Rohdaten für Profis

Testbericht: Capture One 21

Seite 2 von 2, vom 2020-12-17 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Werkzeuge und weitere Funktionen

Dominant über dem Vorschaubild befindet sich die Werkzeugleiste. Diese bietet alle notwendigen Mauszeigerwerkzeuge. Darunter befinden sich Werkzeuge zum Verschieben des Fotos, eine Lupe, ein Zuschnittwerkzeug und natürlich fehlen auch Werkzeuge zum Begradigen des Horizonts sowie zum erzwingen von Parallelen (Korrektur stürzender Linien) nicht. Auch der Retuschepinsel ist hier untergebracht. Die Retuschefunktion arbeitet kontextsensitiv und zeigt sogar an, welcher Bildbereich als Quelle für die Retusche dient. Leider liegt die Analyse der zu retuschierenden Elemente zu oft daneben und präsentiert anstelle von Details nur weichgezeichneten Pixelmus.

Stile und Voreinstellungen haben auch in Capture One 21 ihren Platz. Während die Stile eher den kreativen Aspekt abdecken und die Bearbeitungsparameter definieren, sind Voreinstellungen eher technisch und liefern beispielsweise Schärfungseinstellungen für bestimmte Ausgabegrößen, Gradationskurven und vieles mehr. Außerdem kann in diesem Bereich auch kontrolliert werden, welche Einstellungen im aktuellen Bild getätigt wurden. Hat man die perfekte Korrektureinstellungen gefunden, so lassen sich diese mit einem Klick in ein oder mehrere andere Bilder einfügen.

Die Export-Funktion ist, wie man es bei einer Profi-Software erwarten kann, sehr umfangreich und erlaubt ebenso das Einfügen von Wasserzeichen wie die Entwicklung der Fotos in unterschiedliche Dateiformate und Speicherorte. Auch die Benennung lässt sich für jede gewählte Exportoption auswählen. So lassen sich Sicherheitskopien zusammen mit Webversionen und Druckdaten in einer Exportfunktion erledigen.

Die hohe Konfigurierbarkeit der Arbeitsfläche erlaubt eine Anpassung auf individuelle Erfordernisse. So lassen sich Funktionskomplexe abkoppeln, verschieben und die so individualisierten Arbeitsflächen können gespeichert werden. Auch ein Dual-Monitor-Einsatz ist vorgesehen und sorgt für einen sehr angenehm großen Bildbrowser.

Die Tethering-Funktion eines der Top-Features von Capture One. Mit dieser lassen sich die Bilddaten sofort nach der Aufnahme in Capture One 21 auf einem kalibriertem großen Monitor kontrollieren. Außerdem lassen sich Belichtungseinstellungen über Capture One vornehmen. Welche Kameras mit dieser Funktion kompatibel sind, fasst Capture One auf einer Supportseite zusammen (siehe weiterführende Links).

Mit dem Pro Standard Farbprofil hat Capture One ein Farbsystem in Capture One 21 für ausgewählte Kameras eingeführt. Der Vorteil dieses Systems ist, dass Farben sich durch die Kontrastanpassung nicht mehr verändern können. Das ist besonders für die Porträt- und Produktfotografie wichtig. Zur Zeit werden 22 Kameras vom Pro Standard System unterstützt (Stand 12/2020), doch Capture One plant weitere Kompatibilitäten zu implementieren (siehe weiterführende Links).

Doch wie passt "Einsteigerfreundlich" in das Bild bei dem immensen Funktionsumfang? Die Frage ist recht leicht zu beantworten. Jedes Icon besitzt einen kleinen Tooltipp. Die Werkzeugleiste besitzt beispielsweise größere Tooltipps und Links zur Hilfe-Funktion und Video-Tutorials. Weitere Video-Tutorials sind zudem von der Arbeitsfläche mit einem einzigen Klick erreichbar. Leider sind die Videos alle in englischer Sprache und auch die Online-Hilfe-Funktion verweist auf die englische Knowledge Base. Zudem haben wir beim Test eine Hilfe gesucht und sind auf den Beitrag zur Vorgängersoftware geleitet worden. Das hat das konkrete Problem zwar gelöst, ist aber auf den ersten Blick irreführend.

Richtig kompliziert wird es bei Capture One 21 erst bei den unterschiedlichen Programmversionen. Capture One 21 kostet als unlimitierte (Pro) Edition knapp 350 Euro. Damit können Rohdaten verschiedener Hersteller entwickelt werden, unter anderem auch Rohdaten aus dem X-Trans-Sensor von Fujifilm. Außerdem steht die Tethering-Funktion für kompatible Kameras zur Verfügung. Alternativ dazu sind limitierte Versionen für Nikon, Fujifilm oder Sony für knappe 150 Euro erhältlich. Die limitierten Versionen sind nur mit den Kameras der entsprechenden Hersteller einsetzbar und unterstützen bei kompatiblen Kameras auch das Tethering.

Wer Capture One 21 nur ab und an nutzen möchte, der sollte zum Abomodell schauen. Das Abomodell schlägt mit knapp 25 Euro pro Monat bei jährlicher Zahlung zu Buche und mit etwa 30 Euro bei monatlicher Buchung. Die limitierten Versionen kosten im Jahresabo etwas mehr als 10 Euro Monat. Der Einzelmonat kostet bei der limitierten Version knapp 20 Euro. Darüber hinaus sind Bundles mit Style-Kits vorhanden und verkomplizieren die Preisgestaltung abermals.

Wer zunächst Capture One 21 ausprobieren möchte, der kann nach kostenloser Registrierung bei Capture One eine Demolizenz erhalten und damit Capture One 21 30 Tage lang vollumfänglich ausprobieren. Zudem steht für Kameras von Nikon, Sony und Fujifilm jeweils eine in der Funktion abgespeckte, aber dafür kostenfrei nutzbare Version Capture One Express zum Download bereit, lediglich eine Registrierung ist notwendig (siehe auch Fototipps in den weiterführenden Links).

Fazit

Als Einsteiger wird man von der Komplexität von Capture One 21 durchaus überfahren. Doch dank logischer Struktur der Software kann man die Lernkurve bewältigen. Die umfangreichen Tutorials sind eine schöne Sache, wenn sie denn auch lokalisiert (deutschsprachig) wären. Bislang bezieht sich die Lokalisierung nur auf die Software selber. Diese ist dafür aber gut gelungen. Für die Tutorials sollte man der englischen Sprache mächtig sein.

Die Verarbeitungsgeschwindigkeit ist auf Mehrkern-Rechnern sehr hoch und die Schieberegler in der Software sprechen schnell und präzise an. Die Speed-Edit-Funktion macht ihrem Namen alle Ehre. Aber auch die anderen Anpassungsoptionen, Voreinstellungen und Stile lassen sich dank Maskenfunktion hervorragend einsetzen.

Die Preisgestaltung von Capture One 21 ist etwas chaotisch, lässt aber individuelle Zusammenstellungen zu. Auch wenn das Abomodell im Preisbereich von Lightroom liegt, kann sich Capture One 21 gegen den Platzhirschen problemlos behaupten.

Capture One 21 ist ein Rohdatenkonverter für Profis und ambitionierte Amateure. Einsteiger werden mit Sicherheit Hürden überwinden müssen, um die Software zu beherrschen, doch das ist ein lohnenswertes Ziel, um mehr aus den eigenen Bildern herauszuholen.

Kurzbewertung

  • Umfangreiche Importfunktion
  • Schnelle Datenbankfunktion
  • Einfache Ebenenfunktion
  • Umfangreich anpassbare Arbeitsfläche
  • Hervorragende Speed Edit Funktion
  • Konfuse Preispolitik
  • Tutorials und Hilfe-Funktion nur in Englisch
  • Radierfunktion zeitweise unzuverlässig

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