Porträt-Spezialist mit außergewöhnlichem Bokeh
Testbericht: Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS (SEL-100F28GM)
2017-12-14 Das Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS steht in einer langen Tradition, die Sony bei der Übernahme von Konica Minolta vor einigen Jahren geerbt hat und mit diesem neuen Objektiv pflegt. Es handelt sich um ein ganz spezielles Porträtobjektiv, das dank eines speziellen Filters ein atemberaubendes Bokeh zaubern soll. Wie genau das funktioniert, ob es gut funktioniert und wie es um die Bildqualität bestellt ist, haben wir an der Alpha 7R II getestet. (Benjamin Kirchheim)
Das Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS (SEL-100F28GM) ist robust gebaut: Mit Ausnahme des Kunststoff-Filtergewindes besteht es aus Metall und ist gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet. [Foto: Sony]
Mit einem Gewicht von 700 Gramm wiegt das Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS (SEL-100F28GM) mehr als die Alpha 7R II, außerdem ist es mit einem Durchmesser von gut 8,5 und einer Länge von fast zwölf Zentimetern sogar größer als die Kamera. Kurzum: Das Objektiv ist ein ganz schön großer Brocken! Zudem reißt es mit einem Preis von gut 1.700 Euro ein ziemliches Loch in die Kasse beziehungsweise vergrößert das 3.000-Euro-Loch, das die Alpha 7R II reißt, erheblich. Aber so ist das mit guten Objektiven: Sie kosten schnell mehr als die Kamera, an der man sie verwendet. Doch das FE 100 mm F2,8i STF GM OSS ist sehr robust gebaut und sollte damit lange halten und die eine oder andere Kamerageneration überleben (immerhin steht die Alpha 7R III bereits in den Startlöchern).
Das Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS (SEL-100F28GM) ist mit drei Einstellringen, zwei Schaltern und einem Knopf umfangreich ausgestattet. [Foto: Sony]
Das Gehäuse besteht zum großen Teil aus Metall, aber auch Kunststoff kommt zum Einsatz. Das stört und vor allem beim Filtergewinde mitsamt der Aufnahme für die Streulichtblende, was wir bei einem G-Master-Objektiv nicht unbedingt erwarten würden. 72 Millimeter misst das Gewinde übrigens. Die passende Streulichtblende gehört genauso zum Lieferumfang wie eine Objektivtasche, die sich wahlweise an den Gürtel schnallen oder um den Hals hängen lässt.
Ausstattung und Bedienung
Das FE 100 mm F2,8i STF GM OSS ist in mehrerlei Hinsicht etwas Besonderes. Einerseits besitzt es einen optischen Bildstabilisator und ist damit das einzige Porträtobjektiv im Sony-Portfolio mit dieser Eigenschaft. Immerhin besitzen die Alpha-7-Modelle ab der zweiten Generation ebenso wie die Alpha 9 einen Sensor-Shift-Bildstabilisator, sind also nicht mehr auf einen Objektiv-Stabilisator angewiesen. Zum Glück harmonieren die beiden Stabilisatoren sogar, sodass sie sich für eine höhere Effektivität sogar zusammen verwenden lassen können. Über den unteren der seitlichen Schiebeschalter lässt sich der Stabilisator ein- und ausschalten. Er schaltet auch gleich den Sensor-Shift-Stabilisator der Kamera mit aus, eine getrennte Steuerung ist also gar nicht vorgesehen. Andererseits besitzt das 100 STF einen speziellen "Makro"-Ring – dazu später mehr – sowie einen eingebauten Apodisationsfilter.
Bokeh-Vergleich des Sony FE 100 STF mit dem FE 1.8/85 (Links). Selbst ohne Apodisationsfilter (Mitte) hat das 100 STF ein schönes Bokeh, mit wird es jedoch noch deutlich besser (Rechts). [Foto: MediaNord]
Letzterer ist verantwortlich für das besondere Bokeh, dass das Sony 100 STF auszeichnet (das STF steht übrigens für Smooth Transition Focus). Dabei handelt es sich um einen zirkularen Grauverlaufsfilter, der vom Zentrum zum Bildrand immer dunkler wird. Damit sorgt der Filter für ein einmalig weiches Bokeh, da die Unschärfescheibchen nicht hart abgegrenzt sind, sondern ganz weich auslaufen und immer dunkler werden. Das bringt aber auch zwei Nachteile mit sich: Einerseits schluckt das Element Licht, zwei ganze Blendenstufen, um genau zu sein. Man bekommt bei Offenblende also die Schärfentiefe von F2,8, musst aber belichten, als hätte man nur eine Blende von F5,6. Der zweite Nachteil entsteht beim Schließen der Blende: Je weiter diese geschlossen wird, desto schwächer wird der Bokeh-Effekt, da der Grauverlaufsfilter zunehmen aus dem Strahlengang ausgeblendet wird, da die Irisblende ihn verdeckt.
Tatsächlich erlaubt das Objektiv sowohl am Blendenring als auch bei der Einstellung über die Kamera (Blendenring auf Position "A") nur einen Blendenbereich von F5,6 bis F22, wobei ab F8 der Apodisationsfilter keine Wirkung mehr zeigt. Tatsächlich arbeitet man aber von F5,6 bis (kurz vor) F8 im so genannten T-Blendenbereich, das heißt hier wird nicht die effektive Öffnung F im Verhältnis zur Brennweite angegeben, sondern die effektive Lichtstärke T. Tatsächlich arbeitet man bei T5,6 mit Blende F2,8, bei T6,3 ungefähr mit F4 und bei T7,1 ungefähr mit F5,6 und erst bei F8 auch wirklich mit F8. In Wahrheit hat man also einiges an Schärfentiefespielraum, auch wenn es den Werten nach nicht so scheint. Zudem bietet der Blendenring eine Besonderheit: Die Rastung lässt sich abschalten, woraufhin die Blende stufenlos arbeitet. Zwar erkennt die Kamera keine weiteren Werte zwischen den klassischen Drittelstufen, tatsächlich sieht man aber an der Irisblende im Strahlengang, dass jeder beliebige Zwischenwert eingestellt werden kann. Die Blende ihrerseits besteht übrigens aus elf Lamellen für eine besonders gleichmäßige, runde Öffnung, was das Bokeh ebenfalls positiv beeinflusst. Allerdings ist die Blende auch das Lauteste am Objektiv. Bemerkbar macht sich das jedoch nur, wenn die Kamera zum Fokussieren kurz auf- und wieder abblendet.
An der Alpha 7R II ist das Sony FE 100 mm F2,8i STF GM OSS ein mächtig großes Objektiv. Die Kombination bringt über 1,3 Kilogramm auf die Waage. [Foto: MediaNord]
Apropos Fokus: Dieser arbeitet völlig lautlos und äußerst präzise mit einem Ultraschallmotor. Der obere der beiden seitlichen Schalter erlaubt die Deaktivierung der automatischen Fokussierung. Der breite manuelle Fokusring ganz vorne am Objektiv ist mit einem geriffelten, griffigen Gummiüberzug versehen und läuft butterweich. Er gibt lediglich Stellbefehle an den Fokusmotor weiter und erlaubt mit Hilfe der Fokuslupe der Kamera ein äußerst präzises und feinfühliges Fokussieren. Die minimale Aufnahmedistanz liegt normalerweise bei 85 Zentimetern. Ganz hinten am Objektiv befindet sich jedoch ein Umschaltring. Mit einem Knopf lässt er sich lösen und die Fokussierung auf den Bereich 57 cm bis 100 cm einstellen statt 85 cm bis unendlich. Die Arretierung sitzt jedoch nicht allzu fest, man kann den Ring gegen einen Gewissen Widerstand und ein "Klick" auch ohne Drücken des Knopfes bewegen. Ob das so gewollt ist oder dem Mechanismus schadet, ist uns nicht bekannt. Jedenfalls erlaubt die Naheinstellgrenze von 57 Zentimetern einen maximalen Abbildungsmaßstab von immerhin 1:4 – ein sehr guter Wert für ein Porträtobjektiv. Damit wird auch die eine oder andere Nahaufnahme ermöglicht. Als letztes Bedienelement gibt es noch einen Knopf, der zwischen dem Blendenring und dem Fokusring sitzt. Diese Objektiv-Funktionstaste ist normalerweise mit der Fokus-Stopp-Funktion vorbelegt, lässt sich aber problemlos über das Kameramenü umprogrammieren und beispielsweise als AF-On-Taste benutzen.
Fortsetzung auf Seite 2
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