Lichtstarkes APS-C-Standardzoom
Testbericht: Sony E 16-55 mm 2.8 G (SEL1655G)
Seite 2 von 2, vom 2020-01-01 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln
Bildqualität
Siebzehn Linsen in zwölf Gruppen, darunter mehrere spezielle asphärische und ED-Linsen, eine Nanovergütung sowie neun abgerundete Blendenlamellen lassen auf eine hohe Bildqualität hoffen. Doch nicht alle Maßnahmen überzeugen in der Praxis. So ist das Sony E 16-55 mm 2.8 G durchaus gegenlichtempfindlicher als so manches andere Objektiv, das wir getestet haben. Das zeigt sich bei direktem Gegenlicht in leichten Kontrastverlusten, Blendenreflexen und sogar einem linienartigen Regenbogenreflex bei direkter Sonne im Bildfeld oder nahe daran. Die Streulichtblende ist dabei ziemlich machtlos. Am kurzen Brennweitenende sind die Effekte stärker als im Tele. Das bedeutet nicht, dass das Objektiv im Gegenlicht unbrauchbar ist, aber angesichts der Nanovergütung hätten wir bessere Resultate erwartet. Eine besonders große Zahl an Linsenelementen mit vielen potentiellen Reflexionsflächen ist aber – rein grundsätzlich – im Gegenlicht nicht unbedingt förderlich.
Auch beim Bokeh haben wir uns mehr versprochen. Zwar formen die neun Blendenlamellen eine sehr gleichmäßige Öffnung und so sind auch die Unschärfescheibchen sehr gleichmäßig in der Form, aber je weiter sie in den Unschärfebereich gehen, also je größer sie werden, desto deutlicher wird der bei Spitzlichtern helle Rand der Unschärfescheibchen. Das führt dazu, dass unruhige Hintergründe zwar unscharf werden, sich die Unruhe aber durch Mehrfachkonturen sogar noch erhöht, anstatt dass die Details ineinander verschwimmen. Für Porträtaufnahmen, die bei 55 Millimetern mit F2,8 grundsätzlich wunderbar gelingen können, wäre das Objektiv also nicht unsere erste Wahl.
Nicht selten stehen sich ein weiches Bokeh und eine hohe Bildschärfe beziehungsweise Auflösung genau gegenüber, das heißt nur wenige Objektive schaffen es, gleichzeitig hoch aufzulösen und ein schönes Bokeh zu bieten. Beim 16-55 lag die Priorität ganz offensichtlich bei der Auflösung, denn die ist wirklich fantastisch, und zwar auch am Bildrand. Rein subjektiv besitzt das Objektiv keine Randunschärfen, auch bei verschiedenen Brennweiten oder Blendenöffnungen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede beziehungsweise Schwächen. Bildfehler wie Randabdunklung, Farbsäume oder Verzeichnungen konnten wir ebenfalls praktisch nicht ausmachen.
Das Sony E 16-55 mm 2.8 G (SEL1655G) ist zwar kein kleines Objektiv, aber für seine Lichtstärke durchaus kompakt. Die Kombination mit der Alpha 6600 wiegt fast genau ein Kilogramm. [Foto: MediaNord]
Der Labortest an der Alpha 6600 bestätigt dies, die Bildfehler sind minimal (siehe beispielsweise das Verzeichnungsdiagramm aus dem Labortest unten). Auch die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast ist bereits ab Offenblende und bei allen Brennweiten hoch mit insgesamt niedrigem Randabfall. Die Maximalauflösung beträgt beachtliche 71 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent, was für einen 24 Megapixel auflösenden Bildsensor beachtlich viel ist. Diese liegt in der Bildmitte bei F2,8 im 16mm-Weitwinkel an. Beim Abblenden verliert das Objektiv ganz langsam an Auflösung, aber selbst bei F8 sind es noch 67 lp/mm. Bei 30 Millimetern Brennweite beträgt die Maximalauflösung im Bildzentrum rund 62 lp/mm bei F2,8 und F4, auch das ist eine sehr gute Auflösung. Bei 55 Millimetern liegt der Auflösungspeak eindeutig bei F4 mit 63 lp/mm im Bildzentrum.
Am Bildrand werden im Weitwinkel gute maximal 50 lp/mm erreicht, bei 30 Millimetern sind es 59 lp/mm und im Tele 51 lp/mm. Die absolute Randauflösung ist damit gut bis sehr gut, der relative Randabfall ist im Weitwinkel am höchsten und bei mittlerer Brennweite minimal. Insgesamt betrachtet sind die Auflösungswerte damit, vor allem angesichts der Brennweite und Lichtstärke, sehr gut. Jenseits von F8 schlägt dann die Beugung deutlich zu. Zwar sind die Aufnahmen bei F11 noch ganz gut, aber nicht mehr ganz so knusprig. Die insgesamt besten Ergebnisse erzielt man bei F4 und F5,6.
Fazit
Sony hat sich mit einem lichtstarken APS-C-Standardzoom für seine spiegellosen Systemkameras sehr viel Zeit gelassen, dafür ist das Ergebnis nun umso beeindruckender. Zwar ist das Sony E 16-55 mm 2.8 G (SEL1655G) kein Schnäppchen und beileibe nicht perfekt, aber es liefert doch eine sehr hohe Bildqualität ab. Leider ist kein Bildstabilisator an Bord, aber dafür weiß der Fokusmotor sowohl Foto- als auch Videografen zu überzeugen. Das Objektiv eignet sich aufgrund seiner hohen, gleichmäßigen Auflösung und geringen Bildfehler für viele Motivsituationen von Landschafts- und Architekturfotografie bis hin zu Nahaufnahmen, das Bokeh ist allerdings für Porträtaufnahmen nicht sonderlich ansprechend. Auch im Gegenlicht sollte man etwas vorsichtig sein oder aber die leichten Schwächen kreativ nutzen. Insgesamt ist das Objektiv eine klare Kaufempfehlung wert und ein sehr gutes Standardzoom für alle spiegellosen Alpha-Systemkameras mit APS-C-Sensor.
Kurzbewertung
- Sehr hohe Auflösung, vor allem im Bildzentrum
- Kaum optische Fehler
- Schneller, leiser Autofokus
- Gute Verarbeitung und Wetterfestigkeit
- Leichte Schwächen im Gegenlicht
- Kein optischer Bildstabilisator
- Etwas unruhiges Bokeh (helle Ränder der Umschärfescheibchen)
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.