Vor allem an scharf abgegrenzten Linien, die vom Xperia ausgefranst dargestellt werden, wobei der Effekt mit steigender ISO-Empfindlichkeit zunimmt, zeigt sich diese Bildbearbeitung. Eine klare Linientrennung gibt es praktisch nicht. Sind hingegen viele feine Details vorhanden, fällt dieser Effekt praktisch nicht auf, teilweise erscheint es sogar so, als ob mehr Details als in der Originalvorlage aufgezeichnet werden. Diese Artefakte fallen dann visuell nicht negativ ins Gewicht. Ganz anders sieht es aus, wenn es um das Entziffern kleinster Schriften geht, denn hier zerstören die Artefakte und die starke Nachschärfung mit ihren Überschwingern an kontrastreichen Kanten die klare Pixeltrennung und Erkennbarkeit. Das Phänomen ist aber bei anderen Smartphones oder Digitalkameras mit kleinen 1/2,3"-Sensoren nicht besser. Die Bilder sind schlicht nicht dafür gemacht beziehungsweise geeignet, bei 100 Prozent Zoomansicht betrachtet zu werden. Im Prinzip kann man die Smartphonekamera auch getrost auf zwölf Megapixel Auflösung herunterschalten, das ist immer noch mehr, als für 4K-Auflösung benötigt wird.
Der vergrößerte Ausschnitt zeigt selbst bei ISO 100, dass kleine Schriften schwer bis nicht zu entziffern sind und es den schwarzen Linien vor dem grauen Hintergrund an klarer Trennung fehlt. Bei den Haaren fällt das hingegen kaum negativ ins Gewicht. [Foto: MediaNord]
Andere Labormesswerte zeigen, dass Sony beim XZ2 Premium sehr viel aus dem Sensor herausholt. Der Signal-Rauschabstand etwa ist mit Singlekamera bis ISO 800 im akzeptablen Bereich, bei Verwendung der Dualkamera sogar bis ISO 12.800. Helligkeitsrauschen wird mit Singlekamera ab ISO 1.600 stärker sichtbar, mit Dualkamera erst ab ISO 25.600, Farbrauschen spielt praktisch keine Rolle. Der Dynamikumfang bewegt sich bis ISO 6.400 auf einem guten Niveau von über neun Blendenstufen, interessanterweise machen hier die Dual- und die Singlekamera keinen signifikanten Unterschied.
Rein visuell betrachtet ist die Detailausbeute bis ISO 800 mit Singlekamera und bis beachtliche ISO 3.200 mit Dualkamera auch in der Vergrößerung gut. Effektiv bringt die Dualkamera also etwa zwei Blendenstufen an Bildqualitätsgewinn, was durchaus beachtlich ist. Das entspricht genau dem Wert, den die ISO-Empfindlichkeit mit Dualkamera nach oben verschoben ist. Bedenkt man, dass ähnliche Detailraten mit normalen Kameras oder früheren Smartphones nur bis ISO 200, maximal ISO 400 erreicht wurden, ist der Schritt nach vorne deutlich. Im Vergleich zu einer "echten" Digitalkamera mit gleich großem Bildsensor spielt das Smartphone zudem den Lichtstärkenvorteil des Objektivs aus. Ein Zoom einer Digitalkamera erreicht meistens höchstens F2,8, oft sogar nur F3,5, sodass das Sony XZ2 Premium, wie andere Smartphones auch, mal eben bis zu zwei ganze Blendenstufen lichtstärker ist. Das macht sich gerade in Umgebungen mit wenig Licht deutlich bemerkbar. So ein Smartphone kann zwar keine richtige Digitalkamera mit großem Bildsensor und lichtstarkem Objektiv ersetzen, aber die Schnappschusstauglichkeit ist, auch bei geringem Umgebungslicht, erstaunlich gut. Für ein Poster an der Wand reicht es nicht, aber durchaus für eine Erinnerung oder einen Beitrag in sozialen Netzwerken.
Der 5,8" Zoll große 4K-HDR-Bildschirm des Sony Xperia XZ2 Premium sucht seinesgleichen, sofern das Umgebungslicht nicht zu hell wird. [Foto: Sony]
Die Kamera des Sony XZ2 Premium ist also für Smartphoneverhältnisse sehr gut, wobei es stark auf die Nutzeransprüche ankommt, ob man das Sony bevorzugt oder nicht. Wer ein Verhalten wie bei einer echten Kamera erwartet und nicht zu stark künstlich bearbeitete Bilder möchte, greift besser zum Sony. Wer möglichst poppige Bilder mit toller HDR-Automatik und einen optischen Bildstabilisator wünscht, ist bei anderen Herstellern etwas besser aufgehoben.
Doch neben der Kamera besitzt das Sony Xperia XZ2 Premium noch andere Qualitäten, aber auch Nachteile. Das 5,8 Zoll große 4K-HDR-Display ist atemberaubend, zumindest solange das Umgebungslicht nicht zu hell wird, denn die maximale Displayhelligkeit lässt mit gemessenen weniger als 500 cd/m² zu Wünschen übrig, ein altes XZ beispielsweise ist da deutlich heller. Dafür besitzt das Display für ein LCD einen verdammt guten Schwarzwert. Die HDR-Fähigkeiten spielen ihre Stärken dann aus, wenn HDR-Bildmaterial vorliegt und wiederum das Umgebungslicht überhaupt ein Erkennen der Details in den dunkleren Bereichen erlaubt. Da die Kamera des XZ2 Premium im Videomodus HDR-Material aufnimmt, kann man diesen Vorteil gut nutzen. So bringt die Kamera in kontrastreichen Situationen tatsächlich mehr Details in den Tiefen und Lichtern zum Vorschein. Die automatische HDR-Optimierung normaler Videos hingegen gefiel uns nicht so gut, denn hier werden weite Bereiche der Videos einfach zu dunkel dargestellt, da nimmt man lieber das Dunkelgrau statt Schwarz in den Tiefen in Kauf, um dafür etwas erkennen zu können.
Ein echter Nachteil des XZ2 Premium ist neben seinem happigen Preis von knapp 900 Euro UVP das Format. Die Displayränder sind groß, das Smartphone riesig und vor allem dick (knapp zwölf Millimeter). Man könnte es als XXL-Pummelchen bezeichnen. Das Xperia trumpft zwar mit seinen tollen, lauten Front-Stereolautsprechern auf, aber der Preis dafür ist mit dem großen Gehäuse (knapp 15,5 mal acht Zentimeter) hoch. Zudem ist das Sony dank viel Glas auf der Vorder- und Rückseite glatter als ein Stück Seife. Egal wo man es hinlegt, es rutsch auf vielen Oberflächen munter durch die Gegend und stürzt schneller zu Boden, als einem lieb ist. Gerne rutscht das Smartphone anfangs so langsam, dass man es nicht direkt wahrnimmt, bevor es zu spät ist. Die stark gewölbte Rückseite verschlimmert das Problem. Das Smartphone beispielsweise neben sich ins Bett zu legen, um einen Film zu schauen, ist ohne Festhalten unmöglich, denn sonst liegt es bald unter statt neben einem. Auch das hohe Gewicht von fast 240 Gramm ist nicht ganz ohne. Der Gürtel sollte schon gut sitzen, in einer Hemdtasche mag man das XZ2 Premium eher nicht tragen.
Das Sony Xperia XZ2 Premium ist zwar edel verarbeitet, fällt aber relativ groß, schwer und pummelig aus. Auch das äußerst glatte Glasgehäuse ist eher nachteilig für die sichere Handhabung. [Foto: Sony]
Ansonsten stimmen die Leistungswerte des Snapdragon-845-Prozessors, des 6 GB großen Arbeitsspeichers und des 64 GB großen UFS-Flash-Speichers, der sich mit Micro-SD-Speicherkarten erweitern lässt. Wahlweise statt Speicherkarte und einer SIM-Karte können sogar zwei SIM-Karten verwendet werden, zum Beispiel für eine private und eine berufliche SIM oder eine SIM für Daten und eine für Telefonate. Warum Sony als "Walkman-Erfinder" den Kopfhöreranschluss weglässt, ist uns dagegen ein Rätsel. Offensichtlich passte er nicht ins Design mit dem dicken Mittelteil und den flachen zulaufenden Rändern. Immerhin liegt ein USB-C-Audioadapter bei, der aber wiederum keine Ladefunktion ermöglicht. Ein entsprechender Doppel-Adapter ist nur im Zubehör erhältlich. Immerhin ist der Akku des XZ2 Premium ausdauernd und das Akkumanagement geht gut mit den knapp über 3.500 mAh um. Auch der Software kann man Lob aussprechen. Das leicht angepasste Android arbeitet flott und Sony liefert regelmäßig kurz nach Google die neuesten Sicherheitspatches aus. Ein Update auf Android 9 Pie soll auch bald folgen, aktuell läuft das XZ2 Premium noch mit 8.0 Oreo.
Fazit
Das Sony Xperia XZ2 Premium ist ein nicht gerade preisgünstiges Riesen-"Pummelchen" mit starker Hardware und Kamera. Das edel designte und verarbeitete Gehäuse ist zu groß, dick, schwer und rutschig, aber spritzwasser- und staubdicht. Der Bildschirm liefert eine atemberaubende 4K-HDR-Qualität, solange das Umgebungslicht nicht zu hell ist, denn die Leuchtkraft lässt leider zu Wünschen übrig. Die Dualkamera ist für Smartphoneverhältnisse äußerst gut und liefert vergleichsweise natürliche Ergebnisse und verhält sich so, wie man es von einer "echten" Digitalkamera gewohnt ist. Dabei kann das XZ2 Premium aber nicht verbergen, dass die Aufnahmesensoren recht klein sind, Systemkameraqualität sollte man vor allem auf Pixelebene nicht als Maßstab ansetzen. Für die kleinen 1/2,3"-Sensoren kommt jedoch am Ende eine erstaunlich gute Bildqualität heraus, vor allem bei Verwendung der Dualkamera. Nachtaufnahme-Schnappschüsse in Soziale-Netzwerke-Qualität sind aus der freien Hand kein Problem. Schade, dass Sony keinen optischen Bildstabilisator verbaut. Dafür können die HDR-Videos mit ihrer effektiven digitalen 5-Achsen-Stabilisation ebenfalls überzeugen. Wenn Geld und Größe keine Rolle sielen, wohl aber die Bildqualität, ist das Sony Xperia XZ2 Premium definitiv eines der besten Kamera-Smartphones, das man aktuell kaufen kann, vor allem als Fotograf.