Umschau Die große Objektiv-Fotoschule

Es gibt leider nur wenige Bücher, die sich speziell mit Objektiven befassen. Umso besser, wenn sich so bekannte Autoren wie Martin Sigrist und Matthias Stolt dieses Themas angenommen haben. Die beiden Verfasser schaffen es, dieses auf den ersten Blick eher trockene Fachgebiet interessant zu gestalten. Natürlich erfährt man vieles über die theoretischen Grundlagen von Objektiven, wie die Herstellung, Blickwinkel, Brennweite oder spezifische Abkürzungen. Der Großteil des Buches beschäftigt sich aber damit, das Auge des Lesers zu schulen und dessen Blick für die Bildgestaltung zu schärfen. Anhand zahlreicher Beispielfotografien und verständlicher Texte wird verdeutlicht, wie sich die unterschiedlichen Brennweiten kreativ einsetzen lassen. So wird unter anderem die Frage beantwortet, welche Objektive für welches Motiv geeignet sind.

Auch Regeln die man sonst eher in Fotografie-Berufsschulbüchern findet – wie die Reziprok-Regel – werden hier verständlich erklärt. Sie ist wichtig bei Bewegungsaufnahmen oder Aufnahmen in der Dämmerung ohne Stativ. Ein Brennweiten-Vergleich verdeutlicht die völlig unterschiedlichen Bildaussagen, die sich allein aus der Wahl des Objektivs ergeben. Die meisten Kapitel beschäftigen sich gezielt mit einzelnen Objektivarten wie Weitwinkel, Standard und Teleobjektive. Auch Spezial-Objektive wie Makroobjektive für die Nahfotografie oder Shift-Objektive, die eine Korrektur perspektivischer Verzerrung ermöglichen, werden anhand von Fotos und Skizzen erläutert. Filter und Vorsatzlinsen bilden einen eigenen Abschnitt. Filterwirkungen in der Schwarzweiß-Fotografie sind dort in einer übersichtlichen Tabelle dargestellt. Aber auch andere Filter wie Polarisationsfilter und Effektfilter werden kurz beschrieben und anhand mehrerer Fotos verdeutlicht.

Die Autoren erklären auch, warum es so schwierig ist, zwischen analogen und digitalen Objektiven eine Vergleichstabelle zu erstellen. Die effektive Brennweite eines digitalen Objektivs hängt von der Größe des CCD-Chips ab, so dass ein Objektiv mit 50 mm Brennweite an einer digitalen Spiegelreflexkamera je nach Chipgröße bereits wie ein Objektiv mit 75 oder noch längerer Brennweite verhalten kann. Obwohl das Buch eigentlich auf analoge Fotografie ausgerichtet ist, treffen Bildgestaltung, Bildideen und Beleuchtung auch auf die digitale Fotografie zu. (Kirsten Hudelist)