2016-06-29 Jahrelang bot Nikon kein echtes APS-C-Flaggschiffmodell mit Profiambitionen mehr an, die D300S war zunehmend veraltet. Doch parallel zur D5 gibt es nun die D500 als eine Art "Mini-D5", und sie erfüllt die lang gehegten Träume von manchem Nikon-Fotografen, vielleicht sogar von solchen, die zwischenzeitlich mangels Alternative zur Konkurrenz abgewandert waren. Denn das APS-C-Format hat definitiv Vorteile: vor allem den "eingebauten Telekonverter" für wahlweise längere Brennweiten oder kleinere Objektive und nicht zuletzt die auf das Aufnahmefeld bezogene bessere Autofokusabdeckung. Im digitalkamera.de-Test muss die Nikon D500 nun zeigen, ob sie hält, was man sich von ihr verspricht. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung
Das Gehäuse der gut 840 Gramm schweren APS-C-DSLR wirkt beim ersten Anfassen äußerst robust. Tatsächlich handelt es sich gar nicht um ein reines Metallgehäuse, sondern vorne und unten kommt Kunststoff zum Einsatz, während die hintere Schale sowie die Topplatte aus einer Leichtmetalllegierung bestehen. Gerade der Einsatz von Kunststoff erlaubt aber eine sehr komplexe Gehäuseform, die für eine sehr gute Lage in der Hand sorgt. Auch der kleine Finger findet Platz am Handgriff, und die Mulde zwischen Griff und Bajonett bietet mehr als ausreichend Raum für die Finger. Damit ist Nikon ein echter Handschmeichler gelungen. Die Kunststoffhüllenteile tun dem robusten Eindruck also keinen Abbruch, die Dichtungen zum Schutz vor Spritzwasser und Staub unterstreichen den Robustheitsanspruch. Die D500 sollte im (Profi-) Fotografenalltag als Arbeitstier einiges wegstecken können.
Mit ihrem großen Kunststoff-Leichtmetall-Gehäuse liegt die Nikon D500 hervorragend in der Hand. Einen Spritzwasser- und Staubschutz gibt es obendrein. [Foto: MediaNord]
Der acht Zentimeter große Touchscreen der Nikon D500 löst mit 2,36 Millionen Bildpunkten äußerst fein auf und lässt sich zudem nach oben und unten klappen. [Foto: MediaNord]
Die ganze Bedienung der D500 ist auf der Profischiene von Nikon angeordnet, die D500 besitzt quasi dieselbe Bedienung wie das Profimodell D5 und eignet sich daher auch ideal als Zweitkamera. Dieses Bedienkonzept erfordert allerdings auch etwas Auseinandersetzung mit der Bedienungsanleitung, denn manchmal erschließen sich die Funktionen nicht sofort. Beispielsweise wie ein manueller Weißabgleich funktioniert, geht aus der Kamera selbst nicht hervor. Die geniale Funktion zur automatischen Fokuskorrektur ist sogar selbst im Handbuch nicht beschrieben, aber in unserem Fototipp (siehe weiterführende Links) nachlesbar. Zudem sollte man manchmal genau auf die Bildschirmanweisung achten, denn gelegentlich wird ein expliziter Druck auf die mit "OK" beschriftete Taste benötigt, die Bestätigungstaste des Steuerkreuzes genügt nicht immer. So schützt Nikon einige Funktionen, etwa das Formatieren der Speicherkarte oder das Löschen eines Bildes, vor versehentlicher Bedienung.
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Hat man das Bedienkonzept einmal verinnerlicht, so funktioniert es durchaus gut und nur selten wird der Ausflug ins äußerst umfangreiche Menü nötig. Die vielen Menüfunktionen jedenfalls können zu mancher Suchaktion führen, denn übersichtlich fällt das Menü trotz der vielen Kategorien vor allem aufgrund der vielen Untermenüs und des vertikalen Scrollens nicht aus. Lob verdient hat dagegen der brillante Bildschirm, der mit acht Zentimetern Diagonale etwas größer ausfällt als bei manchem Konkurrenzmodell. Vor allem aber die Bildschirmauflösung hebt sich mit 2,36 Millionen Bildpunkten deutlich von den sonst üblichen rund eine Million Bildpunkten ab. Zudem traut sich Nikon nun endlich auch im Profisegment etwas in die Zukunft, denn der Bildschirm ist nicht nur berührungsempfindlich, sondern auch nach oben und unten klappbar, sodass man seinen flexiblen "Lichtschachtsucher" quasi immer dabei hat.
Ist doch einmal der Blick durch den echten und für DSLR-Anhänger einzig wahren Spiegelreflexsucher gefragt, so bietet die D500 ein helles und gar nicht mal so kleines Sucherbild. Dank des Pentaprismas fällt das Bild angenehm hell aus, der Vergrößerungsfaktor liegt sensorbezogen bei 1. Verglichen mit einer Kleinbild-DSLR ist die Vergrößerung mit einem Faktor von 0,67 jedoch nicht mehr ganz so üppig. Kritisieren müssen wir die kleine Austrittspupille von nur 16 Millimetern, die es Brillenträgern unmöglich macht, das Sucherbild zu überblicken. Blöd, dass Nikon dem Sucher zudem nur eine kleine Dioptrienkorrektur von -2 bis +1 dpt. verpasst hat. Praktisch hingegen, gerade für Stativfotografie, ist der im Sucher eingebaute manuelle Verschluss, der das Einfallen von rückwärtigem Fremdlicht verhindert, das den Belichtungsmesser irritieren könnte. Optional lässt sich im Sucher ein Gitter einblenden, das sich allerdings auf die Randbereiche oben und unten beschränkt.
Besser brauchbar ist das Gitter im Live-View, hier gibt es dann sogar ein Live-Histogramm sowie eine elektronische Wasserwaage. Der Autofokus indes arbeitet im Live-View deutlich langsamer. Während bei Verwendung des Suchers innerhalb von einer viertel bis einer drittel Sekunde fokussiert wird, genehmigt sich die D500 im Live-View 0,8 bis 1,2 Sekunden. Immerhin kann dank des Touchscreens auf jeden beliebigen Punkt fokussiert werden; und das mit einem einfachen Fingertipper. Bei Verwendung des Suchers muss hingegen der Joystick verwendet werden, auch wenn dieser sich sehr gut bedienen lässt. Da es sich beim Autofokusmodul um dasselbe wie in der D5 handelt, die D500 aber einen kleineren Bildkreis abdeckt, reichen die Autofokus-Messfelder besonders weit an den Bildrand. Beim manuellen Fokussieren erweist sich das Live-View einmal mehr als vorteilhaft, kann doch dank der Displaylupe digital an das zu fokussierende Detail herangezoomt werden. Schade, dass Nikon nach wie vor kein Fokus-Peaking anbietet.
Sehr reichhaltig ist auch die Ausstattung mit Schnittstellen. An der Unterseite befindet sich der Akkuschacht in ausreichender Entfernung zum in der optischen Achse angeordneten Stativgewinde. Durch den fehlenden Pop-Up-Blitz erreicht die D500 bei Verwendung des optischen Suchers beachtliche 1.240 Aufnahmen nach CIPA-Standard mit einer Akkuladung. Allerdings schluckt die D500 ausschließlich Originalakkus, solche von Drittherstellern werden digital ausgesperrt. Selbst ein Akku, der beispielsweise in der D7200 funktioniert, tut es in der D500 nicht unbedingt, es sei denn es handelt es sich um einen originalen Nikon-Akku. Alternativ zum Akku lässt sich ein Dummy mit Netzkabelanschluss in den Akkuschacht einsetzen und so die Kamera dauerhaft mit Strom versorgen. Auch die Möglichkeit, einen Multifunktionsgriff mit zweitem Akku zu montieren, sollte nicht unerwähnt bleiben.
Dank des 20-Megapixel-Sensors in APS-C-Größe gibt es bei der Nikon D500 ein wenig "Brennweite gratis". [Foto: MediaNord]
Das beleuchtbare Display auf der Oberseite der Nikon D500 informiert über die wichtigsten Aufnahmeeinstellungen. [Foto: MediaNord]
Das große Speicherkartenfach auf der Handgriffseite bietet zwei Schächte, die unterschiedliche Funktionen übernehmen können, etwa als Backup, zur Trennung von Rohdaten- und JPEG-Bildern oder von Videos und Fotos. Beim oberen Fach handelt es sich um einen XQD-Steckplatz, nur mit einer solchen Speicherkarte entfaltet die D500 ihr volles Geschwindigkeitspotential. Da der sich darunter befindende SD-Kartenschacht aber UHS-II-kompatibel ist, erreicht dieser auch beachtliche Speichergeschwindigkeiten.
Auf der linken Seite befinden sich viele weitere Schnittstellen. Neben USB 3 und Mini-HDMI sind dies ein Mikrofoneingang sowie ein Kopfhörerausgang, die obligatorische Blitzanschlussbuchse sowie Nikons eigene zehnpolige Buche zum Anschluss von allerlei spezifischem Zubehör.
Ausstattung
Wer keine Motivprogramme mag, liegt bei der Nikon D500 goldrichtig. Nicht einmal über einen Programmwähler verfügt sie, stattdessen werden die vier Aufnahmeprogramme P, A, S und M mit dem hinteren Daumenrad während der gedrückt gehaltenen Mode-Taste gewählt. Aktiviert man in der Programmautomatik zusätzlich die ISO-Automatik, so hat man zumindest so etwas wie eine Vollautomatik, die eigentlich auf eine einfache Belichtungsautomatik hinausläuft. Ihre Stärken entfaltet die D500 in den Händen eines erfahrenen Fotografen, der genau weiß, wann er was einstellen muss. So ist beispielsweise mit wenigen Knopfdrücken beziehungsweise einem Dreh am Rad der Serienbildmodus aktiviert, der mit zehn Bildern pro Sekunde losfeuert. Nutzt man eine schnelle XQD-Speicherkarte, lassen sich selbst bei höchster JPEG-Qualität die maximal 200 möglichen Serienbilder mit der vollen Serienbildrate aufnehmen. In Raw hingegen bricht die Serienbildrate nach etwas mehr als 100 Bildern auf gut acht Bilder pro Sekunde ein, was immer noch außergewöhnlich schnell ist. Auch der Autofokus folgt einem bewegten Motiv zuverlässig, dank der 153 Messpunkte über ein sehr weites Bildfeld. Zudem lässt sich der Autofokus fein konfigurieren und die Anzahl der aktiven Fokusfelder variieren.
Möchte man mit der D500 hingegen blitzen, hat man mit Bordmitteln keine Chance. Man benötigt einen TTL-Blitz oder ein Drahtlossteuergerät auf der Kamera, um externe Blitze zu zünden. Klassisch geht es aber auch dank der Blitzsynchronbuchse. Mit entsprechenden Systemblitzen lässt der Funktionsumfang zur künstlichen Lichtsetzung aber nichts zu wünschen übrig.
Werden umfangreiche Belichtungsreihen oder etwa Intervallaufnahmen gewünscht, so bietet die D500 ebenfalls eine Fülle an Einstelloptionen. Sogar ein HDR-Modus ist im Menü zu finden. Auch Videografen bekommen eine Menge geboten. So filmt die D500 nicht nur in Full-HD, sondern auch in 4K. Zwar reicht selbst eine 32 GByte große XQD-Speicherkarte nur zum Aufzeichnen von weniger als 30 Minuten 4K-Video bei 30 Bildern pro Sekunde, aber immerhin legt die D500 beim Erreichen der 4-GByte-Dateigrenze nahtlos eine neue Videodatei an, das Format ist MOV mit H.264-Komprimierung. Während sich Belichtung und Ton vom Videografen anpassen lassen, sollte man, zumindest während der Aufnahme, tunlichst die Finger vom Autofokus lassen, denn dieser führt zu einem Pumpen und zu unangenehmen Geräuschen bei der Aufzeichnung. Auch Handgeräusche nimmt das integrierte Stereomikrofon sehr empfindlich auf. Zum Glück bietet die D500 einen Mikrofonanschluss, dank der Kopfhörerbuchse lässt sich sogar der Ton live kontrollieren. Selbstverständlich verfügt die D500 auch über eine Live-HDMI-Aufgabe ohne störende Einblendungen.
Mit der D500 nimmt Nikon nach Jahren der Abstinenz wieder ein APS-C-Profimodell ins Line-Up auf. Die D500 gleicht dabei der D5 technisch wie ergonomisch ungemein. [Foto: MediaNord]
Das Stativgewinde der Nikon D500 liegt nicht nur in der optischen Achse, sondern auch weit entfernt vom Akkufach. [Foto: MediaNord]
Groß angekündigt hatte Nikon zusammen mit der D500 den neuen Drahtlosstandard Snapbridge, der abgesehen von der Profikamera D5 und den billigsten Einsteiger-Kompaktkameras in allen Kameraklassen dazwischen unterstützt werden soll. Die Idee klingt verlockend: Eine stromsparende Bluetoothverbindung sorgt für die Permanente Datenübertragung zwischen Smartphone und Kamera. Kleine Zwei-Megapixel-Versionen der Bilder landen im Hintergrund auf dem Smartphone, das dafür ständig die aktuelle Position an die D500 funkt. Genug Auflösung zum Posten in sozialen Netzwerken etwa. Auch NFC ist an Bord, was für eine einfache Verbindung sorgen sollte. WLAN wird hingegen nur zugeschaltet, wenn datenhungrigere Aktionen wie die Bildübertragung in voller Auflösung oder aber die Kamerafernbedienung mit Liveübertragung erfolgen sollen.
In der Praxis indes erwies sich Snapbridge noch als ziemlich unausgegoren. Eine Verbindung per NFC zu initiieren ist nicht möglich. Die App muss manuell heruntergeladen und installiert werden. Die App gibt es derzeit nur für Android, die iOS-Version ist noch in Arbeit und soll im August 2016 erscheinen. Nach dem Start der App muss man sich durch das Kameramenü hangeln und Bluetooth aktivieren, anschließend die Verbindung herstellen, was nicht immer auf Anhieb klappt. Steht die Verbindung, so werden die Positionsinformationen vom Smartphone tatsächlich zur Kamera übertragen und bei der Aufnahme in den EXIF-Informationen verewigt. So viel zum Positiven. Die Hintergrund-Bildübertragung hingegen funktioniert in Raw gar nicht, anstatt dass die Kamera automatisch ein kleines JPEG zur Übertragung zur Verfügung stellen würde – ein passender Raw-Konverter ist ja sogar im Menü enthalten. Aber auch die Übertragung von JPEGs schlug in unseren Versuchen oft fehl. Zudem versucht die Kamera es immer wieder, was reichlich am Akku zehrt. Irgendwann klappt es vielleicht doch, bevor der Akku leer ist, bei uns jedenfalls. Warm wird die Kamera dabei zudem in der Daumenmulde.