Spiegellose (obere) Mittelklasse-Systemkamera

Testbericht: Fujifilm X-T3

2018-11-05 Mit der neuen X-T3 verbessert Fujifilm abermals die Performance der spiegellosen Systemkamera, die sich zwar preislich in der Mittelklasse deutlich unter 2.000 Euro ansiedelt, aber technisch mit einem neuen, etwas höher auflösenden APS-C-Sensor und verbesserter Videofunktion in der APS-C-Spitzenklasse mitspielt. Zudem besticht sie mit einem flexiblen Touchscreen und einem höher auflösenden Sucher als beim Vorgängermodell. Da darf man sich schon fragen, ob man überhaupt noch "mehr" Kamera braucht? Dieser Frage und natürlich der nach der Bildqualität sind im wir im Testbericht nachgegangen.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Auf den ersten Blick sieht die Fujifilm X-T3 aus wie ihr Vorgänger X-T2. Das Retrogehäuse ist kompakt, verfügt nur über einen relativ kleinen Handgriff und besteht größtenteils aus Metall, das wiederum großflächig mit einem griffigen, genarbten Gummi überzogen ist, was für viel Halt sorgt. Doch schaut man sich die Kamera im Detail an, wurde das Gehäuse trotz identischem Aussehen und identischer Tastenanordnung grundlegend neu designt. Es sind nicht mehr eine Front- und Rückseite, die unten auf Stoß montiert sind und von einem oberen Deckel abgeschlossen werden, sondern die Unterseite besteht nun ebenfalls wie die Oberseite aus einem Stück, was der ohnehin schon exzellenten Verarbeitung das I-Tüpfelchen aufsetzt. Selbstverständlich ist das Gehäuse gegen Staub- und Spritzwasser geschützt.

Trotz des recht kleinen Griffs, der sich via Zubehör erweitern lässt, liegt die X-T3 recht gut und sicher in der Hand. Wer trotzdem gerne einen etwas massiveren Griff in der Hand hält, kann sich den MHG-XT3 zulegen. Er bietet neben dem besseren Halt eine praktische Schwalbenschwanzhalterung für Stative (Arca-Swiss-kompatibel) und erhält dabei die Möglichkeit, den Akku einfach wechseln zu können. Bedient wird die X-T3 hauptsächlich über Bedienräder und Tasten. Dabei verzichtet Fujifilm auf ein klassisches Programmwählrad und setzt stattdessen komplett auf Direktwahlräder für Belichtungszeit, Blende (am Objektiv), ISO-Empfindlichkeit und Belichtungskorrektur. Letzteres ist zwar ungesichert, aber verstellt sich aufgrund der Position und Schwergängigkeit kaum versehentlich. ISO- und Belichtungszeitenrad hingegen lassen sich auf Knopfdruck ver- und entriegeln. Wer die Direktwahlräder nicht mag und Multifunktionsräder bevorzugt, kann die Parameter auch über diese einstellen. Zusätzlich lassen sich die Multifunktionsbedienräder an der Vorder- und Rückseite drücken, um je nach Situation auf eine zweite Funktion umschalten zu können.

Bis auf die Direktwahlräder und darunter angeordnete Wahlhebel verzichtet Fujifilm im Wesentlichen auf fest beschriftete Direktwahltasten. Stattdessen lassen sich die Belegungen der Fn-Tasten und des Vierwegewählers individuell ändern. So braucht man doch insgesamt etwas Einarbeitungszeit in die Bedienung, auch wenn die Grundfunktionen einfach und logisch aufzurufen sind. Zusätzlich zum Vierwegewähler gibt es außerdem einen Joystick, hauptsächlich, um die Fokuspunkte anzusteuern, aber auch im Hauptmenü lässt er sich zum Navigieren verwenden. Das Hauptmenü ist umfangreich und so muss man sich auch hier erst ein wenig "reinfuchsen". Für den schnellen Zugriff auf weitere wichtige Aufnahmeeinstellungen steht zudem ein Quick-Menü zur Verfügung, über das sich 16 Funktionen schnell aufrufen lassen. Auch hier besteht die Möglichkeit der Individualisierung.

Eine interessante Änderung gegenüber der X-T2 gibt es beim Bildschirm: Dieser misst weiterhin rund 7,5 Zentimeter in der Diagonale und löst mit 1,04 Millionen Bildpunkten (Seitenverhältnis 3:2 wie beim Bildsensor) fein genug auf, zudem ist er mit 760 cd/m² Maximalhelligkeit auch hell genug bei Sonnenschein. Auch den pfiffigen Klapp-Schwenkmechanismus gibt es weiterhin, bei dem der Bildschirm immer hinter der Kamera bleibt, aber dennoch Hoch- und Querformataufnahmen aus Frosch- und bodennahen Perspektiven erlaubt – nur Selfies sind damit nicht möglich. Neu ist die Touchfunktionalität, die jedoch ausschließlich dem Verschieben des Fokuspunkts dient. Immerhin funktioniert das sowohl bei der Verwendung des Bildschirms als auch beim Blick durch den Sucher. Hier zeigt sich aber die teilweise etwas verzwackte Bedienung der Fujifilm: An einer Stelle im Menü wählt man die Touch-AF-Funktion, an einer anderen muss man versteckt den Touchscreen einschalten. Gleiches gilt für bestimmte Einblendungen auf dem Bildschirm: Ein Menüpunkt stellt die Art des Gitters ein, das eingeblendet werden können soll. Aber dann muss man noch in die Einstellung, in der man wählt, welche Dinge sich überhaupt generell einblenden lassen. Das findet nicht jeder ohne Handbuch und wundert sich, warum das nun nicht funktioniert, wie man es erwarten würde.

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Den elektronischen Sucher hat die X-T3 nicht vom Vorgängermodell geerbt, sondern von der X-H1. Das bedeutet zwar ein minimal kleineres Sucherbild, die Vergrößerung beträgt nun 0,75-fach im Kleinbildäquivalent, was aber völlig ausreichend ist, dafür löst er jedoch mit 3,69 Millionen Bildpunkten viel feiner auf, einzelne Pixel sind kaum noch auszumachen. Zudem arbeitet der OLED-Sucher mit einer Bildwiederholfrequenz von 100 Hz und besitzt mit 0,005 Sekunden eine äußerst geringe Verzögerung. Damit ist der Sucher schnell, flüssig, hochauflösend und auch bei den Farben und Kontrasten glänzt er. Mit Brille ist der Sucher nur semigut ablesbar, die Ecken schatten etwas ab. Praktischerweise gibt es eine Dioptrienkorrektur, die nun wie bei einer Uhr gesichert ist. Um die Zeit, in diesem Fall natürlich die Korrektur, einzustellen, muss der Drehknopf erst herausgezogen werden. Drückt man ihn wieder hinein, ist die Korrektur fixiert. Zudem kann man einstellen, ob man lieber eine Bildvorschau im Sucher sehen möchte oder aber das Bild eher wie bei einem optischen Sucher aussehen soll, wofür man dann auf die Weißabgleichs- und Belichtungsvorschau verzichtet. Eine Vorschau auf die Schärfentiefe gibt es übrigens entweder beim Andrücken den Auslösers oder aber über eine der Fn-Tasten, falls man sie entsprechend belegt. Dass sich wie auf dem Monitor Gitterlinien, Aufnahmeinformationen, eine Wasserwaage, ein Livehistogramm etc. einblenden lassen, ist selbstverständlich.

Die Anschlüsse befinden sich fast alle auf der linken Gehäuseseite hinter einer robust wirkenden und sogar abnehmbaren Klappe (beispielsweise für den Einsatz in einem Rigg). Neben dem USB-C-Anschluss, mit dem sich optional auch der Akku laden lässt, befinden sich hier die "Video"-Schnittstellen: Je eine 3,5mm Klinkenbuchse für Kopfhörer und Mikrofon und eine HDMI-Schnittstelle, leider in der mechanisch nicht allzu stabilen Micro-Version. Der Kabelfernauslöseanschluss hingegen sitzt über dem SD-Kartenfach auf der Handgriffseite. Es lässt sich aber sogar auch ein klassischer Drahtauslöser in den Auslöseknopf einschrauben, der übrigens hervorragende Druckpunkte besitzt. Das SD-Kartenfach bietet zwei Steckplätze, die auch beide zu SDHC, SDXC und UHS II kompatibel sind. Knapp 110 MB/s konnten wir als Schreibgeschwindigkeit messen, entsprechend schnelle Karten sind also empfehlenswert, vor allem für Serienbild- und Videoaufnahmen. Der USB-Anschluss unterstützt auf dem Papier USB 3.1 Gen1, praktisch jedoch kommt er gerade einmal auf gut 40 MB/s, die Bremse liegt hier im PTP-Bildübertragungsprotokoll, ein schnellerer Mass-Storage-Zugriff wie auf einen Kartenleser ist leider nicht möglich.

Als Akku kommt weiterhin der 8,7 Wh fassende NP-W126S zum Einsatz, fast 400 Aufnahmen sollen damit nach CIPA-Standard möglich sein. Nutzt man allerdings den Performance-Modus und Drahtlosfunktionen wie Bluetooth oder WLAN, schrumpft die Akkulaufzeit deutlich. Auch wenn sich der Akku über USB nachladen lässt, liegt ein externes Ladegerät bei. Die Entnahme auf der Kameraunterseite ist auch mit montierter Stativschnellwechselplatte kein Problem, das Stativgewinde sitzt übrigens in der optischen Achse. Auf über 1.000 Aufnahmen verlängern lässt sich die Akkulaufzeit, wenn der Hochformat- und Batteriegriff VG-XT3 zum Einsatz kommt (der Griff der X-T2 passt leider nicht). In ihm haben zwei weitere Akkus Platz. Zudem bietet er die wichtigsten Bedienelemente und einen ergonomischen Handgriff für das Hoch- und Querformat. Des Weiteren bietet der Griff einen Ladeanschluss, über den sich mittels des mitgelieferten Netzadapters (AC-9VS) gleichzeitig die beiden Akkus innerhalb von ca. zwei Stunden aufladen lassen.

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