2022-02-03 Der Xgimi Horizon Pro ist ein kompakter LED-Videoprojektor mit 4K-Auflösung, der dank WLAN und Android TV keine weiteren Geräte braucht. Mit seinem eingebautem Laufsprechersystem kann er, bis auf den fehlenden klassischen TV-Empfänger, praktisch ein Fernsehgerät ersetzen. Netzkabel in die Steckdose, einschalten, einrichten und schon steht dem Kino-Abend nichts mehr im Wege. Oder dem Dia-Abend, denn der Projektor gibt mit seiner scharfen 4K-Auflösung auch Fotos in guter Qualität wieder. (Jan-Markus Rupprecht)
Das sehr schick designte Gehäuse des Xgimi Horizon Pro ist an drei Seiten mit einer umlaufenden Alublende versehen. [Foto: Xgimi]
Auf der Oberseite des Xgimi Horizon Pro befinden sich vier Tasten, mit denen der Projektor eingeschaltet und grundlegend bedient werden kann. [Foto: Xgimi]
Der Hersteller
Der Hersteller Xgimi (oder XGIMI, der Hersteller schreibt sich selbst immer in Versalien) wird vielen unserer Leser wahrscheinlich noch kein Begriff sein. Ich muss zugeben: der digitalkamera.de-Redaktion bislang auch nicht. Dabei ist der Hersteller in seinem Heimatland China kein Neuling, sondern dort seit Ende 2013 aktiv und interessanterweise ganz auf Projektoren spezialisiert. Von Anfang an verfolgt der Hersteller dabei das "Screenless TV Concept", also den Projektor als Ersatz für den Fernseher – ohne klassisches Empfangsteil allerdings. Dafür ist er direkt internetfähig, d. h. man schaut dann halt Internet-TV (auch IP-TV genannt). Schon der allererste Projektor des Herstellers, der Xgimi Z 3 vom März 2014, hatte ein Android-Betriebssystem an Bord, noch lange bevor es sowas wie Android TV gab.
In den Folgejahren baute der Hersteller sein Portfolio laufend weiter aus und brachte 2016 den ersten 3D-FullHD-Projektor auf den Markt. 2018 begann eine intensivere Zusammenarbeit mit Google, aus der 2019 der allererste tragbare Videoprojektor mit Android TV hervorging. 2020 verkaufte der Hersteller nach eigenen Angaben 757.000 Projektoren und hatte einen Marktanteil von 18 Prozent in China. 2021 erfolgte dann der Börsengang. Xgimi betreibt in China eine Firmenzentrale mit 1.000 Angestellten und eine 250.000 Quadratmeter große Fabrik mit 1.500 Mitarbeitern.
Das aktuelle Portfolio umfasst acht verschiedene Projektoren, die sich ausschließlich an Endkunden richten (also keine Profi-Geräte). Vier davon sind tragbare LED-Projektoren mit eingebautem Akku, die aber dennoch kein "Spielzeug" sind, sondern nahezu alles drin haben, was auch die großen haben, also Sound, Android TV usw., und auch ebenso schick und hochwertig aussehen. Drei Projektoren sind leistungsfähigere LED-Projektoren für den Heimbetrieb, die einen Stromanschluss voraussetzen (darunter fällt der hier getestete Horizon Pro). Das achte Gerät ist ein Ultrakurzdistanz-Laserprojektor, der deutlich größer und auch teurer ist.
Auch die Fernbedienung des Xgimi Horizon Pro ist toll designt und sehr hochwertig, teilweise aus Metall gefertigt. So etwas nimmt man gerne in die Hand. [Foto: Xgimi]
Mit dem schicken Design und der fortschrittlichen Technik hat der Hersteller schon viele Preise gewonnen, darunter etliche RedDot-Awards und iF-Design-Awards, zudem mehrere Innovations-Preise auf der Unterhaltungselektronik-Messe CES. Xgimi verkauft direkt und über wenige ausgewählte Vertriebskanäle. Weltweit sind die Produkte online bei Amazon (Verkauf durch Xgimi Direkt) und Rakuten erhältlich, dazu offline bei MediaMarkt/Saturn, Expert und Euronics (sowie Fnac Darty und El Corte Ingles in Frankreich, Spanien und Portugal).
Erster Eindruck
Der Versandkarton des Xgimi Horizon Pro ist ein Würfel mit einer Kantenlänge von 34 Zentimeter, also nicht groß. Darin befindet sich dick mit passenden Luftpolstern gepolstert der eigentliche "Schmuckkarton" des Projektors mit gerade noch durchschnittlich 24 Zentimeter Kantenlänge. Darin, wiederum gut gepolstert, sitzt der Projektor, der gerade mal 20 x 22 x 14 Zentimeter groß bzw. klein ist. Mit 2,9 Kilogramm Gewicht ist er auch nicht schwer, aber auch nicht zu leicht. Das erste "Anfassgefühl" ist richtig gut.
Mit im Karton liegt noch ein im Vergleich schon fast großes externes Netzteil mit recht dickem, steifen Kabel plus Netzkabel. Ein echtes Highlight ist die wirklich sehr hochwertige, schön gestaltete Fernbedienung. Diese besteht teilweise aus Metall und ist daher recht schwer und fühlt sich sehr edel an. Sie hat nur relativ wenige Tasten und ist dadurch schön übersichtlich und nahezu blind bedienbar. Auffällige Tasten mit Netflix- oder Amazon-Prime- oder RakutenTV-Beschriftung, die man auf vielen Fernseher-Fernbedienungen heute findet, einfach weil die Anbieter den Geräteherstellern dafür Geld bezahlen, stören hier nicht das edle Erscheinungsbild. Die Fernbedienung hat ein Mikrofon eingebaut, wichtig für die bequeme Sprachsuche in Android TV. Sie arbeitet mit mit Funk-Technik, man muss also nicht mit der Fernbedienung zum Projektor zielen. Die Stromversorgung erfolgt über zwei handelsübliche AAA-Batterien.
Auch der Projektor selbst ist sehr edel designt. Das abgerundete Gehäuse ist an drei Seiten durchgängig mit einem gelochten Alublech verkleidet. Das Ganze sieht sehr gefällig aus, sehr Wohnraum-geeignet. Auf der komplett planen Oberseite gibt es vier sehr dezente Tasten (Ein/Aus, Start/Stopp, Laut und Leise). Auf der schlichten, schwarzen Rückseite mit Kühlöffnungen versammeln sich diverse Anschlüsse: 2 x USB, 2 x HDMI (eine davon mit ARC), 1 x RJ45-Netzwerkkabel-Anschluss sowie ein optischer Ausgang und eine 3,5mm-Klinkenbuchse für Ton (Kopfhörer). Lautsprecher oder Kopfhörer können natürlich auch drahtlos per Bluetooth angesteuert werden.
Das Netzteil des Xgimi Horizon Pro ist in Relation zum Projektor ein relativ dickes (und schweres) Ding. Es muss auch immerhin 200 Watt liefern. [Foto: MediaNord]
Interessant ist die Unterseite: Außer vier Gerätefüßen gibt es hier ein Stativgewinde, allerdings nur in der kleinen 1/4-Zoll-Ausführung wie bei einer Kamera. Große Stative mit festem 3/8"-Gewinde benötigen einen Adapter, am besten einen mit großer Auflagefläche (z. B. Manfrotto 120 Gewindeadapter) oder einen Stativkopf. Eine Möglichkeit zur Überkopf-Montage an der Zimmerdecke gibt es aber nicht, dafür findet man im Internet (auch von Xgimi) aber beispielsweise Wandkonsolen mit ausreichend langem Ausleger und Stativgewinde, mit denen man den Projektor an der Wand befestigen könnte. Die Möglichkeiten, die das simple Stativgewinde eröffnet, sind im Grunde endlos.
Inbetriebnahme
Die Erstinbetriebnahme gestaltet sich für alle, die ein Android-Smartphone haben, kinderleicht (und auch für alle anderen ist es nicht schwer). Nach dem Einschalten bekommt man die Möglichkeit, mit dem Smartphone eine Verbindung zum Projektor aufbauen, die dann (nach entsprechender Autorisierung selbstverständlich) vom Smartphone alle benötigten Informationen zum Konto und die WLAN-Zugangsdaten überträgt. Anschließend lädt das Gerät das neueste Android-TV-Update herunter und ist, völlig stressfrei, keine 15 Minuten nach dem Auspacken aktualisiert und betriebsbereit.
Der Xgimi Horizon Pro verfügt über ein 1/4-Zoll-Stativgewinde, mit dem der Projektor auf einem Stativkopf oder direkt auf einem Stativ (mit kleinem 1/4-Zoll-Gewinde) montiert werden kann, wie hier auf einem normalen Traveler-Stativ. [Foto: MediaNord]
Als Benutzeroberfläche begrüßt einen Android TV in der Version 10. Wer das kennt, fühlt sich sofort zuhause. Es ist genauso wie auf Sony-Fernsehern oder auf Nvidia-Shield-Geräten. Amazon Prime Video, Netflix und YouTube beispielsweise sind direkt vorinstalliert, ebenso diverse Mediatheken-Apps oder allgemeine IP-TV-Apps (wie Zattoo TV oder Joyn). Falls man eine App vermisst, lässt sich diese über den Google-Play-Appstore nachinstallieren.
Automatische Keystone-Korrektur und Autofokus
Eines der faszinierendsten Merkmale des Xgimi Horizon Pro ist die vollautomatische Keystone-Korrektur. Mit "Keystone-Korrektur" kann vielleicht nicht jeder unserer Leser etwas anfangen. Es handelt sich dabei um einen Ausgleich der Bildverzerrung, wenn das Bild vom Projektor nicht genau gerade auf die Projektionsfläche trifft. Wobei man anmerken kann, dass praktisch alle Heimprojektor-Objektive sowieso schon einen schrägen Lichtaustritt haben. Alles andere wäre auch ziemlich unpraktisch, schließlich sitzt der Projektor entweder unterhalb (z. B. auf einem Tisch) oder oberhalb (z. B. an der Zimmerdecke) der Projektionsfläche. Trotzdem soll er natürlich ein rechteckiges und kein trapenzförmiges Bild liefern. Und das tut er auch, aber eben nur, wenn man ihn ganz horizontal aufstellt und nicht noch zusätzlich nach oben oder unten oder seitlich neigt. Sobald man das tut, wird das Bild verzerrt projiziert, ist also nicht mehr rechteckig. Um das auszugleichen, gibt es die Keystone-Korrektur.
Diese funktioniert bei Projektoren dieser Preisklasse nicht optisch, sondern elektronisch. Das projizierte Bild wird einfach so verzerrt, dass das Ergebnis ein schönes rechteckiges Bild ist. Und das beherrschet der Xgimi Horizon Pro so gut wie kein anderer Projektor, den wir bisher in den Fingern hatten. Stellt man den Projektor schräg auf und startet die automatische Keystone-Korrektur, dann projiziert der Horizon Pro ein Testbild an die Wand und justiert sich innerhalb von wenigen Augenblicken perfekt ein. Am Ende bekommt der Benutzer immer noch zusätzlich die Möglichkeit, manuell nachzuregeln – das ist aber nur selten nötig. Wenn man möchte, kann man das Gerät auch so konfigurieren, dass es jede Positionsänderung mitbekommt und dann automatisch eine Neujustage vornimmt. Ein herrliches Spielzeug!
Ähnlich schön und präzise arbeitet der Autofokus. Dieser nutzt natürlich eine Fokus-Einheit im Objektiv. Auch der Autofokus wirft zunächst ein Testbild an die Wand und stellt damit vollautomatisch völlig exakt scharf. Auch hier gilt: Manuelles Nachregeln unnötig. Die Automatiken im Xgimi Horizon Pro gehen sogar noch weiter und können störende Objekte im Bild, wie z. B. Pflanzen, die in die Projektionsfläche hineinragen, erkennen und die Bildgröße automatisch soweit verkleinern, dass nichts mehr im Weg ist. Ebenfalls erkannt werden gut sichtbare Rahmen einer Leinwand. Der Projektor justiert das Bild dann automatisch so, dass die Leinwand perfekt ausgefüllt wird.
Der Xgimi Horizon Pro verfügt über ein 1/4-Zoll-Stativgewinde, mit dem der Projektor auf einem Stativkopf oder direkt auf einem Stativ montiert werden kann. Xgimi bietet auch selbst passende Ständer an. [Foto: Xgimi]
Aber wie geht das? Wie kann der Projektor sich automatisch einstellen? Wie weiß der Projektor, in welchem Winkel er zur Projektionsfläche steht? Das wollten wir vom Hersteller Xgimi wissen. Antwort: Auf seiner Front befinden sich mehrere Sensoren und eine Kamera, darunter ein ToF-Lasersensor (Time of Flight, ein Entfernungssensor) mit verstärkter Lichterkennungsfähigkeit. Mit diesen Sensoren werden die Umgebungsbedingungen einschließlich der Hindernisse, Lichtverhältnisse und des Projektionshintergrunds erfasst und anschließend von Algorithmen analysiert. Mit einigen Berechnungen erzeugen die Algorithmen eine perfekte Bildgröße und ein perfektes Rechteck, das dann an die Wand projiziert wird.
So gut die Automatiken funktionieren und so faszinierend es ist, ihnen zuzuschauen, eines muss man dabei natürlich immer im Auge behalten: Je schräger der Projektor vor der Wand oder Leinwand steht, desto mehr muss die Korrektur ausgleichen und desto weniger von der ursprünglichen 4K-Auflösung des LCD-Panels bleibt noch erhalten. Auch je mehr man automatisch zoomen lässt, z. B. um störenden Objekten auszuweichen oder das Bildautomatisch in eine Leinwand einpassen zu lassen, desto mehr wird das Bild beschnitten. Der Zoom hier ist vergleichbar mit dem Digitalzoom einer Digitalkamera: er kostet effektive Auflösung! Ein mehr oder weniger echtes 4K-Bild und die bestmögliche Bildschärfe und Auflösung bekommt man nur, wenn der Xgimi Horizon Pro genau waagerecht und auch in Links/Rechts-Richtung genau gerade vor der Leinwand steht und in der Entfernung zur Leinwand, dass man nicht hineinzoomen muss. Nur dann braucht die Keystone-Korrektur überhaupt nicht einzugreifen und der Zoom das Bild nicht zu beschneiden und der Projektor erzeugt sein bestmögliches Bild.
Dennoch sind die Automatiken natürlich gerade bei wechselnden Einsatzorten Gold wert. Wer einen Projektor sucht, den er mal eben zum Diaabend oder Kinoabend mit zu Freunden nehmen kann, der hat hier sein Gerät gefunden. Hinstellen, einschalten. Der Rest läuft innerhalb von Sekunden automatisch.