Spiegellose (obere) Mittelklasse-Systemkamera

Testbericht: Fujifilm X-T3

Seite 2 von 5, vom 2018-11-05 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Als Semiprofessionelle Systemkamera verzichtet die X-T3 komplett auf Automatiken, Motivprogramme oder etwa eine Motiverkennung. Einzig über die Aktivierung der ISO-Automatik und einer automatischen Wahl der Belichtungszeit sowie der Blende lässt sich eine Art Automatik aktivieren, die aber nicht besonders "schlau" ist. Viel mehr wird die nötige Intelligenz, welche Belichtungsparameter beim aktuellen Motiv die besten sind, vom Fotografen selbst verlangt, der damit auch seiner Kreativität freien Lauf lassen kann. So lassen sich je nach Motiv die Belichtungsparameter manuell vorgeben oder eben automatisch einstellen, was dank der direkten Wahlräder sowie der zusätzlichen Multifunktionsräder hervorragend gelingt. Genau für diese Form der Fotografie ist die X-T3 wie geschaffen.

Dass die X-T3 keine Motivautomatik besitzt, heißt nicht, dass sie keine Bildeffekte hätte. Diese gibt es auf zweierlei Arten. Zunächst lässt sich einstellen, welcher "Film" in der Kamera eingelegt ist. Die Filmsimulationsmodi beschränken sich dabei jedoch nicht nur auf klassische Analogfilme wie Provia (Standard), Astia (weich) oder Velvia (lebendige Farben), sondern auch digitale Neuschaffungen wie der schöne Classic Chrome sind dabei. Wer gerne in JPEG fotografiert, kann den Bildern hier einen besonderen Look geben, ohne dass diese künstlich bearbeitet wirken oder an Schärfe und Details verlieren (es sei denn, man wählt eine Weichzeichnung aus). Neu ist der bisher den Mittelformatmodellen vorbehaltene Color Chrome. Hier werden insbesondere farbreiche Motive (beispielsweise Blumen) sehr nuancenreich differenziert, was die sichtbare Farbzeichnung verbessert. Zudem lassen sich auch spielerischere Effekte wie Miniatur, Lochkamera etc. aktivieren.

Auch eine Panoramafunktion und sogar eine Mehrfachbelichtung bietet die X-T3. Zudem ist die Bracketingfunktion sehr mächtig. Nicht nur Belichtungsreihen lassen sich damit erstellen, sondern auch Weißabgleichsreihenaufnahmen oder etwa Filmsimulationsreihenaufnahmen, wobei sich bei letzteren beiden eigentlich eher das Rohdatenformat mit anschließender Konvertierung empfiehlt, denn solche "Effekt"-Aufnahmereihen arbeiten rein digital. Die Belichtungsreihenfunktion erlaubt maximal neun Bilder und maximal drei EV Belichtungsabstand – und zwar in Kombination! Wer also extreme HDR-Effekte in der Bildbearbeitung erzeugen möchte, kann hier mit bis zu +/-12 EV arbeiten, also insgesamt 24 EV Spreizung vom dunkelsten bis zum hellsten Bild! Um das zu verdeutlichen: Während das dunkelste Bild mit 1/32.000 Sekunde belichtet wird, erreicht das hellste eine Belichtungszeit von rund acht Minuten. Interessant ist zudem die Möglichkeit, Intervallaufnahmen mit einer Startzeit, einem festlegbaren Intervall und einer festen Anzahl von Bildern von bis zu 999 anfertigen zu können, alternativ nimmt die Kamera auch noch mehr Bilder auf, wenn man keine Grenze festlegt.

Auch eine Gesichtserkennung gibt es trotz fehlender Motivautomatik, denn sie ist insbesondere bei Porträtaufnahmen eine äußerst nützliche und daher nicht mehr wegzudenkende Autofokusfunktion. Die Fujifilm stellt dabei nicht nur auf Gesichter scharf, sondern auch auf die Augen, was angesichts der hohen Auflösung bei der Verwendung sehr lichtstarker Objektive mit geringer Schärfentiefe sehr nützlich ist, damit nicht die Nasenspitze oder die Augenbrauen scharf sind, sondern wirklich die Iris. Die X-T3 ist sogar in der Lage, Gesichter und Augen mit dem AF-C zu verfolgen, was viel besser klappt als noch beim Vorgängermodell. Das liegt nicht zuletzt an den über zwei Millionen Phasen-Autofokuspunkten, die über die gesamte Sensorfläche verteilt sind. Einzeln anwählen lassen sich diese aber nicht, je nach Verwendung von Sucher oder Bildschirm lassen sich etwas über 100 bis über 400 Punkte ansteuern.

Problematisch ist nach wie vor die werksseitig voreingestellte Auslösepriorität auch im AF-S-Modus, bei dem eigentlich die Schärfepriorität eingestellt sein sollte. Damit "schummelt" sich Fujifilm eine schnellere Auslösung herbei, auf Kosten der exakten Bildschärfe. Zum Glück lässt sich das im Menü umstellen, was allerdings die Auslösung verlangsamt. Trotzdem ist der Autofokus teilweise schneller geworden gegenüber dem Vorgängermodell. Rund 0,2 bis 0,4 Sekunden dauert es je nach Brennweite und damit zusammenhängend auch Lichtstärke vom Drücken des Auslösers bis zur Bildaufnahme. Beim Vorgängermodell waren es immer 0,4 Sekunden. Interessanterweise ist die reine Auslöseverzögerung (Auslösung ohne Autofokus) etwas langsamer geworden und beträgt nun 0,09 statt den 0,06 bis 0,08 Sekunden des Vorgängermodells. Rekordwerte sind das bei weitem nicht, weder für den Autofokus, noch für die Auslöseverzögerung. Dennoch kann man die X-T3 durchaus als schnell bezeichnen. Fujifilm sollte jedoch weiter an den Werten arbeiten. Insbesondere die Auslöseverzögerung ist, obwohl kein Spiegel hochgeklappt werden muss, nicht schneller als bei einer gleichwertigen DSLR. Wenn es um das Verfolgen von Motiven im AF-C-Modus geht, leistet die X-T3 gute Arbeit. Der Fokus erkennt Richtungsänderungen und dank der vielen Messpunkte auch kleinste Motivbewegungen. Bei geringem Licht wird der Autofokus zwar langsamer, stellt aber selbst in sehr dunkler Umgebung noch scharf.

Im Gegensatz zum Vorgängermodell braucht es keinen Batteriegriff mehr, um die höchste Serienbildgeschwindigkeit mit mechanischem Verschluss zu erreichen. Dafür muss allerdings der High-Performance-Modus im Menü aktiviert werden, der die Akkulaufzeit verringert und die Abwärme der Kamera spürbar erhöht. Der mechanische Verschluss ist zwar bis zu 1/8.000 Sekunde schnell, aber nicht gerade der leiseste. Völlig lautlos löst die X-T3 hingegen mit elektronischem Verschluss aus, der sogar bis zu 1/32.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten erreicht. Auch die Serienbildgeschwindigkeit legt mit elektronischem Verschluss nochmals zu, bis zu 30 Bilder pro Sekunde sind bei voller Auflösung möglich. Vor allem in Raw, aber auch in JPEG sind diese schnellen Bildserien aber recht schnell vorbei, nach einer Sekunde in Raw beziehungsweise zwei Sekunden in JPEG. Immerhin kann die X-T3 sogar bereits vor dem eigentlichen Auslösen Serienbilder mit elektronischem Verschluss aufnehmen, was bei kritischen Motiven hilfreich sein kann.

Der mechanische Verschluss schützt vor den, wenn auch bei der X-T3 reduzierten, Verzerrungen durch den Rolling-Shutter-Effekt. Dieser tritt mit mechanischem Verschluss prinzipbedingt nicht auf. Schnelle elf Serienbilder pro Sekunde verspricht Fujifilm. In unserer Messung waren es "nur" knapp über zehn Bilder pro Sekunde, dafür aber beachtliche 134 JPEG- beziehungsweise 43 Raw-Bilder lang. Damit lassen sich auch längere Actionszenen mit hoher Serienbildrate einfangen. Dass es weniger Bilder am Stück sind als noch bei der X-T2, liegt an der höheren Serienbildrate. Das Nadelöhr ist nämlich, wie immer, das Speicherkarteninterface. Sobald der Zwischenspeicher voll ist, kann die X-T3 nur noch so schnell Serienbilder aufnehmen, wie sie auf die Speicherkarte wegschreiben kann. Dieser Wert ist etwas geringer als noch bei der X-T2, das heißt in Summe, dass die Größe des Pufferspeichers sowie die Schreibgeschwindigkeit auf die Speicherkarte nicht an den höher auflösenden Bildsensor angepasst wurden. Mit etwa 110 MB/s schreibt die X-T3 auf die Speicherkarte, was ein schneller, aber keineswegs herausragender Wert ist. Wer schnelle, lange Bildserien benötigt, sollte einerseits auf eine entsprechend schnelle UHS-II-Speicherkarte achten und andererseits die Bildrate etwas herunterregeln. Selbst, wenn diese noch über der Schreibgeschwindigkeit liegt, läuft der Puffer dann nicht mehr so schnell voll, was die Länge der möglichen Bildserie deutlich erhöht. Bei 5,8 JPEG- oder 3,3 Raw-Bildern pro Sekunde kann man die Speicherkarte unterbrechungsfrei vollfotografieren.

Obwohl Video bisher nicht unbedingt zu den Stärken von Fujifilm gehört und auch die X-T3 mit ihrem Retro-Design nicht gerade nach einer Kamera aussieht, die exzellente Videoaufnahmen beherrscht, ist sie ein echter Videospezialist und aktuell sogar führend unter den APS-C-Kameras. Als bisher einzige beherrscht sie 4K-Videoaufnahmen mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde und hoher 10-Bit-Farbtiefe mit der Möglichkeit, diese Daten direkt auf die SD-Karte zu speichern und/oder verlustfrei via HDMI (sogar mit Farbsubsampling 4:2:2 statt 4:2:0) auszugeben. Die Micro-HDMI-Schnittstelle ist dafür allerdings aufgrund ihrer geringen mechanischen Stabilität nicht so optimal. Wenn es um die Kombination der verschiedenen Optionen geht, gibt es aber dennoch ein paar Einschränkungen. In eine Videokamera verwandelt man die X-T3, indem man den "Drive"-Hebel, mit dem man auch die Serienbildfunktion auswählt, auf Video stellt. Sogleich reduziert sich der Livebildausschnitt vom 3:2-Foto auf das 16:9- oder 17:9-Videoformat, wobei dies je nach Modus sogar ohne jeglichen Crop erfolgt. Erst bei 4K-Videoaufnahmen mit mehr als 30 Bildern pro Sekunde wird auch rechts und Links ein Stück vom Videobildausschnitt abgeschnitten.

Gespeichert werden die Videos wahlweise mit H.264- oder H.265-Kompression. Die höchsten Videoqualitäten und Bildwiederholraten in 4K-Auflösung stehen nur bei Verwendung von H.265 (HEVC) zur Verfügung, wofür man auch entsprechend leistungsfähige Abspielgeräte benötigt. Zudem empfiehlt sich eine SD-Karte mit mindest V60 als Videoklasse, denn bei 400 Mbps mit All-Intra werden konstant 50 MB/s auf die Speicherkarte geschrieben. Die X-T3 beherrscht bei Videoaufnahmen die Zebra-Anzeige in einstellbaren Stufen und auch Fokus-Peaking. Eine HDR-Videoaufzeichnung mit HLG (Hybrid Log Gamma) soll Ende 2018 mittels Firmwareupdates nachgereicht werden. Wer möchte, kann den Autofokus verwenden, der Motive gut in der Schärfeebene hält. Wie bei den Serienbildern lässt sich zudem konfigurieren, wie der Autofokus auf Bewegungen reagieren soll. Auch eine Aussteuerung für den Mikrofonpegel und eine Timecode-Funktion fehlen nicht.

Erfreulich vollständig ist bei der Fujifilm X-T3 die Blitzausstattung, obwohl sie gar keinen integrierten Blitz besitzt. Fujifilm liefert den kleinen Aufsteckblitz EF-X8 mit, der von der Kamera via Blitzschuh mit Strom versorgt wird. Er klappt äußerst hoch auf, was die Bildung von roten Augen reduziert. In den TTL-Blitzschuh lassen sich aber auch normale Blitzgeräte mit Mittenkontakt (dann ohne TTL-Leistungssteuerung durch die Kamera) oder entsprechende kompatible TTL-Blitzgeräte verwenden. Auch das Drahtlosblitzen bietet das Fujifilm-Blitzsystem an. Wir maßen beim EF-X8 eine Leitzahl von knapp über acht, er hält also, was Fujifilm in den technischen Daten verspricht. Zudem lässt sich der Blitz in seiner Leistung korrigieren, zündet auf Wunsch am Ende der Belichtung und sogar eine manuelle Leistungsregelung ist via Menü möglich. Doch damit nicht genug: Als eine der wenigen Kameras dieser Klasse bietet die X-T3 einen Blitzsynchronanschluss, falls die Buchse noch jemand nutzen möchte, beispielsweise im Fotostudio. Die kürzeste Blitzsynchronzeit beträgt übrigens 1/250 Sekunde und mit entsprechenden Systemblitzgeräten ist Highspeedblitzen möglich.

Im Wiedergabemodus bietet die Fujifilm einige wenige Bearbeitungsfunktionen, etwa das Drehen der Bilder oder die nachträgliche Retusche roter Augen. Eine größere Bearbeitungsbandbreite bietet der integrierte Rohdatenkonverter. So lassen sich jederzeit schnell ein paar JPEGs mit individuell angepassten Einstellungen direkt in der Kamera zaubern. Als Fujifilm-Besonderheit lassen sich zudem Fotobücher mit Kamera erstellen, um die Aufträge dann an einen entsprechenden Dienstleister, der Fujifilm-Fotobücher anbietet, weiterleiten zu können.

Ebenfalls sehen lassen können sich die Drahtlosfunktionen. Bereits bei der Ersteinrichtung fragt die X-T3 nach einer Verbindung zu einem Smartphone, die zunächst via Bluetoothkoppelung hergestellt wird. Der Vorteil dieser Verbindung liegt im geringen Energieverbrauch, wenn diese dauerhaft bestehen bleibt. Damit lassen sich beispielsweise die GPS-Daten des Smartphones nutzen, sie werden direkt beim Fotografieren in die EXIF-Daten geschrieben. Via WLAN lässt sich die X-T3 mittels einer App inklusive Livebildübertragung fernsteuern, aber auch eine Übertragung der Bilder ist möglich, was selbst in Massen recht flott von der Hand geht. Nach entsprechender Einrichtung überträgt die X-T3 sogar die Bilder automatisch im Heimnetzwerk, sodass man die Kamera gar nicht mehr an einen PC anschließen muss. Auch für Firmwareupdates braucht es keinen PC mehr, diese können via Smartphone drahtlos an die Kamera übertragen werden.

Wer nur über einen leistungsschwachen PC verfügt, aber trotzdem die großen Rohdaten der Fujifilm bearbeiten möchte, braucht dafür nur die X-T3 an den Computer anzuschließen und kann dann mit der entsprechenden Fujifilm-Software den leistungsfähigen Prozessor der Kamera für die Rohdatenentwicklung nutzen, die damit viel schneller erfolgt als mit dem eingebauten Hauptprozessor älterer PC-Systeme. Darüber hinaus ist übrigens eine Fernsteuerung der Kamera via PC möglich, beispielsweise im Fotostudio oder beim Abfotografieren von Büchern oder ähnlichen Anwendungen.

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