Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Bildqualität der Canon EOS 5DS R im Labor getestet
2015-12-28 Mit 50 Megapixeln Auflösung stellt die Vollformat-DSLR EOS 5DS R von Canon sowohl die 36 Megapixel auflösende Nikon D810 als auch die 42 Megapixel auflösende Sony Alpha 7R II in den Schatten. Dabei ist die 5DS sowohl mit Tiefpassfilter zur Unterdrückung von Moirés als auch mit Tiefpass-Aufhebungsfilter für eine höhere Auflösung als 5DS R erhältlich. Letztere schickt sich an, alle bisherigen Vollformat-Auflösungsrekorde zu brechen. Wir haben die Kamera mit der derzeit mutmaßlich höchsten Auflösung im "Consumer"-Markt im Labor auf ihre Bildqualität getestet. (Benjamin Kirchheim)
Im Labortest tritt die Canon EOS 5DS R mit dem neuen EF 35 mm 1.4 L II USM an, das bei F4 eine sehr hohe Auflösung erreicht. [Foto: MediaNord]
Hintergründe zur Nutzung der hohen Auflösung
Ein Tiefpass-Aufhebungsfilter klingt zunächst verwirrend, ist aber einfach erklärt. Ein normaler Tiefpassfilter besteht bei Canon aus zwei Schichten: Eine spaltet die Lichtstrahlen horizontal etwas auf, der andere vertikal. Das verringert zwar die Bildschärfe und damit die Auflösung ein wenig, vermindert aber auch das Problem, das bei Interferenzen zwischen den Motivstrukturen und der Pixelstruktur des Sensors entstehen kann: Moirés. Bei der EOS 5DS R ist nur eine der beiden normalen Tiefpassfilterschichten verbaut, die zweite Schicht hebt die Wirkung der ersten Schicht wieder auf, die Lichtstrahlen werden wieder gebündelt. Was zunächst paradox klingt, hat einen großen Vorteil: Die optischen Eigenschaften der beiden verschiedenen Sensoren der 5DS und 5DS R sind absolut identisch, was bei einem einfachen Weglassen des Tiefpassfilters nicht der Fall wäre. Somit kann die 5DS R eine höhere Auflösung mit dem Sensor einfangen, ist aber auch anfälliger für Moirés.
Damit allerdings überhaupt Moirés auftreten, muss das Objektiv die dafür nötige hohe Auflösung übertragen können. Des Weiteren sind eine exakte Fokussierung und natürlich eine möglichst unverwackelte Aufnahme erforderlich. Die 5DS R stellt also allerhöchste Ansprüche an das Objektiv und an das Handwerk des Fotografen. So sind beispielsweise bei Freihandaufnahmen bedeutend kürzere Verschlusszeiten als nach der alten Regel "Kehrwert der Brennweite" erforderlich. Statt 1/100 Sekunde bei 100 Millimeter Brennweite sollte man lieber mit 1/500 Sekunde fotografieren, um Verwackelungen weitgehend auszuschließen. Selbst das Stativ kann eine Schwachstelle bilden: Steht es nicht absolut stabil und ist schwingungsarm, so können Microschwingungen die Auflösung beeinträchtigen. Sie können nicht nur vom Wind oder etwa Verkehr (Bodenvibrationen) herrühren, sondern beispielsweise auch vom mechanischen Verschluss oder erst Recht dem Spiegelschlag verursacht werden, auch wenn Canon entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen hat.
Wenn die Bedingungen absolut perfekt sind, kurze Verschlusszeit, stabiles Stativ, hoch auflösendes Objektiv mit optimaler Blendeneinstellung und perfekter Fokussierung und genau dann Moirés auftreten, dann hilft nur eins: Die perfekten Bedingungen minimal stören. Von F5,6 auf F8 abblenden reicht oft schon aus (hier setzt bereits die Beugung ein), auch ein minimales Defokussieren um nur ein bis zwei Millimeter kann das Problem ebenfalls schon beheben.
Auflösung
So weit zu den Schwierigkeiten, die eine solch hohe Auflösung bereiten können, man sollte die Anschaffung vor allem der EOS 5DS R also wohl überlegen. Auch wenn wir die Kamera aufgrund der spitzen Zielgruppe keinem ausführlichen Test unterziehen, so ist doch die Bildqualität am interessantesten und natürlich testwürdig, alleine um zu sehen, wo die aktuelle Messlatte liegt. Die Kamera selbst ist über alle Zweifel erhaben: äußerst solide, ergonomisch, umfangreich ausgestattet, trotz der hohen Auflösung schnell und relativ einfach bedienbar. Hier Kritikpunkte zu suchen, würde ohnehin der Suche nach dem berühmten Haar in der Suppe oder der Nadel im Heuhaufen gleichen.
Die Canon EOS 5DS R gibt es auch mit Tiefpassfilter als EOS 5DS. Die bietet zwar eine etwas niedrigere Auflösung, ist dafür aber weniger anfällig für Moirés. [Foto: MediaNord]
Ohne Monitor kommt selbstverständlich auch eine Canon EOS 5DS R nicht mehr aus. Auch ein Livebild kann hier angezeigt werden. Der Live-View-Autofokus ist mit gut einer Sekunde zwar nicht schnell, aber brauchbar. [Foto: MediaNord]
Als "Standardobjektiv" für den Labortest musste eine der neuesten Festbrennweiten in Canons großem Objektivsortiment herhalten: das EF 35 mm 1.4 L II USM. Im Übrigen führt Canon löblicherweise eine Liste mit Objektiven, die sich mehr oder weniger gut für die hohen Ansprüche der EOS 5DS R eignen (siehe weiterführende Links). Ein sehr ehrlicher Schritt, der Vertrauen schafft und vor einem Fehlkauf bewahrt. Im bereits veröffentlichten Testbericht zum Canon EF 35 mm 1.4 L II USM (siehe weiterführende Links) haben wir schon festgestellt, dass dieses Objektiv abgeblendet zu einer äußerst hohen Auflösung fähig ist und auch sonst optisch eine sehr gute Figur macht. Abgeblendet auf F4 erreicht es eine sehr hohe Auflösung von 102 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) und liegt damit gut 20 lp/mm über der Auflösung, die wir mit der Nikon D800E (die etwas höher auflöst als die D810) und der Sony Alpha 7R II messen konnten. Schon bei F5,6 geht die Auflösung minimal auf 99 lp/mm zurück, bei F8 spielt die Beugung bereits eine große Rolle, hier werden nur noch 81 lp/mm erreicht. Da Vollformat-Objektive ihre optimale Auflösung in der Regel erst um zwei bis drei Blendenstufen abgeblendet erreichen, aber andererseits bei über F5,6 die Beugung eine zunehmende Rolle spielt, kommen praktisch nur sehr lichtstarke Objektive überhaupt in Betracht, wenn es um höchste Auflösung geht – selbst wenn man die großen Blendenöffnungen gar nicht benötigt. Das EF 35 mm 1.4 L II USM kostet andererseits auch gut 2.000 Euro, womit klar sein sollte, dass ein "Objektivpark", der die Auflösung der 5DS R effektiv zu nutzen vermag, richtig ins Geld geht und den Anschaffungspreis der Kamera von gut 3.700 Euro spielend in den Schatten stellt.
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