Lichtstarkes Premium-Standardzoom
Testbericht: Sony FE 24-70 mm F2.8 GM (SEL2470GM)
2017-08-24 Im vergangenen Jahr war das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM eines der ersten Objektive der neuen G-Master-Serie, die aus hochwertigen, lichtstarken Vollformatobjektiven für das spiegellose System von Sony bestehen soll. Solche lichtstarken Zooms, gerade das 24-70mm, sind Brot- und Butter-Objektive für ambitionierte Amateure und Profifotografen und wurden bis dahin schmerzlich vermisst. An der neuen Sony Alpha 9 hatten wir nun Gelegenheit, das SEL2470GM im Labor und in der Praxis zu testen. (Benjamin Kirchheim)
Mit Metallgehäuse und Spritzwasserschutz ist das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM (SEL2470GM) absolut hochwertig verarbeitet. [Foto: MediaNord]
So ein lichtstarkes 24-70mm-Zoom für Vollformat ist ein echter Klopper, daran ändert auch eine spiegellose Systemkamera mit kurzem Auflagemaß wie die Sony Alpha 9 nichts. Satte 880 Gramm drückt das FE 24-70 mm F2.8 GM auf die Waage – 200 Gramm mehr als die dahinter geschnallte Alpha 9! Entsprechend fühlt sich die Kombination etwas frontlastig an, einhändige Schnappschüsse aus der Hüfte gestalten sich daher mit dieser Kombination etwas schwierig. Zumindest der Vorteil einer spiegellosen Systemkamera, klein und leicht zu sein, wie es die Vollformat-Alphas von Sony zweifelsfrei sind, wird mit einem solchen Objektiv ad absurdum geführt. Am besten stattet man seine Kamera mit einem Multifunktionsgriff aus, um die Balance zu verbessern. Mit einem kleinen Objektiv und ohne Griff ist die Kamera ja nach wie vor auch als unauffällige, kleine Reisekamera zu gebrauchen. Mit dem glasgefüllten Metallhumpen von SEL2470GM ist das jedenfalls nicht der Fall.
Verarbeitung, Ergonomie und Ausstattung
Die Verarbeitung des FE 24-70 mm F2.8 GM ist allererste Sahne. Das fast 14 mal neun Zentimeter große Gehäuse besteht aus Metall, was sogar auf den beim Zoomen um gut drei Zentimeter ausfahrenden Tubus zutrifft. Normalerweise wird spätestens an dieser Stelle gespart und Kunststoff eingesetzt. Zudem ist die Konstruktion gegen Staub und Spritzwasser geschützt, wie unschwer am Dichtungsring rund um das Bajonett zu erkennen ist. Der breite Zoomring besitzt eine griffige Gummi-Riffelung und läuft angenehm schwer. Mit knapp einer viertel Umdrehung wird von 24 auf 70 mm gezoomt, wobei 24, 35, 50 und 70 mm gut sichtbar in Weiß markiert sind. Obwohl das Zoom ausreichend schwergängig ist, gibt es eine Sicherungsverriegelung, die das Zoom bei 24 mm fixiert. An der linken Seite sind hinter dem Zoomring der AF-MF-Schalter und davor eine Taste zu finden, die sich über das Kameramenü mit verschiedenen Funktionen belegen lässt.
Der Fokusring fällt etwas schmaler als der Zoomring aus und sitzt weiter vorne am Objektiv. Er ist ebenfalls mit einem griffigen, geriffelten Gummiüberzug versehen und dreht sich deutlich leichter, als der Zoomring. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch, verstellt wird der Fokus immer vom unhörbaren Direct Drive Ultraschall-Autofokusmotor, der äußerst schnell zupackt. Der Ring reagiert unterschiedlich auf verschieden schnelle Drehbewegungen und erlaubt damit äußerst feinfühlige Fokusjustagen. Dabei wird der Fotograf von Hilfen wie einer Fokuslupe und Fokuspeaking sowie einer Entfernungsanzeige unterstützt, die von der Kamera zur Verfügung gestellt werden. Die automatische Fokussierung erfolgt mit der Alpha 9 innerhalb eines Wimpernschlags; etwa 0,15 bis 0,17 Sekunden werden benötigt, um von unendlich auf zwei Meter zu fokussieren.
Im Vergleich zur Sony Alpha 9 wirkt das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM riesig. [Foto: MediaNord]
Der optische Aufbau des Sony FE 24-70 mm F2.8 GM besteht aus 18 Linsen, die in 13 Gruppen angeordnet sind. Dabei kommen drei asphärische Elemente zum Einsatz, bei einem davon handelt es sich um ein extrem präzises XA (extreme aspherical) Element. Es soll Aberrationen auf ein Mindestmaß reduzieren und für eine bestmögliche Auflösung über den gesamten Zoom- und Blendenbereich sorgen. Zusätzlich soll ein ED-Glaselement chromatische Aberrationen minimieren. Einen optischen Bildstabilisator gibt es übrigens nicht, denn der sitzt bei Sony ja im Kameragehäuse.
Die kreisförmige Blende setzt sich aus neun Lamellen zusammen und soll für ein natürliches Bokeh sorgen. Das funktioniert in der Tat sehr gut, die Unschärfekreise zerfließen wunderbar ineinander, das Bokeh ist sahnig. Zur Unterdrückung von Reflektionen und Geisterbildern setzt Sony eine Nano AR (Anti Reflection) Vergütung ein. Auch sie verrichtet sichtbar beziehungsweise unsichtbar ihren Dienst. Selbst im Gegenlicht bleiben die Kontraste erhalten, Störungen oder Reflexionen konnten wir nicht ausmachen, selbst ohne Streulichtblende nicht. Die gehört, wie übrigens auch eine Tasche, zum Lieferumfang des SEL2470GM und besteht "ausnahmsweise" aus Kunststoff. Sie lässt sich zum platzsparenden Transport auch verkehrt herum anbringen. Theoretisch wird die Blende von einer Verriegelung fixiert, die mit einem Knopfdruck gelöst werden muss. Unser nicht mehr ganz taufrisches Testmodell war jedoch schon etwas ausgeleiert, die Blende ließ sich bei geringem Widerstand auch ohne Drücken des Knopfes lösen. Das Filtergewinde misst übrigens stolze 82 Millimeter, was die Filter recht teuer macht.
Bildqualität
In der Praxis liefert das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM eine erstklassige Bildqualität ab. Knackscharf von der Bildmitte bis zum Bildrand auch schon bei Offenblende, keine sichtbaren Farbsäume, jedoch eine deutliche Verzeichnung, die vor allem bei längeren Brennweiten sichtbar kissenförmig ausfällt. Aber auch im Labor haben wir die Bildqualität genau getestet. Der Labortest erfolge zwar nicht mit der höchstauflösenden Sony Alpha 7R II, wohl aber mit dem allerneuesten Modell Alpha 9. Gegen eine geringe Gebühr von 50 Cent kann der gesamte Labortest über die weiterführenden Links abgerufen werden und wer möchte, honoriert damit auch diesen kostenlosen Objektiv-Testbericht.
Die wenigen Bedienelemente sitzen beim Sony FE 24-70 mm F2.8 GM alle an der Seite. [Foto: MediaNord]
Im Testlabor bestätigt sich die starke Verzeichnung (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Sie beträgt bei allen drei gemessenen Brennweiten (24, 41 und 70 mm) gut zwei Prozent. Im Weitwinkel fällt sie aufgrund ihrer Tonnenform, die dem menschlichen Auge natürlicher erscheint, subjektiv nicht so ins Gewicht wie bei mittlerer und langer Brennweite, wo einem die Kissenform regelrecht ins Auge springt, sobald Linien im Bild parallel zum Bildrand verlaufen. Farbsäume treten hingegen tatsächlich auch im Labortest nicht auf. Eine Randabdunklung ist zwar vorhanden, fällt aber, vor allem für ein Vollformatobjektiv, mit maximal 0,8 Blendenstufen nicht sonderlich stark aus. Zudem ist der Verlauf einigermaßen sanft, nur in Telestellung ist der Abfall in den äußersten Bildecken bei F2,8 und F4 etwas steiler, beträgt aber nur eine halbe Blendenstufe.
Die Auflösung ist mit bis zu 63 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Bildzentrum für einen 24 Megapixel auflösenden Bildsensor sehr hoch. Bei 24 und 41 mm ab Offenblende und bei 70 mm ab F4 zieht sich die Auflösungskurve fast wie eine Schnur an der Linie von 60 lp/mm entlang, fällt erst jenseits von F8 unter diese Linie und erst kurz vor F22 unter 50 lp/mm. Am Bildrand startet die Auflösung bei 24 und 41 mm bei Offenblende mit einem Wert von gut 45 lp/mm, steigt beim Abblenden langsam an und bewegt sich im Bereich von F5,6 bis F16 bei über 50 lp/mm. Damit ist der Randabfall der Auflösung für ein solches Zoom sehr gering und nahezu auf Festbrennweitenniveau. In Telestellung startet nicht nur die Auflösung im Bildzentrum bei Offenblende etwas zurückhaltender, sondern vor allem auch die Randauflösung. Sie hangelt sich von 30 lp/mm bei F2,8 nur langsam ansteigend bis 50 lp/mm bei F16 hoch. Nutzt man die Telebrennweite beispielsweise für Porträts, so fällt das aber überhaupt nicht ins Gewicht und die leicht geringere Auflösung bei Offenblende mag der Haut so mancher porträtierten Person gar schmeicheln. Wirklich weich ist das Objektiv im Bildzentrum in Telestellung dagegen nicht, höchstens nicht ganz so knackig wie bei kleinerer Brennweite.
Fazit
Das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM ist in jeder Hinsicht ein absolut hochwertiges Objektiv, das mit gut 2.400 Euro allerdings auch seinen entsprechenden Preis hat, den es jedoch auch wert ist. Der "Straßenpreis" bewegt sich übrigens gut 10-15 Prozent unter der UVP, liegt aber definitiv über der Marke von 2.000 Euro. Das Metallgehäuse jedenfalls wirkt robust und ist hochwertig verarbeitet, die Fokussierung absolut schnell. Die Bildqualität stimmt sowohl von den harten Laborfakten her, als auch bei den "weichen" Eigenschaften wie Bokeh und Gegenlichtunempfindlichkeit. Die Bildqualität bewegt sich vor allem bei kurzer bis mittlerer Brennweite nahezu auf Festbrennweitenniveau, fällt in Telestellung aber minimal ab. Am ehesten fallen noch die Verzeichnungen negativ ins Auge. Ob man an seiner kompakten und relativ leichten Sony-Vollformatkamera hingegen ein in Anbetracht der recht kleinen Brennweite so großes Objektiv benötigt, muss letztlich jeder für sich entscheiden.
Kurzbewertung
- Robustes, staub- und spritzwassergeschütztes Gehäuse
- Schneller, leiser Autofokus
- Hohe Auflösung und geringer Randabafll (außer im Tele)
- Schönes Bokeh
- Das riesige Objektiv führt die kompakte Kamera trotz kleiner Brennweite ad absurdum
- Hoher Preis
- Starke Verzeichnung
- Leichte Offenblend- und Randschwäche in Telestellung