Wie bereits beim Blendenring fallen die gravierten Beschriftungen mit lediglich zwei Millimetern Höhe zwar recht klein aus, sind dank der weißen (für die metrische Skala) und roten (für die angloamerikanischen Maße) Auslegungen aber gut lesbar. Im hinteren Bereich des Objektivtubus befindet sich eine Schärfentiefeskala, die allerdings erst bei Blende F2 beginnt und mit F4, F8, F11 und F16 fortgesetzt wird. Bei offeneren Blenden ist die Schärfentiefe einfach zu gering, um trotz des recht langen Schneckengangs noch sinnvoll markiert werden zu können.
Der manuelle Fokusring bietet einen angenehmen Widerstand und läuft butterweich, die Schärfe springt gut. Fotografen und Videografen werden das lieben. Das sichtbare Fokusatmen ist jedoch ein Negativpunkt für Videografen. Als nachteilig erweisen sich zudem ein weiteres Mal die fehlenden elektrischen Kontakte, denn Fokushilfen wie die Fokuslupe oder das Peaking müssen manuell aktiviert werden, was am besten über das Umbelegen von Funktionsknöpfen an der Kamera gelingt, die damit jedoch für andere Funktionen fehlen.
Das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch besitzt bis weit zum Bajonett einen großen Durchmesser, was an der Olympus OM-D E-M5 Mark III problematisch wird, weil eine Stativplatte am Objektiv statt am Kameraboden aufliegt. [Foto: MediaNord]
Die Naheinstellgrenze des Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch ist zwar mit 37 Zentimetern angegeben, wir haben jedoch 37,5 Zentimeter als geringsten Aufnahmeabstand vom Motiv zum Bildsensor ermittelt. Der Abstand der Objektivfront zum Motiv beträgt dabei 26 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 17,3 mal 13 Zentimeter ermittelt, was einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:10 und damit der Herstellerangabe entspricht.
Bildqualität
Dass sich der Fokus auch bei Offenblende recht gut einstellen lässt, spricht für eine gute Auflösung bereits bei F0,8. Wie wir von unserem Test des deutlich preisgünstigeren 7Artisans 35 mm F0,95 (siehe weiterführende Links) wissen, ist das keine Selbstverständlichkeit. Um die Bildqualität aber nicht nur visuell zu prüfen, haben wir das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton an der 20 Megapixel auflösenden Olympus OM-D E-M5 Mark III in unserem Testlabor untersucht.
Tatsächlich beträgt die Auflösung im Bildzentrum bei 50 Prozent Kontrast bereits bei Offenblende fast 40 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent, was ein guter Wert ist. Bereits bei F2 löst das Objektiv mit über 50 lp/mm sehr gut auf und erreicht bei F4 sein Maximum von knapp 56 lp/mm. Jedoch fällt die Auflösung zum Bildrand bei allen Blenden um 30 bis 50 Prozent ab und liegt nur zwischen 22 (bei F0,8) und 37 lp/mm (bei F5,6). Knackscharfe Landschafts- oder Architekturaufnahmen gehören also definitiv nicht zu den Motivwelten, für die man das Objektiv einsetzen sollte. Die Stärken des Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch liegen definitiv woanders.
Das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch zeigt bei Offenblende F0,8 ein wunderschön weiches Bokeh. [Foto: MediaNord]
Zum Vergleich ist die Schärfentiefe des Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch bei F5,6 deutlich größer. [Foto: MediaNord]
Doch zunächst einmal zu den optischen Fehlern, die mangels elektrischer Kontakte nicht von der Kamera korrigiert werden können. Hier wäre als erstes die Randabdunklung zu nennen, die bei Offenblende mit 1,3 EV deutlich sichtbar wird, auch wenn ihr Verlauf recht sanft ist. Beim Abblenden auf F1,4 und F2 halbiert sie sich jeweils etwa, so dass die Randabdunklung ab F2 mit nur noch 0,4 EV kaum noch ins Gewicht fällt. Die Verzeichnung ist hingegen mit einem Prozent Tonnenform gering, wenn auch nicht ganz unsichtbar. Da der tonnenförmige Charakter aber unserem natürlichen Sehen entspricht und nicht allzu stark ausfällt, ist das in der Praxis unproblematisch und kann zur Not in der Bildbearbeitung korrigiert werden. Viel Randauflösung hat man dabei eh nicht zu verlieren.
Am problematischsten von allen optischen Fehlern des Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch sind jedoch die Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Sie werden im Mittel mit 1,5 Pixeln leicht und im Maximum mit 2,5 Pixeln stark sichtbar und lassen sich auch durch Abblenden nicht beseitigen. Zum Glück handelt es sich "nur" um Farbquerfehler, die Farblängsfehler fallen bei weitem nicht so deutlich aus und spielen praktisch kaum eine Rolle.
Die Praxis ist es dann auch, die die größte Stärke des ultralichtstarken Objektivs offenbart: sein Bokeh. Der Schärfebereich ist durch die große Blendenöffnung nicht nur sehr gering und damit der Unschärfebereich besonders unscharf, sondern der Charakter der Unschärfe ist auch äußerst weich. Details im Hintergrund fließen dermaßen schön ineinander, dass keine störenden Strukturen dabei entstehen oder Spitzlichter herausstechen. Die kleinbildäquivalente Brennweite von 58 Millimetern entspricht einem ganz leichten Tele und eignet sich damit gut beispielsweise für Porträts.
Was in der Praxis allerdings beim Blick auf die Belichtungszeiten auch auffällt, ist die im Bereich von F1,4 bis F0,8 alles andere als lineare Transmission. Die Randabdunklung verstärkt diesen bereits im Bildzentrum deutlich sichtbaren Effekt dermaßen, dass man rechnerisch über das gesamte Bildfeld fast eine ganze Blendenstufe Licht verliert. Das heißt im Klartext: Bei F0,8 fotografiert man mit derselben Belichtungszeit, als hätte man F1,2 eingestellt. Der Effekt stellt sich schleichend beginnend bei F2 ein, so dass sich selbstverständlich die Belichtungszeit im Vergleicht zu F1,2 verkürzt, aber eben nicht in dem Maße, wie man erwarten würde. Ein Effekt, von dem auch das erwähnte 7Artisans sowie auch das Olympus F1,2-Objektiv betroffen sind (ein Vergleich folgt in einem separaten Artikel).
Das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch bei F16 im Gegenlicht mit Sonnenstern und Blendenflecken. Letztere halten sich in Grenzen, die Gegenlicht-Kontraste sind sehr gut. [Foto: MediaNord]
Überraschend gut schlägt sich das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch in Gegenlichtsituationen. Die Vergütung der elf Linsen ist hochwertig und die innere Konstruktion wirkt Streulicht entgegen, so dass die Kontraste auch im Gegenlicht hoch bleiben. Blendenreflexe treten hingegen sichtbar, wenn auch nicht in zu großem Durchmesser auf. Sehr schön ist zudem der "Sonnenstern", der sich stark abgeblendet dank der zwölf Blendenlamellen mit zwölf Strahlen zeigt.
Fazit
Das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch ist ein besonders lichtstarkes, aber auch besonders teures Objektiv. Angesichts dessen weiß zwar die Verarbeitung zu überzeugen, der Komfort hingegen mit der vollmanuellen Steuerung nicht. Dadurch fehlen Teile der EXIF-Daten in den aufgenommenen Fotos (mindestens die eingestellte Blende) und selbst die manuellen Fokushilfen der Kamera müssen bei Bedarf manuell aktiviert werden. Immerhin lässt sich das Objektiv dank guter Auflösung bereits ab Offenblende einwandfrei fokussieren. Die Blende arbeitet absolut gleichmäßig und präzise. Das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch bietet aber nicht nur eine hohe Lichtstärke und geringe Schärfentiefe, sondern auch ein wunderschön weiches Bokeh. Seine Auflösung weiß jedoch nur im Bildzentrum zu überzeugen, sie wird abgeblendet sogar hervorragend, zum Bildrand hin fällt sie hingegen bei allen Blenden deutlich ab. Störend sind zudem die sichtbaren Farbsäume, die Kontraste sind dagegen selbst im Gegenlicht, wenn auch mit sichtbaren Blendenreflexen, hoch.