Spiegellose APS-C-Systemkamera der Luxusklasse

Testbericht: Leica CL

2018-04-13 Mit der CL stellt Leica der äußerst modernen TL ein klassischeres Modell an die Seite. Mit kleinerem Bildschirm, dafür aber mit elektronischem Sucher und mehr Tasten sowie sogar einem Mini-Info-Display will Leica mit der CL die klassischeren Fotografen ansprechen. Dazu passt das Retrodesign im Stil einer Leica M, jedoch im deutlich kompakteren APS-C-Format. Im Test muss die CL zeigen, was das Bedienkonzept mit den trotzdem sparsamen Bedienelementen taugt und wie es um die Bildqualität bestellt ist.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Während das Gehäuse der modernen TL aus einem einzigen Aluminiumblock gefräst wird, besitzt die CL ein klassisch gebautes Leichtmetallgehäuse, das der TL in Sachen Verarbeitung jedoch in Nichts nachsteht. Das Design erinnert stark an die Messsucherkameras der M-Serie, nur eben in kleiner. Das Gehäuse ist oben und unten kantig, während die Seiten in einer wunderschönen Rundung gestaltet sind. Die CL wirkt absolut robust, allerdings mangelt es ihr an einem Spritzwasser- und Staubschutz, den man für den Preis von fast 2.500 Euro durchaus erwarten dürfte.

So schick das Design der CL auch ist, ergonomisch kann man sie fast als Katastrophe bezeichnen. Zwar besitzt das Gehäuse eine sehr großzügige, sehr fein genarbte Gummierung, die gibt jedoch kaum Halt. Am schlimmsten ist das völlige Fehlen eines Griffstegs, das Gehäuse ist am Handgriff völlig glatt und plan. Auch eine Daumenmulde auf der Rückseite fehlt.

Wie schon bei der TL ist das Bedienkonzept sehr puristisch, setzt jedoch auf Tasten und Räder anstelle des – trotzdem vorhandenen – Touchscreens. Das ist ein bisschen schade, denn die Touchfunktionalität hätte gerne wie bei der TL für mehr Bedienfunktionen benutzt werden können, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen. So bleibt die Touchfunktionalität im Wesentlichen auf eine Gestensteuerung im Wiedergabemodus beschränkt und einen optional aktivierbaren Touch-Autofokus, in den Menüs gibt es hingegen keine Bedienmöglichkeit per Touchscreen. Dass der Bildschirm fest verbaut ist, überrascht bei dem puristischen Design hingegen nicht. Mit einer Diagonale von 7,5 Zentimetern und einer Auflösung von 1,04 Millionen Bildpunkten handelt es sich um Standardkost, die maximale Helligkeit geht mit knapp 700 cd/m² ebenfalls in Ordnung, denn das reicht durchaus für eine passable Sichtbarkeit in hellem Sonnenlicht.

Im Gegensatz zur TL verfügt die CL über einen eingebauten elektronischen Sucher, der mit einer kleinbildäquivalenten 0,74-fachen Vergrößerung ein angenehm großes und mit 2,36 Millionen Bildpunkten auch ein ausreichend feines Sucherbild bietet. Dank der automatischen Umschaltung mittels Näherungssensors braucht man die CL nur ans Auge nehmen. Mit Brille lässt sich der Sucher zwar nicht komplett überblicken, jedoch bietet die Dioptrienkorrektur einen großen Einstellbereich von +/- 4 dpt. Sowohl auf dem Bildschirm, als auch im Sucher lassen sich ein Histogramm sowie Gitterlinien und außerdem ein künstlicher Horizont einblenden. Die Funktionen sind im Menüpunkt "Aufnahme-Assistenten" etwas merkwürdig "versteckt". Als nützlich erweist sich zudem das obere Infodisplay, das den eingestellten Aufnahmemodus sowie die Belichtungsparameter anzeigt, auch die ISO-Empfindlichkeit und die Belichtungskorrektur werden, zumindest während der Einstellung, angezeigt. Dank einer Beleuchtung lässt sich dieses Monochrom-Display auch im Dunkeln ablesen.

Das Bedienkonzept der TL-Schwestern war, beziehungsweise ist, äußerst modern und sehr Touchscreen-lastig. Bei der CL hingegen kommt Leica den klassischen Fotografen entgegen, die eine Tastenbedienung bevorzugen. Dennoch ist die CL nur spärlich mit Tasten ausgestattet, nur drei davon sind überhaupt mit Beschriftungen versehen. Zwei Tasten "verstecken" sich zudem oben auf den Einstellrädern. Sie aktivieren jeweils eine andere Einstellradoption. Die rechte kann, wie auch die Fn-Taste, frei belegt werden. Dabei ruft ein langer Tastendruck alle acht darauf programmierbaren Funktionen auf, während ein kurzer Tastendruck die zuletzt gewählte der acht Funktionen aufruft. Der Knopf des linken Einstellrads funktioniert dieses temporär in das Programmwählrad um. Die Einstellräder selbst übernehmen in den Halbautomatiken die Einstellung der Blende beziehungsweise Belichtungszeit sowie der Belichtungskorrektur, in der Programmautomatik den Programmshift und die Belichtungskorrektur und im manuellen Modus die Blende und Belichtungszeit. Das ist alles sehr eingängig und logisch. Des Weiteren gibt es die Menü-Taste, die beim Drücken ein in sieben Punkten ebenfalls frei belegbares Schnellmenü aufruft. Der unterste Punkt im Schnellmenü oder eine zweite Betätigung der Menütaste bringt erst das Hauptmenü zum Vorschein.

Sobald man also mehr einstellen möchte, als die wichtigsten Belichtungsparameter, ist man schnell im Menü oder sogar Hauptmenü, was vielleicht nicht jedem Puristen gefallen wird. Das Hauptmenü ist, wie die gesamte Kamera, minimalistisch aufgebaut. Hier gibt es nur die wichtigsten Sachen einzustellen, wobei einige Einstellungen sinnvoll zusammengefasst sind. Dabei hat sich jemand Gedanken gemacht und als versierter Fotograf wird man nur selten das Handbuch bemühen müssen. Dafür, dass die CL so selbsterklärend ist, kann man Leica wirklich ein Lob aussprechen. Allerdings gibt es als Kehrseite nur eine eingeschränkte Funktionsvielfalt.

Mit Schnittstellen ist die CL nicht einmal spärlich ausgestattet – sie besitzt nämlich gar keine! Einzig auf der Unterseite befindet sich das Stativgewinde in der optischen Achse und eine ausreichend weit davon entfernte Klappe erlaubt den Zugriff auf den Akku und die SD-Speicherkarte. Dabei unterstützt die CL auch SDHC und SDXC sowie angeblich sogar UHS-II, wovon wir im Test jedoch nichts bemerkt haben. Die gemessenen Speichergeschwindigkeiten sind alle auch mit UHS-I erreichbar.

Um den Akku aufzuladen, muss dieser entnommen werden. Die passende Ladeschale gehört selbstverständlich zum Lieferumfang. Mit der Energie geht die CL allerdings nicht sonderlich sparsam um. Nach CIPA-Messverfahren sind lediglich 220 Aufnahmen möglich – und das, obwohl die CL nicht einmal einen energiefressenden Bordblitz besitzt. In der Praxis wird die Kamera bei längerem Betrieb mehr als Handwarm, sie entpuppt sich regelrecht als Heizung. Unangenehm warm wird sie aber zum Glück nicht. Dass hier nicht ökonomisch mit der Energie umgegangen wird, fühlt man selbst dann, wenn die Kamera auf dem Stativ einige Minuten in Betrieb ist und dabei etwas mehr als handwarm wird. Selbst der Energiesparmodus verdient kaum diesen Namen. Man sollte die CL lieber "richtig" ausschalten, denn sonst ist der Akku innerhalb von ca. zwölf Stunden leer. Von anderen Kameras sind wir effektivere Energiesparfunktionen bis hin zu einer kompletten automatischen Abschaltung gewohnt.

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