Vollformat-Reportage-Festbrennweite
Viltrox AF 35 mm F1.8 FE im Test
2023-05-07 Das Viltrox AF 35 mm F1.8 wurde 2021 zunächst für das Sony E Bajonett vorgestellt und Ende 2021 gesellte sich die Nikon Z Version dazu. Wir haben das mit Metallgehäuse ausgestattete Objektiv an einer Sony Alpha 7R III im Labor und der Praxis getestet und klären, wo die Festbrennweite Schwächen hat und wo es abseits des günstiges Kaufpreises punkten kann. (Harm-Diercks Gronewold)
Das Viltrox AF 35 mm F1.8 STM ist nicht nur mit Sony E Bajonett, sondern wie hier abgebildet auch mit Nikon Z Bajonett erhältlich. [Foto: Viltrox]
Verarbeitung
Schwarz eloxiert und aus Metall, so präsentiert sich das Gehäuse des Viltrox AF 35 mm F1.8 FE. Mit einem Gewicht von etwas mehr als 350 Gramm, einer Länge von 90 Millimetern sowie einem Durchmesser von 70 Millimetern liegt das Objektiv auf gleichem Niveau wie andere lichtstarke Autofokusobjektive mit einer Brennweite von 35 mm. Am vorderen Ende sind ein 55 Millimeter großes Filtergewinde und ein Bajonett für die Streulichtblende untergebracht. Weder Streulichtblende noch Filtergewinde drehen sich bei der Fokussierung mit.
In das Metallbajonett des Viltrox AF 35 mm F1.8 FE wurde eine USB-C-Schnittstelle eingelassen, mit der sich Firmwareupdates problemlos über jedes USB-C-Kabel durchführen lassen. Eine zusätzliche Software wird für ein solches Update nicht benötigt. Auf einen Spritzwasserschutz oder wenigstens eine Gummilippe am Bajonett wurde bei der Konstruktion des AF 35 mm F1.8 FE verzichtet.
Optisch passt das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE nahtlos and die Sony Alpha Kameras. [Foto: MediaNord]
Zum Lieferumfang des Viltrox AF 35 mm F1.8 FE gehören ein Objektivschnappdeckel, ein Bajonettdeckel sowie ein Tragebeutel aus Stoff. Auch an eine Streulichtblende in Blütenform wurde vom Hersteller gedacht. Die Streulichtblende lässt sich für den platzsparenden Transport um verkehrt herum am Objektiv befestigen.
Ausstattung und Fokus
Am Objektiv sind genau zwei Bedienelemente zu finden: ein Blenden- und ein Fokusring. Der Blendenring ist auf 3/4 der Breite mit einer groben Riffelung versehen, um mehr Halt bei der Bedienung zu bieten. Der Ring läuft sehr sanft und erzeugt keinerlei auffällige Geräusche. 1/4 des Rings ist mit den Blendenzahlen und Markierungen für Drittelstufen versehen. So hat man einen Anhaltspunkt, welche Blende man gerade eingestellt hat. Der elektronische Blendenring und auch die Blendensteuerung im Objektiv arbeiten nämlich stufenlos, so dass das Objektiv auch problemlos für Videoaufzeichnungen eingesetzt werden kann.
Neben den Blendenzahlen ist auch ein rotes "A" auf dem Ring zu finden. Möchte man die Blendeneinstellung nämlich der Kamera überlassen, etwa in der Blenden- oder Programmautomatik, dreht man den Blendenring einfach auf diese Einstellung. Ein mechanischer Sperrschalter für die "A"-Position wäre zwar schön gewesen, aber immerhin muss man einen kleinen Widerstand überwinden, um diese Position überhaupt erreichen oder verlassen zu können. In der A-Position kann die Blende aber nicht nur automatisch von der Kamera geregelt werden, sondern man kann sie auch über die Multifunktionsräder der Kamera manuell einstellen.
Der 3,5 Zentimeter breite Fokusring besitzt eine feine Metall-Riffelung. Auch der Fokusring hat keine mechanische Kopplung zur Mechanik im Objektiv. Vielmehr liefert der angenehm drehbare Ring elektronische Signale zur Ansteuerung des Schrittmotors im Objektiv. Die manuelle Fokussierung arbeitet linear. Sprich: Nur der Drehwinkel entscheidet darüber, wie groß der Fokusabstand ist, der eingestellt wird, nicht die Drehgeschwindigkeit. Fokusatmen, also ungewollte Brennweitenänderungen durch das Fokussieren, treten nur in ganz geringem Umfang auf.
Mit dem Viltrox AF 35 mm F1.8 FE konnten wir ab 44,4 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 37 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:10 entspricht. [Foto: MediaNord]
Aber das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE kann natürlich auch automatisch fokussieren. Der Fokusmotor arbeitet dabei sehr leise, präzise und ist sogar recht flott unterwegs. Neben dem Single-AF funktioniert das Objektiv auch mit den Erkennungs- und Verfolgungsfunktionen der Testkamera Sony Alpha 7R III problemlos. Das Objektiv eignet sich also bestens für die anspruchsvolle Videografie.
Die Naheinstellgrenze des AF 35 mm F1.8 FE gibt der Hersteller mit 40 Zentimeter an. Wir haben 44 Zentimeter ab Sensorebene fokussieren können, auch mit Autofokus. Das Bildfeld ist damit 37 x 24,6 Zentimeter groß. Der daraus ermittelte Abbildungsmaßstab beträgt 1:10 und der Vergrößerungsfaktor 0,1-fach. Damit erreicht das Objektiv in der Praxis den gleichen Abbildungsmaßstab wie in den technischen Daten des Herstellers.
Bildqualität
Das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE hat einen optischen Aufbau aus elf Linsen in zehn Gruppen. Unter den zehn Linsen befinden sich mehrere aus Spezialglas, das einen anomalen Brechindex besitzt. Mit dem Spezialglas sollen Farbsäume und Verzeichnungen reduziert werden. Die Blende übernehmen neun Lamellen, die stark geschlossen sogar einen ansehnlichen Sonnenstern produzieren.
Der Blendenring des Viltrox AF 35 mm F1.8 FE ist dank der griffigen Riffelung jederzeit gut zu bedienen. [Foto: MediaNord]
Neben den harten Zahlen aus dem digitalkamera.de-Testlabor schauen wir uns auch praktische Aspekte der Bildqualität an. Zu diesen Aspekten gehört das Aussehen der unscharfen Bildbereiche vor und hinter der Schärfeebene. Dieses auch als Bokeh bezeichnete Aussehen ist beim Viltrox AF 35 mm F1.8 FE sehr weich und harmonisch. Lediglich Lichtplättchen von Spitzlichtern zeigen sich mit ringförmigen Helligkeitsunterschieden, die auch als Zwiebelringe bekannt sind.
Von Streulicht zeigt sich das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE nicht unbeeindruckt. So machen sich ein heller Lichthof und ein deutlicher Kontrastverlust bei steil auf die Frontlinse fallendem Licht bemerkbar. Etwas kurios ist dabei, dass der Lichthof und der Kontrastverlust nicht direkt am Bildrand anfangen, sondern erst etwas darunter. Es scheint, dass die ziemlich tief im Objektiv liegende Frontlinse vom Gehäuse etwas abgeschattet wird. Dank der mitgelieferten Streulichtblende lässt sich die Streulichtproblematik aber erheblich reduzieren.
Bei offener Blende zeigt das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE eine Randabdunklung von 1,5 EV. Die Abdunklung ist fast komplett symmetrisch, das bedeutet, dass das Objektiv gut zentriert ist. Ab Blende F2,8 sinkt die Randabdunklung auf 0,9 EV und mit steigender Blende reduziert sich die Abdunklung auf minimal 0,5 EV.
Bei den Farbsäumen schlägt sich das Objektiv im Schnitt sehr gut. Allerdings können sich deutliche Farbsäume an Kontrastkanten bei offener Blende störend bemerkbar machen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Die Verzeichnung beginnt mit steigendem radialen Abstand von der Bildmitte zunächst mit einer leichten, unauffälligen Tonnenform, schlägt bei 80 Prozent radialem Abstand jedoch in eine für ein Weitwinkel ungewöhnliche Kissenform um, die in den Bildecken fast ein Prozent erreicht und damit durchaus sichtbar wird. Besonders für Architekturaufnahmen ist so eine wellenförmige Verzeichnung ungünstig und schwerer elektronisch zu korrigieren als eine lineare, rein kissen- oder tonnenförmige Verzeichnung.
Mit der USB-C-Schnittstelle an den AF-Objektiven von Viltrox Objektiven lassen sich Firmwareupdates sehr einfach durchführen. [Foto: MediaNord]
Die Auflösung des Viltrox AF 35 mm F1.8 FE ist bei offener Blende mit 44 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast ziemlich gering. Dafür fällt sie nicht zum Bildrand ab. Erst auf F2,8 abgeblendet erreicht das Objektiv im Bildzentrum eine gute Auflösung von über 70 lp/mm, allerdings beträgt der Randabfall fast 30 Prozent auf etwas über 50 lp/mm. Die höchste Auflösung von 85 lp/mm in der Bildmitte wird bei Blende 5,6 erreicht. Der relative Auflösungs-Randabfall entspricht bei dieser Blende etwa 33 Prozent und ist damit für eine Festbrennweite schon relativ stark.
Ab Blende F11 übersteigt die Randauflösung den guten Wert von 70 lp/mm. Da hier bereits die Auflösung im Bildzentrum beugungsbedingt fällt, ist der relative Auflösungs-Randabfall gering. Damit eignet sich F11 wunderbar für landschaftsaufnahmen und auch auf F16 – mit dem ansehnlichen Sonnenstern – lässt sich noch gut fotografieren.
Fazit
Das Viltrox AF 35 mm F1.8 FE ist ein gemäßigtes Weitwinkel mit recht flottem Autofokus und einem schönen Bokeh, wenn auch die "Zwiebelringe" den Eindruck von letzterem etwas trüben. Die Auflösung ist angemessen, könnte aber bei offener Blende besser sein. Abschließend kann man sagen, dass das Objektiv zwar nicht die Bildqualität von teureren Objektiven erreicht, den geringen Kaufpreis ist es aber allemal wert.
Kurzbewertung
- Gut verarbeitetes Metallgehäuse
- Schönes Bokeh
- USB-C-Schnittstelle für Firmwareupdates
- Stark abgeblendet hohe Auflösung
- Leiser Autofokus
- "Zwiebelringe" in Spitzlichtern
- Maue Auflösung bei offener Blende
- Streulichtempfindlich (ohne Streulichtblende)