Werkzeugkiste für Bildbearbeiter

Testbericht: Nik Collection 3 by DxO

2020-06-09 Die Nik Collection geht in die dritte Runde und bietet neben allen Plugins für die effektvolle Verarbeitung von Fotos auch einige neue Funktionen, wie beispielsweise die Unterstützung für High-DPI-Monitore. Zudem wurde ordentlich an der Benutzerfreundlichkeit gedreht, indem das eher altbacken wirkende Selective Tool einer Frischzellenkur unterzogen wurde. Darüber hinaus feiert Perspective Efex seine Premiere in der Nik Collection. Was die Collection noch so kann und wo ihre Schwächen liegen, zeigt dieser Softwaretest.  (Harm-Diercks Gronewold)

Nachdem das französische Unternehmen DxO vor einigen Jahren die Nik Collection, inklusive der revolutionären U-Point-Technologie, von Google "gerettet" hatte, wurde die Plugin-Sammlung auf den aktuellen technischen Stand gebracht. Damit wurde die Collection endlich mit den aktuellen Versionen von Lightroom und Photoshop kompatibel. Mit der dritten Version der Collection wird die Anzahl der enthaltenen Plugins auf acht aufgestockt und zusätzlich wurde das alte und sehr hässliche Selective Tool überarbeitet. Doch beide neuen Features haben Haken.

Der erste Haken an der Sache ist, dass das Selective Tool nur in Adobe Photoshop verfügbar ist. Bildbearbeiter, die Lightroom, Affinity Photo oder PhotoLab 3 benutzen, schauen in die Röhre. Immerhin kann man bei PhotoLab 3 das Nik Collection 3 Dashboard direkt aus der Oberfläche der Software aufrufen. Affinity Photo Bildbearbeiter müssen allerdings den Umweg über das Plugin-Menü gehen, was etwas mehr Menünavigation bedeutet.

Der zweite Haken ist der Plugin-Neuzugang "Perspective Efex". Das Plugin wird im Dashboard von PhotoLab 3 erst angezeigt, wenn PhotoLab 3 auf dem neuesten Stand ist (V.3.3.0). Bei Affinity Photo ist das Plugin hingegen gar nicht verfügbar. DxO erklärte auf Anfrage, dass hier ein Kompatibilitätsproblem seitens Affinity Photo vorliegt, da die Software nicht in der Lage ist, die Abmessungen eines Bildes auf automatisch zu ändern. Dies ist allerdings für die Funktionsweise von Perspective Efex erforderlich.

Der dritte Haken ist, dass die neue, nicht-destruktive Bildbearbeitung nur in Lightroom Classic funktioniert. Allerdings kann im Selective Tool eingestellt werden, dass die Änderungen, die das Plugin durchführt, auf einer neuen Ebene landen. Diese Ebene kann natürlich auch eine Smart-Ebene sein, mit der der Bildbearbeiter jederzeit Änderungen in den Einstellungen des Plugins vornehmen kann.

Das Selective Tool ist im Grunde eine Werkzeugpalette, die sich in die Photoshop-Paletten integrieren lässt. Auf dem Tool sind alle Plugins als Schaltfläche zu finden, so dass der Bildbearbeiter mit einem Klick das richtige Werkzeug zur Hand hat. Darüber hinaus zeigt das Selective Tool bei einigen Plugins favorisierte Voreinstellungen beziehungsweise die Einstellungen der letzten Benutzung an. Mit einem Klick kann der Bildbearbeiter diese Einstellungen auf das Bild anwenden, ohne dass dazu das Plugin selber geöffnet werden muss. Das ist ein ziemlicher Gamechanger für die Bearbeitung von vielen Aufnahmen nacheinander.

Eine weitere Funktion des Selective Tools ist die Message Box. Mit dieser kann DxO Werbung, Sonderangebote und anstehende Webinare direkt an den Bildbearbeiter ausliefern, ohne dabei den Weg über einen E-Mail-Verteiler gehen zu müssen. Wie sinnvoll das kleine Werbefenster ist, wird sich langfristig zeigen müssen und solange es keine nervig blinkenden Anzeigen mit Zwangsjingle sind, die eingeblendet werden, sollte das eigentlich kein Problem sein.

Die Collection besteht aus acht unterschiedlichen, sehr spezialisierten Plugins, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihr Themengebiet in maximaler Qualität zu erfüllen. Was alle kreativen Plugins eint, ist die Möglichkeit, lokale Änderungen über die U-Point-Technologie durchzuführen. Bei Plugins für die Entrauschung beziehungsweise Bildschärfung wie Dfine 2 beziehungsweise Sharpener Pro 3 ist diese Möglichkeit nicht vorhanden. Hier wird sie aber auch nicht gebraucht.

Doch was ist eigentlich ein U-Point? U-Point ist die Bezeichnung für eine automatische Maskierungsfunktion über Kontrollpunkte im Plugin. Der Bildbearbeiter setzt diese Kontrollpunkte in die zu ändernden Bereiche im Bild und kann, abhängig vom Plugin, bestimmte Parameter verändern. Diese Änderungen kommen nur im ausgewählten Radius und dem gewählten Farbbereich zum tragen, auf dem der Kontrollpunkt gesetzt wurde. Außerdem lässt sich die Größe des Bereichs zusätzlich variieren. Zudem können Kontrollpunkte auch negativ genutzt werden, um Bereiche beispielsweise vor Änderungen durch andere Kontrollpunkte zu schützen. Wenn man wissen möchte, welchen Bereich ein Kontrollpunkt maskiert, dann reicht ein Klick auf ein Kontrollfeld und das Vorschaufenster zeigt die Maskierungsansicht.

Erstmalig in der Nik Collection 3 können Bilder nicht-destruktiv bearbeitet werden. Das funktioniert, wie erwähnt, nur in Lightroom Classic. Das bedeutet, dass Änderungen nicht auf der Original-Bilddatei durchgeführt werden, sondern auf einer zusätzlichen Ebene. Das funktioniert allerdings nur, wenn als Dateiformat tif gewählt wird und zusätzlich die Speicheroption "Speichern und Bearbeitung später fortsetzen" gewählt wird. Der einzige Nachteil daran ist, dass die Dateigröße deutlich ansteigt.

Das Handling aller Plugins ist exzellent. Das war es aber schon immer, hier verbessert DxO Kleinigkeiten, aber das Rad wird nicht neu erfunden. So präsentieren sich die Vorgaben als erstes nach dem Aktivieren des jeweiligen Plugins. Hier kann der Bildbearbeiter die Richtung wählen, in die die Reise gehen soll. Danach können die Effekte über Regler angepasst werden. Einige Auswahloptionen blenden auch Auswahlrahmen im Vorschaufenster ein. Hier kann dann selber Hand angelegt werden, um die verschiedenen Einstellungen vorzunehmen.

Zusätzlich kann der Bildbearbeiter bei "Analog Efex Pro 2" und "Color Efex Pro 4" mehrere Filter beziehungsweise Effekte zusammenstellen und als neue Vorgabe speichern sowie auch exportieren. Der Export erlaubt es, Einstellungen an Freunde weiterzugeben. Natürlich steht auch eine Importfunktion für Vorgaben zur Verfügung. Die Vorgaben werden immer im entsprechenden Plugin gespeichert und nicht zentral.

Die Kreativ-Plugins der Nik Collection 3 bieten eine Menge Einstellungsoptionen. Da kann es passieren, dass man erst im späteren Arbeitsablauf merkt, dass etwas nicht passend ist. Dank einer Protokollfunktion kann man zu jedem getätigten Arbeitsschritt zurückkehren. Das löschen einzelner Schritte im Protokoll ist hingegen nicht möglich.

Das erste Plugin der Nik Collection 3 nennt sich "Analog Efex Pro 2". Es lässt die "gute alte Zeit" der analogen Fotografie wieder auferstehen. So können die früher verhassten Lichteinfälle eine digitale Rückkehr erfahren und auch der Look zerkratzter Fotoplatten ist mit von der Partie. Aber auch optische Fehler von Objektiven erleben eine digitale Wiederauferstehung. Auch dynamische Effekte wie Zooms, Drehungen, Doppelbelichtungen, Filmtypen, Tonungen und mehr können aktiviert werden und bleiben dazu noch individuell anpassbar.

Beim Plugin "Color Efex Pro 4" stehen Farbeffekte und weniger Spezialeffekte auf dem Programm. Auch in diesem Plugin kann der Bildbearbeiter seinen Lieblingslook aus den Presets heraussuchen oder er stellt sich seinen eigenen Effekt aus einer umfangreichen Filter-Bibliothek zusammen. Natürlich sind in diesem Plugin individuelle Einstellungen und auch Kontrollpunkte in einigen Einstellungen möglich.

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.