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Was ist ein Polarisationsfilter (Polfilter) und wie wird er verwendet?
2020-08-09 Wenn es einen Filter aus der analogen Zeit der Fotografie gibt, der auch heute eine unumstrittene Daseinsberechtigung hat, dann ist das der Polarisationsfilter. Der Polfilter, wie er von Kennern auch genannt wird, ist nämlich ein echtes Talent wenn es darum geht, unerwünschte Lichtwellen zu absorbieren und damit Farben zu verbessern und Reflexionen auf bestimmten Materialien zu reduzieren beziehungsweise ganz zu eliminieren. (Harm-Diercks Gronewold)
Der B+W XS-Pro MRC nano HTC C-Pol KSM ist ein mehrschichtvergüteter Zirkularpolfilter mit Käsemann-Randversiegelung und extra geringer Höhe, um Randabschattungen vorzubeugen. [Foto: MediaNord]
Die Geschichte des Polarisationsfilters (kurz Polfilter) beginnt bereits bei den Wikingern, da trug er aber den Namen "Sonnenstein" und wurde nicht im fotografischen Sinn eingesetzt. Die erfahrenen Seefahrer und Entdecker haben mit diesem Sonnenstein auch an bewölkten Tagen die Sonne im diffusen Licht finden können. Damit wurde dann die eigene Position bestimmt und man wusste, wo man war.
Einige Jahrhunderte später (1851) entdeckte der englische Arzt William Bird Herapath, wie sich künstlich Kristalle herstellen lassen, die ähnliche Eigenschaften wie der Sonnenstein der Wikinger besaßen. Leider war die Fläche der so hergestellten Kristalle zu gering, um sie sinnvoll einzusetzen.
Eine Landschaftsaufnahme ohne Polfilter. [Foto: Jens Scheppler]
Ferdinand Bernauer gelang es im Jahr 1935, großflächige, hauchdünne monokristalline Flächenfilter herzustellen. Die Firma Carl Zeiss übernahm die Fertigung und der Filter wurde zunächst unter den Namen Herapathit-Filter bekannt und später unter Bernotar. Gleichzeitig entwickelte Edwin Herbert Land gemeinsam mit der Firma Kodak einen Vielkristallfilter, der Polaroid-Filter getauft wurde. Ab 1939 standen außerdem großflächige Filter aus Cellulose-Farbstoffkomplexen zur Verfügung. Wenn Sie sich für noch mehr Geschichte und physikalische Theorie hinter den Polarisationsfiltern interessieren, dann folgen Sie bitte dem Link zur Wikipedia am Ende des Fototipps.
Es gibt vom Prinzip zwei Arten von Polfiltern: einen linearen und einen zirkularen. Der lineare Polfilter hat an Relevanz verloren, als die ersten Kameras mit teildurchlässigem Spiegel zur Belichtungsmessung auf dem Markt kamen. Auch Phasen-AF-Systeme konnten nicht zuverlässig mit einem linearen Polfilter arbeiten. Deshalb kümmern wir uns hier nicht um diese Art des Polfilters.
Der zirkulare Polfilter besteht aus zwei hintereinander montierten optischen Elementen, die nicht miteinander verbunden sind. Jedes der Elemente besteht aus zwei dünnen Glasplatten und einer Filterschicht in der Mitte. Eines der Elemente ist unbeweglich und das andere ist an dem drehbaren Teil des Filters befestigt und kann um 360 Grad gedreht werden.
Mit Polfilter sieht die Aufnahme sehr viel anders aus. Zum einen ist das Blattwerk kräftiger und auch der Himmel zeichnet sich durch ein sattes blau aus. [Foto: Jens Scheppler]
Wenn Sie also Ihren Polfilter aufgeschraubt haben (siehe weiterführenden Link), dann kann es losgehen. Wenn Sie ein Motiv anvisieren und fokussieren, dann brauchen Sie nur noch am vorderen Ring des Polfilters zu drehen (etwa +/- 45 Grad), bis der gewünschte Effekt am stärksten im Sucher beziehungsweise auf dem Monitor zu sehen ist. Dann machen Sie das Foto. Doch was genau ist passiert, als Sie den vorderen Teil des Filters gedreht haben? Sie haben bei der Einstellung des Filters zwei Ebenen des polarisierten Lichtes gezielt ausgeschaltet, so dass es keinen visuellen Schaden am Bild anrichten konnte.
Sie werden sich nun erneut fragen, wie solche "Schäden" denn aussehen mögen, die sie ausgeschaltet haben. Das in Worte zu fassen, ist nicht ganz so einfach, wie es zu sehen. Zunächst werden die kräftigeren Farben in nicht metallischen Objekten erkennbar sein. Der Himmel wird ein tieferes Blau zeigen und wenn Sie Dunst in einer Landschaftsaufnahme hatten, dann wird sich dieser zum Teil dramatisch reduzieren. Doch das ist noch nicht alles, denn auch Reflexionen in Wasseroberflächen und sogar Fensterscheiben können eliminiert werden.
Reflexionen auf Autos sind sehr störend und auch für Polfilter nicht unproblematisch. [Foto: Jens Scheppler]
Moment mal, Reflexionen können entfernt werden? Ja, Sie haben richtig gelesen. Allerdings hat diese Sache einige Haken. Zum einen können nur Reflexionen entfernt werden, die von nicht metallischen Oberflächen stammen. Der zweite Haken ist, dass Sie sich in einem etwa 30-40-Grad-Winkel zum Objekt positionieren müssen, damit der Filter Reflexionen entfernen kann. Bei Landschaftsaufnahmen, wenn Sie Farben verbessern wollen, ist zu beachten, dass Sie einen Winkel von etwa 90 Grad zum Sonnenstand einhalten. Je weiter Sie von diesem Winkel abweichen, desto geringer wird der Effekt. Zudem nimmt der Polarisationseffekt mit zunehmenden Bildwinkel ab. Pure Weitwinkelfotografie ist da also weniger empfehlenswert, auch wenn es schmerzt.
Ebenfalls sollten Sie im Kopf behalten, dass Polarisationsfilter einen Lichtverlust mit sich bringen. Während gute Filter mit 1 bis 1,5 EV einen geringen Lichtverlust (also eine hohe Transmission) haben, zeigen sich günstigere Filter durchaus hungriger auf Licht. Vor allem die Vergütung der Oberflächen spielt eine wichtige Rolle für die Transmission, zudem können bei schlechter oder gar keiner Vergütung unschöne Reflexionen im Bild auftreten.
Bevor Sie sich nun einen Polarisationsfilter zulegen sollten Sie beachten, dass es einfache Polfilter gibt und Polfilter, die nach Käsemann gefertigt wurden. Polfilter nach Käsemann sind deutlich teurer und bieten auf den ersten Blick keinen sichtbaren Unterschied zum herkömmlichen Polfilter. Der Unterschied besteht darin, dass beim Polfilter nach Käsemann die Filterscheibenränder versiegelt sind. Damit ist der Filter deutlich widerstandsfähiger bei hoher Luftfeuchtigkeit. Ohne Randversiegelung kriecht diese nämlich mit der Zeit zwischen die hauchdünnen Glasscheiben und hat dort den Effekt, dass die Polarisationsfolie sich vom Rand her eintrübt. Der Filter wird also blind und kann kann nicht mehr eingesetzt werden. Ein weiterer Unterschied zwischen billigen Polfiltern und teuren ist, dass günstige Polfilter oftmals einen Blaustich ins Bild "zaubern". Hier lohnt es sich also, den Filter auf die farbige Neutralität zu prüfen.
Die Reflexionen sind zwar nicht vollständig entfernt worden, dennoch reicht der Effekt aus, um die Farben kräftig darzustellen. [Foto: Jens Scheppler]
Für diesen Fototipp hat uns B&W freundlicherweise einen XS-Pro MRC nano HTC C-Pol KSM mit 77mm-Gewinde zur Verfügung gestellt. Der mit etwa sechs Millimetern Höhe sehr flache Polfilter besitzt kein Filtergewinde auf der Frontseite, es kann also kein weiterer Filter vorne angeschraubt werden. Dafür lässt sich der Filter auch auf Weitwinkel-Objektiven einsetzen, ohne großer Abschattungsgefahr ausgesetzt zu sein. Die drehbaren Ringe sind aus formstabilem Messing gefertigt. Darüber hinaus sind die Gläser des Filters in mehreren Schichten vergütet und zusätzlich mit einer Schmutzabweisenden Nano-Vergütung versehen. Dieser Filter kann ohne Zweifel als Luxusausführung bezeichnet werden und kostet im Handel knapp 110 Euro.
Es gibt deutlich günstigere Filter, doch Sie sollten sich immer Fragen, ob es es sich lohnt, ein auskorrigiertes und vergütetes Objektiv mit eher einfachen Filtern zu betreiben. Auch die Käsemann Randversiegelung mag sich zunächst wie ein unnötiger Luxus anhören, aber wenn Reisen in Gebiete mit hoher Luftfeuchtigkeit anstehen oder der Filter lange benutzt werden soll, dann wird sich die Versiegelung nach Käsemann sicher bezahlt machen.