Lichtstarke Porträt-Festbrennweite
Testbericht: Samyang AF 85 mm F1.4 FE
2019-04-26 Das Samyang AF 85 mm F1.4 FE ist bereits das sechste Autofokus-Objektiv des koreanischen Herstellers für die spiegellosen Systemkameras von Sony. Mit knapp 650 Euro ist es nicht billig, aber doch deutlich preisgünstiger als Porträtobjektive der Premium-Hersteller, Sony beispielsweise verlangt für sein 85er G-Master mehr als das Dreifache. Zeit also, das Samyang mal genau unter die Lupe zu nehmen und herauszufinden, welche Bildqualität es bietet und ob man angesichts des Preises vielleicht einige Kompromisse eingehen muss. (Benjamin Kirchheim)
Mit dem preisgünstigen AF 85 mm F1.4 FE will Samyang den teuren Porträtobjektiven der Premium-Hersteller Konkurrenz machen. [Foto: Samyang]
Dass es sich beim Samyang AF 85 mm F1.4 FE um ein preisoptimiertes Objektiv handelt, merkt man nicht sofort beim ersten Anfassen. Das Gehäuse schlicht und edel designte Gehäuse besteht aus Aluminium und ist zudem gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet, wie auch unschwer am Dichtungsring des Metallbajonetts zu sehen ist. Mit einer Länge von zehn und einem Durchmesser von neun Zentimetern ist es nicht besonders klein, bewegt sich aber in ähnlichen Größenordnungen wie andere ähnliche Objektive. Der Filtergewindedurchmesser von 77 Millimetern ist ebenfalls weit verbreitet, wobei das Gewinde aus Kunststoff besteht, was nicht die robusteste Lösung ist. Das Gewicht von knapp 570 Gramm für das nackte Objektiv beziehungsweise mit Kamera Sony Alpha 7R III und mitgelieferter Streulichtblende etwa 1,3 Kilogramm geht durchaus in Ordnung.
Auffällig ist der sich im hinteren Bereich deutlich verjüngende Durchmesser. Das ist auch bitter nötig, denn so bleibt gerade eben genug Platz für normalgroße Finger, damit sie zwischen Kameragriff und Objektiv passen. Viel Luft bleibt da wirklich nicht. Viele Bedienelemente bietet das Samyang nicht. Es besitzt zwar einen Autofokus, aber keine Umschaltung. Ein optischer Bildstabilisator ist nicht verbaut, aber den übernimmt ja ohnehin das Kameragehäuse – jedenfalls ab der zweiten Generation der Alpha 7er-Reihe. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch und lässt sich mit seiner Breite von drei Zentimetern und der feinen Riffelung wunderbar bedienen. Alle manuellen Fokushilfen der Kamera wie die Balken-Entfernungsanzeige, die Lupe und das Fokuspeaking werden unterstützt.
Der intern arbeitende Autofokus ist zwar leise, aber gefühlt etwas langsam, gelegentlich pumpt er sogar etwas, bevor er die Schärfe findet. Normalerweise messen wir die Autofokusgeschwindigkeit im Labor nicht explizit bei einem Objektivtest, aber hier war es so auffällig, dass wir es mit Zahlen untermauern wollten. Um von unendlich auf zwei Meter zu fokussieren und auszulösen benötigt die Sony Alpha 7R III mit dem Samyang AF 85 mm F1.4 FE 0,65 Sekunden. Das ist nicht elendig langsam, schnell aber auch nicht. Ein wenig ist das natürlich der hohen Lichtstärke geschuldet, denn dadurch muss der Autofokus sehr präzise arbeiten und muss größere Linsendurchmesser und damit Massen verschieben, aber andere, teurere Objektive sind hier definitiv schneller.
Sind Sie auf der Suche nach einer spiegellosen Systemkamera und möchten sich über dieses Kamerasegment informieren? Dann haben wir das passende E-Book!Dieses E-Book hilft Ihnen, die individuell passende Kamera zu finden. Was zeichnet spiegellose Systemkameras aus? Welche Ausstattungsmerkmale gibt es? Worauf sollten Sie beim Kauf achten? Alle 74 aktuellen Modelle werden vorgestellt, mit ihren Highlights, einer kurzen Beschreibung und einer kurzen Einschätzung aus bis zu drei Testberichten. Ein E-Book als PDF mit 212 Seiten für 7,99 €. Kostenlose 15-seitige Leseprobe erhältlich. mehr …
Das Sony 135mm F1,8 GM benötigt etwa trotz noch deutlich größerer Linsendurchmesser nur 0,56 Sekunden, das 24-105mm-Zoom sogar nur 0,32 Sekunden bei 105 mm, ist also doppelt so schnell wie das Samyang. Solange die Fotomodelle nicht flüchten, sollte das AF 85 mm F1.4 aber schnell genug sein. Die minimale Fokusdistanz liegt übrigens bei 90 Zentimetern, was 78 Zentimetern ab Objektivfront entspricht. Der Abbildungsmaßstab beträgt lediglich 1:9,1. Das klingt nicht viel, reicht für Porträts aber allemal aus, das minimale Bildfeld entspricht etwa 30 mal 20 Zentimetern, also gerundet A4.
Alles andere als leise arbeitet der Blendenmechanismus. Er klappert auffällig laut und übertönt beispielsweise den Autofokus deutlich. Immerhin kommen neun Blendenlamellen zum Einsatz, die aber gerne noch etwas besser abgerundet sein dürften. Zudem zeigt sich bei stärkerem Abblenden eine etwas ungleichmäßige Blendenöffnung. Etwas überrascht waren wir im Testlabor zudem von einem unerwarteten Lichtverlust, der beim Abblenden auftrat. Normalerweise muss man die Verschlusszeit verdoppeln, wenn die Blende um eine ganze Stufe geschlossen wird. Bei F5,6, F11 und F16 mussten wir jedoch jeweils die Belichtungszeit um eine weitere Drittelstufe verlängern, damit das Bildergebnis gleichhell blieb. Damit verliert das Objektiv beim Abblenden insgesamt eine ganze Blendenstufe, was nur auf eine nicht ganz präzise arbeitende Blende zurückzuführen ist. In der Praxis bei automatischer Belichtungsmessung spielt diese Kuriosität zum Glück keine große Rolle, die Kamera steuert von alleine mit der Belichtungszeit dagegen.
Der Platz für die Finger zwischen dem Handgriff der Sony Alpha 7R III und dem Samyang AF 85 mm F1.4 FE ist gerade noch ausreichend. [Foto: MediaNord]
Bildqualität
Worauf es bei einem Objektiv aber letztlich ankommt, ist die Bildqualität. Wir haben sie in der Praxis und auch im Testlabor an der 42 Megapixel auflösenden Sony Alpha 7R III getestet. Als erstes fiel uns das schöne Bokeh auf, hier braucht sich das Samyang definitiv nicht hinter anderen Objektiven zu verstecken. Wenn man weiß, wonach man sucht, fallen minimale Bokeh-CAs auf, aber auch wirklich nur dann, stören tun sie nicht. Die Unschärfescheibchen besitzen einen angenehm weich verlaufenden Rand, im Hintergrund etwas weicher als im Vordergrund. Auch der Schärfe-Unschärfe-Verlauf wirkt natürlich.
Echte Probleme hat das Samyang AF 85 mm F1.4 FE dagegen bei Gegenlicht. Es zeigt großflächige Kontrastverluste und Flares, die sich durch den Einsatz der mitgelieferten Streulichtblende mindern lassen. Der Einsatz ebendieser ist damit definitiv Pflicht und nicht nur die Kür, wie bei manchen nanovergüteten Objektiven. Immerhin lässt sich mit diesem Effekt aber durchaus auch kreativ arbeiten und den Bildern eine "Seele" einhauchen. Wer gerne kreativ damit arbeitet, wird den Effekt vielleicht sogar zu schätzen wissen, wer technische Präzision wünscht, dagegen eher weniger.
Typisch für ein lichtstarkes Porträtobjektiv ist die große Frontlinse, die auch beim Samyang AF 85 mm F1.4 FE zu finden ist. Das Filtergewinde misst 77 Millimeter im Durchmesser. [Foto: MediaNord]
Definitiv nicht zu verstecken braucht sich das Samyang AF 85 mm F1.4 FE bei der Auflösung (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Sie ist bereits bei Offenblende sehr hoch und erreicht an der Sony Alpha 7R III im Bildzentrum mühelos 80 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast. Dieses Niveau wird bis F2,8 auf erstaunlich konstantem Niveau gehalten, bevor die Auflösung bei F4 plötzlich auf hervorragende 90 lp/mm hochschießt. Beim weiteren Abblenden setzt bereits die Beugung ein, aber bei F8 sind es immer noch knapp unter 80 lp/mm Auflösung im Bildzentrum.
Am Bildrand hingegen sieht es vor allem relativ gesehen deutlich schlechter mit der Auflösung aus. Keine 50 lp/mm erreicht das Samyang AF 85 mm F1.4 FE hier bei Offenblende. Ab F4 gibt es dann immerhin über 60 lp/mm und bei F8 sogar fast 70 lp/mm. Man kann dem Samyang aber zugutehalten, dass die Randauflösung bei Porträtaufnahmen meistens keine so große Rolle spielt.
Hervorragend gering ist dann wiederum die Verzeichnung des Samyang AF 85 mm F1.4 FE. Die Randabdunklung spielt nur bei Offenblende eine größere Rolle und erreicht hier eine Blendenstufe am Bildrand. Beim Abblenden auf F2 und F2,8 halbiert sie sich jeweils und spielt dann visuell praktisch keine Rolle mehr. Auch die Farbsäume sind im Mittel gering und selbst in den extremen Ausprägungen werden sie allenfalls mit etwas über einem Pixel Ausdehnung leicht sichtbar.
Eine Streulichtblende gehört beim Samyang AF 85 mm F1.4 FE zum Lieferumfang und sollte aufgrund der hohen Streulichtempfindlichkeit des Objektivs auch konsequent verwendet werden. [Foto: Samyang]
Fazit
Das Samyang AF 85 mm F1.4 FE ist ein preisgünstiges Teleobjektiv, bei dem man aber einige Kompromisse eingehen muss. Ob diese für die eigenen Bedürfnisse relevant sind, muss aber letztlich jeder für sich entscheiden. Das Aluminiumgehäuse wirkt nicht nur robust, es ist auch noch gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet. Der Autofokus arbeitet sehr leise, ist aber nicht der schnellste. Am wenigstens kann der recht laut klackernde Blendenmechanismus überzeugen. Bei der Bildqualität macht das Samyang einige Punkte gut, ist aber auch hier nicht frei von Kompromissen. Die Bildauflösung ist im Zentrum bereits ab Offenblende äußerst hoch, am Bildrand weniger. Das Bokeh ist angenehm weich, aber Gegenlicht ist eine echte Herausforderung für das Objektiv. Hier herrscht absolute Streulichtblendenpflicht, die das Problem sichtbar eindämmt, aber nicht vollends verschwinden lässt.
Eine preisgleiche, aber auch durchaus mit kleinen Kompromissen behaftete und nicht ganz so lichtstarke Alternative wäre das Sony FE 85 mm F1.8, unser Test dazu ist in den weiterführenden Links zu finden.
Nachtrag vom 26.04.2019 um 13:30 Uhr: Ursprünglich hatten wir geschrieben, dass das Gehäuse aus Kunststoff sei, es handelt sich jedoch um ein Aluminiumgehäuse. Das ist nun korrigiert. Nur der Fokusring besteht aus Kunststoff.
Kurzbewertung
- Sauber verarbeitetes Aluminiumgehäuse mit Spritzwasser- und Staubschutz
- Hohe Auflösung bereits ab Offenblende (im Bildzentrum)
- Schönes Bokeh
- Langsamer, aber immerhin leiser Autofokus
- Laut klackernde Blende
- Unerwarteter Lichtverlust beim Abblenden
- Hohe Streulichtempfindlichkeit
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.