellen Fokus in der Kamera und benutzt dann den elektronischen Fokusring am Objektiv unter Zuhilfenahme des Fokuspeakings sowie der Fokuslupe der Kamera, oder aber man zieht den Fokusring nach hinten. Dann wird eine Schärfeskala samt Schärfentiefeanzeige freigelegt und der Fokusring arbeitet scheinbar mechanisch mit einem festen Verstellweg von einer Viertel-Umdrehung. Tatsächlich jedoch werden auch hier elektronisch Stellbewegungen an den Fokusmotor weitergegeben, nur, dass hier jede Einstellung einer festen Entfernung entspricht und die Übersetzung anders als bei der erstgenannten Methode fixiert ist. Wen es übrigens stört, dass die Objektiv bei versehentlich zurückgezogenem Fokusring auf manuellen Fokus umschaltet, der kann dies im Kameramenü deaktivieren. Praktisch ist das Zurückziehen aber schon, denn so fühlt sich die manuelle Fokussierung wie zu analogen Zeiten an.
Wie die anderen beiden F1,2 lichtstarkes Festbrennweiten besitzt auch das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro ein 62mm-Filtergewinde, was die drei Objektive zu einem praktischen Trio macht. [Foto: MediaNord]
Neben dem Fokusring bietet das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro noch einen Funktionsknopf seitlich am Objektiv. Dieser lässt sich in der Kamera mit einer beliebigen Funktion belegen, defaultmäßig ist hier jedoch die Fokus-Stopp-Funktion aktiv. Zum Lieferumfang des Objektivs gehört übrigens neben der tulpenförmigen Streulichtblende ein ordentlich gepolsterter Objektivbeutel, der das Objektiv beim Transport gut schützt.
Bildqualität
Das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro besitzt eine äußerst aufwändige optische Konstruktion, die aus 15 Linsen in elf Gruppen aufgebaut ist. Darunter befinden sich nicht nur asphärische Elemente, sondern auch ein neuartiges ED-DSA-Element, das Olympus als erster Kamerahersteller überhaupt in Serie fertigt und verbaut. Die Abkürzung steht für Extra-low Dispersion Dual Super Aspherical und sie kompensiert gleichzeitig verschiedene Arten von Aberrationen, die häufig bei Weitwinkelobjektiven auftreten. Zudem spart es gleich mehrere herkömmliche Linsen ein, was das Objektiv – man mag es angesichts des hohen Gewichts kaum glauben – leichter macht.
In der Praxis liefert das 17 mm 1.2 ED Pro tatsächlich ein nahezu farbsaumfreies Bild, das aber vor allem mit seinem wunderschön sahnigen Bokeh und der Verzeichnungsfreiheit begeistert. Farbsäume treten zumindest teilweise in geringem Umfang auf, wie auch der Labortest an der OM-D E-M1 Mark II zeigt. Die Messung bestätigt hingegen die Verzeichnungsfreiheit, was für ein Weitwinkel ein echtes Plus ist. Bei Gegenlicht sorgt die Nanovergütung für hohe Kontraste, Blendenreflexe kann sie jedoch nicht ganz unterdrücken, da hilft in Extremsituationen auch die Streulichtblende nicht mehr weiter.
Die hohe Lichtstärke des Olympus 17 mm 1.2 ED Pro wird nicht nur durch einen hohen Preis "erkauft", sondern auch durch ein hohes Gewicht und vor allem große Abmessungen, wie man hier unschwer im Vergleich mit der OM-D E-M1 Mark II sehen kann. [Foto: MediaNord]
Der Labortest fördert aber auch eine kleine, für Weitwinkelobjektive nicht ungewöhnliche Schwäche zu Tage: Die Randabdunklung beträgt bei Offenblende mehr als eine Blendenstufe, was man trotz des sanften Anstiegs zu den Bildecken durchaus sieht. Beim Abblenden nimmt sie nur langsam ab und sinkt erst bei F2,8 auf den halben Wert und nimmt beim weiteren Abblenden kaum noch ab. Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast ist im Maximum im Bildzentrum sehr hoch, allerdings ebenfalls erst bei F2,8 (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Hier werden knapp 58 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent erreicht. Bei Offenblende ist die Auflösung mit 46 lp/mm zwar gut, aber eben doch etwas niedriger. Am Bildrand ist die Auflösung deutlich gleichmäßiger und liegt im Bereich von F1,2 bis F5,6 stets über 41 lp/mm und erreicht bei F2 ihr Maximum mit knapp 45 lp/mm. Der relative Randabfall der Auflösung nimmt also beim Abblenden sogar noch zu und erreicht bei F2,8 mit 23 Prozent sein Maximum, was nicht wirklich ein tragischer Randabfall ist, schon gar nicht für ein Weitwinkel. Im Vergleich zeigt das 17 mm F1.8 beispielsweise einen deutlich stärkeren Randabfall der Auflösung von gut 33 Prozent.
Fazit
Das Olympus 17 mm 1.2 ED Pro ist ein hochwertiges, aber auch nicht ganz preisgünstiges Objektiv mit einer besonders hohen Lichtstärke, die man sich mit dem großen Gehäuse und dem hohen Gewicht schwer erkauft. Mit Ausnahme des kleinen Mankos der Kunststoff-Objektivfront ist das 17er mit seinem gegen Spritzwasser und Staub abgedichteten Metallgehäuse sehr gut verarbeitet und reiht sich sehr schön in die F1,2 lichtstarken Objektivserie von Olympus ein. Der Autofokus ist schnell und die manuelle Fokussierung komfortabel. Zudem glänzt das 17 mm 1.2 ED Pro mit seiner Verzeichnungsfreiheit und dem wunderschön sahnigen Bokeh, zeigt jedoch eine sichtbare Randabdunklung und muss für höchste Auflösung etwas abgeblendet werden. Gegenüber seinen Schwestermodellen 25 mm und 45 mm F1.2 Pro liegt das 17er damit auf einem ganz ähnlichen Niveau. Es ist zwar etwas schwächer als das hervorragende 45er, aber sogar noch etwas besser als das 25er, insbesondere weil es beim Abblenden auf F2,8 noch deutlich an Auflösung zulegt.
Kurzbewertung
- Robuste Konstruktion mit Staub- und Spritzwasserschutz
- Hohe Lichtstärke gepaart mit wunderschönem Bokeh
- Gute optische Korrektur mit wenig Verzeichnung und nur geringen Farbsäumen
- Hohe Auflösung, insbesondere zwischen F2,8 und F5,6
- Manuelle Fokussierung mit Schärfentiefeskala am Objektiv
- Groß und schwer
- Objektivfront mit Filtergewinde besteht lediglich aus Kunststoff
- Randabdunklung bei Offenblende durchaus sichtbar
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.