Ausstattung
Wie eingangs erwähnt, gibt es kein Programmwählrad, sondern man wählt den Aufnahmemodus per Schnellmenü (oder Tastenbelegung). Dabei stehen nur die klassische Programmautomatik, eine Blenden- sowie Zeitautomatik und ein manueller Modus zur Auswahl. Erfreulich ist dabei der große Verschlusszeitenbereich von bis zu 30 Minuten für Langzeitbelichtungen. Wem das immer noch nicht reicht, der kann per Bulb noch länger belichten. Als kürzeste Verschlusszeiten gibt es 1/8.000 Sekunde mechanisch oder 1/16.000 Sekunde elektronisch. Letzteres lautlos, dafür aber womöglich mit Rolling-Shutter-Effekt, auch wenn dieser erfreulich gering ausfällt.
Die Serienbildfunktion erreicht 7 Bilder pro Sekunde mit mechanischem Verschluss, womit fast 800 DNG- oder über 900 JPEG-Fotos am Stück möglich sind. Der Verschluss geht dabei jedoch recht rabiat und laut zur Sache. Ganz anders sieht es mit elektronischem Verschluss aus, denn der arbeitet vollkommen lautlos und erlaubt bis zu 30 Bilder pro Sekunde bei voller Auflösung von 24 Megapixeln. Der mit 8 GByte üppig große Puffer fasst 180 Fotos unabhängig des Speicherformats, was 6 Sekunden entspricht. Mit einem Herunterschalten auf 15 Bilder pro Sekunde reicht es für 12 Sekunden. Das ist definitiv die schnellste Leica bisher!
Es dauert dann aber auch 37 Sekunden, bis der Inhalt des Puffers auf die Speicherkarte geschrieben sind. Selbst wenn wir annehmen, dass die Bilder erst nach Beendigung der Serie geschrieben werden und nicht schon parallel, kommen wir lediglich auf 170 MB/s für die Speicherkartenschnittstelle. Da fragt man sich unweigerlich, warum Leica dafür einen CFexpress-Speicherkartenschacht verbaut, wo auch SDHC-Karten mit UHS II diese Geschwindigkeit locker erreichen. Das gibt leider einen Abzug in der B-Note in Bezug auf „die schnellste Leica bisher".
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Ein paar Abzüge müssen wir auch für den Autofokus geben. Dieser benötigte mit dem Testobjektiv Vario-Elmarit-SL 1:2,8/24-70 mm Asph. je nach Brennweite 0,21 bis 0,27 Sekunden zum Fokussieren von unendlich auf 2 Meter inklusive Auslöseverzögerung der Kamera, bis das Bild im Kasten ist. Das ist schnell, aber auch nicht super schnell, andere Kameras können das mit ihren hybrid-AF-Systemen besser. Immerhin kommen tatsächlich 315 Phasen-AF-Sensoren zum Einsatz und das Menü bietet Optionen zur Anpassung der Verfolgungsfunktionen.
Auch die Motiverkennung ist nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Ganz gut funktioniert die Erkennung von Menschen, denn neben Gesichtern und Augen werden auch Körper erkannt. Hinzu kommt als Beta eine Tiererkennung. Bei anderen Herstellern bekommt man für viel weniger Geld einfach viel mehr Erkennungsfunktionen. Damit ist der Autofokus grundsolide und dürfte für die meisten Motivsituationen vollkommen ausreichend sein – aber eben auch kein High-End.
Praktischerweise bietet das große Gehäuse der SL3-S genügend Platz für einen Sensor-Shift-Bildstabilisator. 5 Blendenstufen verspricht Leica laut CIPA-Standard. Bei 70 mm Brennweite konnten wir mit 1/5 Sekunde noch zuverlässig scharfe Aufnahmen anfertigen, das entspricht immerhin 4 Blendenstufen. Bei 24 mm Brennweite konnten wir 0,3 Sekunden lang sicher verwacklungsfrei belichten, was 3 Blendenstufen entspricht. Damit braucht sich der Bildstabilisator definitiv nicht zu verstecken.
An der Unterseite besitzt die Leica SL3-S nicht nur ein Stativgewinde in der optischen Achse samt Videopin als Verdrehsicherung, sondern auch einen Anschluss für einen Multifunktions-Hochformatgriff. [Foto: MediaNord]
Sogar eine Multishot-Funktion gibt es, bei der 8 minimal verschobene Aufnahmen zu einem 96 Megapixel auflösenden Bild kombiniert werden, was sogar automatisch direkt innerhalb der Kamera und freihand funktioniert. Vom Stativ bekommt man aber definitiv bessere Ergebnisse. Vor allem bei der Fotografie von Stillleben ist das ein echter Gewinn, aber auch bei Landschaften oder Architektur funktioniert der Modus recht gut.
Apropos Architektur: Leica scheint seine Zielgruppe zu kennen und so gibt es extra dafür eine eingebaute Perspektivkorrektur, die stürzende Linien entzerren und somit ein Shift-Objektiv in gewisser Hinsicht überflüssig machen kann. Praktisch ist auch die Möglichkeit, sogenannte Leica Looks verwenden zu können, um seinen Bildern ohne nachträgliche Bildbearbeitung einen eigenen Touch zu verleihen. Dazu gehört natürlich auch die Möglichkeit, in Schwarzweiß aufzunehmen. Dazu gibt es einige Anpassungen der Bildaufbereitung. Was ebenfalls nicht fehlt, sind eine Intervallfunktion sowie Belichtungsreihenaufnahmen.
Für eine Foto-Marke wie Leica eher ungewöhnlich mächtig fällt die Videofunktion aus. Bis zu 6K30 oder 4K60 oder 2K120 lassen auch aufnehmen, in einer Slow-Motion-Funktion sind in 2K (Full-HD) sogar 180 Bilder pro Sekunde möglich. Um an die Videofunktion zu gelangen, muss man zunächst den Modus umschalten. Dann tauchen im Menü auch plötzlich die videospezifischen Einstellungen auf. Das sehen wir sehr positiv, denn wer nur fotografieren möchte, muss sich im Menü durch keine Videoeinstellungen kämpfen, um zu seinen Fotoeinstellungen zu gelangen.
Die Leica SL3-S besitzt einen Sensor-Shift-Bildstabilisator. So konnten wir mit dem Vario-Elmarit-SL 1:2,8/24-70 mm Asph. je nach Brennweite 3 bis 4 Blendenstufen länger belichten als ohne. [Foto: MediaNord]
Im Videomenü bietet die SL3-S zahlreiche Profile, in denen man das Videoformat (Raw, MOV oder MP4), die Auflösung (Full-HD bis 6K Open Gate, also mit voller 3:2-Sensorhöhe für späteren Beschnitt), die Bildwiederholrate und die Kompression samt optionalem Long-GOP und der Bitrate festlegen kann. Auch die Tonwertkurve, die Farbtiefe, der Bildausschnitt (Vollformat oder APS-C), das Audioformat (LPCM oder AAC oder Aus) sowie das Ausgabemedium sind hier einstellbar. Neben der Speicherkarte und HDMI gibt es nämlich sogar die Möglichkeit, eine SSD per USB-C anzuschließen und direkt darauf zu speichern. Während man sich bei Serienbildaufnahmen fragte, wozu man CFexpress benötigt, wird das spätestens bei Raw-Videoaufnahmen in Apple Pro Res klar, denn hier können höhere Datenübertragungsraten vonnöten sein.
Weitere Videooptionen umfassen Timecode, Color Bar mit SMPTE, EBU und ARIB sowie ein roter Aufnahmerahmen zur Signalisierung einer laufenden Aufnahme. Der Bildstabilisator lässt sich genauso verwenden wie die Autofokusfunktionen samt Touch-AF und Verfolgungs-Einstellmöglichkeiten. Manuell kann zudem linear fokussiert werden, sogar der Drehwinkel des Fokusrings am Objektiv kann konfiguriert werden. In der Leica SL3-S steckt also auch eine überraschend leistungsfähige Videokamera.
Etwas mager fallen hingegen wiederum die Möglichkeiten nach der Aufnahme aus, denn Bilder lassen sich nicht bearbeiten und auch eine DNG-Raw-Entwicklungsfunktion fehlt. Erwähnenswert sind noch die Content Credentials, die im deutschen Menü "Inhaltsurhebernachweise" heißen. Damit lassen sich die Fotos signieren, um nachträgliche Manipulationen erkennen zu können, sprich: Die Echtheit der Fotos kann geprüft werden. Das funktioniert allerdings nicht mit Serienbildern, worauf komischerweise auf Englisch hingewiesen wird, und zwar ziemlich lästig immer wieder beim Einschalten der Serienbildfunktion.
Hinter großen Gummiklappen verbergen sich bei der Leica SL3-S die Anschlüsse für Mikrofon und Kopfhörer (je 3,5 mm Klinke), ein großer HDMI-A-Port sowie die universelle USB-C-Schnittstelle. [Foto: MediaNord]
Modern ist bei Leica die Konnektivität. Die SL3-S bietet Bluetooth und WLAN und lässt sich mit Smartphones und Tablets verbinden. Die App Leica Fotos erlaubt dann die Fernsteuerung der Kamera, den Zugriff auf die Fotos und auch das Geotagging während der Aufnahme. Im Fototipp in den weiterführenden Links gehen wir genauer darauf ein.