Weitwinkel-Trio für Sony FE-Mount
Testbericht: Sony FE 28 mm F2 (SEL-28F20)
2015-05-26 Sony bringt für das spiegellose Vollformat ein weiteres Weitwinkelobjektiv. Das Sony FE 28 mm F2 ist recht preisgünstig, leicht und mit F2 erfreulich lichtstark. Der Clou des SEL-28F20 aber ist: Sony hat es mit einem Frontbajonett ausgestattet, an das sich der Ultraweitwinkel-Konverter SEL-075UWC sowie der Fisheye-Konverter SEL-057FEC ansetzen lassen. Damit verspricht das neue Weitwinkel-Trio von Sony zur allumfassenden Lösung zu werden, wenn es um Bildwinkel ab 75° geht. Doch halten die Multitalente in der Praxis, was sie auf dem Papier versprechen? digitalkamera.de hat dem Dreigestirn intensiv auf den Zahn gefühlt, das Sony FE 28 mm F2 musste sich zudem im Testlabor beweisen. (Martin Vieten)
Das lichtstarke Weitwinkel Sony FE 28 mm F2 (SEL-28F20) lässt sich via Frontbajonett erweitern ... [Foto: Sony]
... um den Ultraweitwinkel-Konverter Sony SEL-075UWC ... [Foto: Sony]
... sowie den Fisheye-Konverter Sony SEL-057FEC. [Foto: Sony]
Rund 450 Euro ruft Sony für das neue SEL-28F20 auf. Das geht für ein 28er mit Lichtstärke F2.0 durchaus in Ordnung, zumal das Weitwinkelobjektiv für die Alpha-7-Familie keineswegs billig wirkt: Fassung und Bajonett bestehen aus Metall, dennoch bleibt das Objektiv mit einem Gewicht von 200 Gramm angenehm leicht. Dazu trägt sicherlich auch die recht kompakte Bauweise bei, gerade einmal sechs Zentimeter lang ist das SEL-28F20. Damit passt es wunderbar an die zierliche Alpha 7R (an der digitalkamera.de das Objektiv im Labor getestet hat); an der etwas wuchtigeren Alpha 7 II erwies es sich im Praxistest sowieso als ausgesprochen handlich. Eine Streulichtblende legt Sony übrigens auch noch bei – die ist dann aber aus Kunststoff gefertigt.
]
Keineswegs gespart hat Sony beim optischen Aufbau: Das Sony FE 28 mm F2 besteht aus neun Linsen in acht Gruppen. Drei asphärische Linsen, eine davon ein Advanced Aspherical Element, sowie zwei ED-Glaselemente sollen für eine hohe Bildqualität sorgen; neun Blendelammellen versprechen ein angenehm weiches Bokeh. In der Tat zeichnet das SEL-28F20 ein schön anzusehendes Bokeh. Nur harte Kontraste oder Spitzlichter im unscharfen Bereich mag es nicht so sehr, hier treten teils recht deutlich sichtbare longitudinale chromatische Aberrationen (sogenannte „Bokeh-CAs“) auf. Die Ausstattung des SEL-28F20 kann sich also durchaus sehen lassen, ein optischer Bildstabilisator fehlt ihm allerdings. An der Alpha 7 II ist das kein Beinbruch, ist die Kamera doch mit einem stabilisierten Bildsensor ausgestattet; an den übrigen Modellen der Alpha-7-Familie wird man einen Bildstabilisator bisweilen vermissen.
Beim Autofokus bleibt das SEL-28F20 konventionell, auf den teuren aber sehr schnellen Linearantrieb eines SEL-35F14Z verzichtet Sony bei ihm. Dennoch stellt das 28er in der Praxis ausreichend rasch scharf. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings der Ring zum manuellen Scharfstellen: Er überträgt lediglich Steuersignale an die Stellmotoren (focus by wire), das manuelle Fokussieren wirkt damit sehr indirekt. Die minimale Fokusdistanz beträgt 29 Zentimeter (Arbeitsabstand rund 23 Zentimeter). Man kann mit dem SEL-28F20 seinem Motiv also gehörig nahe kommen, bis zu einem maximalen Abbildungsmaßstab von rund 1:7,9.
Dank seiner kompakten Bauweise und des geringen Gewichts passt das Sony Sony FE 28 mm F2 gut zur Alpha-7-Familie, hier an der Alpha 7R. [Foto: MediaNord]
Sony Alpha 7R mit Sony FE 28 mm F2 (SEL-28F20). [Foto: MediaNord]
Sony Alpha 7R mit Sony FE 28 mm F2 (SEL-28F20) und Ultraweitwinkel-Konverter SEL-075UWC. [Foto: MediaNord]
Sony Alpha 7R mit Sony FE 28 mm F2 (SEL-28F20) und Fisheye-Konverter SEL-057FEC. [Foto: MediaNord]
So positiv das Handling des FE 28 mm F2 ist – im Testlabor von digitalkamera.de macht es einen durchwachsenen Eindruck. Äußerst beeindruckend ist zunächst, dass das Weitwinkelobjektiv praktisch nicht verzeichnet. Die messtechnisch erfasste Verzeichnung von 0,5 Prozent Tonnenform ist mit dem Auge nicht wahrnehmbar. Vergleicht man allerdings die JPEG-Aufnahmen (die Basis der Messung sind) mit parallel aufgezeichneten Raw-Dateien, wird sofort klar: Sony korrigiert die Verzeichnung bereits in der Kamera. Nicht korrigierte Raw-Fotos zeigen nämlich eine deutliche tonnenförmige Verzeichnung.
Die elektronische Verzeichnungskorrektur hat indes so ihre Tücken, die sich auch in der Auflösungsmessung niederschlagen. Während das FE 28 mm F2 an der Alpha 7R im Bildzentrum zwischen F2.8 und F16 mit bis zu 80 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) extrem hoch auflöst, ist das Auflösungsvermögen an den Bildrändern schwach. Ausgesprochen schwach sogar bei großen Blenden: Bei F2.0 schafft es gerade gut 24 lp/mm – das ist ein Auflösungsverlust von rund 60 Prozent gegenüber dem Bildzentrum. Abblenden mildert das Problem zwar, behebt es aber nicht gänzlich. Nur bei F8.0 und F11 fällt der Auflösungsverlust zu den Ecken mit knapp unter 25 Prozent gerade noch hinnehmbar aus. Für Motive, die bis in die äußersten Ecken gleichmäßig scharf und detailliert wiedergegeben werden sollen (etwa Architektur- oder Landschaftsaufnahmen) eignet sich das SEL28F20 daher nicht so gut. Kein Problem ist der Auflösungsverlust dagegen in der Street- oder Eventfotografie, wo in den Bildrändern und -ecken meist keine bildwichtigen Inhalte platziert werden. Ebenfalls keine allzu große Rolle spielt diese Schwäche, wenn das FE 28 mm F2 an einer APS-C-Kamera eingesetzt wird, wo es ja nur einen Bildkreis entsprechend 42 Millimeter Brennweite ausleuchten muss.
]
Auch die weiteren Messwerte geben nicht nur Anlass zur Freude. Die Randabdunklung (Vignettierung) ist über alle Blenden ab F2.8 mit rund 40 Prozent sehr hoch, bei Offenblende mit ca. 60 Prozent sogar sehr stark ausgeprägt. Chromatische Aberrationen hat das Objektiv dagegen halbwegs im Griff, Farbsäume an Kontrastkanten sind lediglich bei großen Blenden so eben sichtbar und auch nur an den Bildrändern. Nicht ganz so soiverän geht das SEL-28F20 mit Gegenlichtsituationen um: Flares sind ihm durchaus nicht fremt, aber Blendenflecken kennt es praktisch nicht.
Das FE 28 mm F2 besticht also nicht unbedingt durch seine Abbildungsleistung, wohl aber durch seine Vielseitigkeit. Über ein spezielles Bajonett lassen sich nämlich der Ultraweitwinkel-Konverter SEL-075UWC sowie der Fisheye-Konverter SEL-057FEC ansetzen. Ersterer erweitert den Bildwinkel auf 92°, letzterer gar auf 180°. Die Kamera erkennt via Hall-Sensoren berührungslos, ob und welcher Konverter angesetzt ist, die EXIF-Daten sind korrekt, ebenso berücksichtigt die interne Objektivkorrektur den jeweiligen Konverter.
In extremen Gegenlichtsituationen zeigt sich das SEL-28F20 etwas anfällig für Flares. [Foto: Martin Vieten]
Von Haus aus verzeichnet das SEL-28F20 recht ausgeprägt, ... [Foto: Martin Vieten]
... die Verzeichnung lässt sich jedoch bereits in der Kamera bei der Aufnahme korrigieren – was allerdings zu Lasten der Randauflösung geht. [Foto: Martin Vieten]
Mit dem Ultraweitwinkel-Konverter SEL-075UWC (Preis ca. 250 Euro) ergibt sich eine resultierende Brennweite von 21 Millimeter, die Lichtstärke sinkt auf F2.8. Der Konverter ist solide verarbeitet, mit Fassung und Bajonett aus Metall sowie einer integrierten Streulichtblende. Er ist etwa fünf Zentimeter lang und wiegt 267 Gramm. Das ist ein ordentliches Gewicht, das da zusätzlich vorne am FE 28 mm F2 zerrt, entsprechend kopflastig wird die Kombination. Der SEL-075UWC produziert eine starke tonnenförmige Verzeichnung, die bei JPEG-Aufnahmen allerdings automatisch in der Kamera korrigiert werden, abschalten lässt sich diese Korrektur nicht. Somit verstärkt sich mit dem Ultraweitwinkel-Konverter das Problem, das schon das SEL-28F20 mitbringt – der Auflösungsabfall zu den Bildrändern hin ist drastisch.
Nochmals größer und schwerer ist der Fisheye-Konverter SEL-057FEC (Preis ca. 310 Euro), mit dem sich eine Brennweite von 16 Millimeter bei flächentreuer Abbildung ergibt. Er kommt auf ein Gewicht von mehr als 400 Gramm, die Kamera wird damit extrem kopflastig. Wer da nicht fest zupackt, dem kippt alles leicht aus der Hand! Das Fisheye leuchtet den kompletten Bildkreis des Vollformatsensors einer Alpha 7 aus, es gibt keine schwarzen Ränder oder gar Flächen. Etwas kurios arbeitet das Korrekturprofil von Lightroom 6 beziehungsweise Adobe Camera Raw 9: Es entzerrt die typische Kugelform der Fisheye-Aufnahmen komplett, sodass eine gnomische Abbildung entsteht; der Bildwinkel wird entsprechend verringert.
]
Fazit Das neue 28er für Sonys spiegellose Vollformatkameras besticht vor allem durch sein gutes Handling. Das Objektiv ist angenehm klein und leicht, dabei aber durchaus robust verarbeitet. Es ist mit F2.0 recht lichtstark und erzeugt dank seiner neun Blendenlamellen ein angenehmes Bokeh. Die Abbildungsleistungen können dagegen nicht auf ganzer Linie überzeugen, vor allem der Randabfall der Auflösung ist viel zu hoch. Verzeichnung und Vignettierung hat es dagegen gut im Griff. Größter Pluspunkt des SEL-28F20 ist allerdings seine Vielseitigkeit. Über ein spezielles Konverter-Bajonett lässt sich der Bildwinkel erweitern, entweder zum 21-Millimeter-Weitwinkel oder zum 16-Millimeter-Fischauge. Die Abbildungsleistung der Konverterlösungen ist zwar ebenfalls bescheiden, dafür gibt’s Ultrawinkel und Fisheye für relativ kleines Geld zusätzlich. Wer allerdings nicht nur auf den Preis schielt, sondern auch die Abbildungsleistung im Blick hat, ist mit dem Weitwinkelzoom SEL-1635Z besser bedient.
Kurzbewertung
- Handlich und kompakt
- Lichtstark
- Per Frontbajonett mit passenden
Konvertern erweiterbar
- Ordentliches Preis-Leistungsverhältnis
- Hoher Randabfall der Auflösung
- Kein Bildstabilisator
- Mit Konverter sehr kopflastig
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.