High-Performance-Spiegellose

Testbericht: Fujifilm X-H1

Seite 2 von 2, vom 2018-10-10 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Das "H" in der Typenbezeichnung steht laut Fujifilm für "High Performance". Diese macht Fujifilm nicht nur an der Geschwindigkeit fest. Motivprogramme sucht der Fotograf zwar vergeblich und auch Halbautomaten sind auf keinem der Einstellungsräder zu sehen. Fujifilm geht bei der Auswahl der Betriebsarten einen anderen Weg. Auf den Einstellrädern für die ISO-Empfindlichkeit und die Verschlusszeit wird der Automatikmodus mit einem roten "A" gekennzeichnet. Auf dem XF 16-55 mm Objektiv ist auf dem Blendenring die Einstellung hinter Blende 22 ebenfalls rot markiert. Jede "rote" Position bedeutet, dass der Wert von der Kamera bestimmt wird. So hat der Fotograf jederzeit die Möglichkeit, von einem Halbautomaten zum nächsten zu wechseln und blitzschnell in den manuellen Modus zu gelangen. Doch was tun, wenn ein Objektiv benutzt wird, das keinen Blendenring besitzt? Dann kann die Blende einfach am vorderen kleinen Drehrad eingestellt werden. Die eingestellten Blendenwerte sind dann auf dem Sucher/Monitor zu sehen. Auch bei solchen Objektiven kann natürlich ebenfalls eine Blendenautomatik eingestellt werden.

Die Umschaltung der Betriebsarten erfolgt an der X-H1 über den linken Wahlschalter unterhalb der ISO-Einstellung. Hier kann der Fotograf die Schwenkpanoramafunktion und auch die Spezialeffekte aufrufen. Zu den Spezialeffekten gehören Klassiker wie der Miniatureffekt, Weichzeichner oder die selektive Farbe und viele mehr. Es ist allerdings nicht möglich, Spezialeffekte nachträglich bei der Wiedergabe in die Bilder einzuarbeiten. Auf dem Schalter befindet sich des Weiteren auch die Serienbildfunktion mit drei Geschwindigkeitsstufen. Diese reichen von 3 bis 14 Bildern pro Sekunde und können pro Einstellung angepasst werden. Zudem ist eine umfangreiche Belichtungsreihenfunktion vorhanden. Diese ermöglicht Belichtungsreihen mit maximal neun Aufnahmen und einem Belichtungsabstand von drei EV. Das macht am Ende dann maximal +/- 12 Blendenstufen Belichtungsabstand. Darüber hinaus findet sich an diesem Schalter auch die Umschaltung zur Videofunktion. Das Konzept dieser ringförmigen Schalter zur Wahl unterschiedlicher Betriebsarten und der Belichtungsmessmethode ist sinnvoll. Leider fühlen sich die Rastpunkte der Schalter schwammig an und es ist empfehlenswert, die oberen Auswahlräder für ISO und Belichtungszeit per Drucktaste zu fixieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man die Einstellungen unbeabsichtigt ändert.

Bei der Videofunktion kleckert Fujifilm ebenfalls nicht und so kann die X-H1 4K-Aufnahmen mit 4.096 x 2.160 und mit 3.840 x 2.160 Bildpunkten machen. Davon erreicht aber nur die geringere Auflösung (3.840 x 2.160) 30 Bilder und maximal 200 MBit pro Sekunde. Bei FullHD (1.920 x 1.080) sind maximal 60 Bilder pro Sekunde bei einer maximalen Datenrate von 100 MBit pro Sekunde möglich. Zeitlupen-Aufnahmen können mit maximal 120 Bildern pro Sekunde in Full-HD Auflösung durchgeführt werden. Die Kamera kann zudem einen Videotimecode und ein F-Log bei der Aufzeichnung auf die Speicherkarte schreiben. Die Tonaufzeichnung wird über das automatisch oder manuell aussteuerbare interne Stereomikrofon aufgezeichnet. Alternativ kann auch ein Mikrofon mit einem 3,5 mm Klinkenstecker in die Kamera gestöpselt werden, falls das interne 24 Bit / 45 KHz Mikrofon einmal nicht mehr ausreichen sollte.

Für Fujifilm ist es eine Frage der Tradition, dem eigenen analogen Filmmaterial einen Platz in den eigenen Digitalkameras einzuräumen. Auch die X-H1 macht hier keine Ausnahme und bietet dem Fotografen Filmsimulationen legendärer Fujifilm-Filme an. Der Provia wird als Standardeinstellung der Kamera eingesetzt. Aber auch der legendäre Diafilm Velvia mit seiner natürlichen Farbwiedergabe ist mit von der Partie, ebenso wie der weiche Astia. Auch  Studiofilme wie der NS160 hat es in zwei Variartionen in die Filmsimulationen geschafft. Als Pro Neg Standard für weiche Porträts und als Version mit härterem Kontrast als Pro Neg Hi. Neu in der X-H1 ist die Filmsimulation für Videoaufzeichnungen. Hier steht dem Fotografen die Simulation des Eterna Filmmaterials zur Verfügung, das sich durch sanfte Farben und guten Schattenton auszeichnet.

Wie auch andere Fujifilm-Systemkameras arbeitet auch die X-H1 mit einem sogenannten Hybrid-AF-System. Das bedeutet, dass der Aufnahmesensor zum Einen ein Kontrast-Autofokussystem besitzt und zum anderen ein Phasen-AF-System. Während der Kontrast-Autofokus das gesamte Bildfeld abdeckt ist der Phasen AF auf einen großen Bereich um die Bildmitte begrenzt. Insgesamt stehen dem Fotografen 325 AF-Punkte zur Verfügung, die in einem 25 x 13 Raster angeordnet sind. Darüber hinaus können Autofokuspunkte zu Bereichen zusammengefasst werden. Diese lassen sich dann mit dem Joystick oder dem Touchscreen positionieren. Auch eine Objektverfolgung ist vorhanden. Diese funktioniert deutlich besser als die der vor Kurzem ebenfalls von uns getesteten X-T100 (siehe weiterführende Links). Die Geschwindigkeit der Kamera zusammen mit dem Objektiv kann sich sehen lassen. Mit 0,18 Sekunden Fokussierung im Weitwinkel und 0,3 Sekunden im Telebereich gehört die X-H1 eindeutig nicht zu den "lahmen Enten".

Eine Premiere in der X-Serie feiert der IBIS (In Body Image Stabilisation), also ein integrierter Bildstabilisator, der den Sensor bewegt. Bislang saß der Bildstabilisator bei Fujifilm traditionell im Objektiv. Der Stabilisator der X-H1 arbeitet über 5 Achsen und soll bis zu 5,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Laut Herstellerangabe berechnet der Dual-Prozessor die notwendige Kompensation bis zu 10.000 mal in der Sekunde und lässt die 5-Achsen des Stabilisators daraufhin den Sensor bewegen. Dazu wird er mit Daten aus drei axialen Sensoren und drei Gyrosensoren versorgt. Vorteil einer Stabilisation in der Kamera ist, dass jedes Objektiv – auch adaptierte Analogobjektive – stabilisiert werden können. Sollte das montierte Objektiv einen Bildstabilisator besitzen, so deaktiviert sich der kamerainterne Stabilisator, wenn der Objektivstabilisator aktiviert ist. Im Gegensatz zu anderen Systemkameras wie beispielsweise der Sony Alpha 7 III ist der Stabilisator der X-H1 beim Fotografieren hörbar. Bei Videoaufnahmen hingegen ist nur ein leises sanftes Rauschen zu hören was aber bei normaler Aussteuerung nicht mit auf das Video gelangt.

Als richtig angenehm haben wir das Auslösen empfunden. Der mechanische Verschluss hat einen angenehmen satten Ton und verursacht nur minimale Erschütterungen im Gehäuse. Darüber hinaus besitzt die Kamera einen elektronischen Verschluss. Zusammen können beide Verschlussarten Belichtungszeiten von 60 Sekunden bis zu 1/32.000 Sekunde realisieren.

Keine moderne Kamera verzichtet heute auf drahtlose Verbindungsmöglichkeiten und auch die X-H1 macht hier keine Ausnahme. Fujifilm bietet eine kostenlose App für iOS und Android an, die zwingend notwendig ist, wenn man ein Smartgerät mit der Kamera verbinden will. Die App nutzt die Bluetooth-Funktion, um die Kamera für die WLAN-Verbindung einzurichten. Per WLAN-Verbindung kann das Smartgerät dann als Live-View-Fernbedienung benutzt werden. Dabei bleiben die meisten Kamerafunktionen erhalten und können angepasst werden. Außerdem lassen sich Bild- und Videodaten leicht auf das Smartgerät übertragen und in sozialen Medien verteilen. Wenn der Fotograf seine Bilder mit Positionsdaten (GPS) ausstatten möchte, dann muss er das Smartgerät per Bluetooth dauerhaft mit der Kamera koppeln. Mit der App kann die Kamera allerdings nicht in ein bestehendes WLAN-Netzwerk integriert werden. Diese Integration ist zwar möglich, muss jedoch vom Fotografen selber in der Kamera vorgenommen werden. Mit einer solchen Integration lassen sich Daten deutlich schneller von der Kamera auf einen Rechner beziehungsweise einen Server übertragen.

Das sogenannte "Tethered Shooting" unterstützt die X-H1 ebenfalls. Dies ist zwar keine drahtlose Verbindungsmöglichkeit, dennoch eine besondere Art der Verbindung zwischen Kamera und Computer. Beim Tethered Shooting wir die Kamera per USB-Kabel mit einem Computer verbunden und die gemachten Aufnahmen landen sofort auf dem Rechner, und nicht auf einer eingelegten Speicherkarte. Das Tethered Shooting wird oft in Studios und überall dort eingesetzt, wo die Kamera ein festes Setup besitzt.

Bildqualität

Dieser Abschnitt unseres kostenlosen Testberichts basiert auf unserem Labortest der Fujifilm X-H1 und stellt nur eine Zusammenfassung der umfangreichen Testdaten dar. Der ausführliche Labortest kann gegen eine kleine Gebühr abgerufen werden und enthält umfangreiche Diagramme und Erläuterungen. Zudem bieten wir kostengünstige "Flatrates" für unsere gesamten Kamera- und Objektivtests an. Die Fujifilm X-H1 besitzt einen APS-C-CMOS-Sensor mit einer Auflösung von etwas mehr als 24 Megapixeln. Wir haben die Kamera mit dem Set-Objektiv XT 16-55 mm 2,8 R LM WR getestet und kommen zu folgenden Einschätzungen:

Der Schärfenabfall des Objektivs ist in allen Brennweitenbereichen zum Rand hin sehr gering. Auch bei höheren Blendeneinstellungen nimmt die Schärfe nur wenig ab, allerdings werden die Bilder vom Bildprozessor nachgeschärft. Fujifilm hat dies aber so gut angepasst, dass die Schärfe über die Blendeneinstellungen stabil bleibt und nicht plötzlich stark zu oder abnimmt. Die Vignettierung ist bei offener Blende in allen Brennweiten minimal sichtbar. Die ermittelten Kurven zeigen allerdings einen kleinen "Hubbel" am Bildrand. Diese lässt darauf schließen, dass die Kamera eine leichte Vignettierungskorrektur aktiviert hat. Den maximalen Lichtabfall hat das Objektiv bei F2,8 und 55 mm Brennweiteneinstellung. Dieser beträgt 0,4 EV, also noch nicht einmal eine halbe Blendenstufe. Auch die Verzeichnung im Randbereich ist noch gut. Chromatische Aberrationen sind lediglich in der mittleren Brennweite leicht sichtbar.

Bei der Auflösung hat die X-H1 für eine positive Überraschung gesorgt. Die Kamera schafft es, im Kleinbildäquivalent bei 50 Prozent Kontrast knapp 61 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) in der Bildmitte bei offener Blende aufzulösen. Die Auflösung sinkt bei gleicher Blende zum Rand hin auf etwa 44 lp/mm ab. Bei Blende 5,6 liegen die Auflösungewerte von Bildmitte zum Bildrand in allen drei Brennweiten am engsten zusammen.

Das Bildrauschen wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Einer der wichtigsten ist der Signal-Rauschabstand, der in Dezibel gemessen wird. Werte von über 35 dB sind zu bevorzugen. Die X-H1 erreicht hier gute Werte von etwa 40 dB. Erst bei ISO 3.200 wird die kritische Grenze von 35 dB unterschritten. Das Aussehen des Bildrauschens ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. So wird Helligkeitsrauschen von Menschen als weniger störend wahrgenommen als Farbrauschen. Das Rauschen der Kamera ist durch die Bank feinkörnig und das störende Farbrauschen ist in allen ISO-Stufen kaum sichtbar. Das Helligkeitsrauschen wird erst ab ISO 6.400 sichtbar. Die Texturschärfe wird vom Bildprozessor recht lange oberhalb von 1,1 gehalten. Werte von über 1 zeigen an, dass der Bildprozessor an der Schärfe gedreht hat. Feinste Details sind bis ISO 3.200 erkennbar, danach werden diese von der Rauschunterdrückung fälschlicherweise als Rauschen erkannt und eliminiert.

Die Eingangsdynamik zeigt, wie viele Blendenstufen die Kamera bewältigen kann. Bei der X-H1 beträgt sie Eingangsdynamik knapp elf Blendenstufen und das ist ordentlich. Die Eingangsdynamik bleibt bis ISO 25.600 erstaunlich hoch und sinkt dann auf einen normalen Wert ab. Auch an den Ausgangstonwerten gibt es nichts auszusetzen. Bei ISO 100 erreicht die Kamera fast 256 Helligkeitsstufen und das entspricht etwas weniger als 8-Bit. Die kritische Grenze von 7-Bit, also 128 Tonwertabstufungen, unterschreitet die Kamera bei etwa ISO 6.400.

Die Farbwiedergabe der X-H1 ist sehr gut. Die Kamera gibt das Testchart mit nur geringen Anpassungen wieder und "entschärft" lediglich etwas allzu drastische Magenta-, Cyan- und Grüntöne. Die Farbtiefe ist bis ISO 25.600 im guten Bereich und erreicht maximal 23-Bit, also etwa 8,39 Millionen Farben.

Fazit

Fujifilm hält mit der X-H1 das Versprechen der "High Performance" und liefert sogar einen zuschaltbaren "Leistungsverstärkungsmodus". Dieser reduziert allerdings die Reichweite des Akkus merklich. Die Ergonomie der Kamera ist Fujifilm sehr gut gelungen, die Hände finden schnell ihren Platz und die fotografischen Funktionen sind leicht erreichbar. Auch die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben. Leider kann der Touchscreen in der Menünavigation nur als Anzeige benutzt werden. Immerhin funktioniert die Touchfunktion wenigstens im Schnellwahlmenü. Auch an der Menüstruktur könnte Fujifilm noch etwas feilen, da weiterführende Funktionen oft in den Tiefen der Menüs abgelegt sind. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, ein eigenes Menü mit den Funktionen zusammenzustellen, die man als Fotograf immer wieder benötigt. Der Funktionsumfang für Foto und Video ist sehr hoch, so dass man als stolzer Neubesitzer der X-H1 die Bedienungsanleitung oft vor der Nase haben wird. Die Bildqualität der APS-C-Kamera ist hervorragend, was aber auch an der sehr guten Kombination mit dem qualitativ hochwertigen Objektiv liegt. Die Anschlussmöglichkeiten lassen keine Wünsche offen, egal ob die X-H1 mit einem Smartgerät, in ein WLAN integriert oder per Kabel an einen Rechner angeschlossen werden soll. Alles in Allem erhält der Fotograf mit dem Set der Fujifilm X-H1 und dem XF 16-55 mm 2.8 R LM WR ein fotografisches Kraftpaket, das ihn in jeder fotografischen Situation treu zur Seite stehen wird. Es ist jedoch empfehlenswert, einen zweiten Akku beim Kauf der Kamera mitzuerwerben.

Kurzbewertung

  • Gute Farbwiedergabe
  • Belichtungsreihenfunktion mit +/-12 EV
  • Flotter Autofokus
  • Ergonomisches Gehäuse
  • Touchscreen nicht in allen Menüs einsetzbar
  • Recht energiehungrig
  • Ziemlich wuchtiges Gehäuse
  • Funktionen oft unnötig im Menü versteckt.

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